Museum der Natur Gotha

Museum der Natur Gotha
Der Westturm von Schloss Friedenstein: Domizil der neuen Dauerausstellung "Tiere im Turm"
Herzogliches Museum 2008

Das Museum der Natur Gotha ist eines der vier Museen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Es beherbergt geologische, paläontologische und zoologische Sammlungen, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Es befand sich bis 2010 im Herzoglichen Museum Gotha. Im Zuge der grundlegenden Umgestaltung der Museen der Stiftung wird es seither in den Westteil des Schlosses Friedenstein verlagert, wo es künftig seinen Platz im "Barocken Universum Gotha" erhalten soll. Das Herzogliche Museum wird saniert und ab 2012 die Kunstsammlungen beherbergen. Tiere im Turm heißt die erste neue Dauerausstellung des Museums der Natur, die seit Dezember 2010 im Westturm des Schlosses zu sehen ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Herzog Ernst II.

Bereits im 17. Jahrhundert begannen die Gothaer Herzöge mit der Sammlung von Naturalien. Zusammen mit den Kunstwerken beanspruchten diese sehr viel Raum im Schloss Friedenstein. Aus diesem Grund entschloss sich Herzog Ernst II. (1818–1893) von Sachsen-Coburg und Gotha, ein neues Museumsgebäude errichten zu lassen. Es wurde im ehemaligen herzoglichen Küchengarten von Schloss Friedenstein im Stil der Neorenaissance in den Jahren 1864 bis 1879 erbaut.

Im neuen herzoglichen Museum waren das Kunstkabinett, das Chinesische Kabinett, das Naturalienkabinett, Kupferstichkabinett, die Gemäldegalerie und die Sammlung der Gipsabgüsse untergebracht. Damit erhielt die Residenz Gotha ein Museum von großer wissenschaftlicher und künstlerischer Bedeutung, das allerdings am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 durch Auslagerung, Plünderung und Entnahmen große Verluste erlitt. Die noch vorhandenen Teile der Kunstsammlungen wurden 1945 in die Sowjetunion abtransportiert. Nach ihrer Rückkehr 1956 wurden sie im Schloss Friedenstein untergebracht. Die naturwissenschaftlichen Sammlungen verblieben im Museumsgebäude und wurden um den Bestand des Naturkundlichen Heimatmuseums erweitert. Nach dem Umbau des Gebäudes wurde am 1. August 1954 das Biologische Zentralmuseum eröffnet. Das zu dieser Zeit größte Naturmuseum Thüringens erhielt den Namen Naturkundemuseum – ab 1971 wurde es Museum der Natur Gothagenannt. Das Museum ist seit 2004 Teil der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha.

Das neue Museum der Natur im Schloss (Gegenwärtige und künftige Ausstellungen)

Blick in die Daueraustellung Tiere im Turm

Tiere im Turm

Diese erste neue Dauerausstellung wurde am 17. Dezember 2010 im Westturm des Schlosses Friedenstein eröffnet. Sie ist vor dem Hintergrund der naturwissenschaftlichen Forscher - und Entdeckerpraxis des 18. und 19. Jh. konzipiert, welche die Ära der barocken Naturalienkabinette ablöst und wegweisend für die moderne Naturwissenschaft wurde. Vier Ikonen der Naturwissenschaft dieser Zeit werden gleich am Anfang der Ausstellung vorgestellt: Carl von Linné, Alexander von Humboldt, Charles Darwin und Alfred Brehm. Im Anschluss daran erwarten den Besucher mehrere Themenkreise unter anderem zu: "Jägern auf leisen Pfoten" - kleinen und großen Katzen, "Flügeln, Beinen, Armen und Flossen" - Gliedmaßen von Wirbeltieren, "Reisen ins Unbekannte" - Forschen im ewigen Eis der Antarktis, zum "Tropischen Regenwald" und "Tieren der Nacht". Diese werden auf anschauliche und abwechslungsreiche Weise familienfreundlich dargestellt.

Das Naturalienkabinett (In Planung)

Ein Naturalienkabinett war für einen barocken Fürsten zum Zwecke angemessener Repräsentation ebenso unentbehrlich wie etwa der Besitz eine Kunstkammer. Beides entsprach einer meist universalistisch ausgerichteten und enzyklopädischen Sammelleidenschaft, welche typisch war für die Zeit des Barock. Die Anfänge der naturwissenschaftlichen Sammlungen auf Schloss Friedenstein reichen bis auf Herzog Ernst den Frommen zurück und wuchsen unter seinen Nachfolgern beständig an. So wurde der Friedenstein schon früh zu einem Anziehungspunkt für zahlreiche Naturwissenschaftler aus ganz Europa. Neben seltenen Tierpräparaten und einigen Kuriositäten sind es vor allem die Mineralien und Conchylien aus dem 17. bis 19 Jh. und eine sehr umfangreiche Insektensammlung, welche die Sammlung bedeutsam machen. Der wissenschaftsgeschichtlichen Chronologie folgend, soll künftig das neue Naturalienkabinett in einer modernen musealen Präsentatation, auch räumlich im Westturm der Ausstellung "Tiere im Turm" vorangestellt werden.

Ursaurier (In Planung)

Eine der größten Sensationen des Museums sind Sandsteinplatten mit Skeletten und Fusspuren verschiedener Urechsenarten aus der Gruppe der Temnospondylen, Vorfahren der Reptilien, und Pelycosaurier, die in einem ehemaligen Steinbruch am Bromacker bei Tambach-Dietharz entdeckt wurden. Glanzstück der Ausgrabungen ist das sogenannte Tambacher Liebespaar. Diese Echsen (ca. 290 Mio. Jahre alt), in ihrer Entwicklung bereits vollständig ans Landleben angepasst, sind die ältesten Fossilienfunde ihrer Art weltweit. Sie sollen schon bald wieder in einer neuen eigens dafür gestalteten Schau in zeitgemäßem Licht präsentiert werden. Ein gemeinsames Forschungsprojekt der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Paläontologen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha soll die Fortbewegung und die Entwicklung des Bewegungsapparats dieser Echsen untersuchen, um Rückschlüsse auf die Evolution des Bewegungssystems beim Übergang vom Wasser zum Land ziehen zu können.

Thüringer Wald (In Planung)

Sammlungen des Museums

Insekten (Trockensammlungen)

Der Sammlungsschwerpunkt sind Käfer (Coleoptera), Schmetterlinge (Lepidoptera), Hautflügler (Hymenoptera), Springschrecken (Orthoptera oder Saltatoria), Zweiflügler (Diptera) und Libellen (Odonata).

Herkunft ist die Paläarktische Region (Paläarktis), Mitteleuropa und Thüringen.

Conchyliensammlung

Der Sammlungsschwerpunkt sind Weichtiere (Mollusca).

Herkunft sind die Westindischen Inseln und das tropische Südamerika.

Korallen und Schwämme

Der Sammlungsschwerpunkt sind Blumentiere (Anthozoa) – Korallen und Schwämme (Porifera).

Säugetiere

Der Sammlungsschwerpunkt sind Säugetiere (Mammalia).

Herkunft sind Mitteleuropa und Thüringen.

Es gibt Belege für „melanistische (schwarze) Hamster“ in Thüringen.[1]

Vogelsammlung

Hierbei handelt es sich um einen Erwerb von 1820 bis 1890. Heute ist es kein Sammlungsschwerpunkt mehr.

Der Sammlungsschwerpunkt waren die Vögel (Aves) aus dem Orient, Mitteleuropa, der Paläarktischen Region (Paläarktis), der Antarktis und der Nearktis.

Fische, Lurche und Kriechtiere

Hiebei handelt es sich um ungefähr 300 getrocknete Tiere oder Teile davon, die von nationaler Bedeutung sind. Aus Mitteldeutschland und Thüringen gibt es ungefähr 600 Tiere, die flüssig konserviert sind.

Geologische Sammlungen

Zu den geowissenschaftlichen Sammlungen des Museums gehören ca. 5 000 Gesteine, ca. 18 000 Minerale und ca. 50 000 Fossilien. Von wissenschaftshistorischer Bedeutung sind unter anderem die Sammlung von Mineralen, Gesteinen und Fossilien Mitteleuropas und des Thüringer Waldes des Gothaer Geologen Karl Ernst Adolf von Hoff (1771–1837), die „Meteoriten-Sammlung“ und Skelettreste des Waldelefant-Fundes von Burgtonna aus dem Jahre 1695. Zu den wissenschaftlich bedeutenden Sammlungen gehören:

  • die seit 1974 am Bromacker bei Tambach-Dietharz gefundenen Ursaurier-Skelette (mehr als 40 Skelette von 12 terrestrisch adaptierten Tetrapoden)
  • eine mehrere 1000 Objekte umfassende Sammlung fossiler Conchostraken des Unterperm Mitteleuropas und der USA und
  • eine Sammlung von Tetrapodenfährten, Invertebratenspuren und Pflanzen des Rotliegend (Unterperm) Thüringens.

Sonstige Besonderheiten

Zu den außergewöhnlichsten aber auch sehr bekannten Sammlungsstücken zählen unter anderem das anatomische Präparat eines Menschen von 1731 (im Gothaer Volksmund als Schlotfeger bekannt; damit verknüpft ist eine populäre Sage[2][3]), der Blasenstein von Johann Saubert von 1646 und Miss Baba, das älteste erhaltene Präparat einer Elefantenkuh(1857).

Museumspädagogik

Das Museum der Natur unterstützt durch „Anschauen und Begreifen“ Lerninhalte in Geographie, Biologie und Heimatkunde für die Grundschule, Regelschule und das Gymnasium. Durch Projekttage und Exkursionen soll die Vielfalt der heimischen Natur verständlich nahe gebracht werde. Hervorzuheben ist dabei die Feriengestaltung für Schulkinder, die vom Museum durchgeführt wird. Weiterhin werden Publikationen und Begleithefte zu Dauerausstellungen zur Verfügung gestellt.

Naturschutzjugend NAJU Gotha

Die Jungen Naturfreunde im Alter von 7 bis 14 Jahren erforschen mit Betreuern die Tier- und Pflanzenarten rund um Gotha. Im Klubraum des Museums der Natur htten sie ihr Domizil. Hier erfuhren sie von Mitarbeitern des Museums alles über Natur und Tiere. Dem Schutz der Fledermäuse, die im Gothaer Park reichlich vertreten sind, galt ihre besondere Aufmerksamkeit. Weitere Projekte galten den Bäumen im Park, einer Streuobstwiese am Seeberg im Jahresverlauf, dem Bau von Ersatzlebensräumen für Kleintiere und dem Schutzn tropischer Regenwälder. Die Projekte fanden jeweils in Ausstellungen im Museum der Natur ihren Abschluss. Ihr neues Domizil fand die Naturschutzjugend Gotha im Gothaer Gymnasium Ernestinum.[4]

Kunstausstellungen im Museum

Im Naturkundemuseum Gotha werden auch Werke der Bildenden Kunst gezeigt. Die einzige Bedingung ist dabei, dass die ausgestellten Arbeiten in der Auseinandersetzung des Künstlers mit der Natur entstanden sind.

  • 1994: Hinter dem Vogel - Über den Vogel, Maria Schöne
  • 1995: Naturfotografie, Karl Blossfeld
  • 1996: Die Gestalt des Tieres, Gottfried Bammes
  • 1997: Goethe und die Naturwissenschaften, Inge Prokot
  • 1998: Zauber der Wildnis, Wolfgang Weber
  • 2000: Das Lesbos-Projekt, Burkhard Langer
  • 2000: Daphne-Verwandlung, Andrea Küster
  • 2001: Marken und Spuren in Malerei und Natur, Peter Heber

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Zimmermann, W.: Die gegenwärtige Verbreitung melanistischer Hamster (Cricetus c. cricetus) in Thüringen und Bemerkungen zu deren Morphologie. 1969, S. 80-89 (Hercynia, N.F. 6(1)).
  2. Andreas M. Cramer, Die Gothaer Sagen, Gotha 2005, S. 61
  3. Der geräucherte Schlotfeger auf www.echt-gothsch.de
  4. Webseite der Naturschutzjugend NAJU Gotha. In: NAJU.htm. Abgerufen am 21. November 2007.

Literaturverzeichnis

  • Museen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Deutscher Kunstverlag GmbH, April 2007.
  • Thomas Martens: Ursaurier zwischen Thüringer Wald und Rocky Mountains. Eine Zeitreise in die Erdgeschichte vor 290 Millionen Jahren. 2000, S. 80 (Begleitheft zur Ausstellung von Thomas Martens, Museum der Natur Gotha).
  • Zimmermann, W.: Die entomologischen und arachnologischen Sammlungen des Museums der Natur Gotha. 1984, S. 39-43 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha 12).
  • Joost, W.: Die entomologischen Sammlungen des Naturkundemuseums Gotha. 1965, S. 79-96 (Abhandlungen und Berichte des Naturkundemuseums Gotha 2).
  • Bellstedt, R. & R. Samietz: Katalog der in den Sammlungen des Museums der Natur Gotha aufbewahrten Typen. Teil 1 Insekten, 2002, S. 187-196 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha 22).
  • Bährmann, R.: Zur Kenntnis der Dipterensammlungen Deutschlands. 1999, S. 173-209 (Beiträge zur Entomologie 49).
  • Joost, M.: Die Conchyliensammlung im Museum der Natur Gotha. 1990, S. 37-50 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha 16).
  • Zimmermann, W.: Zur Kenntnis der Fledermäuse (Chiroptera, Mammalia) in Westthüringen. 1971, S. 77-94 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha).
  • Gerd Seidel: Thüringer Becken. Sammlung geologischer Führer Band, Nr. 85, Bornträger-Verlag, Berlin 1992, S. 204.
  • Thomas Martens: Thüringer Wald. Sammlung geologischer Führer, Nr. 95, Bornträger-Verlag, Berlin, Stuttgart 2003, S. 252.

Weblinks

 Commons: Museum der Natur Gotha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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