Kirchenjahr

Kirchenjahr

Als Kirchenjahr (lateinisch annus ecclesiasticus oder annus liturgicus, deutsch auch Liturgisches Jahr, christliches Jahr oder Herrenjahr) bezeichnet man im Christentum eine jährlich wiederkehrende festgelegte Abfolge von christlichen Festen und Festzeiten, nach der sich vor allem die Gottesdienstpraxis und Liturgie richten. Damit wurde die einmalige und einzigartige Heilsgeschichte Jesu Christi als Ziel der wiederkehrenden, gleichbleibenden Natur- und Universalgeschichte für die Gemeinschaft der Nachfolger dauerhaft nachvollziehbar.

Das Kirchenjahr besteht vor allem aus den zuerst um Ostern, dann auch um Weihnachten herum gebildeten Festkreisen, die in der Christentumsgeschichte allmählich zu einem Jahreszyklus vervollständigt wurden. Ihre Abfolge und Umfang stimmen in Ost- und Westkirchen in etwa überein, die wichtigsten Festdaten der orthodoxen Tradition unterscheiden sich aber von denen der katholischen und evangelischen Tradition. Den Festzeiten sind bestimmte liturgische Farben zugeordnet. Das evangelische wie das katholische Kirchenjahr beginnt mit der ersten Vesper zum ersten Adventssonntag, das orthodoxe Kirchenjahr beginnt am 1. September.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der deutsche Begriff ist erstmals 1589 bei Johannes Pomarius, einem lutherischen Pastor, belegt. Er markiert die nach der Reformation beginnende Trennung von christlich-sakraler und profaner Zeitgliederung und Kalenderordnung. Zudem gab es seit Bildung des Begriffs immer verschiedene konfessionelle Varianten des Kirchenjahres.

Auf Französisch hieß dieses im 17. Jahrhundert année chrétienne, im späten 18. Jahrhundert année spirituelle, im 19. Jahrhundert année liturgique; auf Englisch hieß es seit etwa 1790 Christian year, heute wird meist vom liturgical year gesprochen. Verschiedene deutsche Theologen bevorzugten im 19. Jahrhundert die Begriffe Jahr des Heils oder Herrenjahr.[1]

Entstehung

Vorgaben

Das fixe Sonnenjahr, die beweglichen Mondphasen und die von beiden Zeitmetren abhängigen vegetativen Jahreszyklen führten im Alten Orient zu verschiedenen Kalendereinteilungen. Diese wurden im Judentum teils überlagert, teils durchbrochen von Kultfesten, die sowohl an in der Natur wiederkehrende als auch an besondere innerzeitliche Ereignisse erinnerten. So beginnt das jüdische Hauptfest Pessach am Frühlingsvollmond, feiert aber nicht primär den Frühlingsanfang, sondern den Auszug der Hebräer aus der Sklaverei Ägyptens in das Gelobte Land als Gottes auserwähltes Volk Israel.

Die strukturierenden Grunddaten des Kirchenjahres – Sonntage, Ostern und Weihnachten – orientieren sich an der Siebentagewoche, am jüdischen Festkalender und einigen solaren Fixdaten im Zusammenhang der Tagundnachtgleiche. Sie erhalten als Stationen einer offenbarten Heilsgeschichte einen neuen Sinn.

Der Sonntag

Die Alte Kirche feierte das Herrenmahl an jedem Sonntag, dem „Tag des Herrn“ oder „Herrentag“ (dies dominica). Zentraler Bezugspunkt für die Christen in frühchristlicher Zeit war dabei das Gedächtnis des Erlösungswerks Christi, d. h. sein Leiden und Sterben für das Heil der Welt und seine Auferstehung am dritten Tag, welches in der Erwartung seiner Wiederkunft als „Brotbrechen“ (Abendmahl/Eucharistie) gefeiert wurde.

Als Folgetag des jüdischen Sabbats war der Sonntag der erste, nicht der letzte Wochentag. So wie der Sabbat als arbeitsfreier Tag das Ziel der Schöpfung Gottes symbolisierte, so markierte der Sonntag für die Christen den Beginn der neuen Schöpfung, des Reiches Gottes. Die Liturgieerklärungen der Kirchenväter nehmen daher besonders Bezug auf den Sonntagsgottesdienst.

Kaiser Konstantin der Große legte den Sonntag 321 gesetzlich als wöchentlichen Ruhetag fest, auch um das Christentum zur bevorzugten Religion zu erheben. Damit verdrängte der Sonntag den Sabbat und wurde zusammen mit dem Samstag im Alltagsbewusstsein zum „Wochenende“.[1]

Osterfestkreis

Der Ostersonntag war die christliche Variante des letzten Pessachtages: Dem Auszug aus Ägypten entsprach die in der Osternacht gefeierte Rettung Jesu und mit ihm aller Menschen aus dem Tod. In dieser Form wurde der Ostersonntag zum Ausgangs- und Mittelpunkt des Kirchenjahres. Er blieb lange Zeit das einzige christliche Jahresfest, bei dem auch die Taufe der Katechumenen stattfand und der christlichen Märtyrer des vergangenen Jahres gedacht wurde.

Das Osterdatum wurde in der westlichen Tradition 325 auf den einem 15. Nisan (Pessachbeginn) folgenden Sonntag gelegt. Es fügte sich damit in die Sonntagsreihe ein und bildete einen zum Pessach analogen Festkreis aus. Dabei bereiteten viele christliche Gemeinden die Osterfeier seit dem 2. Jahrhundert mit zwei bis sechs Fastentagen vor. Im 4. Jahrhundert entstand im Westen das im Osten unbekannte Triduum Sacrum, das den Abend des Gründonnerstags, Karfreitag, Karsamstag und den Ostersonntag umfasste. Es wurde analog zum sieben- oder achttägigen Pessach zur Heiligen Woche erweitert, die vom Tag des Einzugs Jesu in Jerusalem (Palmarum) an den Verlauf der letzten Lebenstage Jesu bis zu seiner Auferstehung sinngemäß abbildete.

Dem Osterfest folgte ebenfalls seit dem 4. Jahrhundert eine Woche, bei der die zu Ostern Neugetauften täglich die Eucharistie feierten und in der apostolischen Lehre unterwiesen wurden. Sie endete mit dem Weißen Sonntag, der seinen Namen vermutlich von den weißen Taufgewändern ableitet, die in der frühen Kirche von den in der Osternacht Getauften bis zu diesem Tag getragen wurden. Dieser „kleinen Oktav“ (Festwoche) wurde eine „große Oktav“ von sieben Wochen für die österliche Freudenzeit zur Seite gestellt. Diese lief auf den Pfingstsonntag zu und umfasste mit ihm 50 Tage, analog zur Frist zwischen Pessach und Schawuot im jüdischen Kalender. Damit erhielt die Gabe des Heiligen Geistes, die nach Joh 20,22 EU zur Offenbarung des Auferstandenen gehört, gemäß dem zweiten Kapitel der Apostelgeschichte eine eigene liturgische Begehung. Zehn Tage vorher etablierte sich gemäß der 40-Tages-Angabe (Apg 1,3 EU) das Himmelfahrtsfest.

Diese 40-Tage-Frist (Quadragesima) wurde dann auch auf die Fastenzeit vor Ostern übertragen, in der mit Gebet, Buße und Fasten der Passion Jesu gedacht wurde. Die Sonntage der Fastenzeit waren jedoch vom Fasten ausgenommen, da ihre Liturgie auf den Ostersonntag bezogen war. Darin erhielt sich die Erinnerung, dass das Kirchenjahr Abbild eines über-, nicht innerzeitlichen Geschehens ist, das auf Jesu Auferstehung zurück- und seine Parusie vorausblickt.[1]

Weihnachtsfestkreis

Siehe auch: Adventssonntag

Das Weihnachtsfest wurde in Rom seit etwa 330, in Konstantinopel seit etwa 380 am 25. Dezember gefeiert. Dieses Datum lag nahe der Wintersonnenwende und durchbrach den Sonntagsrhythmus. Grundgedanke war dabei, dass die Inkarnation des Sohnes Gottes die Wende vom Tod zum Leben, von der Finsternis zum Licht eingeleitet habe. Dies sollte auch konkurrierende inner- und außerchristliche Vorstellungen abwehren: Christus sei kein unsterbliches Geistwesen (so sah ihn der Gnostizismus), sondern als Mensch sterblich und einmalig. Er und nicht die unbesiegbare Sonne (Sol invictus) sei der wahre Gott.

Wie das Osterdatum war auch das Weihnachtsdatum anhaltend umstritten. Jesu Geburt wurde von großen Teilen der Christenheit anfangs am selben Tag wie Pessach (15. Nisan), am 25. März (Frühlingsäquinoktium) oder am 6. Januar – dem heutigen Fest der Erscheinung des Herrn – gefeiert. Letzterer war im Römischen Reich auch der Beginn einer Äonenwende, die von der Geburt eines neuen Herrschers erwartet wurde. Darum verband sich mit Weihnachten das Bewusstsein einer neuen Ära analog zum heidnischen goldenen Zeitalter, so dass das angenommene Geburtsjahr Jesu 525 mit dem Beginn einer neuen Zeitrechnung identifiziert wurde.

Ambrosius von Mailand und Gregor der Große verknüpften das in der Geburtsnacht Jesu erschienene Licht mit dem Licht der Osternacht; die Niedrigkeit seiner Geburt in Krippe und Stall deutete in der Liturgie bereits auf seinen Tod am Kreuz hin. Daher trat die Weihnachtszeit nicht in Konkurrenz zur Osterzeit, sondern wurde ihr als ihr Vorläufer zeitlich vorangestellt, so dass sie das Kirchenjahr eröffnete.

Im 5. Jahrhundert entwickelte sich die Adventszeit, zunächst als 40-tägige Fastenzeit vor dem Epiphaniasfest, beginnend am 11. November, der zugleich der Gedenktag des heiligen Martin war. Die vier Adventssonntage gingen dem Weihnachtsfest voran, wobei der 4. Advent mit dem 24. Dezember zusammenfallen konnte. So wurde die Weihnachtszeit mit dem lunar-beweglichen Osterfestkreis von 14 Wochen in die Sonntagsreihe eingefügt. Deshalb variiert der zeitliche Abstand zwischen den beiden höchsten Festen.

Weitere Bestandteile

Gedenktage christlicher Märtyrer wurden seit dem 2. Jahrhundert als Festtage neben dem Auferstehungsfest Jesu Christi in das Kirchenjahr aufgenommen. Dabei wurde der Todestag im christlichen Gedenken zum „Geburtstag“ (dies natalis) des jeweiligen Heiligen, mit dem er in das ewige Leben eintrat.[1]

Seit dem 5. Jahrhundert wurde das Kirchenjahr vor allem in Rom durch neue Elemente und Festdaten ergänzt und ausgestaltet:

  • Der Sonntag nach Ostern wurde zum „Weißen Sonntag“ (dominica in albis);
  • Das Fest Christi Himmelfahrt erhielt eine eigene Vigil, seit dem 10. Jahrhundert auch eine eigene Oktav;
  • Pfingsten wurde ebenfalls mit einer eigenen Oktav ausgezeichnet;
  • Die Weihnachtszeit wurde durch Hinzufügung des Advents zu einem eigenen Festkreis.

Seit der Spätantike bürgerte sich das Gedenken für die Verstorbenen des Vorjahres ein. Es wurde im 10. Jahrhundert auf den 2. November gelegt (Allerseelen), der auf das Hochfest Allerheiligen folgt. Ferner kam es zur Zunahme von Festen, die einzelne Lebensstationen Christi zum Inhalt haben, wie beispielsweise die Beschneidung und Namengebung des Herrn am 1. bzw. 3. Januar, oder der Verklärung des Herrn am 6. August.

Zum Gedenken an die Auffindung und Erhöhung des heiligen Kreuzes wurden seit dem Frühmittelalter zwei Kreuzfeste in der Westkirche gefeiert (inventio (Kreuzauffindung am 6. März bzw. 3. oder 7. Mai; exaltatio (Kreuzerhöhung) am 14. September).

Ab dem Hochmittelalter fanden „Ideenfeste“, die bestimmte Glaubensgeheimnisse in den Mittelpunkt einer eigenen liturgischen Feier rücken, Aufnahme in das Kirchenjahr:

Erntedank als eigenes Fest wurde erst im 20. Jahrhundert in die liturgischen Kalender aufgenommen. Die Ursprünge des Festes liegen in den Pfingst-, Herbst- und Winter-Quatember, die sowohl Buß- als auch Dankfeiern für die Getreide-, Trauben- bzw. Ölernte waren und deren Lesungen Bezüge zum jüdischen Erntedankfest aufweisen. In Deutschland wurde das Erntedankfest oft an Michaelis (29. September) begangen, während es heute auch am Sonntag nach Michaelis gefeiert gefeiert werden kann. Die volkstümliche Auffassung, das Erntedankfest falle auf den ersten Sonntag im Oktober, trifft daher in den Jahren nicht zu, in denen der 30. September ein Sonntag ist.

Weitere Fest- und Gedenktage des Kirchenjahres gelten kirchengeschichtlichen Ereignissen, die für einzelne Konfessionen, Ordensgemeinschaften oder Gemeinden – etwa Kirchweihefeste – prägend wurden.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts werden zunehmend Sonntage im Jahreskreis als Zwecksonntage unter ein bestimmtes Motto gestellt oder einem bestimmten Anliegen gewidmet, etwa der Sonntag der Weltmission oder der Welttag der sozialen Kommunikationsmittel.

Das orthodoxe Kirchenjahr

Die orthodoxe Kirche knüpfte an das altkirchliche Kirchenjahr an, indem sie Tod und Auferstehung Jesu zusammen in der Osternacht feiert und jeden Sonntag als Wiederholung des Osterfestes versteht. Dieser bildet hier den Anfang jeder siebentägigen Woche und zugleich ihre Vollendung als „achter Tag“. Er verwandelt den siebten Tag – den jüdischen Sabbat – in eine „Freudenoktav“, die den endgültigen Sieg des Auferstandenen und Durchbruch der neuen Schöpfung anzeigt (Joh 20,26).

Demgemäß wurde das ganze Kirchenjahr liturgisch in Teile von mindestens je acht Wochen gegliedert, deren Anfangs- und Endsonntage sich jeweils überlappen. Diese Reihen, die dazugehörigen Gesänge und Lesetexte werden Oktoechos genannt und sind im gleichnamigen „Achttonbuch“ aufgezeichnet; die orthodoxe Liturgie jedes Abschnitts wird in einem der acht Kirchentonarten gesungen, und orthodoxe Kirchen sind oft als Oktogon gebaut.

Das orthodoxe Kirchenjahr beginnt mit dem 1. September (Indiktion). Die Osterzeit (Pentekostarion) reicht vom Ostersonntag bis zum ersten Sonntag nach Pfingsten, der hier zugleich das Fest aller Heiligen ist. Ihr geht vom Sonntag des Zöllners bis Karsamstag die Vorfastenzeit und die „große Fastenzeit“ (Triodion) voraus. Ihr folgen zwei Oktotechos von Pfingsten bis zum Sonntag der Kreuzerhöhung (14. September) sowie 12 bis 13 Sonntage bis Weihnachten (25. Dezember) bzw. Epiphanias (6. Januar). Statt der Adventszeit kennt das orthodoxe Kirchenjahr eine 40-tägige vorweihnachtliche Fastenzeit (Philippsfasten), die am 15. November beginnt.

Besondere Festtage des orthodoxen Kirchenjahres sind:

Alle unbeweglichen Festdaten des Kirchenjahres, auch die der Heiligen und Engel, sind im Menaion aufgeführt. Sie folgen dem „Alten Stil“, das heißt dem Julianischen Kalender, der heute 13 Tage hinter dem Gregorianischen Kalender zurückliegt.[2]

Das Liturgische Jahr (römisch-katholisch)

Vereinfachte Darstellung des liturgischen Jahres.

In zwei Liturgiereformen (1951 und 1956) wurden Oktavfeiern zwischen Ostern und Pfingsten gestrichen, so dass die österliche Freudenzeit wieder durchgehend bis Pfingsten reicht. Die meisten überlieferten mittelalterlichen Herren-, Marien- und Heiligenfeste wurden beibehalten, nur „Namen Jesu“ und „Kostbares Blut“ wurden nicht in den erneuerten Kalender übernommen.

Die Grundordnung des Kirchenjahres von 1969 enthält den heute gültigen liturgischen Kalender der römisch-katholischen Kirche. Er gliedert das Kirchenjahr in drei Hauptteile:

  • Weihnachtszyklus: vier Adventssonntage, den Weihnachtstag mit seiner Oktav und zwei Sonntage nach Weihnachten
  • Passions- und Osterzyklus: Fastenzeit, die Heilige Woche mit dem Triduum Sacrum, der Ostertag mit seiner Oktav und sieben Sonntage bis Pfingsten
  • „Zeit im Jahreskreis“ vom Fest der Taufe des Herrn bis Aschermittwoch sowie vom Pfingstmontag bis zum 1. Advent.

In diese Struktur sind die Herren-, Marien- und Sonderfeste eingeordnet. Die Sonntage des Jahreskreises außerhalb der Festkreise werden vom Fest Taufe des Herrn (Nr. 1) bis zum Hochfest Christkönig (Nr. 33/34) durchgezählt. Fallen bestimmte Hoch- oder Herrenfeste auf einen dieser Sonntage, dann verdrängen diese den Sonntag im Jahreskreis. Die Leseordnung umfasst Schriftlesungen für die Heiligen Messen und die Feier des Stundengebets an allen Tage des Kirchenjahres.

Besonderheiten der Weihnachtszeit sind:

Das Fest der Taufe des Herrn am Sonntag nach dem 6. Januar und das Fest der Darstellung des Herrn im Tempel, volkstümlich „Mariä Lichtmess“ genannt, am 2. Februar gehören nicht mehr zur eigentlichen Weihnachtszeit, sind aber inhaltlich mit ihr verbunden.

Besonderheiten der Osterzeit sind:

Weitere Herrenfeste im Jahreskreis sind:

Weitere Feste und Gedenktage werden teilweise nur in einzelnen Regionen, Diözesen, Ordensgemeinschaften oder einzelnen Kirchen gefeiert.

Siehe auch: Allgemeiner Römischer Kalender, Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet, Gebotener Feiertag

Das Liturgische Jahr (altkatholisch)

Die altkatholische Kirche gliedert das liturgische Jahr ähnlich wie die römisch-katholische Tradition, kennt aber in Deutschland einige Besonderheiten:

  • Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria wird nicht gefeiert
  • Die Weihnachtszeit dauert bis zum 2. Februar (Lichtmess)
  • das Fest der Heiligen Familie wird nicht gefeiert
  • der 1. Januar wird als Oktavtag von Weihnachten begangen
  • die Bitttage werden nicht begangen
  • Fronleichnam trägt die zusätzliche Bezeichnung: „Danktag für die Eucharistie“
  • das Herz-Jesu-Fest und die Herz-Jesu-Freitage werden nicht gefeiert
  • die Sonntage im Jahreskreis (Nr. 1–33) beginnen mit dem 3. Sonntag nach Epiphanie und enden mit dem „Sonntag vom wiederkommenden Herrn“ (letzter Sonntag vor dem 1. Advent)

Hinzu kommen einige besondere Feste bzw. Festbezeichnungen:

Der liturgische Kalender enthält zudem Gedenktage von Glaubenszeugen von der Alten Kirche bis zur Neuzeit, sowohl aus der eigenen Kirche als auch aus der Ökumene. Dazu zählen z. B. Dietrich Bonhoeffer, Max Josef Metzger, Óscar Romero und Frere Roger sowie die folgenden Personen aus der alt-katholischen Bewegung und die verstorbenen Bischöfe (während bei lebenden Bischöfen der Jahrestag ihrer Bischofsweihe kommemoriert wird):

Die Christkatholische Kirche der Schweiz feiert am Oktavtag von Weihnachten (1. Januar) das Fest der Namengebung Jesu, begeht die Quatember und lehnt sich in der Bezeichnung der Sonntage (nach Epiphanie, vor der Fastenzeit, nach Pfingsten) an das Kalendarium des Usus antiquior an.[3]

Das evangelische Kirchenjahr

Reformationszeit

Die Reformatoren maßen kirchliche Tradition am Mensch gewordenen Wort Gottes, Jesus Christus. Sie relativierten darum prinzipiell alle Marien-, Heiligen-, Apostel- und auch Herrenfeste, sofern sie sich nicht biblisch und christologisch begründen und in das als Herrenjahr verstandene Kirchenjahr einfügen ließen. Entscheidend, so Martin Luther in der Deutschen Messe 1526, sei eigentlich nur die regelmäßige Gemeindeversammlung zum Hören der Schriftlesung, Predigt und Empfang des Abendmahls. Huldrych Zwingli ließ das Abendmahl nur viermal jährlich – Ostern, Pfingsten, Allerheiligen und Weihnachten – feiern. Für ihn konnten Gottesdienste notfalls auch an anderen Wochentagen stattfinden, wenn die Arbeit es verlangte.

Ein von Melanchthon verfasster Festkanon bewahrte neben den Herrenfesten Weihnachten, Beschneidung (Circumcionis), Epiphanias, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten auch drei Marientage – Purificationis, Annuntiationis und Visitationis – sowie Johannis-, Michaelis-, Aposteltage und das Maria-Magdalena-Fest. Viele evangelische Kirchen orientierten sich im 16. Jahrhundert daran, ließen aber regional verschieden einige Feste davon weg oder ergänzten andere. Sie verlängerten Weihnachten, Ostern und Pfingsten um je einen Tag, betonten das letzte Mahl am Gründonnerstag (die Chrisammesse entfiel), den Karfreitag und das Trinitatisfest, nach dem bis heute die Sonntage danach bis zum Advent gezählt werden.

Dieser Kirchenjahresstruktur folgte das Book of Common Prayer (1549). Die Confessio Helvetica posterior (1566) empfahl zudem, dem Vorbild der Heiligen zu folgen, ohne diesen eigene Festtage zu widmen. Auch Märtyrer der eigenen Gegenwart erhielten solche einfachen Gedenktage. In Norddeutschland wurden die Quatember bewahrt: die erste Advents- und erste Passionswoche, die Woche vor Pfingsten und erste Oktoberwoche. In manchen evangelischen Kirchen wurden sie für Katechismusübungen verwendet; die Anglikanische Kirche ordiniert in ihnen ihre Pastoren. Im letzten Quatember liegt der Buß- und Bettag.

Heutige Praxis

Die Feste im evangelischen Jahreskreis mit den ihnen zugeordneten liturgischen Farben

Die heutige evangelische Ordnung des Kirchenjahres in Deutschland kann den Agenden und zugehörigen Perikopenordnungen für Bibellesungen und Predigttexte entnommen werden. Sie entspricht weithin der von den Reformatoren vorgefundenen frühmittelalterlichen Ordnung, die im 19. Jahrhundert durch zusätzliche Predigttexte ergänzt und durch die Eisenacher Kirchenkonferenz 1896 vereinheitlicht wurde. Die letzte umfassende Revision wurde in den 1970er Jahren vollzogen, kleinere Änderungen wurden mit dem Evangelischen Gottesdienstbuch 1999 eingeführt.[4] Die Reformierte Kirche blieb sowohl der Agende als auch der Perikopenordnung gegenüber lange distanziert. Heute folgt die Reformierte Liturgie dem evangelischen Schema.

Das evangelische Kirchenjahr beginnt wie das katholische mit der ersten Vesper zum ersten Adventssonntag und endet am Samstag vor dem ersten Advent. Es teilt die Hauptfeste und zugehörigen Festzeiten sowie einige Sonderfeste, vor allem Neujahr und Erntedank. Advent und Passionszeit sind auch hier eine Buß- und Fastenzeit, die der Vorbereitung auf das jeweilige Hauptfest dient. Der 4. Advent kann auf den 24. Dezember fallen, da dieser erst mit der Christvesper (1. Vesper) zur eigentlichen Weihnachtszeit gehört; der Heiligabend ist der Vorabend des Christfestes. Der zweite Christtag am 26. Dezember wird als Nachfeiern von Weihnachten und auch als Gedenken an den Erzmärtyrer Stephanus begangen. Der Neujahrstag wird als Tag der Namensgebung und Beschneidung Jesu gefeiert und bildet zugleich das Ende der Weihnachtsoktav. Die Weihnachtszeit endet mit Epiphanias am 6. Januar.

Abhängig vom Ostertermin umfasst die Zeit nach Epiphanias mindestens einen und höchstens sechs Sonntage; beim frühestmöglichem Ostertermin bleibt nur ein Zwischensonntag, der dann „Letzter Sonntag nach Epiphanias“ heißt. Dieser obligatorisch gefeierte Sonntag beinhaltet das Fest der Verklärung Christi und verdrängt anders als die anderen Sonntage nach Epiphanias auch das Proprium des Festes der Darstellung des Herrn (Lichtmess).

Die folgenden Sonntage bis Palmarum und nach Ostern tragen traditionelle Namen, die den ersten Worten des jeweiligen lateinischen Introitus entnommen sind. Dabei gehören die drei Sonntage

  • Septuagesimae oder Circumdederunt,
  • Sexagesimae oder Exsurge und
  • Quinquagesimae oder Estomihi

zur Vorfastenzeit oder Vorpassionszeit. Die Passionszeit beginnt mit dem Aschermittwoch. Ihm folgen die sechs Sonntage:

In der Karwoche liegen Gründonnerstag und Karfreitag.

Mit der Feier der Osternacht wird das Osterfest begangen; es beginnt die Österliche Freudenzeit. Dazu gehören Ostermontag, die Osteroktav und die Sonntage nach Ostern:

Nach dem Pfingstfest und dem Pfingstmontag folgt die Pfingstoktav. Am Sonntag nach Pfingsten steht das Trinitatisfest, an dessen Vorabend die Osterzeit endet. Die höchstens 24 folgenden Sonntage werden nach Trinitatis gezählt; die genaue Anzahl ist abhängig vom Ostertermin. Der zehnte Sonntag nach Trinitatis wird heute als Israelsonntag begangen. Ihm folgen das Erntedankfest, das zumeist am Sonntag nach Michaelis begangen wird, und der Reformationstag am 31. Oktober. Am 1. November feiern einzelne lutherische Kirchen den Gedenktag der Heiligen. Am Ende des Kirchenjahres stehen der Drittletzte, der Vorletzte und der Letzte Sonntag des Kirchenjahres. An diesem letzten Sonntag, dem Ewigkeitssonntag, im Volksmund Totensonntag genannt, gedenkt die Gemeinde der Verstorbenen des Jahres. Die SELK begeht den „Gedenktag der Entschlafenen“ am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres oder auch am Ewigkeitssonntag.

Der dem Ewigkeitssonntag vorausgehende Mittwoch ist der Buß- und Bettag, der heute in Deutschland nur noch in Sachsen arbeitsfrei ist. In 25 der 26 Schweizer Kantone wird er als Eidgenössischer Dank-, Buss- und Bettag am dritten Sonntag im September begangen, lediglich im Kanton Genf findet der dort sogenannte Genfer Bettag als arbeitsfreier Feiertag am Donnerstag nach dem ersten Sonntag im September statt.

Gedenktage und kleinere Feste

Evangelische Agenden enthalten ferner folgende Gedenktage und kleinere Feste:

Literatur

  • Eckhard Bieger SJ: Das Kirchenjahr entdecken & erleben. Entstehung, Bedeutung und Brauchtum der Festtage. St. Benno-Verlag, Leipzig o. J. (2006), ISBN 3-7462-2125-0.
  • Karl-Heinrich Bieritz: Das Kirchenjahr. Feste, Gedenk- und Feiertage in Geschichte und Gegenwart. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43947-0 (Beck'sche Reihe 447).
  • Heinzgerd Brakmann: Jahr (kultisches) B. Christlich. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 16. (1994), S. 1106–1118.
  • Mathias Christiansen (Hrsg.): Almanach der frohen Botschaft. Ein Begleiter durch das Kirchenjahr. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat, Münster 2006, ISBN 3-86582-219-3.
  • Evangelisches Gottesdienstbuch. Taschenausgabe. Evangelische Haupt-Bibelgesellschaft, Berlin 2005, ISBN 3-7461-0141-7.
  • Dietz-Rüdiger Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Brauchformen der Gegemwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. Edition Kaleidoskop im Verlag Styria, Graz 1993, ISBN 3-222-12069-2.
  • Martin Senftleben: Mit dem Kirchenjahr leben. Eine Handreichung für unsere Gottesdienste. Einführungen – Themen – Texte – Lieder. Sonnenweg-Verlag, Konstanz 1986, ISBN 3-7975-0342-3.

Weblinks

 Commons: Liturgical year – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. a b c d Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz: Kirchenjahr, in: Theologische Realenzyklopädie, 1998
  2. Liste orthodoxer Festtage
  3. Kalender der Christkatholischen Kirche der Schweiz
  4. EKD, Liturgische Konferenz: Kleine Perikopenrevision

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