Mikrosimulation

Mikrosimulation

Die meisten uns umgebenden Dinge und Situationen setzen sich aus mehreren einzelnen Bestandteilen zusammen. Wird bei einer Simulation das zu Untersuchende in seine Bestandteile zerlegt und benutzt die Simulation Modelle dieser Bestandteile und nicht ein Modell des aus ihnen bestehenden Ganzen, werden zum Beispiel einzelne Gasatome zur Simulation der Bewegung einer Gaswolke oder einzelne Fahrzeuge zur Simulation des Verkehrsflusses simuliert, spricht man von einer "mikroskopischen Simulation" und grenzt solche Modelle somit von einer Makrosimulation ab.

Inhaltsverzeichnis

Mikrosimulation in der Ökonomie und den Sozialwissenschaften

Hier werden an verschiedenen Stellen Mikrosimulationen eingesetzt, wobei es sich unter dem gleichen Begriff um sehr unterschiedliche Arten von Simulationen handeln kann.

Heuristische Mikrosimulation

... oder strategische Simulation: Sie wird hauptsächlich im Management angewandt. Meistens handelt es sich dabei um Makrosimulationen im Sinne von kybernetischen Regelkreisen, oft in Nähe von Planspielen, es können aber auch Mikrosimulationen zur Anwendung kommen. In der Verkehrsphysik werden heuristische Mikrosimulationen intensiv angewandt, hier besteht das simulierte System aus einzelnen Verkehrsteilnehmern. Charakteristisch für die heuristische Simulation ist die weithingehend fehlende Verbindung zu Daten und die Betonung von Interaktionseffekten zwischen Mikroeinheiten. In der Soziologie werden seit den 1970er-Jahren solche Mikrosimulationen verwendet. Bekannt geworden sind die Computerturniere von Robert Axelrod im Umfeld der spieltheoretischen Forschung, darüber hinaus werden aber auch Methoden der statistischen Physik und heute vor allem der Informatik angewandt (Multiagentensysteme (MAS) beziehungsweise Multi-Agenten-Simulation).

Ökonomische Mikrosimulation

Im Bereich der empirischen Wirtschaftsforschung entstand in den 1950er-Jahren der Bereich der "Policy Evaluation Simulations", das heißt von Simulationen, die auf Basis statistischer Daten versuchen, die Auswirkungen von politischen Maßnahmen abzuschätzen. Da es hier oft um Verteilungseffekte und nichtlineare Entwicklungen geht, sind Makrosimulationen hier häufig ungeeignet. Als einfachste Methode für die statistische Mikrosimulation etablierte sich das "static aging": Man formuliert die Vorgaben durch die politische Maßnahme mittels Makrozeitreihen, wählt dann Personengewichte derart, dass die Vorgaben erfüllt sind und liest die Effekte an anderen Mikrovariablen ab. Erst seit den 1990er-Jahren kommen langsam Methoden der dynamischen Mikrosimulation auf. Hier werden einzelne Variablen in quantitative Beziehungen gesetzt und diese werden statistisch geschätzt. Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden, ist eine Regressionsfunktion der Bildung, der Branche, der Berufsposition oder des Einkommens. In der Simulation werden dann durch die so geschätzten Modelle für andere Randbedingungen oder Zeitbereiche Daten erzeugt.

Ökonomische Mikrosimulationen setzen auf repräsentativen statistischen Daten wie der Mikrozensus, das SOEP oder die EVS auf. Sie enthalten im Gegensatz zur heuristischen Mikrosimulation wenig Interaktionseffekte (allenfalls zwischen den Mitgliedern eines Haushalts).

Ökonomische Mikrosimulationen werden in neuerer Zeit intensiv von den Bundesministerien (Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Gesundheit) für ihre Planung genutzt.

Methoden

Zur Implementierung einer Mikrosimulation existieren eine Reihe von Methoden: Zellularautomaten haben ihren Ursprung in der Mathematik beziehungsweise Informatik. Der Übergang von Zellularautomaten zu diskreten Multi-Agenten-Simulationen ist mitunter fließend, die Bezeichnung bisweilen schlicht vom Fachgebiet abhängig. Die Finite Elemente Methode wird in den Ingenieurwissenschaften intensiv angewendet.

Weitere Beispiele

FHP-Modell, Evakuierungssimulation, Nagel-Schreckenberg-Modell, VISSIM, Gittereichtheorie


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