Application Services Library

Application Services Library

Die Application Services Library (ASL) ist eine Sammlung von Leitlinien für das Application Management von bestehenden Software-Anwendungen bzw. der Gesamtheit von Anwendungen im Unternehmen. Software-Anwendungen werden mit der Einführung in der Regel in die Wartung gegeben. Wartung heißt hier (ähnlich anderer technischer Konstrukte, wie z. B. einem Pkw), dass die Software instand gehalten werden muss oder für neue fachliche oder technische Anforderungen weiterentwickelt werden muss (s. a. Software-Lebenszyklus). Alle damit verbundenen Prozesse werden mit dem Begriff „(operatives) Application Management“ zusammengefasst

Die Application Services Library (ASL) beschreibt darüber hinaus die notwendigen Prozesse in der Application Management durchführenden Organisation, also der unternehmensinternen IT-Abteilung oder dem externen IT-Dienstleister (Management und Weiterentwicklung der APM-Organisation).

Die Application Services Library (ASL) ist gemeinfrei (public domain).

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Definition „Application Management” nach ASL

„Pflege, Wartung und Erweiterung von Anwendungen (Applikationen)” als operative und strategische Aufgabe; d. h. sowohl die Betreuung einer Anwendung im laufenden operativen Betrieb, die Wartung im Sinne von technischen Weiterentwicklungen als auch die Erweiterung von Anwendungen im Sinne von neuen fachlichen Komponenten und Entwicklung einer langfristigen IT-Strategie passend zur jeweiligen Organisationsstrategie.

Geschichte

ASL wurde Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts in den Niederlanden entwickelt und steht seit 2002 in Public-Domain-Lizenz frei zur Verfügung. Die ASL-BiSL-Foundation kümmert sich als Stiftung um die (einheitliche) Weiterentwicklung und um Zusammenstellung von Erfolgsmethoden (Best Practices) zur Durchführung des Application Managements.

Application Management als Teil des IT-Managements

Die Application Services Library ordnet das Application Management bzw. die APM-Organisation zwischen den Fachbereichen der Unternehmen (bzw. dem Business-Information Management) und dem Betrieb der Anwendungen im Rechenzentrum (IT-Infrastruktur-Management) ein.

Das Unternehmen erwartet von der IT Prozessunterstützung und stellt Anforderungen an die IT, an die im Unternehmen vorhandenen Softwareanwendungen (Applikations-Landschaft) bzw. an eine konkrete Softwareanwendung und findet im APM die Ansprechpartner, die sowohl die laufenden (bestehenden) Anwendungen fachlich und technisch kennen und verstehen, als auch die Prozessbedürfnisse des Fachbereichs bzw. der jeweiligen Branche.

Auf der anderen Seite steht der Betrieb der Anwendungen im Rechenzentrum (IT-Infrastrukturmanagement). Hier wird dem Anwender diese Anwendung zur Benutzung zur Verfügung gestellt, also ein entsprechender Service („Betrieb der Anwendung“) als Dienstleistung bereitgestellt. Dementsprechend hat die ASL Schnittstellen zum fachlichen Management des Unternehmens (z. B. via BiSL (Business Information Service Library)) und zum Betrieb der Anwendung (z. B. via ITIL (IT Infrastructure Library).

Das Application Management kann sowohl intern (also durch Abteilungen des Unternehmens), als auch extern (durch einen IT-Dienstleister) durchgeführt werden. Durch die Trennung in Prozessbereiche sind auch Mischformen möglich, wie z. B. IT-Strategie im Unternehmen, operatives Application Management beim IT-Dienstleister.

ASL und ITIL

ASL wurde entwickelt, weil die IT Infrastructure Library (ITIL) auf das IT-Infrastruktur Management (und damit den Betrieb einer Anwendung im Rechenzentrum) gerichtet ist. ASL hat den Fokus auf die einzelne Software-Anwendung und das Applikationsportfolio, während ITIL die Konzentration auf dem IT-Service- und IT-Infrastruktur-Management (Erbringung eines definierten operativen IT-Services) hat. ASL ist das Gegenstück zu ITIL auf Seiten der Anwendung bzw. der Anwendungsentwicklung. ASL ist über definierte Prozessschnittstellen mit ITIL verbunden.

Kritik

Die ASL ist (wie viele) Rahmenkonzepte auf einem hohen Abstraktionsniveau. Die einzelnen Prozessgruppen müssen erst in eigener Arbeit auf die jeweiligen Bedürfnisse runter gebrochen werden. Dadurch kann es auch zu unterschiedlichen Interpretationen und Missverständnissen kommen.

Die ASL ist zwar gemeinfrei („public domain“), die Informationen sind aber im Wesentlichen in der Literatur zu finden. Ebenso ist kein Stand der Entwicklung bzw. der Weiterentwicklung erkennbar; insgesamt fehlt der „Anwendung ASL“ selbst sozusagen das Application Management.

Die ASL ist noch relativ neu und könnte in Teilen noch weiter reifen.

Die Prozessbereiche

Operatives Application Management

Die Anwendung und der zugehörige Fachbereich bzw. die fachliche Benutzer des Systems werden durch das operative Application Management betreut. Alle Themen aus dem laufenden Betrieb der Anwendung müssen (operativ) gelöst werden, ggf. in der Weiterentwicklung der Anwendung einschließlich der zugehörigen Releasemanagementprozesse. Für das operative Application Management bedarf es deshalb einer großen technischen und fachlichen Nähe zur Anwendung (Kenntnis des Quelltextes des Programms und Kenntnis des fachlichen Umfelds).

Strategisches Application Management

Im Sinne einer langfristigen Strategie des Unternehmens betrachtet das strategische Application Management den Lebenszyklus der Anwendung, d. h. die rechtzeitige Migration in neue Software. Oder auch das Auslaufen der Anwendung und Integration der fachlichen Anforderungen in andere Anwendungen.

Das strategische Application Management ordnet jede Anwendung in Bezug auf andere Anwendungen im Unternehmen (IT-Landschaft) und verwaltet damit auch das Applikations-Portfolio eines Unternehmens. Dazu gehören auch strategische Themen der Weiterentwicklung aller Anwendungen im Unternehmen, wie z. B. Java oder kein-Java, Cobol/Mainframe oder kein Cobol/Mainframe, Monolith vs. Client/Server etc.

Analog zur Strategie der Applikationen (bzw. der Technologie) werden im Prozessbereich „strategisches Application Management“ die strategische Weiterentwicklung der Application Management Organisation betrachtet.

Managementprozesse

Dazwischen gelagerte Managementprozesse sind das Bindeglied zwischen dem operativen und dem strategischen Application Management und haben sowohl steuernden als auch unterstützenden Charakter.

Die Prozessbereiche im Detail

Wartung/Maintenance (operatives Application Management)

Die technische Wartung der Anwendung mit Kenntnissen des Quelltextes des Programms (Programmcode) ist Ansprechpartner für den Anwendungs-Betrieb; dementsprechend sind die Subprozessbereiche analog zu ITIL: Incident-Management, Availability-Management, Configuration-Management, Capacity-Management, Continuity-Management.

Die Wartung ist das zentrale Bindeglied zwischen dem Betrieb der Anwendung und den Fachbereichen des Unternehmens. Von besonderer Bedeutung dabei ist das Incident-Management, also die Steuerung aller Anfragen zur Anwendung (Ausfall, lange Antwortzeiten, unerwartete Ergebnisse, Bugs, Änderungsanforderungen/Change Requests, …).

Erweiterung und Erneuerung/renovation and enhancement (operatives Application Management)

Aus den o. g. Anfragen können Anforderungen für die fachliche (oder technische) Erweiterung oder Erneuerung der Anwendung folgen. Letztendlich ein „Kleinprojekt“, welches aber in einer bestehenden Umgebung (Releasestände, Softwareentwicklungsumgebungen, Versionsverwaltung etc.) durchgeführt werden muss – zudem sozusagen „am offenen Herzen“ (dafür gibt es dann aber auch Entwicklungs-, Test-, Integrations- und Produktionsumgebungen, die auch noch zu verwalten sind).

Koordinationsprozesse im operativen Application Management

Die Anfragen und Weiterentwicklungen müssen koordiniert werden, insbesondere wenn – wie normalerweise der Fall – noch Schnittstellen zu anderen Anwendungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu berücksichtigen sind. Im Vieleck Kunde, Application Management, IT-Infrastruktur-Management, mehrere Mandanten, Fehlerbehebungs- und Weiterentwicklungsreleases, Abhängigkeiten zu anderen Anwendungen etc. sind das Veränderungsmanagement (Changemanagement) und das Software Control & Distribution (Releasemanagement) wesentliche Prozesse und Rollen des operativen Applikationsmanagements.

Application Cycle Management (strategisches Application Management)

In der langfristigen Sicht ändern sich Technologien und Anforderungen grundlegend. Die IT muss dem Rechnung tragen und ebenso wie das Unternehmen langfristig denken. Das Application Cycle Management betrachtet das Applikationsportfolio, also die IT-Landschaft einer Unternehmung und plant langfristige Architekturänderungen („Bebauungsplan“). In der nahen Sicht obliegt dem Application Cycle Management auch das Budgetmanagement für kurz- und langfristige Projekte.

Organisation Cycle Management (strategisches Application Management)

Mit den Technologien ändern sich auch die Anforderungen an die Organisation, die das Application Management durchführt. Einerseits ändern sich die Anforderungen von außen, dementsprechend muss das Angebot an den (internen oder externen) Markt geplant werden. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, bedarf es der richtigen Aufbau- und Ablauforganisation, d. h. das richtige Personal (insbes. im Sinne von Qualifikation) und den zur Technologie passenden Prozessen.

Qualitätsmanagement (Management Prozess)

Alle laufenden Prozesse müssen parallel qualitätsgesichert werden. Einerseits im Sinne des Ergebnisses andererseits aber auch in der Überprüfung der gewählten Prozesse. Ziel soll sein, in einem Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (plan-do-check-act) das Application Management stetig zu verbessern.

Service-Level-Management (Management Prozess)

Alle Leistungen, die die APM-Organisation anbietet sind letztendlich Services für einen internen oder externen Kunden. Diese Services unterliegen einem Service Level Agreement (SLA), also einer Vereinbarung mit dem Kunden, in der die Leistungsgüte geregelt ist (Zeiten, Reaktionszeiten, gegenseitige Erwartungen und Pflichten etc.). Das Service Level Management erarbeitet SLAs (die die APM-Organisation auch sinnvoll anbieten kann) und erstellt Berichte über bestehenden Leistungen, um Probleme rechtzeitig zu erkennen, bevor es zu Verletzung von SLAs kommt.

Kostenmanagement (Management Prozess)

Auch (oder gerade) das Application Management obliegt dem Kostendruck und muss letztendlich dem Kunden und der APM-Organisation einen Mehrwert bringen, der sich wirtschaftlich als Gewinn (oder Verlust <> Mehrwert) ausdrückt.

Planung- und Steuerung (Management Prozess)

Diese Prozessgruppe bildet das Management der APM-Organisation ab. Das Management plant und steuert alle o. g. Prozessbereiche. Es ist verantwortlich für die Umsetzung der strategische Vorgaben gemeinsam mit den vorhandenen Personal und der Weiterentwicklung der Application-Management-Organisation.

Quellen

Literatur

  • Remko van der Pols; ASL BiSL Foundation (Hrsg.): ''ASL Ein Framework für das Application Management (German edition). Van Haren Publishing, Zaltbommel, NL 2007 (übersetzt von Monika Dauer), ISBN 978-90-8753-118-8.
  • Gert Heslenfeld, Michael Maicher, Gregor Sauerzapf, Hans Smorenberg: Application Services Library - ein Beitrag zur Industrialisierung der Applikationswartung. In: HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik. Nr. 256, d.punkt Verlag, Heidelberg August 2007, ISSN 1436-3011 (http://hmd.dpunkt.de/256/07.html).
  • Yvette Backer, Remko van der Pols: Application Services Library - A Management Guide. van Haren Publishing, Zaltbommel, NL, ISBN 90-77212-03-5.
  • Lucille van der Hagen, David Hinley, Machteld Meijer, Remko van der Pols, Paul Ruijgrok.; ASL Foundation (Hrsg.): ASL - Introduction Best Practices and Framework for Application Management. ISBN 90-806050-1-8. Download, PDF, 144kB
  • Machteld Meijer, Mark Smalley, Sharon Taylor: ITIL® V3 and ASL - Sound Guidance for Application Management and Application Development. In: OCG (Hrsg.): Best Management Practice For IT Management, Alignment White Paper. TSO, Januar 2008. Download, PDF, 4,8MB
  • Ch. Bommer, M. Spindler, V. Barr: Softwarewartung – Grundlagen, Management und Wartungstechniken. dpunkt.verlag, 2008, ISBN 3-89864-482-0.

Weblinks


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