Michael Jary

Michael Jary

Michael Jary (* 24. September 1906 in Siemianowitz bei Kattowitz; † 12. Juli 1988 in München; eigentlich Maximilian Michael Andreas Jarczyk) war ein deutscher Komponist.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

2008 enthüllte Berliner Gedenktafel für Jary an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Fasanenstraße

Jarys Vater war Werkmeister in der Königshütte, seine Mutter Schneiderin. Sein Bruder Herbert Jarczyk wurde als Film- und Fernsehkomponist bekannt. Als Kind wollte Maximilian Missionar werden, seine Schulzeit verbrachte er deshalb im Kloster der Steyler Missionare bei Neiße. Er entdeckte dort seine Liebe zur Musik. Mit 18 Jahren verließ Jary das Kloster und besuchte das Konservatorium in Beuthen. Er leitete einen Kirchen- und Arbeiterchor und schrieb erste Kammermusikwerke, die der Sender Gleiwitz ausstrahlte. Das Stadttheater von Neiße und Plauen engagierte ihn schließlich als zweiten Kapellmeister.

1929 wurde Jary in die Staatliche Musikhochschule Berlin aufgenommen; er studierte bei Franz Schreker, Paul Hindemith, Arnold Schönberg und Igor Strawinsky. Nebenbei arbeitete er als Pianist in Cafés und Kinos. 1931 wurde ihm der Beethoven-Preis der Stadt Berlin verliehen. Beim Hochschul-Abschlusskonzert am 8. Februar 1933 dirigierte er sein Konzert für zwei Klaviere, Trompete und Posaune und wurde von Mitgliedern des Kampfbundes für deutsche Kultur ausgebuht. Paul Graener, der neue Direktor des Stern’schen Konservatoriums, diffamierte das Werk als „kulturbolschewistisches Musikgestammel eines polnischen Juden“.

Jarczyk musste untertauchen, bis Gras über die Sache gewachsen war. Er schrieb unter den Pseudonymen Jackie Leeds Arrangements und unter Max Jantzen Chansons. Da er glaubte, mit seinem polnischen Namen keine Karriere machen zu können, strich er drei Konsonanten aus dem Nachnamen und wählte seinen zweiten Vornamen: fortan nannte er sich Michael Jary. Sinfonische Untermalungsmusik war seine Domäne; 1936 komponierte er für den nach einer Romanvorlage Honoré de Balzacs 1936 gedrehten Film Die große und die kleine Welt seine erste Filmmusik.

Auch Swing-Arrangements und Jazz gehörten trotz des staatlichen Diktats zu seinem Repertoire. Unter anderem entstand ein ganzer Zyklus von Tierkreiszeichenvertonungen in diesem Stil. Als Zugehöriger der Jazz- und Swingszene im Deutschland der 1930er Jahre ein ausgewiesener Kenner dieser Epoche, erklärte Jary in den 60er Jahren für die Schallplatte Papas Tanztee ist nicht tot! anhand zahlreicher Musikbeispiele ihre wichtigsten Rhythmen, Melodien und Vertreter.

Jarys Durchbruch als Schlagerkomponist kam 1938 mit Roter Mohn. Zuvor hätte er der Unterhaltungsmusik beinahe den Rücken gekehrt. Als Dirigent des Szymanowski-Gedächtniskonzertes in Berlin erhielt er eine Einladung von Ernest Ansermet nach Genf. Doch die deutschen Behörden verweigerten Jary die Ausreise. So komponierte er, meist zusammen mit dem Textdichter Bruno Balz, für die Ufa Filmhits, die heute Evergreens sind: Von Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern (aus dem Film Paradies der Junggesellen mit Heinz Rühmann, Josef Sieber und Hans Brausewetter, 1939) über Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn und Davon geht die Welt nicht unter [1] (aus dem Film Die große Liebe mit Zarah Leander, 1942) bis zu Karussell.

Kurz vor Kriegsende gründete er eine Kapelle. Bereits 19 Tage nach der Kapitulation konnte er mit diesem Grundstock (und verstärkt durch Musiker anderer Orchester, etwa aus Charlie and His Orchestra) im Auftrag der sowjetischen Kontrolloffiziere mit dem 48 Mann starken Radio Berlin Tanzorchester (RBT-Orchester) auftreten. Als Solisten für die Rundfunksendungen engagierte er unter anderem Ilse Werner und Bully Buhlan.[2] Im Jahr darauf gründete Jary das Rundfunkorchester von Radio Saarbrücken.

Single Manhattan Boogie, 1953

1948 gründete er seinen eigenen Verlag, die Michael Jary-Produktion, die in den 1950er Jahren sogar ein Büro in New York unterhielt. 1949 ging „Mäki“, wie ihn seine Freunde nannten, nach Hamburg. Es folgen weitere erfolgreiche Filme und Schlager. Lieder wie Leise rauscht es am Missouri, Das machen nur die Beine von Dolores, Mäki-Boogie, Heut’ liegt was in der Luft und viele andere gehören heute zu den Standardwerken der Unterhaltungsmusik. Interpreten wie Zarah Leander, Rosita Serrano, Evelyn Künneke, Lale Andersen, Gerhard Wendland, Heinz Rühmann, Hans Albers sangen Michael Jarys Lieder.

Für die deutsche Vorentscheidung zum Grand Prix 1960 komponiert Jary für Heidi Brühl Wir wollen niemals auseinandergehn. Bei der Festivaljury belegte das Lied nur den zweiten Platz; es gilt aber bis heute als einer der größten Erfolge der deutschen Schlagergeschichte.

Nach diesem Erfolg fand Jary zu seinen Wurzeln zurück. Er schrieb das Musical Nicole, das 1963 in Nürnberg uraufgeführt wurde und später Serien-Rekorde im Ostblock feierte, und in seiner Schweizer Wahlheimat oberhalb des Luganer Sees schrieb er sinfonische Werke. 1973 erlitt er drei Herzinfarkte.

Michael Jary starb am 12. Juli 1988 in München. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg.

Ehrungen

Kompositionen

Bühnenwerke

  • Der Vizeadmiral. Operette. Uraufführung (UA) 1934
  • Nicole. Eine Pariser Geschichte in vier Bildern. Musical. Libretto: Ernst Nebhut. UA 1963 Nürnberg (Opernhaus)

Instrumentalmusik

  • Konzert für zwei Klaviere, Trompete und Posaune
  • Sinfonische Werke

Filmografie

  • 1935: Amphitryon
  • 1936: Die unerhörte Frau
  • 1936: Die große und die kleine Welt
  • 1937: Romanze (Die Frau des anderen)
  • 1937: Mädchen für alles
  • 1937: Abenteuer in Warschau
  • 1938: Nanu, Sie kennen Korff noch nicht?
  • 1938: Schwarzfahrt ins Glück
  • 1938: Lauter Lügen
  • 1939: Paradies der Junggesellen
  • 1939: Kitty und die Weltkonferenz
  • 1939: Der Florentiner Hut
  • 1939: Männer müssen so sein
  • 1939: Weißer Flieder
  • 1940: Zwei Welten
  • 1941: Blutsbrüderschaft
  • 1941: Auf Wiedersehn, Franziska
  • 1941: Familienanschluß
  • 1941: Kleine Mädchen – große Sorgen
  • 1941: Was geschah in dieser Nacht
  • 1941: Das große Spiel
  • 1942: Maske in Blau
  • 1942: Die große Liebe
  • 1943: Ein Mann mit Grundsätzen?
  • 1943: Gabriele Dambrone
  • 1943: Karneval der Liebe
  • 1943: …und die Musik spielt dazu
  • 1943: Geliebter Schatz
  • 1944: Das war mein Leben
  • 1944: Melusine
  • 1945: Ein Mann wie Maximilian
  • 1947: Liebe nach Noten
  • 1947: Und finden dereinst wir uns wieder
  • 1948: Intimitäten
  • 1948: Straßenbekanntschaft
  • 1948: Fahrt ins Glück
  • 1949: Heimliches Rendezvous
  • 1949: Gefährliche Gäste
  • 1950: Der Mann, der sich selber sucht
  • 1950: Des Lebens Überfluß
  • 1950: Mädchen mit Beziehungen
  • 1950: Gabriela
  • 1950: Lockende Gefahr
  • 1950: Die Dritte von rechts
  • 1951: Die verschleierte Maja
  • 1951: Schön muß man sein
  • 1951: Das unmögliche Mädchen
  • 1951: Kommen Sie am Ersten
  • 1952: Die Diebin von Bagdad
  • 1952: Der bunte Traum
  • 1952: Unter den tausend Laternen
  • 1952: Der keusche Lebemann
  • 1952: Toxi
  • 1952: Mikosch rückt ein
  • 1952: Tanzende Sterne
  • 1952: Königin Arena
  • 1953: Keine Angst vor großen Tieren
  • 1953: Das singende Hotel
  • 1953: Die Kaiserin von China
  • 1953: Schlagerparade
  • 1954: Columbus entdeckt Krähwinkel
  • 1954: Große Starparade
  • 1954: Mannequins für Rio
  • 1954: An jedem Finger zehn
  • 1954: Die Stadt ist voller Geheimnisse
  • 1954: Fräulein vom Amt
  • 1955: Vatertag
  • 1955: Wie werde ich Filmstar?
  • 1955: Banditen der Autobahn
  • 1955: Drei Tage Mittelarrest
  • 1955: Zwei blaue Augen
  • 1955: Der falsche Adam
  • 1956: Die gestohlene Hose
  • 1956: Mädchen mit schwachem Gedächtnis
  • 1956: Roter Mohn
  • 1956: Der schräge Otto
  • 1957: Die Zürcher Verlobung
  • 1957: Vater sein dagegen sehr
  • 1957: Die Beine von Dolores
  • 1957: Es wird alles wieder gut
  • 1957: Nachts im grünen Kakadu
  • 1957: Das Herz von St. Pauli
  • 1957: Tolle Nacht
  • 1957: Drei Mann auf einem Pferd
  • 1958: Zwei Herzen im Mai
  • 1958: Lilli – ein Mädchen aus der Großstadt
  • 1958: Hoppla, jetzt kommt Eddie
  • 1959: Bobby Dodd greift ein
  • 1959: Der Schatz vom Toplitzsee
  • 1960: Als geheilt entlassen
  • 1960: Mal drunter – mal drüber
  • 1961: Kauf Dir einen bunten Luftballon
  • 1961: Mein Mann, das Wirtschaftswunder
  • 1961: Bei Pichler stimmt die Kasse nicht

Siehe auch

Literatur

  • Bernd Meyer-Rähnitz, Frank Oehme, Joachim Schütte: Die "Ewige Freundin" - Eterna und Amiga; Die Discographie der Schellackplatten (1947 - 1961), Albis International Bibliophilen-Verlag, Dresden-Ústí 2006, ISBN 80-86971-10-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. mp3 und Text
  2. Axel Jockwer, Unterhaltungsmusik im 3. Reich. Diss. Konstanz 2004 http://w3.ub.uni-konstanz.de/v13/volltexte/2005/1474//pdf/Jockwer.pdf

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