Mohammad Mossadegh

Mohammad Mossadegh
Mohammad Mossadegh (Mitte) begleitet von seinem Sohn Gholem Hossein Mossadegh und seiner Tochter Zia Achraf Bayat, 1951

Mohammad Mossadegh (persisch ‏محمد مصدق‎ [moɦæˈmːæd mosæˈdːeɣ]), (* 19. Mai oder 16. Juni 1882 in Teheran[1]; † 5. März 1967 in Ahmad Abad) war ein iranischer Politiker. Er war von 1951 bis 1953 Premierminister des Iran. Mohammad Mossadegh war mit Schams-al-Saltaneh (Sonne des Königsreichs), der Tochter von Zia-al-Saltaneh, einer der vielen Töchter von Naser al-Din Schah, und Zain al-Abedin Zahir al Islam (dem 5. Imam Jomeh von Teheran) verheiratet. Die Ehefrau von Mohammad Mossadegh, Schams-al-Saltaneh, erbte nach dem Tod ihrer Mutter deren Titel Zia-al-Saltaneh (Licht des Königreiches).[2]

Inhaltsverzeichnis

Leben und politische Laufbahn

Mirza Hedayatollah (Mitte sitzend) mit Mirza Mohammad (rechts) im Büro

Herkunft

Mohammad Mossadegh wurde als Sohn des Mirza Hedayatollah Ashtiani Vazir Daftar[3], eines Finanzverwalters (mostofi), und der Kadscharen-Prinzessin Shahzadeh Najmeh-al-Saltaneh (1858–1933) um 1882 geboren. Andere Quellen datieren seine Geburt auf "Winter 1879"[4] Mirza Mohammad, wie Mohammad Mossadegh vor der Annahme des Nachnamens "Mossadegh" genannt wurde, war über die Linie seiner Mutter Najmeh-al-Saltaneh, einer Cousine von Naser al-Din Schah und Schwester von Abdol Hossein Mirza Farmanfarma, ein Neffe von Muzaffar ad-Din Schah. Der Vater von Mirza Mohammad, Mirza Hedayatollah, war Cousin von Mostofi-al-Mamalek, dem Vater von Hassan Mostofi. Mirza Mohammad hatte zwei Brüder, Mirza Hossein und Mirza Ali. Seine Schulausbildung erhielt Mirza Mohammad durch Hauslehrer.

Mostofi (Finanzverwalter)

Mirza Mohammad

Am 9. September 1888 erbat der Vater von Mirza Mohammad von Naser al-Din Schah, dass sein Sohn zum Mostofi-aval (Erster Finanzverwalter) ernannt würde. Naser al-Din Schah entsprach der Bitte und setzte Mirza Mohammad als Mostofi-aval auf die Gehaltsliste des Hofes. Mirza Mohammad war zu diesem Zeitpunkt neun Jahre alt.[5] Im Alter von 12 Jahren wurde Mirza Mohammad von Mirza Mahmoud, dem Finanzverwalter von Chorasan eingestellt und mit einem monatlichen Einkommen von 120 Toman aus dem Konto "Kassendifferenzen" entlohnt. In dieser Zeit erfuhr Mirza Mohammad eine Ausbildung zum Mostofi.

Als sein Vater am 29. August 1892 starb, ernannte Naser al-Din Schah den älteren Bruder von Mirza Mohammad, Mirza Hossein, zum Vazir Daftar (Minister). Dem jüngeren Bruder, Mirza Ali, verlieh Naser al-Din Schah den Titel Movasegh-al-Saltaneh (Der Vertrauenswürdige des Königreichs), und Mirza Mohammad erhielt den Titel Mossadegh-al-Saltaneh (Der Gerechte des Königreichs). Mit 13 Jahren bezog Mohammad Mossadegh-al-Saltaneh vier Einkommen: die ererbte Rente des Großvaters Firuz Mirza, eines Bruders von Mohammad Schah, einen Ehrensold als Mostofi, das Gehalt als Finanzangestellter von Chorasan und nach dem Tod des Vaters auch dessen Rente.[6]

Drei Jahre nach dem Tod seines Vaters heiratete seine Mutter Najmeh-al-Saltaneh 1895 Mirza Fazl-Allah Vakil-al-Molk, den Privatsekretär von Muzaffar ad-Din Schah. Die Tante von Mirza Mohammad und Schwester seiner Mutter Najmeh-al-Saltaneh war zu dieser Zeit bereits mit Muzaffar ad-Din Schah verheiratet.[7] Am 21. Dezember 1896 wurde Mohammad Mossadegh-al-Saltaneh auf Anordnung von Muzaffar ad-Din Schah mit 17 Jahren das Amt des Finanzverwalters von Chorasan übertragen.

Unter der Regentschaft von Muzaffar ad-Din Schah erwarb Mohammad Mossadegh-al-Saltaneh ein riesiges Vermögen. Innerhalb von nur zehn Jahren wurde er zu einem der größten Grundbesitzer Irans. In den zu Beginn der Konstitutionellen Revolution Irans veröffentlichten Notizen von Saif-Allah Vahidniya wird eine Liste von 93 Großgrundbesitzern aufgeführt, auf der neben Mohammad Mossadegh-al-Salteneh auch seine Mutter, sein Stiefvater, sein Bruder, seine zwei Schwager, seine Tante und sein Onkel Abdol Hossein Mirza Farmanfarma aufgeführt sind.[8]

Die Zeit der Konstitutionellen Revolution

Mohammad Mossadegh vor der Konstitutionellen Revolution

Während der von 1905 bis 1911 andauernden Konstitutionellen Revolution Irans, in der die Iraner sich gegen die absolutistische Herrschaft von Muzaffar ad-Din Schah eine Verfassung und ein Parlament erkämpften, trat Mohammad Mossadegh als Gegner der parlamentarischen Bewegung in Erscheinung. Nach der Konstituierung des ersten Parlaments waren die Abgeordneten zunächst damit beschäftigt, die Finanzverwalter (Mostofis) zu entmachten und ein transparentes Finanzsystem aufzubauen, das als Grundlage für die Erstellung eines Haushalts und einer staatlichen Verwaltung dienen konnte. Erst 1911, mit der Berufung des US-Amerikaners Morgan Shusters sollten diese Bemühungen Erfolg haben.

Mohammad Mossadegh, der damit gerechnet hatte, den Posten seines älteren Bruder eines Vazir Daftar zu übernehmen, musste erkennen, dass nach der Konstitutionellen Revolution, die früher übliche direkte Weitergabe eines Amtes innerhalb einer Familie nicht mehr möglich war. Ferner hatte das Parlament die bisher üblichen Sonderzahlungen (Rosoum) für von Mostofis erteilte Konzessionen abgeschafft, so dass das Amt seine finanzielle Attraktivität verloren hatte. Mohammad Mossadegh, der ja verwandtschaftlich mit der Kadscharenfamilie verbunden war, organisierte eine Zusammenkunft der Mostofis und unterstützte Mohammad Ali Schah in seinen Bestrebungen, das Parlament zu entmachten und die alte absolutistische Herrschaft wieder herzustellen. Bei der Ermordung des ersten Premierministers der noch jungen konstitutionellen Monarchie Ali Asghar Khan Atabak am 31. August 1907 wird Mohammad Mossadegh eine zentrale Rolle zugeschrieben. Er soll den Mörder von Atabak, Abbas Agha Tabrizi, auf Anweisung seines Onkels Farmanfarma angeworben und auch bezahlt haben.[9]

Das Jahr 1907 war für Mohammad Mossadegh mit einer persönlichen Niederlage verbunden. Er hatte sich entschlossen, Abgeordneter des neu gewählten Parlaments zu werden. Noch war der Parlamentarismus im Iran vollkommen neu. Das Wahlrecht war ein Klassenwahlrecht, und da die Abgeordneten für ihre Tätigkeit zunächst nicht finanziell entlohnt wurden, waren mehrere Mandate ohne Kandidaten geblieben. Formale Voraussetzung für die Kandidatur war, dass man in dem Wahlkreis, den man vertreten wollte, wohnte, Mitglied der entsprechende Klasse war, kein öffentliches Amt bekleidete und mindestens 30 Jahre alt war. In Chorasan, dem Wohnort Mossdaeghs war das Mandat bereits vergeben, aber in Isfahan, wo Mossadeghs Frau zwei Anwesen besaß, gab es keinen Vertreter der Klasse der Notabeln. Da der Wahltermin bereits verstrichen war, schrieb der Gouverneur von Isfahan an den Parlamentspräsidenten einen Brief, in dem er Mohammad Mossadegh als gewählten Abgeordneten von Isfahan für die Klasse der Notablen benannte. Die Wahlprüfungskommission des Parlaments lehnte es allerdings ab, Mossadegh als Abgeordneten zu bestätigen, da es keine Wahl in Isfahan gegeben hatte und Mossadegh erst 25 Jahre alt war. Hinzu kam, dass er nicht in Isfahan wohnte und dort auch nicht weiter bekannt war. Eine Intervention beim Parlament brachte keinen Erfolg, da der Abgeordnete Seyyed Hassan Taqizadeh mit dem Verweis auf die Wahlprüfungskommission eine Abstimmung zu Gunsten Mossadeghs verhinderte. Nach dieser Niederlage wurde Mossadegh zu einem erbitterten politischen Gegner Taqizadehs.[10]

Auch das Jahr 1908 verlief für Mohammad Mossadegh nicht wirklich erfolgreich. Er hatte sich 1907 in die von Mohammad Ali Foroughi geleitete Teheraner Hochschule für Politische Wissenschaften eingeschrieben, besuchte allerdings keine Lehrveranstaltungen. Mossadegh wollte als angehender Parlamentsabgeordneter nicht mehr als Student gelten. Als er sich 1908 zu den Abschlussprüfungen anmelden wollte, wurde ihm die Teilnahme an den Prüfungen von Foroughi verweigerte. Mit dieser Entscheidung wurde eine lebenslange Feindschaft zwischen Mossadegh und Foroughi begründet.[11]

Inzwischen hatte sich der Machtkampf zwischen dem Parlament und Mohammed Ali Schah zugespitzt. Am 23. Juni 1908 begann die Beschießung des Parlaments mit den Kanonen der persischen Kosakenbrigade. Den 600 bewaffneten Verteidigern des Parlaments standen 2000 persische Kosaken gegenüber. Nach vier Stunden war der ungleiche Kampf beendet. Die Verteidiger des Parlaments mussten aufgeben. Die für den 8. August 1908 geplanten Neuwahlen wurden abgesagt und Mohammed Ali Schah erklärte am 22. November 1908, dass ein Parlament grundsätzlich gegen islamische Gesetze verstoße. An die Stelle des Parlaments trat ein von Mohammed Ali Schah berufener Hoher Rat, der aus 50 von Mohammed Ali Schah persönlich ausgewählten Personen aus den Klassen der Großgrundbesitzer, Kaufleute, Notablen und Kadscharenprinzen bestand. Die einfache Bevölkerung war in diesem Hohen Rat nicht weiter vertreten. Der Hohe Rat arbeitete Gesetzesvorlagen aus, die dann von Mohammed Ali Schah entweder verworfen oder durch seine Unterschrift bestätigt wurden. Nachdem Mohammad Mossadegh mit seinem Versuch, Abgeordneter im gewählten Parlament zu werden, gescheitert war, hatte er jetzt mehr Erfolg. Er gehörte zu den 50 Auserwählten und wurde von Mohammed Ali Schah in den Hohen Rat berufen.[12] Die nun folgende Zeit vom 23. Juni 1908 bis 16. Juli 1909 wird als die kurze Zeit der Diktatur bezeichnet, denn es sollte bis zum Juli 1909 dauern, bis die Kämpfer der konstitutionellen Bewegung aus Tabris, Gilan und Isfahan Teheran wieder befreit und der Diktatur Mohammed Ali Schahs ein Ende gesetzt hatten.

Flucht nach Paris und Studium in der Schweiz

Mohammad Mossadegh als Schweizer Anwalt

Als sich im Frühjahr 1909 abzeichnete, dass Mohammed Ali Schah den blutigen Krieg gegen die konstitutionelle Bewegung verlieren könnte, plante Mohammad Mossadegh seine Flucht nach Paris. Um vom Außenministerium einen Pass zu bekommen, benötigte er die Genehmigung von Mohammed Ali Schah. Im Januar 1909 erhielt er bei Mohammed Ali Schah eine Audienz. Als Vorwand für seine dringende Reise nach Europa gab er an, dass er seinen Halbbruder Abolhassan Seghat al Dowleh persönlich in ein Internat nach Europa begleiten müsse. Mohammad Ali Schah soll zu ihm gesagt habe: "Ich dachte, Du bist ein Philosoph. Fällt Dir keine bessere Ausrede für Deine Flucht ein, jetzt wo die Dinge schlecht stehen. Wenn Du gehen willst, geh!"[13] Mossadegh erhielt die Unterschrift von Mohammad Ali Schah, zahlte 2800 Toman "Bearbeitungsbühr" an Außenminister Saad-al-Dowleh und hatte seinen Pass, ausgestellt auf den Namen Mohammad Mossadegh als behördlich registrierter Familienname. Mossadegh ließ seine Familie und seinen gesamten Besitz im Iran zurück und kam im März 1909 in Paris an, meldete seinen Halbbruder in einem Internat an und wartete die weitere politische Entwicklung im Iran ab. Am 13. Juli 1909 wurde Teheran von den Kämpfern der konstitutionellen Bewegung besetzt, Mohammed Ali Schah floh in die russische Botschaft und wurde am 16. Juli 1909 vom Hohen Rat abgesetzt. Im Oktober 1909 fanden die Wahlen zum zweiten Parlament Irans statt, das sich am 15. November 1909 konstituierte.

Mohammad Mossadegh hatte sich nach seiner Ankunft in Paris noch im März 1909 an der École libre des sciences politiques als Gasthörer eingeschrieben. Er gab vor, als Stipendiat des iranischen Finanzministeriums zur Weiterbildung nach Paris gesandt worden zu sein. Eine Immatrikulation als regulärer Student war nicht möglich, da Mohammad Mossadegh kein Abitur besaß und auch keinen Nachweis seiner französischen Sprachkenntnisse erbringen konnte. Hassan Vosough, ein Verwandter Mossadeghs, der nach dem Sturz Mohammad Ali Schahs Finanzminister geworden war, schrieb auf Anfrage Mossadeghs einen Brief an den Direktor der Hochschule, dass Mohammad Mossadegh als Nachweis für eine Weiterbildung zwar keinen regulären Studienabschluss aber einen Nachweis für den erfolgreichen Besuch einzelner Kurse benötige. Dank dieses Briefes konnte Mossadegh trotz seines Gasthörerstatus an den Prüfungen der Hochschule teilnehmen.[14]

Mit den Prüfungsergebnisse der Pariser Ecole Libre Sciences Politique reiste Mohammad Mossadegh nach Neuchatel in die Schweiz, um sich zum Wintersemester 1910 an der Universität von Neuchatel als Student der Rechtswissenschaften einzuschreiben. Die Schweizer Universitätsverwaltung nahmen an, dass die französische Hochschulverwaltung die Studienvoraussetzungen Mossadeghs bereits überprüft hatte und ließ Mossadegh unter Anerkennung der Studienleistungen in Paris zum Studium zu. An der Ecole Libre Sciences Politique meldete sich Mossadegh zunächst krank, und nachdem er die ersten Prüfungen an der Universität Neuchatel bestanden hatte, meldete er sich zum Ende des Studienjahres 1910/1911 ab.

Im Sommersemester 1913 schloss Mohammad Mossadegh sein Studium an der Universität Neuchatel mit der Licence à Droit (Lizenziat in Rechtswissenschaften) ab und begann mit dem Promotionsstudium.[15] Nach der Annahme seines Dissertationsthemas "Das islamische Erbrecht" durch den Fakultätsrat der Universität Neuchatel reiste Mohammad Mossadegh für drei Monate nach Teheran und beauftragte Ali Asghar Majedi, einen Erbrechtsspezialisten, mit der Abfassung eines Textes über das islamische Erbrecht. Zurück in Neuchatel begann Mossadegh ein 6 Monate dauerndes Referendariat bei der Anwaltskanzlei Jean Roullet. Vormittags arbeitete Mossadegh in der Kanzlei und nachmittags übersetzte er mit der Hilfe eines iranischen Studienkollegen den Text von Ali Asghar Majedi aus dem Persischen ins Französische. Im Frühjahr 1914 reichte Mossadegh die um ein kurzes Vorwort von Mossadegh ergänzte Übersetzung des Textes von Ali Asghar Majedi unter seinem Namen als Dissertation ein und erhielt am 8. Juli 1914 die Promotionsurkunde.[16]

Zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei Jean Roullet beantragte Mohammad Mossdadegh die Schweizer Staatsbürgerschaft, die er aufgrund eines Aufenthaltsnachweises von drei Jahren und eines positiven Führungszeugnisses der Stadt Neuchatel auch problemlos erhielt.[17]

Rückkehr in den Iran

Mossadegh als Gouverneur der Provinz Fars

Am 2. August 1914, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, kehrte Mohammad Mossadegh nach Teheran zurück. 1916 wurde er Unterstaatssekretär im Finanzministerium und später stellvertretender Finanzminister. Im Jahre 1919 löste er seinen Onkel Prinz Farmanfarma als Gouverneur der Provinz Fars ab. Das Amt des Gouverneurs von Fars, das er durch Vermittlung des Premierminister Hassan Vosough erhalten hatte, übte er bis 1921 aus. Seine Zeit als Gouverneur wurde von dem Putsch vom 21. Februar 1921 überschattet, mit dem Seyyed Zia al Din Tabatabai neuer Premierminister wurde. Mossadegh, der von Ahmad Schah verfassungskonform als Premierminister ernannt worden war, weigerte sich, mit Tabatabai zu kooperieren. Mossadegh entging nur knapp einer Verhaftung im Rahmen einer von Tabatabai angeordneten Verhaftungswelle, die sich vor allem gegen Großgrundbesitzer richtete, die ihre Steuern nicht bezahlt hatten. Der massive politische Widerstand der Großgrundbesitzer zwang Tabatabai am 23. Mai 1921 zum Rücktritt, und Ahmad Qavam wurde neuer Premierminister.[18]

Finanzminister, Gouverneur, Außenminister

Am 28. Mai 1921 wurde Mossadegh Finanzminister unter Premierminister Ahmad Qavam. In dieser Zeit arbeiteten Mossadegh und Reza Khan, der Kriegsminister war, als Kabinettskollegen eng zusammen. Mossadegh verlangte vom Parlament Sondervollmachten, um das Finanzministerium grundlegend reformieren zu können, die ihm das Parlament zunächst gewährte, später aber wieder entzog. Qavam trat als Premierminister am 26. Januar 1923 zurück. Mossadegh sollte erst unter Premierminister Hassan Pirnia wieder ein öffentliches Amt bekommen. Pirnia ernannte ihn im Juni 1923 zum Gouverneur von Aserbaidschan, das er aber nicht antreten wollte. Mossadegh wollte die Hauptstadt Teheran nicht verlassen, worauf hin Pirnia ihn zum Außenminister ernannte. Auch in diesem Kabinett waren Mossadegh und Reza Khan, der weiter das Kriegsministerium innehatte, Kabinettskollegen. Bereits am 23. Oktober 1923 trat Pirnia aber als Premierminister zurück. Neuer Premierminister wurde Reza Khan, in dessen Kabinett Mossadegh allerdings keinen Ministerposten angeboten bekam. In der anstehenden Parlamentswahl bewarb sich Mossadegh daher um einen Parlamentssitz und wurde als Abgeordneter des Wahlkreises Teheran ins 5. Parlament (Majlis) gewählt.[18]

Abgeordneter

Nachdem das iranische Parlament 1925 Ahmad Schah Kadschar abgesetzt und Reza Khan als neuen Schah eingesetzt hatte, überwarf sich Mossadegh mit Reza Schah – er stimmte 1925 als einer der wenigen gegen seine Ernennung zum Schah – und kandidierte 1928 nicht mehr fürs Parlament. Mohammad Mossadegh zog sich aus der Politik zurück.

Mohammad Mossadegh bewarb sich erstmals wieder 1944, Reza Schah war inzwischen zu Gunsten seines Sohnes Mohammad Reza zurückgetreten, um ein Abgeordnetenmandat und errang einen Sitz im 14. iranischen Parlament. Der junge Schah Mohammad Reza Pahlavi bot Mossadegh das Amt des Premierministers an, zog seine Nominierung aber wieder zurück, da Mossadegh die Bedingung stellte, dass er sein Abgeordnetenmandat wieder erhalten wolle, wenn er als Premierminister entlassen würde, was aus verfassungsrechtlichen Gründen allerdings nicht möglich war.

Schah Mohammad Reza Pahlavi empfängt Mohammad Mossadegh

Ein weiterer Versuch Mossadeghs, im Dezember 1947 in der 15. Sitzungsperiode des iranischen Parlaments Premierminister zu werden, scheiterte an einer einzigen Stimme (53 dafür, 54 dagegen). Die Mehrheit des Parlaments entschied sich für Ebrahim Hakimi, der allerdings nur ein Jahr im Amt bleiben sollte. Sein Nachfolger wurde Abdolhossein Hazhir, der bereits nach sechs Monaten sein Amt aufgab und durch Mohammad Sa'ed Maraghei abgelöst wurde. Hazhir übernahm im Kabinett Maraghei das Amt des Hofministers, einem Ministerium, das für die Verbindung zwischen Regierung und Schah zuständig war.

Attentat auf Schah Mohammad Reza Pahlavi

Am 4. Februar 1949 kam es dann zu einem folgenschweren Attentat auf Schah Mohammad Reza Pahlavi. Der Attentäter Fakhr Arai hatte mehrere Schüsse auf den Schah abgefeuert, die ihn zwar verletzten, aber nicht tödlich waren. Als Folge des Attentats wurde die kommunistische Tudeh-Partei verboten, obwohl nicht nachgewiesen werden konnte, ob der Attentäter der linken oder der islamistischen Szene zuzuordnen war.

Attentat auf Hofminister Abdolhossein Hazhir

Während der Wahlen zum 16. Parlament im Oktober 1949 wandte sich Mossadegh und 7 seiner Gefolgsleute an Mohammad Reza Schah und kritisierte die seiner Meinung nach von der Regierung nicht korrekt durchgeführten Wahlen. Der Schah empfing Mossadegh und seine Anhänger und sagte freie und faire Wahlen zu. Nach dem Gespräch gab Mossadegh die Gründung eines neuen politischen Bündnisses, die Nationale Front, bekannt,[19] das in Teheran mit zwölf Kandidaten zur Parlamentswahl antrat. Mozaffar Baqai, der sich an dem Parteienbündnis "Nationale Front" beteiligte, gründete eine Organisation zur Wahlbeobachtung.

Am 4. November 1949 wurde ein Attentat auf Hofminister Abdolhossein Hazhir verübt. Hossein Emami, ein Mitglied der Fedajin-e Islam, der bereits an der Ermordung Ahmad Kasravis am 11. März 1946 beteiligt war, stach auf Hazhir ein, als er für eine offizielle Feier die Sepahsalar-Moschee in Teheran betreten wollte. Am folgenden Tag verstarb Hazhir an seinen schweren Verletzungen.[20]Siebenundzwanzig Mitglieder der Nationalen Front, darunter Mozaffar Baqai, wurden wegen Verdachts auf Beteiligung an dem Attentat auf Hazhir verhaftet. Unter den Verhafteten befand sich auch Khalil Tahmassebi, der spätere Mörder von Premierminister Haj Ali Razmara. Mossadegh verließ auf Anraten von Mohammad Daftari, dem Schwiegersohn von Mossadegh und Polizeichef von Teheran, die Stadt Teheran und ging auf sein Landgut nach Ahmad Abad. Am 10. November 1949 wurden die Parlamentswahlen in den Wahlbezirken Teherans wegen des Attentats auf Hazhir für ungültig erklärt. Die Nachwahlen der zwölf Teheraner Abgeordnetensitze fanden am 8. Februar 1950 statt. Die Nationale Front errang bei diesem Wahlen 8 der 12 Mandate, konnte sie aber zu Beginn der Legislaturperiode, dem 18. Februar 1950, nicht wahrnehmen, da die Gewählten wegen Verdachts auf Beteiligung an dem Attentat auf Hazhir noch im Gefängnis waren oder wie Mossadegh unter dem Verdacht der Tatbeteiligung standen. Die Untersuchungen zum Attentat auf Hazhir wurden Anfang April 1950 beendet. Hossein Emami wurde als Einzeltäter zum Tode verurteilt und hingerichtet. Mossadegh, Baqai und die anderen gewählten Mitglieder der Nationalen Front konnten ihr Mandat ab dem 25. April 1950 wahrnehmen.[21]

Einsetzung des parlamentarischen Ausschusses für Ölfragen

Ölkommission des iranischen Parlaments, Allahyar Saleh (Mitte); rechts von Saleh: Abdollah Moazami, Hassibi, Dr. Shayegan, Oberster Richter Sorouri, Hossein Makki; links von Saleh: Dr. Matin-Daftari, Dr. Reza-zadeh Shafagh, Abol Qassem Najm, Senator Naghavi.

Die Frage der Ölindustrie war ab Mitte 1949 das beherrschende politische Thema im iranischen Parlament. Diskutiert wurde die Ergebnisse der Verhandlung mit der AIOC, die Abdolhossein Hazhir 1948 vorbereitet hatte, und die am 17. Juli 1949 mit einem von Finanzminister Abbasqoli Golshaiyan mit der AIOC ausgehandelten Vereinbarung mit einer bis zu 50prozentige Gewinnbeteiligung Irans und einer Überprüfung des Konzessionsabkommens nach 15 Jahren abgeschlossen werden konnte.[22] Am 13. April 1950 wird Rajab Ali Mansour vom Parlament als Premierminister das Vertrauen ausgesprochen. Als seine erste und dringenste Aufgabe sieht Mansour die Ratifizierung des Gass-Golshaiyan-Abkommens an, um die Staatsfinanzen durch gesicherte Einnahmen aus der Erdölkonzession zu stabilisieren. Mossadegh griff Mansour am 20. Juni 1950 persönlich in einer Rede im Parlament an und drohte ihm seinen Kopf wie einem Hühnchen abzuschlagen[23], wenn er es wagen würde, das Gass-Golshaiyan-Abkommen mit seiner parlamentarischen Mehrheit zu verabschieden. In dieser Sitzung wurde mit 51 Stimmen beschlossen, dass eine besondere Kommission für Ölfragen aus je drei Mitgliedern der bestehenden sechs Parlamentskommissionen eingerichtete wird. Elf Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Aufgabe der Kommission sollte sein, das Gass-Golshaiyan-Abkommen zu analysieren.[24] Gegen den Antrag auf Einrichtung der Kommission stimmten Mossadegh, Baqai, Makki, Ghashghaii, Saleh, Shaygan, Ashtiyanizadeh, Keshavarz-Sadr, Seyyed-Ali Behbahani, Nariman. An der darauffolgenden Parlamentssitzung am 22. Juni 1950 wurden dann die 18 Mitglieder des Ausschusses gewählt. Überraschenderweise ließen sich auch Mossadegh, Makki, Saleh, Ghashghaii, Shaygan und Seyyed-Ali Behbahani, die zuvor gegen die Kommission gestimmt hatten, als Mitglieder der Kommission wählen.[25] Am 26. Juni 1950 konstituiert sich der Ausschuss und wählt mit einer Gegenstimme Mossadegh zu ihrem Vorsitzenden.[26]

Premierminister Mansour zog unter dem Eindruck des nur wenige Wochen zurückliegenden Attentats auf Hofminister Hazhir und die gegen ihn gerichteten Drohungen Mossadeghs die Konsequenzen und trat am 26. Juni 1950 zurück. Sein Nachfolger wurde Haj Ali Razmara. Die politische Auseinandersetzung zwischen dem neuen Premierminister Razmara und Mossadegh war bereits zu Beginn der Amtszeit von Razmara von einer Morddrohung geprägt. Razmara stellte am 27. Juni 1950 sein Kabinett und sein Regierungsprogramm dem iranischen Parlament vor. In der folgenden Sitzung griff Mossadegh Razmara persönlich an:

„... Ich schwöre bei dem einen Gott, es wird Blut fließen, es wird Blut fließen. Wir werden kämpfen, und wir werden vielleicht getötet werden. Falls Sie ein Mann des Militärs sind, so bin ich mehr Soldat als Sie. Ich werde töten, noch in diesem Parlament werde ich Sie töten.[27][28]

In einer Sondersitzung am 24. Dezember 1950 sagte Premierminister Razmara im iranischen Parlament:

„Ich möchte hier klarstellen, dass Iran gegenwärtig nicht über die industriellen Möglichkeiten verfügt, das Öl aus der Erde zu holen, und es auf dem Weltmarkt zu verkaufen [...] Meine Herrn, Sie können doch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitarbeitern nicht einmal eine Zementfabrik managen. [...] Ich sage das in aller Deutlichkeit, wer das Vermögen und die Ressourcen unseres Landes in Gefahr bringt, begeht Verrat an unserem Volk.“

Am 11. Januar 1951 legte der Ausschuss für Ölfragen dem Parlament seinen Bericht vor, in dem er das Gass-Golshaiyan-Abkommen ablehnt. Das Parlament beauftragte den Ausschuss einen Plan für das weitere Vorgehen auszuarbeiten. Premierminister Razmara beauftragte zusätzlich eine Expertengruppe, die vor allem die Frage einer möglichen Verstaatlichung prüfen sollte. Die Gutachter Fathollah Nacficy und Baqer Mostofi, die bei der AIOC beschäftigt waren, kamen zu dem Schluss, dass es für eine noch zu gründende nationale iranische Ölgesellschaft extrem schwierig sein würde, das Kartell der internationalen Ölgesellschaften aufzubrechen, und Rohöl oder raffiniertes Öl auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Eine Verstaatlichung würde aufgrund der Blockadehaltung des Kartells zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Iran führen.[29]

Attentat auf Premierminister Haj Ali Razmara

Mossadegh verschärfte die politische Auseinandersetzung mit der Regierung am 7. März 1951 mit einer Presseerklärung zur Position des Premierminister Razamara in der Ölfrage:

„Im Namen der Nationalen Front erkläre ich, dass die Iraner nur Hass gegenüber dem, was der Premierminister gesagt hat, empfinden. Wir halten eine Regierung für illegitim, die sich auf solch eine sklavenhafte Erniedrigung einlässt. Es führt kein Weg an der Verstaatlichung des Öls vorbei.[30]

Noch am selben Tag wurde Premierminister Haj Ali Razmara Opfer eines Attentats. Khalil Tahmassebi, ein Mitglied der Fedajin-e Islam, schoss dreimal und verwundete Razmara tödlich. Er wurde noch am Tatort verhaftet. Ayatollah Abol-Ghasem Kashani erklärte den Mörder Razmaras zu einem "Retter des iranischen Volkes" und forderte seine umgehende Entlassung aus dem Gefängnis.

Verstaatlichung der Ölindustrie unter Premierminister Hossein Ala

Hossein Ala war als Nachfolger Razmaras inzwischen Premierminister geworden. Eine Woche nach der Ermordung Razmaras verabschiedete unter Premierminister Hossein Ala das Parlament am 15. März 1951 das Gesetz zur Verstaatlichung der Ölindustrie.[31] Am 20. März 1951 stimmte der Senat, die zweite Kammer des Iran, dem Gesetz zu, und es trat mit der Unterschrift Mohammad Reza Schahs in Kraft. Am 30. April 1951 wurde die National Iranian Oil Company (NIOC) gegründet, um die Förderanlagen und Raffinerien der Anglo-Iranian Oil Company im Iran zu übernehmen und die Geschäftstätigkeit der in die Hände des iranischen Staates übergangenen Ölindustrie fortzusetzen. Der Parlamentsausschuss für Ölfragen sollte die Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung des Verstaatlichungsgesetzes ausarbeiten. Mossadegh entwarf als Mitglied dieses Ausschusses einen 9-Punkte-Plan, und legte ihn dem Parlament vor, ohne vorher Premierminister Ala zu konsultieren, was diesen wiederum so erboste, dass er bereits wenige Wochen nach seinem Amtsantritt seinen Rücktritt einreichte. Nun war die Stunde Mossadeghs gekommen.

Premierminister

Mohammad Mossadegh (1951)

1951

Am 29. April 1951 ernannte Mohammad Reza Schah Mossadegh zum Premierminister. Neun Tage später, am 6. Mai 1951, wurde ihm vom Parlament mit 99 zu 3 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.[32] Der Mörder Razmaras, der mit seinen tödlichen Schüssen Mossadegh die Amtsübernahme erst ermöglicht hatte, wurde im November 1952 aufgrund einer von Ayatollah Kashani verfassten Resolution mit Unterstützung der Abgeordneten der Nationalen Front vom iranischen Parlament begnadigt und nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis von Premierminister Mossadegh in seinem Amtssitz empfangen.

Premierminister Mossadegh zu Besuch in den USA (1951)
Premierminister Mossadegh am Grabmal des unbekannten Soldaten in Arlington National Cemetery, Washington D.C.

Nachdem noch vor der Amtsübernahme Mossadeghs die iranische Ölindustrie per Gesetz verstaatlicht worden war, fiel Premierminister Mossadegh die Aufgabe zu, die weiteren Verhandlungen mit der mehrheitlich im britischen Besitz befindlichen Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) zu führen. Grundlage dieser Verhandlungen bildete der zwischen der AIOC und dem iranischen Staat geschlossenen Konzessions- und Gewinnabführungsvertrag. Nach einem Abkommen vom 29. April 1933, das eine Laufzeit von 60 Jahren hatte, belief sich der persische Anteil am Gewinn auf 20 bis maximal 25 %. Iran wollte diesen Verteilungsschlüssel zu seinen Gunsten ändern und bestand auf einem Anteil von 50 %. Die Diskussion um die Revision des Gewinnverteilungsschlüssels wurde dadurch ausgelöst, dass us-amerikanische Ölgesellschaften ihren Partnern in Saudi-Arabien eine Gewinnbeteiligung von 50 % an den Öleinnahmen zugestanden hatten. Auch der Irak und Kuwait erhielten einen höheren Anteil an den Öleinnahmen als Iran.

Die britische Regierung dachte zunächst jedoch nicht daran, den bestehenden Vertrag zu ändern. Die AIOC beantragte ein Schiedsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Ab Juni 1951 besuchten mehrere britische und amerikanische Delegationen Teheran, um einen Vergleich auszuhandeln. Die Briten waren inzwischen grundsätzlich bereit, die Verstaatlichung anzuerkennen. Man konnte sich letztlich aber nicht darüber einig werden, welche Entschädigungszahlungen für die Verstaatlichung von der neu gegründeten National Iranian Oil Company (NIOC) den Briten zu zahlen wären. Mossadegh wollte nur den Wert der Industrieanlagen ersetzen, während die Briten auch eine Entschädigung für den von 1933 bis 1993 laufenden und nun faktisch ungültig gewordenen Konzessionsvertrag wollten, was Mossadegh wiederum entschieden ablehnte.

Premierminister Mossadegh vor dem UN-Sicherheitsrat

Am 5. Juli 1951 empfahl der Internationale Gerichtshof in Den Haag, an den sich die Briten gewandt hatten, der Iran solle die Ölgesellschaft während der laufenden Verhandlungen ungestört weiterarbeiten lassen. Der Iran hatte sich geweigert, an dem Verfahren teilzunehmen. Mossadegh argumentierte, dass der Gerichtshof nur die Befugnis habe, zwischenstaatliche Rechtsstreitigkeiten zu bearbeiten. Das Konzessionsabkommen von 1933, das bei Vertragsstreitigkeiten die Anrufung eines internationalen Schiedsgerichts vorsah, war jedoch ein Vertrag zwischen dem Iran und einem privaten Unternehmen, was nach iranischer Auslegung des Konzessionsabkommens bedeutete, dass der Gerichtshof nicht zuständig sein könne. Der Vertreter des Iran in Den Haag verwarf die Empfehlung des Gerichtshofes als "null und nichtig" und bezeichnete sie als eine "Einmischung in innere Angelegenheiten". [33]

Die britische Regierung wandte sich nach dem Scheitern der Verhandlungen an den UN-Sicherheitsrat, der am 1. Oktober 1951 beschloss, die Beschwerde der Briten gegen den Iran anzunehmen und einen Lösungsvorschlag auszuarbeiten. Mossadeghs Kampf um die wirtschaftlichen Interessen seines Landes wurde von der westlichen Presse nicht ohne Sympathie begleitet. So kürte das Nachrichtenmagazin Time Mossadegh 1951 zum Man of the Year.

1952

Großbritannien reagierte mit der Ankündigung, fortan keine Ölexporte aus Iran mehr zuzulassen und errichtete mit Kriegsschiffen eine Seeblockade im Persischen Golf. Die dadurch entfallenden Einnahmen aus dem Ölgeschäft, auch verursacht durch das Fehlen einer ausreichenden Anzahl einheimischer Techniker zum Betrieb der Anlagen, verursachten eine wirtschaftliche Krise in Iran (Abadan-Krise).

Mossadegh tritt zurück

Angesichts der wirtschaftlichen wie auch zunehmend politischen Krise beschloss Mossadegh im Juli 1952, vom Schah weitere Notstandsrechte einzufordern. Insbesondere seine Forderung, auch das Kriegsministerium zu übernehmen, stieß beim Schah auf entschiedenen Widerstand; der Schah verweigerte sich, und Mossadegh reichte am nächsten Tag seinen Rücktritt ein.

Am 16. Juli 1952 wurde Ahmad Qavam neuer Premierminister. Premierminister Qavam gab sofort seine Absicht bekannt, Verhandlungen mit Großbritannien aufzunehmen, um die Seeblockade zu beenden. Diese Umkehr der zuvor verfolgten Politik weckte in der iranischen Öffentlichkeit Widerspruch und führte zu massiven Protesten von Anhängern verschiedenster Strömungen; von Kommunisten ebenso wie von den von Ajatollah Abol-Ghasem Kashani geführten Klerikern. Am 20. Juli 1952 gab der Internationale Gerichtshof in Den Haag bekannt, dass er in dem Streit zwischen dem Iran und Großbritannien keine richterliche Zuständigkeit habe. Mossadegh hatte mit seiner Argumentation in Den Haag gesiegt.[34] Für den 21. Juli riefen die Tudeh-Partei und die Geistlichen um Ajatollah Kashani zu einem Tag des Nationalen Widerstandes auf, um den Rücktritt von Ahmad Qavam zu erzwingen. In Teheran kam es zu einer Großdemonstration mit mehr als 100.000 Teilnehmern. Premierminister Qavam rief die Armee zu Hilfe, die auf die Demonstranten schoss. Am Ende des Tages waren 36 Tote zu beklagen. Ahmed Qavam erklärte daraufhin noch am selben Tag seinen Rücktritt.

Mossadegh erneut Premierminister

Am 27. Juli 1952 beschloss das Parlament mit 61 Stimmen zu 3 Gegenstimmen die Wiedereinsetzung Mossadeghs als Premierminister. Mohammad Mossadegh hatte sich nicht nur in Den Haag, sondern auch im Iran durchgesetzt. Der Schah musste nachgeben, und Mossadegh erhielt durch ein Ermächtigungsgesetz eine auf sechs Monate ausgestellte unbeschränkte Vollmacht, als Premierminister Gesetze auch ohne Zustimmung des Parlaments vorläufig in Kraft zu setzen.

Was durch die Wiedereinsetzung Mossadeghs als Premierminister allerdings nicht gelöst war, war der Streit mit der AIOC und der britischen Regierung. Die katastrophale Wirtschaftslage durch den Boykott, die Hälfte der Staatseinnahmen des Iran stammte aus Erdölverkäufen und fehlten nun im Staatshaushalt, führte im Oktober 1952 zu den ersten Unruhen im Iran und zu einer wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die Behandlung des Streitfalls vor dem UN-Sicherheitsrat wurde durch das Veto der UdSSR am 19. Oktober 1952 auf unbestimmte Zeit verschoben.

Mozaffar Baqai, der Führer der Arbeiterpartei und Mitbegründer der Nationalen Front, war einer der ersten, der sich offen gegen Mossadegh stellte. Mossadegh hatte am 21. Oktober 1952 mit seiner Unterschrift ein Gesetz in Kraft gesetzt, das jeden Streik verbot, und es der Polizei erlaubte, Personen, die Streiks organisierten zu verhaften. Dabei sollte jeder Verhaftete unmittelbar als schuldig gelten, solange er nicht das Gegenteil beweisen konnte. Dieses Gesetz war für Baqai unannehmbar.[35] Die Gefägnisse im Iran füllten sich rasch, so dass sich Mossadegh gezwungen sah, mit höchster Priorität zehn neue Gefängnisse bauen zu lassen. Parlamentspräsident Ajatollah Kashani und seine Anhänger, die Mossadegh zunächst unterstützt hatten,[36] sahen in dem Ermächtigungsgesetz einen eindeutigen Verfassungsbruch und wandten sich ebenfalls von Mossadegh ab. Als wichtigste politische Stütze blieb Mossadegh nur noch die kommunistische Tudeh-Partei.

1953

Am 6. Januar 1953 beantragte Mossadegh beim Parlament eine Verlängerung seiner Vollmacht, weiter per Dekret regieren zu können. Neben Mozaffar Baqi stellten sich weitere Abgeordnete, darunter auch Abol-Ghasem Kashani, gegen Mossadegh. In den Straßen von Teheran kam es zu Straßenschlachten zwischen den Anhängern und Gegner Mossadeghs. Mossadegh und Kashani einigten sich auf eine Verlängerung von Mossadeghs Vollmacht, und forderten die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren. Das von Mossadegh gewünschte Gesetz wurde im Parlament zwar verabschiedet, doch die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern und Gegner Mossadeghs gingen weiter.

Nachdem am 2. August 1953 Mossadegh die Kontrolle über die königlichen Paläste übernommen hatte, wurde dem Schah nicht mehr gestattet, ohne vorherige Erlaubnis des Ministerpräsidenten Besucher zu empfangen.[37] Mit dieser Entscheidung war auch der Bruch mit dem Parlament vollzogen. Mossadegh hatte in Radioansprachen mehrfach, die Abgeordneten und das Parlament in seiner Gesamtheit angegriffen. Diese waren wiederum mehrheitlich nicht mehr bereit, ihn weiter als Premierminister zu unterstützen, so dass Mossadegh damit rechnen musste, eine Vertrauensabstimmung im Parlament zu verlieren.

Auflösung des Parlaments

Ein am 3. August 1953 abgehaltenes Referendum zur Auflösung des Parlaments brachte Mossadegh eine Mehrheit. In Teheran stimmten 155.544 Wähler für und 115 gegen die Auflösung des Parlaments. Das Referendum wurde nicht nur von Mossadeghs Gegnern, sondern auch von mit ihm befreundeten Politikern kritisiert. So waren die Vorschriften für eine geheime Abstimmung dadurch nicht eingehalten worden, dass die "ja"-Stimmen in einem anderen Wahllokal abgegeben werden mussten als die "nein"-Stimmen. Dadurch wurde für jedermann offensichtlich, wer mit "nein" abstimmen wollte. Vor den Wahllokalen für "nein"-Stimmen hatten sich zudem Mossadegh-Anhänger versammelt, die die Wähler, die gegen die Auflösung des Parlaments stimmen wollten, bedrohten.[38]

Obwohl das Referendum keine rechtliche Auswirkungen hatte, da Volksabstimmungen nach der iranischen Verfassung nicht vorgesehen waren und nach der Verfassung das Parlament nur vom Schah aufgelöst werden konnte, erklärte Mossadegh in einer Radioansprache, dass das Parlament aufgrund des Ergebnisses der Volksabstimmung seine Legitimität verloren hätte. Mossadegh erhoffte sich bei den anstehenden Neuwahlen eine überwältigende Mehrheit. Kermit Roosevelt jr. von der CIA und der US-Botschafter Loy W. Henderson „bearbeiteten“ daraufhin den Schah, die Operation Ajax anlaufen zu lassen.[39] Der Schah verließ daraufhin am 11. August 1953 Teheran in Richtung Ramsar am Kaspischen Meer – angeblich eine geplante Urlaubsreise; am 16. August 1953 flog er zu einem Zwischenaufenthalt nach Bagdad, am 18. August 1953 nach Rom, am 22. August – nach dem Putsch vom 19. August – zurück.

Der Sturz

Iranische Truppen vor dem Parlament, Teheran 19. August 1953.
Ein Panzer der iranischen Armee auf dem Weg zum Haus von Premierminister Mossadegh, 19. August 1953

Hauptartikel: Operation Ajax

Bereits vier Monate zuvor, am 4. April 1953, hatte der CIA-Direktor Allen W. Dulles ein Budget von einer Million US-Dollar bereitgestellt, das dazu verwendet werden sollte, Mossadegh zu stürzen (“in any way that would bring about the fall of Mossadegh”). Nach der Radioansprache Mossadeghs und der faktischen Auflösung des Parlaments war der Weg nun frei. Auf Drängen der USA hatte der Schah nach langem Zögern am 13. August eingewilligt, per Dekret den früheren Innenminister im ersten Kabinett Mossadeghs General Fazlollah Zahedi zum neuen Premierminister zu ernennen. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür hatte Mossadegh mit der Auflösung des Parlaments selbst geschaffen. Nach der Verfassung war der Schah berechtigt, den Premierminister nach der Auflösung des Parlaments, das den Premierminister gewählt hatte, abzusetzen und durch einen Interimspremierminister bis zur Neuwahl des Parlaments zu ersetzen. Parlamentarier hatten Mossadegh vor der Auflösung des Parlaments gewarnt, und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er mit der Auflösung des Parlaments dem Schah das Recht in die Hand gebe, ihn abzusetzen und durch einen anderen Premierminister zu ersetzen. In der Vergangenheit hatte der Schah bereits achtzehn Mal von diesem Recht Gebrauch gemacht. Doch Mossadegh war sich sicher, dass Schah Mohammad Reza Pahlavi diesen Schritt nicht wagen würde.[40]

Am 15. August 1953 wurde Mossadegh von Noureddin Kianouri, einem führenden Vertreter der Tudeh-Partei, telefonisch von seiner geplanten Entlassung durch den Schah unterrichtet. Noureddin Kianouri sprach von einem "Putsch gegen Mossadegh". Die Tudeh-Partei hatte ein geheimes Netzwerk von Mittelsmännern in der Armee bis hin zur Imperial Guard des Schahs aufgebaut, und so von den Plänen, Mossadegh als Premierminister abzusetzen, erfahren.[41] Oberst Nematollah Nassiri, Leiter der Imperial Guard, begab sich am Abend des 15. August zum Haus von Mossadegh und übergab ihm eine von Schah Mohammad Reza Pahlavi unterzeichnete Entlassungsurkunde. Mossadegh unterzeichnete den Erhalt der Entlassungsurkunde. Nassiri verließ das Haus von Mossadegh wurde dann aber vor dem Haus von Mossadegh verhaftet. Die Imperial Guard war indessen ausgerückt, um strategisch wichtige Plätze in Teheran zu besetzen. Stabschef der Armee Riahi und Außenminister Fatemi waren von der Imperial Guard zunächst verhaftet, dann aber auf Anordnung Mossadeghs wieder freigelassen worden.

Mossadegh erklärte am nächsten Morgen in einer Rundfunkansprache:

„In der vergangenen Nacht wurde ein Staatsstreich gegen die Regierung versucht. Die meisten Verräter sind hinter Gittern. Nur Zahedi und einem kleinen Kern konnte die Flucht gelingen. Ich setze eine Belohnung von 500.000 Rial für die Ergreifung Zahedis aus. Tod allen Verrätern![42]

Am 19. August 1953 (28. Mordad 1332) entwickelte sich der Tag aber völlig anders als Mossadegh gehofft hatte. Bereits am frühen Morgen zogen Pro-Schah-Demonstranten durch die Straßen Teherans. Gegen Mittag schlossen sich Polizei- und Militäreinheiten den Mossadeghgegnern an und stürmten Außenministerium, Polizeizentrale und Hauptquartier des Armee-Generalstabs. Um der Bevölkerung den Erlass des Schahs, dass Mossadegh vom Schah als Premierminister entlassen und General Zahedi zum neuen Premierminister ernannt worden, bekannt zu machen, hatte der Sohn von General Zahedi, Ardeshir Zahedi, bereits an 16. August 10.000 Exemplare in einer Druckerei herstellen und unter der Bevölkerung und an die Presse verteilen lassen. Am 18. August war eine Kopie der vom Schah unterschriebenen Entlassungsurkunde Mossadeghs und Ernennungsurkunde Zahedis auf der ersten Seite der Zeitung Shahed, herausgegeben von Mozaffar Baqai, abgedruckt worden. Weitere Zeitungen veröffentlichten die Urkunden am 19. August. Die Nachrichten über die Entlassung Mossadeghs verbreiteten sich rasch in Teheran. Im Basarviertel sammelten sich die Pro-Schah-Demonstration gegen neun Uhr und zogen dann durch die Straßen Teherans mit Pro-Schah-Rufen.[43] Auch in den Provinzen kam es zu Pro-Schah-Demonstrationen. In Tabriz, Esfahan und Schiraz waren Zivilisten und Militärs auf den Straßen und riefen "Lang lebe der Schah". Öffentliche Gebäude wurden von den Demonstranten besetzt und über die lokalen Radiostationen wurden Durchsagen zur Unterstützung von Schah Mohammad Reza Pahlavi gesendet.[44]

Die letzten Jahre

Mohammad Mossadegh in Ahmad Abad, 1965

Mossadegh, der sich im Verlauf des Putsches in sein Privathaus zurückzog, wurde von ihm ergebenen Offizieren beschützt. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Mossadegh-Anhängern und Zahedi-Truppen fanden überwiegend vor dem Hause Mossadeghs statt und forderten über 200 Tote und 300 Verwundete.[45] Fünf Tage nach dem Putsch bot Mossadegh General Zahedi telefonisch seine Kapitulation an. Mossadegh wurde von Zahedi mit den Worten: „Ich will Ihnen nichts Böses. Sie werden einen fairen Prozess bekommen“ verhaftet und in einer Kaserne inhaftiert.

Sowohl der General als auch der am 22. August vom selbst auferlegten Exil in Rom zurückgekehrte Schah zollten Mossadegh Respekt und behandelten den einstigen Weggefährten und späteren Widersacher vergleichsweise milde. Der wegen Hochverrats vor ein Militärtribunal gestellte Mossadegh wurde nicht zum Tode verurteilt, sondern lediglich zu drei Jahren Gefängnis in Einzelhaft. Im Dezember 1956 aus der Haft entlassen, zog sich Mossadegh in sein Privathaus in Ahmad Abad zurück; dort stand er bis zu seinem Tode am 5. März 1967 unter Hausarrest. Der Schah schickte nach dessen Haftentlassung, so de Villiers, einen Bevollmächtigten, um Mossadegh zu ermahnen, sich aus der Politik herauszuhalten. Die Antwort Mossadeghs:[46]

„Ich wäre ganz schön verrückt, mich um ein Volk zu kümmern, das mich in der Not im Stich gelassen hat!“

Mossadegh war verheiratet mit Zahra, einer Enkelin von Naser al-Din Schah. Aus der Ehe gingen zwei Söhne (Ahmad, Gholam Hossein) und drei Töchter (Mansureh, Zia Ashraf und Khadijeh) hervor. Die bis heute anhaltenden Diskussionen über Mossadegh haben zu einer tiefen Spaltung in der iranischen Gesellschaft geführt. Für die einen ist er ein Symbol des Antiimperialismus, während andere ihn für die politischen Fehlentwicklungen im Iran der Nachkriegszeit verantwortlich machen.[47]

Verbreitete Irrtümer

Mossadegh setzte sich für ein demokratisches System im Iran ein

Mossadegh wird häufig als Vorkämpfer für Freiheit und Demokratie im Iran dargestellt. Dabei wird darauf Bezug genommen, dass er Mitglied des ersten iranischen Parlaments war und aktiv an der Konstitutionellen Revolution von 1905 bis 1911 teilgenommen habe. Mossadegh meldete sich als Abgeordneter von Isfahan beim ersten iranischen Parlament wurde dann aber nicht als Abgeordneter zugelassen, da er das Mindestalter für Abgeordnete von 27 Jahren noch nicht erreicht hatte. Das Wahlgesetz des ersten Parlaments sah eine Wahl nach Ständen vor. Mossadegh hatte sich als Vertreter der Großgrundbesitzer von Isfahan gemeldet, da seine Familie umfangreichen Landbesitz in Isfahan hatte. Mossadegh konnte bei der Wahlkommission des Parlaments auch kein Wahlergebnis durch die Bürger von Isfahan nachweisen. Zudem wohnte Mossadegh nicht in Isfahan und erfüllte damit eine weitere Anforderung des damaligen Wahlgesetzes nicht. Im Standardwerk zur Konstitutionellen Revolution Irans von Ahmad Kasravi[48] taucht der Name Mossadegh nicht weiter auf. Im entscheidenden Jahr 1909, in dem Sattar Khan, Bagher Khan und Sardar Asad einen verzweifelten Kampf um die iranische Verfassung führten und sich am Ende auch mit militärischen Mittel durchsetzten, setzte sich Mohammad Mossadegh nach Paris ab. Die Abschaffung der absolutistischen Monarchie zu Gunsten einer konstitutionellen Monarchie ist nicht mit dem Namen Mohammad Mossadegh verbunden.

Eine weitere Möglichkeit für Mohammad Mossadegh, sich für ein freiheitliches politisches System im Iran einzusetzen bestand 1924. Im Oktober 1923 wurde Reza Khan, der spätere Reza Schah Pahlavi, Premierminister des Iran. Am 29. Oktober 1923 hatte Mustafa Kemal Pascha in der Türkei die Republik ausgerufen und das Kalifat abgeschafft. Am 20. April 1924 wurde die neue türkische Verfassung in Kraft gesetzt, mit der die Scharia abgeschafft wurde. Bereits am 20. Januar 1924 war in einer türkischen Zeitung ein Artikel erschienen, in dem die Staatsform der Republik auch für den Iran gefordert wurde.[49] Premierminister Reza Khan setzte sich für die Gründung einer Republik Iran ein, scheiterte aber am Widerstand der schiitischen Geistlichkeit, die eine Säkularisierung des Iran und damit einen Verlust an politischer Einflussnahme fürchteten. Es war insbesondere der Abgeordnete Hassan Modarres, der den parlamentarischen und außerparlamentarischen Widerstand gegen die Einführung einer Republik Iran organisierte. In der parlamentarischen Diskussion stellte Modarres die Legitimität der Abgeordneten, die die Republik als neue Staatsform unterstützten, zunächst in Frage. Er behauptete, sie seien nur durch Wahlbetrug und Bestechung in ihr Amt gekommen und hätten kein Recht, eine so weit reichende Entscheidung zu fällen.[50] Mossadegh, der ebenfalls zu dieser Zeit Abgeordneter des iranischen Parlaments war, unterstützte weder die republikanische Bewegung noch sprach er sich dagegen aus. Weder in der 40. noch in der entscheidenden 42. Sitzung des Parlaments, in der über die Änderung der Staatsform des Iran diskutiert wurde, findet sich eine Wortmeldung von Mossadegh.

Die entscheidende Möglichkeit sich für ein demokratisches System im Iran einzusetzen, hätte Mossadegh in seiner Zeit als Premierminister in den Jahren 1951 bis 1953 gehabt. Doch in diesen Jahren ließ sich Mossadegh vom Parlament ermächtigen, zunächst für die Dauer von sechs Monaten per Dekret zu regieren. Ab diesem Zeitpunkt erschien er nur noch sporadisch im Parlament und ließ seine Diskussionsbeiträge meist durch Dritte verlesen. Nach seinem Rücktritt und der erneuten Ernennung zum Premierminister bestand Mossadegh wiederum auf der Erteilung umfassender Vollmachten, den Iran für ein Jahr per Dekret zu regieren. Die Abgeordneten diskutierten diese Entmachtung des Parlaments sehr kontrovers, stimmten aber letztlich zu, da sich das Land in einer schweren politischen und wirtschaftliche Krise befand. Während des Jahres 1953 verschärfte sich die Kritik der Abgeordneten an Mossadegh, so dass er nicht mehr mit einer Verlängerung seiner Vollmachten rechnen konnte. Er drohte den Abgeordneten mit einer Auflösung des Parlaments, obwohl er als Premierminister nicht die verfassungsmäßigen Rechte zur Parlamentsauflösung hatte. Mossadegh ließ daher eine Volksabstimmung zur Auflösung des Parlaments abhalten, obwohl die Verfassung des Irans keine Volksabstimmungen vorsah. Dieses Referendum wurde nicht nur von Mossadeghs Gegnern, sondern auch von mit ihm befreundeten Politikern kritisiert. So waren die Vorschriften für eine geheime Abstimmung dadurch nicht eingehalten worden, dass die "ja"-Stimmen in einem anderen Wahllokal abgegeben werden mussten als die "nein"-Stimmen. Dadurch wurde für jedermann offensichtlich, wer mit "nein" abstimmen wollte. Vor den Wahllokalen für "nein"-Stimmen hatten sich zudem Mossadegh-Anhänger versammelt, die die Wähler, die gegen die Auflösung des Parlaments stimmen wollten, bedrohten.[51][52]

Mossadegh war der einzige demokratisch gewählte Premierminister des Iran

Die auch in dem Film Women Without Men von Shirin Neshat zitierte Behauptung von der demokratischen Wahl Mossadeghs entspricht nicht den Tatsachen. Nach der damals gültigen Verfassung des Iran ernannte der Schah den Premierminister. Dieser stellte sich dann einem Vertrauensvotum des Parlaments. So geschah es auch bei Mohammad Mossadegh. Während der Regierungszeit Mossadeghs wurden Wahlen zum iranischen Parlament durchgeführt. Das Ergebnis dieser Wahlen unterschied sich kaum von den Wahlergebnissen des vorhergehenden Parlaments, so dass Mossadegh auch in dieser Legislaturperiode auf die Unterstützung von nicht an ihn parteipolitisch gebundene Abgeordnete angewiesen war. Er drohte den Abgeordneten mehrfach mit Rücktritt, der Auflösung des Parlaments und der Ausschreibung von Neuwahlen, wenn sie seine Politik nicht unterstützten. Am Ende kam es ja dann auch faktisch zur vorzeitigen Parlamentsauflösung.

Mossadegh hat die Ölvorkommen des Irans nationalisiert

Die Forderung, die Ölförder- und Verarbeitungsanlagen der Anglo-Iranian Oil Company zu verstaatlichen, wurde erstmals am 24. Dezember 1950 von dem Abgeordneten und Führer der Arbeiterpartei Mozaffar Baqai in der 96. Sitzung der 16. Legislaturperiode des iranischen Parlaments als Resolution mit der Unterschrift von insgesamt neun Abgeordneten eingebracht. Baqai gelang es nicht, die für einen Antrag benötigten elf Abgeordneten zu einer Unterschrift zu bewegen.[53] Die Frage der Nationalisierung der iranischen Ölindustrie wurde im iranischen Parlament bereits unter Premierminister Haj Ali Razmara intensiv diskutiert. Razmara war gegen eine Verstaatlichung, da er der Überzeugung war, dass der Iran weder die personellen noch die wirtschaftlichen Möglichkeiten hatte, das iranische Öl zu fördern, zu verarbeiten und zu vermarkten. Zudem waren Bodenschätze schon durch die Verfassung des Iran staatliches Eigentum. Bei Frage der Verstaatlichung ging es also um die von der in mehrheitliche britischem Besitz befindlichen technischen Anlagen und Raffinerien der Anglo-Iranian Oil Company. Nach der Ermordung Razmaras wurde im Rahmen einer Gesetzesvorlage unter Premierminister Hossein Ala die Nationalisierung der Ölindustrie vom Parlament mehrheitlich beschlossen.

Dem auf Ala folgenden Premierminister Mossadegh fiel die Aufgabe zu, die Nationalisierung gegen den politischen Druck Großbritanniens zu verteidigen. Aufgrund eines von den Briten verfügten Embargos führte die Politik Mossadeghs zu einer Wirtschaftskrise im Iran, die zu erheblichen sozialen Verwerfungen führte.[54] Mossadegh ließ sich vom Parlament umfassende Vollmachten genehmigen, die ihm eine Regierung per Dekret ermöglichten.[55]. Mossadegh löste den Senat, die zweite Kammer des parlamentarischen System des Iran, auf, da der sich bis zuletzt gegen die Entmachtung der parlamentarischen Kammern gewehrt hatte. Mehrere auch von den USA unterstützte Vermittlungsversuche, die politische und wirtschaftliche Abadan-Krise durch ein entsprechendes Abkommen zu beenden, wurden von Mossadegh abgelehnt. Die Parlamentarier, die die kompromisslose Haltung Mossadeghs zunächst unterstützt hatten, wandten sich zunehmend von Mossadegh ab und wollten ein Ende dieser Politik.

Weblinks

Literatur

  • Farhad Diba: Dr. Mohammad Mossadegh; A Political Biography. London: Croom Helm, 1986, ISBN 0-7099-4517-5.
  • Homa Katouzian: Musaddiq and the Struggle for Power in Iran, I B Tauris & Co, 1991, ISBN 1-850-43210-4.
  • Afsar Soheila Sattari: Zivilgesellschaften im Iran: Dr. Mossadeghs Thesen und Errungenschaften. Hamburg 2010. ISBN 978-3-8300-4780-3.
  • Mehdi Shamshiri: Zendeghi Mohammad Mossadegh - Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011. ISBN 978-0-578-08305-6. (farsi) Details
  • Mehdi Shamshiri: Five historical terrors - Opening the way for premiership of Mossadegh. 2011. (farsi) ISBN 978-0-578-08079-6. Details

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Mohammad Mossadegh - Born June 16, 1882. In: The Mossadegh Project. Abgerufen am 4. November 2008 (engl.).
  2. Mehdi Shamshiri: Zendehgi Nameh Mohammad Mossadegh - az tawallod ta payan tahsilat va akhz tabeiyat suisse. (Biographie des Mohammad Mossadeh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger). 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.106.
  3. Farhad Diba: Mohammed Mossadegh. A Political Biography. 1986. S. 3 ff.
  4. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.1.
  5. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.16f.
  6. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.24f.
  7. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.26.
  8. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S. 117.
  9. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S. 120.
  10. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S. 182f.
  11. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S. 123f.
  12. Mehdi Malekzadeh: Tarikh Engelab Mashrutiat Iran. Bd. 5. o. J. S. 1033. Zitiert nach: Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011.
  13. Mehdi Malekzadeh: Tarikh Engelab Mashrutiat Iran. Bd. 5. o. J. S. 1033. Zitiert nach: Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.240.
  14. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.273ff.
  15. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.279f.
  16. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh - Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.280.
  17. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Nameh Mohammad Mossadegh - Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. 2nd. Edition. lulu.com, 2011, S.279.
  18. a b Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 112.
  19. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 114.
  20. Catherine & Jacques Legrand: The Shah of Iran. Creative Publishing International,1989, S. 61.
  21. Mehdi Shamshiri: Five Historical Terrors - Opening the way for premiership of Mohammad Mossadegh Orchestrated by Mohammad Daftari. Originaltitel: Panj terror-e tarikhy rah-gosha-ye sedarat-e Mossadegh. 2011, S. 133-167. (Details)
  22. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press 2009. S. 115.
  23. Redemitschrift der Parlamentsschreiber vom 16. Majlis 38. Sitzung 30. Chordad 1329
  24. Gesetz zur Errichtung der Ölkommission
  25. Parlamentsprotokoll vom 22. Juni 1950
  26. Hossein Makki: Ketab-e Siah. Theran 1358, S. 51f.
  27. Redemitschrift der Parlamentsschreiber vom 16. Majlis, 8. Tir 1329. Zitiert nach: Ali Mirfetros: Mohammad Mosaddeq - Pathology of a failure. Farhanf, Montreal 2008, S.57.
  28. Volltext des Parlamentsprotokolls vom 27. Juni 1950
  29. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 121.
  30. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 121.
  31. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press 2009. S. 123.
  32. Protokoll der 143. Sitzung der 16. Legislaturperiode des iranischen Parlaments
  33. Stephen Kinzer „Im Dienste des Schah. CIA und MI6 und die Wurzeln des Terrors im Nahen Osten“, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KgaA, Weinheim, S. 150
  34. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. University of California Press, 2009, 143.
  35. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. University of California Press, 2009, 148.
  36. Bahman Nirumand, Keywan Daddjou: Mit Gott für die Macht. Rowohlt Verlag. 1989. Seite 83
  37. de Villiers 1976, S. 271
  38. Abbas Milani: Eminent Persians. Syracus University Press Bd. 1, 2008, S.243.
  39. de Villiers 1976, S. 272
  40. Abbas Milani: Eminent Persians. Syracuse University Press, 2008, S. 243ff.
  41. Darioush Bayandor: Iran and the CIA. New York, 2010, S. 95.
  42. Gérard de Villiers: Der Schah. Der unaufhaltsame Aufstieg des Mohammed Reza Pahlewi. Heyne, München 1976, ISBN 3-453-00632-1, S. 276.
  43. Darioush Bayandor: Iran and the CIA. New York 2010, S. 125.
  44. Darioush Bayandor: Iran and the CIA. New York 2010, S. 154.
  45. de Villiers 1976, S. 299
  46. de Villiers 1976, S. 318
  47. Ali Mirfetros: Mohammad Mosaddeq - Pathology of a Failure. Farhang, 2008. (in farsi)
  48. Ahmad Kasravi: Tārikh-e Mashruteh-ye Iran (تاریخ مشروطهٔ ایران) (Geschichte der Konstitutionellen Revolution Irans, in Farsi). Negāh Publications, Tehran, 2003, ISBN 964-351-138-3.
  49. Cyrus Ghani: Iran and the Rise of Reza Shah. I.B.Tauris 2000. S. 308f.
  50. Cyrus Ghani: Iran and the rise of Reza Shah. I.B.Tauris, 2000, S. 312f.
  51. Abbas Milani: Eminent Persians. Syracus University Press Bd. 1, 2008, S.243.
  52. Protokolle Majlis Shora Melli, 17. Legislaturperiode
  53. Protokoll der 96. Sitzung der 16. Legislaturperiode des iranischen Parlaments
  54. Manucher & Roxane Framanfarmanian: Blood and Oil. Random House 2005. S. 279.
  55. Abrahamian, Ervand: Iran between two revolutions. Princeton University Press, 1982. S.273



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