Interner Zinsfuß

Interner Zinsfuß

Die Interne-Zinsfuß-Methode (auch: Interne-Zinssatz-Methode, Methode des internen Zinsfußes oder Methode des internen Zinssatzes, kurz: IZF-Methode bzw. IZM oder IZS-Methode; englisch: IRRInternal Rate of Return)[1] ist ein Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung. Sie ermöglicht, für eine Investition oder Kapitalanlage, bei der unregelmäßige und schwankende Erträge anfallen, eine (theoretische) mittlere, jährliche Rendite zu berechnen.

Der Abzinsungsfaktor, bei dessen Verwendung die diskontierten künftigen Zahlungen dem heutigen Preis bzw. der Anfangsinvestition entsprechen, heißt interner Zinsfuß. Ist dieser Zinsfuß größer als der Kalkulationszinsfuß (sprich: die Rendite ist größer als die Kapitalzinsen plus Risikoaufschlag), ist die Investition über die Gesamtlaufzeit berechnet wirtschaftlich.

Die Interne-Zinsfuß-Methode wurde ursprünglich entwickelt, um die Wirtschaftlichkeit bei Investitionsentscheidungen in Unternehmen zu erhöhen. Das Ziel der Berechnungen war es, diejenige Investitionsentscheidung zu bestimmen, die sich auf das Gesamtsystem Unternehmung am vorteilhaftesten auswirkt. Bei dieser Entscheidung treten Ausschüttungs- bzw. Entnahmeüberlegungen in den Hintergrund. Die Interne-Zinsfuß-Methode ist deshalb für Anlageentscheidungen, bei denen regelmäßige Entnahmen erfolgen sollen, nicht geeignet.

Inhaltsverzeichnis

Vorgehen

Es wird derjenige Zinssatz i gesucht, bei dem der Kapitalwert

  • KW = -I+\sum_{t=1}^T \frac{C_t}{(1+i)^t} = 0

des gegebenen Projekts gleich Null ist. Dabei wird die Investition I der Summe aller abgezinsten Cashflows (Zahlungen) Ct zu Zeitpunkten t gegenübergestellt.

Zur Lösung der Gleichung, d. h. zur Bestimmung des Zinsfußes i, bedient man sich meist eines Interpolationsverfahrens:

  1. Man wählt einen ersten geschätzten Zinsfuß i1 und berechnet damit den Kapitalwert KW1 des Investitionsobjekts.
  2. Ist KW1 > 0 ( KW1 < 0 ), so wählt man einen Zinsfuß i2 > i1 ( i2 < i1 ) und berechnet damit KW2.
  3. Aus den Werten i1, i2 und KW1, KW2 bestimmt man durch Interpolation den Näherungswert i * für den tatsächlichen Zinsfuß i.

Geeignet ist die folgende Interpolationsformel:

  • i^* = i_1-\frac{KW_1}{KW_2-KW_1} \cdot \left(i_2-i_1 \right).

Bezüglich der Versuchszinssätze ( i1, i2 ) sollte erwähnt werden, dass bei Finanzinvestitionen nur eine Differenz von bis zu 0,5 % sinnvoll ist. Bei Sachinvestitionen sind dagegen größere Differenzen möglich (bis zu 5 %). Allgemein gilt: Je näher die Versuchszinssätze zusammenliegen, umso kleiner ist der Interpolationsfehler.

In der Praxis wird ein mathematisches Lösungsverfahren für geometrische Reihen wie das Newton-Verfahren oder Regula falsi verwendet. Moderne Tabellenkalkulationsprogramme wie beispielsweise Microsoft Excel enthalten Add-ons, welche die Nullstellenberechnung unterstützen (Solver – zu Deutsch: „Zielwertsuche“). Die Regula-falsi-Formel lässt sich in OpenOffice.org Calc sowie in MS Excel sehr einfach mit der IKV-Funktion (Interne-Kapitalverzinsungs-Funktion) darstellen.

Problematisch ist jedoch, dass geometrische Reihen mit häufigen Vorzeichenwechseln dazu führen, dass rechnerisch möglicherweise mehrere Nullstellen existieren. Derartige Reihen müssen erst bereinigt werden. Dazu kann für den Zinssatz ein Startwert angegeben werden.

Kritische Einschätzung

Kreditgewährung oder Kreditaufnahme

Werden die folgenden beiden Projekte miteinander verglichen, hilft die Interne-Zinsfuß-Methode nicht weiter:

Projekt C0 C1 IZF NPV bei 10 %
A −2.000 +3.000 +50 % +727
B +2.000 −3.000 +50 % −727

Beide Projekte weisen den gleichen internen Zinsfuß auf (-2.000+\tfrac{3.000}{1{,}50} = 0 und +2.000-\tfrac{3.000}{1{,}50} = 0), sind nach dieser Methode also gleich attraktiv. Allerdings wird bei Betrachtung des NPV (oder in diesem Fall: dem genauen Hinsehen) klar, dass bei Projekt A initial Geld zu 50 % verliehen wird und bei Projekt B geliehen wird. Wenn Geld geliehen wird, ist ein niedriger Zinssatz gewünscht, das heißt der IZF sollte niedriger sein als die Opportunitätskosten und nicht höher.

Mehrere interne Zinsfüße

In den meisten Ländern werden die Steuern im Folgejahr gezahlt, d. h., dass der Gewinn und die Steuerlast nicht in der gleichen Periode anfallen. Das folgende Beispiel ist ein Projekt, das eine Investition in Höhe von 2.000.000 € erfordert und dabei während seiner (hier fünfjährigen) Laufzeit einen zusätzlichen Profit in Höhe von 600.000 € p. a. einbringt. Der Steuersatz beträgt 50 % und wird in der Folgeperiode gezahlt:

C0 C1 C2 C3 C4 C5 C6
Brutto-Cashflow (vor Steuern) −2.000 +600 +600 +600 +600 +600
Steuern +1.000 −300 −300 −300 −300 −300
Netto-Cashflow −2.000 +1.600 +300 +300 +300 +300 −300

(Anmerkung: Die Investition i. H. v. 2 Mio. € in C0 verringert die Steuerlast für diese Periode um 1.000.000 €, die in C1 hinzugefügt wird.)

Die Berechnungen des IZF und NPV ergeben Folgendes:

IZF NPV bei 10 %
−50 % und 15,2 % 149,71 oder 149.710 €

Bei beiden Zinssätzen ist die Bedingung NPV = 0 erfüllt. Der Grund dafür liegt in dem zweimaligen Vorzeichenwechsel in der Zahlungsreihe: Nach Descartes kann eine Polynomgleichung soviele mathematisch gültige Lösungen haben wie Vorzeichenwechsel. Im Beispiel führt dieser zweimalige Vorzeichenwechsel dazu, dass das (mathematisch richtige) Ergebnis nicht ökonomisch interpretierbar ist (Welcher interne Zinsfuß ist richtig?).

In der Praxis kommen solche Reihen nicht nur durch die Verzögerung der Steuerzahlungen zustande, sondern können auch durch Wartungskosten während der Laufzeit des Projektes oder die Verschrottung einer Anlage am Ende der Laufzeit entstehen.

Eine Möglichkeit in der Umgehung eines abschließenden (zweiten) Vorzeichenwechsels besteht darin, einen modifizierten IZF zu berechnen: Der Cashflow im 6. Jahr wird im 5. berechnet und zu diesem hinzugefügt und der IZF erneut berechnet.

Sich gegenseitig ausschließende Projekte

Um einen bestimmten Auftrag zu erfüllen, haben Firmen oft die Wahl zwischen sich gegenseitig ausschließenden Projekten. Auch hier kann die IZF-Methode in die Irre führen:

Projekt C0 C1 IZF NPV bei 10 %
C −20.000 +40.000 +100 % +16.363
D −40.000 +70.000 +75 % +23.636

Beide Projekte sind lukrativ und nach der IZF-Entscheidungsregel müsste Projekt C durchgeführt werden, aber wie der NPV zeigt, ist D gegenüber C vorzuziehen, da es den höheren Geldwert hat. Dennoch kann die IZF-Methode auch hier zum Einsatz kommen: Bei Betrachtung der inkrementellen Zahlungsströme (die Differenz beider Projekte) führt der interne Zinsfuß zum gleichen Ergebnis wie die Kapitalwertmethode (der inkrementelle IZF ist 50 %, d. h., wenn der inkrementelle IZF größer ist als der Kalkulationszinsfuß, sollte das „größere“ Projekt – hier: Beispiel D – durchgeführt werden).

Vernachlässigung der Zinsstruktur

Die IZF-Methode geht von der Annahme aus, dass die kurz- und langfristigen Zinssätze identisch sind (siehe Formel, nur ein Zinssatz). Das trifft in der Realität selten zu. Die Zinssätze unterscheiden sich in Bezug auf die Fristigkeit erheblich. Kurzes Geld, d. h. Kredite mit einer relativ kurzen Laufzeit, weist einen niedrigeren Zinssatz auf, ist also billiger als langes Geld, d. h. Kredite mit längerer Laufzeit. Inverse Zinsstrukturen sind beispielsweise Anfang der 1990er Jahre beobachtet worden. Bei der Kapitalwertmethode stellt das kein Problem dar, da einfach die Zahlungsströme mit unterschiedlichen Zinssätzen abgezinst werden können:

  • NPV = C_0+\frac{C_1}{(1+i_1)}+\frac{C_2}{(1+i_2)^2}+\ldots

Eine Alternative besteht darin, mit dem gewichteten Durchschnitt der Zinsen über die Laufzeit zu rechnen, jedoch wenden Kritiker dieser Variante ein, dass sie die Komplexität der Rechnung unnötig erhöht bei Vorliegen einer einfachen Lösung.

In der Praxis wird die Zinsstrukturproblematik, und damit die Frage, mit welchem Zinssatz der IZF verglichen werden soll (i1, i2 oder i5), meist vernachlässigt.

Fazit

  • Die Methode des internen Zinsfußes ist nicht dazu geeignet, mehrere Investitionsprojekte unterschiedlicher Höhe, Dauer und Investitionszeitpunkte miteinander zu vergleichen. Es ist gut möglich, dass eine Investition mit einem höheren internen Zinsfuß einen geringeren Kapitalwert hat als eine andere Investition mit niedrigerem IZF.
  • Weiterhin geht diese Methode davon aus, dass sämtliche Kapitalrückflüsse zum internen Zinssatz wieder angelegt werden (Wiederanlageprämisse) und nicht zum Marktzinssatz (Kapitalwertmethode). Die Wiederanlageprämisse wird in der Praxis überwiegend als unrealistisch eingeordnet.
  • Die genannten Beispiele zeigen, dass es durchaus möglich ist, die IZF-Methode so zu modifizieren, dass sie brauchbare Ergebnisse liefert. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das nötig ist in Anbetracht der Zuverlässigkeit und mathematischen Einfachheit der Kapitalwertmethode.
  • Die Methode des internen Zinssatzes eignet sich in der Praxis gut zur Beurteilung von Einzelinvestitionen in unvollständig definierten Szenarien. Maßgröße ist eine gewünschte Mindestrendite. Übersteigt der Zinssatz diese Mindestrendite, so ist die Investition für sich genommen sinnvoll.
  • Die aufgezeigten Möglichkeiten, die Interne-Zinsfuß-Methode praktisch verwertbar zu machen, laufen im Ergebnis auf eine Anwendung der Kapitalwertmethode hinaus: Die konkrete Investition wird über Umwege (IZF-Methode) oder direkt (Kapitalwertmethode) mit einem Referenzzinssatz verglichen.

Varianten der Internen-Zinsfuß-Methode

Zur Internen-Zinsfuß-Methode ergeben sich in der Praxis verschiedene Varianten, je nachdem, ob mit linearer oder exponentieller Verzinsung operiert wird. Das ist im Folgenden dargestellt.

Praktische Varianten der Internen-Zinsfuß-Methode
ISMA SIA Treasury Moosmüller
Umrechnung einer Periodenrendite auf eine Jahresrendite exponentiell unterjährig linear unterjährig linear exponentiell
Diskontierung der ersten vollständigen Kuponperiode exponentiell exponentiell linear linear
Berechnung der Rendite bei Restlaufzeiten unter einem Jahr exponentiell exponentiell linear exponentiell
Erklärung

Literatur

  • Lutz Kruschwitz: Investitionsrechnung. 11. Aufl. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58306-9. 583 S.
  • Louis Perridon, Manfred Steiner: Finanzwirtschaft der Unternehmung. 14. Aufl. Franz Vahlen, München 2007, ISBN 3-8006-3359-0. 702 S.
  • Gerhard Mensch: Investition. 1. Aufl. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2002. ISBN 978-3-486-25946-9. S. 87 ff. 350 S.
  • Richard A. Brealey, Stewart Clay Myers: Principles of Corporate Finance. 7. Aufl. McGraw-Hill, London 2002/2003, ISBN 978-0-072-94043-5. 1330 S./1120 S.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Mensch: Investition. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2002, ISBN 978-3-486-25946-9. S. 87.

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