An der Stechbahn

An der Stechbahn
Historischer Lageplan von 1896
Berlin 1688.
Pos. B. h.: die Stechbahn
Neue Stechbahn am Schloßplatz, um 1830, Stich nach einer Zeichnung von Johann Heinrich Hintze
An der Stechbahn, Fotografie von Friedrich Albert Schwartz, 1865

An der Stechbahn war der Name einer Berliner Straße am ehemaligen Stadtschloss. Sie lag seit Mitte des 18. Jahrhunderts am südlichen Ende der Schlossfreiheit und erstreckte sich von dort bis zur Brüderstraße. Mit ihrer Rückseite grenzte sie an einen Arm der Spree. Die geschichtliche Entwicklung der Häuserzeile, die sich in dem Straßennamen wiederfindet, lässt sich bei Samuel Heinrich Spiker in seinem 1833 erschienenen Buch „Berlin und seine Umgebung im 19. Jahrhundert“ nachlesen.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung des Straßennamens

„In früheren Zeiten lag zwischen der breiten Strasse und der langen Brücke ein mit Schranken eingeschlossener 300 Fuss langer und 65 Fuss breiter Tournierplatz, welchen Kurfürst Joachim II. im Jahre 1537 einrichten ließ, um auf demselben, bei Gelegenheit der Geburt seiner ältesten Tochter, der Prinzessin Elisabeth Magdalena, ein Ritterspiel zu geben. Der Kurfürst Joachim Friedrich ließ diese alte Stechbahn im Jahre 1600 restauriren, und mit 31 Figuren, von Caspar Zimmermann angefertigt, ausschmücken. Nach und nach entstand an der innern Seite der Stechbahn eine Reihe Buden. Der Kurfürst Friedrich Wilhelm ließ die Stechbahn abbrechen und dafür das Reithaus auf dem Werder zu Tournieren und Kampfspielen einrichten, die Buden aber wurden auf seinen Befehl von Memhardt in steinerne Kaufläden verwandelt, vor denen sich eine dorische Bogenlaube hinzog.“

Samuel Heinrich Spiker: Berlin und seine Umgebung im 19. Jahrhundert

Verlegung und Neubau um 1800

„Beim weiteren Ausbau des Schlosses wurden diese Kaufläden, welche immer noch unter dem Namen Stechbahn bestanden hatten, um eine freiere Aussicht zu gewinnen, abgerissen, und auf den Platz versetzt, wo die heutige Stechbahn steht. Die Häuser, welche sie bilden, wurden im Jahre 1702 nach einem Plan von Bodt aufgeführt; sie bilden, wie auch aus dem gedrängten Bilde hervorgeht, dem Anschein nach, nur ein grosses mit jonischen Wandpfeilern verziertes Haus [Anm.: das erste dreistöckige Kauf- und Wohnhaus Berlins]. In der Mitte bemerkt man einen Balkon. Er gehört zu dem Lokale des Volpischen [ehemals Martinetschen] Kaffeehauses. Die Aussicht von demselben über den Schlossplatz und den in seiner Mitte stehenden Gas-Kandelaber, auf die lange Brücke, in die belebte Königs-Strasse und auf die freundliche, längs dem Wasser hinziehende Häuserreihe der Burgstrasse, ist vortrefflich. Die offene Bogenlaube ist 200 Fuss lang; man findet unter derselben die Buchhandlung des Herrn Mittler und die Musikalienhandlung des Herrn Lischke. Die feine Welt wählt unter den Putz-, Mode-, Kunst- und Industrie-Waaren des Herrn Quittel, – der Gastronom schlürft mit grossem Wohlbehagen die Original-Chocolade in dem Etablissement der Herren Josty & Comp. – Der Geschäftsmann sucht die Wechselladen der Herren Jaquier und Securius auf, – die Hoffnung führt Hunderte in Herrn Matzdorff’s vielbenutztes Lotterie Cointoir, – der Militair findet die Gegenstände seiner Bekleidung in dem Waarenlager des Herrn Bock, […]“

Samuel Heinrich Spiker: Berlin und seine Umgebung im 19. Jahrhundert

19. Jahrhundert

Das „Rote Schloss“ um 1880

1866 wurde der Durchgang vom Schloßplatz zum Werderschen Markt erweitert, was einen Umbau des Straßenzuges zur Folge hatte; die „Neue Stechbahn“ wurde abgerissen und das „Rote Schloss“, auch „Rote Burg“ genannt, erbaut. Das vierstöckiges Wohn- und Geschäftshaus verdankte seinen Namen der Ähnlichkeit mit dem Berliner Rathaus. Die Brüder Castan eröffneten hier das erste Berliner Panoptikum, das jedoch kurze Zeit später in die Kaisergalerie in der Friedrichstraße umzog.

20. Jahrhundert

1936 senkten sich Teile des „Roten Schlosses“ ab, sodass der Mittelbau abgerissen werden musste. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Haus schließlich vollständig zerstört.

Im Haus An der Stechbahn 3/4 befand sich ab 1939 das ursprünglich in der Oranienburger Straße 20 beheimatete Büro Grüber. Die 1938 von dem Berliner Pastor und späteren Propst Heinrich Grüber gegründete Organisation der Bekennenden Kirche verfolgte in erster Linie den Zweck, rassisch verfolgten evangelischen Christen die Auswanderung aus dem nationalsozialistischen Deutschland zu ermöglichen.

Weblinks

 Commons: An der Stechbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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