Gustav Rudolf Sellner

Gustav Rudolf Sellner

Gustav Rudolf Sellner (* 25. Mai 1905 in Traunstein; † 8. Mai 1990 in Königsfeld-Burgberg) war ein deutscher Schauspieler, Dramaturg, Regisseur und Theaterleiter. Er trat in den 1950er Jahren als Vertreter eines formal radikal modernisierten, „instrumentalen Theaters“ hervor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Vom Schauspieler zum Intendanten

Gustav Rudolf Sellner begann seine Karriere als Schauspieler, Dramaturg und Theaterregisseur an Theatern in Gotha (1928/29) und Coburg (1929−1931). In dieser Zeit beeinflussten ihn nachhaltig die Arbeiten der Regisseure Otto Falckenberg, Leopold Jessner und Erwin Piscator. Zwischen 1932 und 1937 war er als Oberspielleiter, Dramaturg und Schauspieler am Landestheater Oldenburg tätig.

Nachdem Sellner durch mehrere Inszenierungen im Sinne der nationalsozialistischen Kulturpolitik hervorgetreten war, wurde er 1937 zum Schauspieldirektor am Landestheater Oldenburg ernannt. Drei Jahre später wechselte er als Intendant an das Stadttheater Göttingen (1940–1943). Anschließend war Sellner Intendant der Städtischen Bühnen Hannovers (1943/44).

In Hannover leitete Sellner ab Dezember 1943 zugleich die „Theaterschule Hannover“, die unter dem Dach der Landesmusikschule Hannover neugegründet wurde. Im April 1944 wurde Sellner von Adolf Hitler zum Generalintendanten der Städtischen Bühnen Hannover ernannt. Zum Oktober 1944 wurde Sellner nach langjähriger Freistellung vom Kriegsdienst als Kraftfahrer in die Wehrmacht eingezogen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Sellner in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft und war bis 1947 in zwei Gefangenenlagern interniert. Von 1948 bis 1951 arbeitete er als Regisseur in Kiel, Essen und Hamburg. In Kiel inszenierte er 1948 Die Perser und 1950 Bernarda Albas Haus, letzteres Stück 1961 auch in Darmstadt.

Intendant in Darmstadt und an der Deutschen Oper Berlin

Von 1951 bis 1961 war Sellner Intendant des Landestheaters Darmstadt. Hier brachte er 1951 Ernst Barlachs Der Graf von Ratzeburg zur Uraufführung. Auch in Darmstadt unterhielt Sellner zunächst eine kleine Theaterschule. Als das Land 1954 die Subventionen angesichts mangelnder Vermittlungserfolge unter den Absolventen einstellte, musste die Theaterschule aufgelöst werden. 1954 führte Sellner Regie bei Troilus und Cressida an der Staatlichen Schauspielbühne Berlin und 1959 bei den Ruhrfestspielen in Der Sturm. In Darmstadt brachte er 1958 Ionescos Mörder ohne Bezahlung zur Uraufführung, am Burgtheater inszenierte er den Antikenzyklus von Sophokles mit König Ödipus (1960), Antigone (1961) und Elektra (1963).

Sellner galt zu dieser Zeit als repräsentativer Klassiker-Regisseur. Anfang der 1960er Jahre wandte er sich der Opernregie zu. Von 1961 bis 1972 war er Generalintendant und Chefregisseur der Deutschen Oper in West-Berlin.

Er inszenierte unter anderem Boris Godunow (1971, Berlin), die Uraufführung von Aribert Reimanns Melusine (1971, bei den Schwetzinger Festspielen), Wozzeck (1971, Salzburger Festspiele), Idomeneo (1973, Salzburger Festspiele), Gottfried von Einems Besuch der alten Dame (1975, Nationaltheater München) und Die Jagdgesellschaft (1974, Theater Basel).

Gelegentlich arbeitete Sellner auch für das Fernsehen und für den Film. In Maximilian Schells Inszenierung Der Fußgänger übernahm Sellner die Titelrolle, während Schell dessen verstorbenen Sohn verkörperte.

Sellner war in erster Ehe ab 1940 mit der Schauspielerin Manuela Bruhn verheiratet, ab 1951 in zweiter Ehe mit Ilse Sellner. Aus der ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor.

Werke

  • Gustav Rudolf Sellner: Neue deutsche Dramatik. Coburg 1929.
  • Gustav Rudolf Sellner, Werner Wien: Theatralische Landschaft. Bremen 1962.

Filmografie

Auszeichnungen

Literatur

  • Elmar Buck, Joachim Geil, Gerald Köhler (Hrsg.): Gustav Rudolf Sellner, Regisseur und Intendant, 1905-1990: Eine Ausstellung der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln. Köln 1996.
  • Gerald Köhler: Das Instrumentale Theater des Gustav Rudolf Sellner. Köln 2002.

Weblinks


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