Patentanwalt

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Ein Patentanwalt berät und vertritt Mandanten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums und des gewerblichen Rechtsschutzes, welches Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Marken, Arbeitnehmererfinderrecht, Halbleiterschutzrecht, Sortenschutzrecht und Lizenzverträge umfasst. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Vertretung in Verfahren vor den Patent- und Markenämtern und den zuständigen Gerichten (in Deutschland insbesondere vor dem Bundespatentgericht, ab 2012 ebenso in der Schweiz). Patentanwälte haben das Recht, vor ordentlichen Gerichten Stellungnahmen für ihren Mandanten abzugeben, sind aber nicht postulationsfähig, also nicht berechtigt, Anträge zu stellen. Deshalb treten in der Regel Rechtsanwälte zusammen mit Patentanwälten vor den ordentlichen Gerichten auf, zumal Rechtsanwälten wiederum häufig die technische Befähigung fehlt.

Auf europäischer Ebene gibt es die Zugelassenen Vertreter vor dem Europäischen Patentamt, die häufig zugleich Patentanwalt in einem Vertragsstaat des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) sind.

Inhaltsverzeichnis

Aufgabenbereich

Mit ihrem abgeschlossenen naturwissenschaftlichen oder technischen Hochschulstudium und ihrer juristischen Zusatzausbildung sind Patentanwälte berechtigt, Dritte vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht in Sachen des gewerblichen Rechtsschutzes sowie vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Patentnichtigkeitsberufungsverfahren (§ 111 Abs. 4 PatG) zu vertreten. In Verfahren vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten sowie dem BGH sind sie in Ausnahmefällen vertretungsberechtigt, nämlich dann, wenn kein Rechtsanwaltszwang herrscht (§4 Abs. 3 PatAnwO). Dies gilt beispielsweise für Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und für entsprechende Schutzschriften, wobei jedoch zwingend ein Rechtsanwalt hinzuzuziehen ist, sobald das Gericht, bei dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt wurde, eine mündliche Verhandlung durchführt. Ansonsten ist den Patentanwälten auf Antrag neben dem prozessführenden Rechtsanwalt das Wort zu gestatten (§ 4 PatAnwO). Patentanwälte sind ferner berechtigt, in Angelegenheiten, welche die Technik bereichernde Leistungen betreffen, andere zu beraten und Dritten gegenüber zu vertreten.

Im Rahmen der juristischen Zusatzausbildung liegt neben dem Patentrecht ein Schwerpunkt insbesondere bei Patentamt und -gericht auf dem Markenrecht. Patentanwälte, die einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit und die anwaltliche Beratungskompetenz in diesem Bereich zum Ausdruck bringen möchten, führen bisweilen die Berufsbezeichnung "Patent- und Markenanwalt", wobei letzterer Begriff auch Rechtsanwälte mit Beratungsschwerpunkt im Markenrecht bezeichnet.

In der Patentanwaltsordnung sind die Rechte und Pflichten des Patentanwalts und die Voraussetzungen zur Zulassung festgelegt.

Geschichte

Schon bald nach Gründung des Kaiserlichen Patentamtes im Mai 1877 stellte sich heraus, dass für die komplexen technischen Sachverhalte im Patentwesen besonders qualifizierte Fachleute benötigt werden, die neben den juristischen Fragen auch in der Lage waren, die technischen Zusammenhänge der Erfindungen zu verstehen. Als Folge davon trat am 21. Mai 1900 das Gesetz betreffend die Patentanwälte in Kraft, nach dem eine Liste der besonders befähigten Personen beim Patentamt geführt wurde.

Im Jahre 1933 wurde die Patentanwaltskammer errichtet, welche fortan als Selbstverwaltungsorgan der Patentanwälte diente.

Im Dritten Reich wurde Ende 1938 mit der Sechsten Verordnung zum Reichsbürgergesetz den jüdischen Patentanwälten die Berufsausübung untersagt.

Im Jahre 1966 wurde die Patentanwaltsordnung erlassen. Durch diese erhielten die Patentanwälte ihre heutige Stellung als unabhängige Organe der Rechtspflege. [1]

Die erste Frau, die Patentanwalt wurde, war Freda Wuesthoff. Sie legte im Jahre 1927 das Patentanwaltsexamen ab.[2]

Organ der Rechtspflege

Der Patentanwalt ist – wie auch ein Rechtsanwalt – unabhängiges Organ der Rechtspflege. Dies bedeutet, dass der Patentanwalt nicht nur seinem Mandanten verpflichtet ist, sondern auch die Rechtsordnung achten muss. So darf der Patentanwalt zum Beispiel vor Gericht nicht die Unwahrheit vortragen. Er darf auch nicht tätig werden, wenn er wegen desselben Streitgegenstands bereits die Gegenpartei vertritt oder vertreten hat. Das Verhältnis zwischen Patentanwalt und Mandant ist verfassungsrechtlich privilegiert, das heißt der Staat kann den Patentanwalt nicht zwingen, Dritten über Mandantengespräche zu berichten.

Ausbildung

Die Ausbildung zum Patentanwalt ist in Deutschland formal durch die Patentanwaltsordnung (PAO) und die Patentanwaltsausbildungs- und -prüfungsordnung geregelt. Voraussetzung für die Ausbildung zum Patentanwalt ist danach zunächst ein erfolgreicher Abschluss eines naturwissenschaftlichen (z. B. Chemie, Physik, Biologie) oder technischen Studiums (z. B. Elektrotechnik, Maschinenbau, Architektur, Metallurgie etc.) an einer wissenschaftlichen Hochschule. Darüber hinaus muss ein Patentanwaltsbewerber vor Beginn der Patentanwaltsausbildung seine praktisch-technische Berufserfahrung durch eine einjährige berufliche Tätigkeit nachweisen. In der Praxis geht der Arbeit als Patentanwalt aber je nach künftigem Tätigkeitsschwerpunkt oftmals eine mehrjährige Forschungsarbeit, z. B. im Rahmen einer Dissertation, voraus.

Es gibt zwei verschiedene Wege der Patentanwaltsausbildung. Die lange Patentanwaltsausbildung (§ 158 PAO) dauert bei bestandener Prüfung für die Zulassung als Vertreter vor dem Europäischen Patentamt 8 Jahre, sonst 10 Jahre. Viele in der Industrie angestellte Kandidaten absolvieren diesen Weg. Die kurze Patentanwaltsausbildung dauert 34 Monate. Sie beginnt mit einem 26-monatigen Praktikum bei einem Patentanwalt oder einem in der Industrie tätigen Patentassessor. Bis zu 2 Monate dieses Praktikums können auch in Form eines Praktikums an einem Landgericht geleistet werden. Während des Praktikums sind monatliche Seminare der Patentanwaltskammer zu besuchen und Vorträge zu halten. Der Patentanwaltsbewerber muss ferner an der Fakultät für Rechtswissenschaften der FernUniversität in Hagen ein zweijähriges Fernstudium im Allgemeinen Recht absolvieren oder an einer anderen rechtswissenschaftlichen Fakultät das 1. juristische Staatsexamen ablegen, um die erforderlichen juristischen Kenntnisse nachzuweisen. Nach Erfüllung dieser Voraussetzungen ist das so genannte Amtsjahr zu absolvieren, ein achtmonatiger Ausbildungsabschnitt beim Deutschen Patent- und Markenamt und beim Bundespatentgericht in München. Am Schluss der Ausbildung erfolgen eine schriftliche und eine mündliche Prüfung, nach deren Bestehen der Titel Patentassessor verliehen wird, der Voraussetzung zur Beantragung einer Eintragung in die Liste der Patentanwälte ist.

Berufstätigkeit

Um freiberuflich Mandanten beraten und vor den nationalen deutschen Behörden und Gerichten für den gewerblichen Rechtsschutz vertreten zu dürfen, muss ein Patentassessor in die Liste der Patentanwälte eingetragen sein, die beim Deutschen Patent- und Markenamt geführt wird. Hierzu muss der Patentassessor sich als Organ der Rechtspflege vereidigen lassen und eine Kanzlei einrichten. Auch der Eintritt in eine bestehende Kanzlei kann das Erfordernis der Einrichtung einer Kanzlei erfüllen.

Die Zulassung als deutscher Patentanwalt berechtigt außerdem zur Vertretung vor dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante, Spanien (HABM/OHIM) sowie der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf (WIPO).

Es gibt außerdem eine unabhängige andere Ausbildung zu einem anderen Beruf, nämlich dem des zugelassenen Vertreter vor dem Europäischen Patentamt (EPA). Diese Berufsgruppe ist zur Vertretung von Mandanten vor dem Europäischen Patentamt berechtigt. Die Zulassung zur Prüfung als (engl.) European Patent Attorney bezeichneten Vertreters erfordert zumindest einen technischen oder naturwissenschaftlichen Abschluss und eine dreijährige Tätigkeit unter Aufsicht eines zugelassen Europäischen Vertreters.

Die Zulassung als deutscher Patentanwalt berechtigt nicht zur Vertretung vor dem Europäischen Patentamt. Ein dort zugelassener Vertreter ist andererseits – im Gegensatz zum deutschen Patentanwalt – nicht zur Vertretung vor den deutschen nationalen Behörden, DPMA und Bundessortenamt, und den EU-Behörden Europäischen Amt für Marken und Geschmacksmuster und europäischen Sortenamt berechtigt. Vor den nationalen Behörden ist lediglich der deutsche Patentanwalt (und wie stets ein deutscher Rechtsanwalt) vertretungsberechtigt. In der Regel haben aber die meisten deutschen Patentanwälte beide Zulassungsprüfungen abgelegt und sind somit auch beim EPA vertretungsberechtigt.

Dem zugelassenen Vertreter erlaubt das deutsche Rechtsberatungsgesetz nicht anders als vor dem EPA tätig zu werden. Artikel 134(5) EPÜ regelt, dass nationale (u. a. deutsche) Behörden die Berechtigung im Einzelfall in Anwendung der zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassenen Rechtsvorschriften entziehen dürfen.

Für Deutschland erteilte europäische Patente fallen gemäß EPÜ – mit Ausnahme des Einspruchs- und Einspruchsbeschwerde- sowie des Beschränkungsverfahrens – unter die Zuständigkeit der nationalen Behörden. Das Einspruchsverfahren, das Einspruchsbeschwerdeverfahren und das Beschränkungsverfahren sind jedoch beim EPA angesiedelt.

Patentanwälte tragen vor Gericht eine schwarze Robe mit stahlblauem Besatz aus stumpfer Seide[3].

Einzelnachweise

  1. http://www.patentanwalt.de/downloads/pa/PAK_G.pdf Geschichte der Patentanwälte auf den Seiten der Patentanwaltskammer
  2. Hubert Olbrich: Engagiert für eine Politik des Friedens - Die Physikerin Freda Wuesthoff. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstadt). Nr. 4, 2001, S. 66-70 (http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt01/0104porb.htm, abgerufen am 8. März 2010).
  3. Art. 2 Abs. 1 der Anordnung des Bundespräsidenten über die Amtstracht bei dem Bundespatentgericht vom 5. Mai 1961

Weblinks


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