NS-Ordensburg

NS-Ordensburg
Ordensburg Sonthofen, Modell der Gesamtanlage (1934)

Zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland wurden unter der Bezeichnung Ordensburg oder Schulungsburg[1] zwischen 1934 und 1936 drei Ausbildungsstätten für zukünftiges Führungspersonal (Kader) der NSDAP errichtet. Die Planung unterlag dem Reichsleiter Robert Ley, dem Chef der Deutschen Arbeitsfront.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Ordensburg Vogelsang

Bei den Ordensburgen handelte es sich um Neubauten, nicht um umfunktionierte mittelalterliche Burgen. Vages historisches Vorbild waren die mittelalterlichen Deutschordensburgen, eine Mischung aus Kaserne, Burg und Kloster.

Folgende NS-Ordensburgen wurden gebaut und in Betrieb genommen:

Darüber hinaus wurde von dem Kölner Architekten Clemens Klotz auf dem Gelände der mittelalterlichen Ordensburg Marienburg bei Danzig eine weitere NS-Ordensburg geplant, die jedoch nicht verwirklicht wurde.

Ausbildung der Ordensjunker

Karte der NS-Ordensburgen
Marschierende „Junker“ auf der Ordensburg Vogelsang (1937)
Ordensburg Krössinsee (1934)

Die parteiliche Ausbildung auf den Ordensburgen sollte einem Gesamtkonzept folgen, nach dem jede Einrichtung einen Themenschwerpunkt hatte:

  • Vogelsang: „Rassische Philosophie der neuen Ordnung“ (nationalsozialistische Rassenideologie)
  • Krössinsee: Charakterliche Bildung
  • Sonthofen: Verwaltungs-, Militäraufgaben und Diplomatie

Als vierte NS-Ordensburg war der Ausbau der mittelalterlichen Ordensburg Marienburg geplant. Nacheinander sollten die „Junker“ (Anwärter auf NSDAP-Parteiführungsämter) eine jeweils einjährige Ausbildung auf den vier Ordensburgen durchlaufen, angefangen bei der Burg Vogelsang und endend in der Marienburg. Ein zusammenhängender Lehrplan kam jedoch nicht zustande. Die Ausbildung war abgesehen von den genannten Themenschwerpunkten vor allem auch von militärischen und sportlichen Übungen geprägt.[2] Nach Himmlers Plänen sollte die SS-Burg Wewelsburg Hauptquartier des neuen Ordens werden. Alfred Rosenberg plante darüber hinaus eine „Hohe Schule der NSDAP“ an den Ufern des Chiemsees. Die für die Schulung zugelassenen „Junker“ sollten sich schon in der NSDAP bewährt haben und zwischen 25 und 30 Jahren alt sein. In zunächst drei, später in viereinhalb Jahren wurde dann an den einzelnen Ordensburgen die Ausbildung zum Parteiführer absolviert. Seit Mai 1936 wurden in Vogelsang Lehrgänge durchgeführt; dort und in Krössinsee durchliefen schätzungsweise 2000 Männer die ideologische Schulung als „Ordensjunker“ oder „Stammführer“. Ordensjunker, die „zu den skrupellosesten und fanatischsten“ Führern gerechnet wurden (Heinen), nahmen gerade im Osten führende Stellungen in der deutschen Zivilverwaltung ein, etwa als Gebietskommissare in den Reichskomissariaten Ukraine und Ostland. In diesen Dienststellen waren die Ordensburg-Angehörigen maßgeblich an den NS-Verbrechen beteiligt, nicht zuletzt an der planmäßigen Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Bei den Ansiedlungen volksdeutscher Umsiedler 1939 und 1940 im besetzten Polen leisteten die Ordensburgen mit ihren Bussen logistische Unterstützung durch den Transport.

Reichsschulungsburgen

In Anlehnung an die NS-Ordensburgen wurden auch andere Schulungszentren der DAF und der NSDAP Reichsschulungsburg oder Schulungsburg genannt (auch wenn die Häuser nichts burgähnliches an sich hatten). Solche Reichsschulungsburgen bestanden in Saßnitz, Oberursel (der Villa Gans (Oberursel)) und Erwitte (siehe Schloss Erwitte). Nach dem Anschluss Österreichs wurde auch das Schloss Altkettenhof zur Reichsschulungsburg der DAF. Analoges gilt auch für die Reichsschulungsburg der deutschen Technik auf der Plassenburg in Kulmbach.

Dokumentarfilme

  • Hitlers Ordensburgen. Dokumentation, 2004, 45 Min., Buch und Regie: Peter Prestel und Rudolf Sporrer, Produktion: BR, Erstsendung: 3. Mai 2004, Inhaltsangabe (Link nicht mehr abrufbar) vom BR
  • Steinerne Dokumente des 3. Reiches. Dokumentation, 2006, 50 Min., Zeitreisen-Verlag

Literatur

  • Hans-Dieter Arntz: Ordensburg Vogelsang... im Wandel der Zeiten. Helios-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-51-9.
  • Hans-Dieter Arntz: Ordensburg Vogelsang 1934–1945. In: Deutschland-Archiv. Drittes Reich. Dokumente. Archiv-Verlag, Braunschweig 2008 (Loseblatt-Sammlung).
  • Hans-Dieter Arntz: Ordensburg Vogelsang 1934 – 1945. Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich. Kümpel – Volksblatt-Druckerei und Verlag Euskirchen 1986, ISBN 3-9800787-2-8 (5. und aktualisierte Auflage. Verlag Landpresse, Weilerswist 2006, ISBN 3-935221-69-X).
  • Hans-Dieter Arntz: Vogelsang - Geschichte der ehemaligen Ordensburg. Helios-Verlag, Aachen 2008, ISBN 978-3-938208-71-7.
  • Paul Ciupke, Franz-Josef Jelich (Hrsg.): Weltanschauliche Erziehung in Ordensburgen des Nationalsozialismus. Zur Geschichte und Zukunft der Ordensburg Vogelsang. Klartext, Essen 2006, ISBN 3-89861-713-0 (Geschichte und Erwachsenenbildung. Bd. 20).
  • Hartmut Happel: Die Allgäuer Ordensburg in Sonthofen. Eberl, Immenstadt 1996, ISBN 3-920269-01-2.
  • F. A. Heinen: Gottlos, schamlos, gewissenlos. Zum Osteinsatz der Ordensburg-Mannschaften. Gaasterland-Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-935873-27-7.
  • Franz Albert Heinen: NS-Ordensburgen. Vogelsang, Sonthofen, Krössinsee. Ch. Links Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86153-618-5.
  • Franz Albert Heinen: Vogelsang. Im Herzen des Nationalparks Eifel. Ein Begleitheft durch die ehemalige „NS-Ordensburg“. Gaasterland Verlag, Düsseldorf 2006, ISBN 3-935873-11-5 (Freizeitführer Rheinland).
  • Gerhard Klein: Die NS-Ordensburg Sonthofen 1934 bis 1945. In: Paul Ciupke, Franz-Josef Jelich (Hrsg.): Weltanschauliche Erziehung in Ordensburgen des Nationalsozialismus. Zur Geschichte und Zukunft der Ordensburg Vogelsang. Klartext, Essen 2006, ISBN 3-89861-713-0, S. 65–84 (Geschichte und Erwachsenenbildung. Bd. 20).
  • Alexander Kuffner: Zeitreiseführer. Eifel 1933–1945. Helios-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-42-7.
  • Rolf Sawinski: Die Ordensburg Krössinsee in Pommern. Von der NS-Ordensburg zur polnischen Kaserne. 2. Auflage. Helios-Verlag, Aachen 2004, 2008, ISBN 978-3-933608-77-2.
  • Ruth Schmitz-Ehmke: Die Ordensburg Vogelsang. Architektur, Bauplastik, Ausstattung. 2. veränderte und erweiterte Auflage. Rheinland-Verlag, Köln 2003, ISBN 3-7927-1877-4 (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 41).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.lernort-vogelsang.de/Gestern/PDF-Dateien/NS_Presse_Vogelsang.pdf (Link nicht mehr abrufbar)
  2. http://www1.historisches-centrum.de/forum/schroeders04-1.html

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