Rettungssanitäter

Rettungssanitäter

Rettungssanitäter (RettSan, RS) sind für den Rettungsdienst ausgebildete Personen. In der Ausbildung werden die Grundlagen der Notfallmedizin und Techniken der Rettung schwer verletzter oder erkrankter Personen erlernt.

Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterschiedlich definiert.

Der Volksmund nennt häufig jegliches nichtärztliches Rettungsfachpersonal Rettungssanitäter. Bei einer Nutzung in diesem Sinn ist der Ausdruck - genau wie die noch allgemeinere Bezeichnung Sanitäter - nicht verknüpft mit der tatsächlichen Qualifikation des Helfers.

Inhaltsverzeichnis

Rettungssanitäter in Deutschland

Ausbildung

Die Ausbildung richtet sich nach den „Grundsätze[n] zur Ausbildung des Personals im Rettungsdienst“ des Bund-Länderausschusses „Rettungswesen“ vom 20. September 1977 [1], ist in den meisten Bundesländern gesetzlich geregelt, nicht jedoch durch ein Bundesgesetz[2]. Sie umfasst 520 Stunden und gliedert sich in vier Teile:

  • Zuerst werden 160 Stunden theoretische Grundlagen (der Lehrgang wird in manchen Bundesländern auch als „Rettungs(dienst)helfer“-Kurs bezeichnet) gelernt. Die behandelten Inhalte umfassen dabei Basiswissen zur Anatomie und Physiologie, allgemeine Inhalte und Maßnahmen der Notfallmedizin, spezielle Notfallkenntnisse zu wichtigen Fachgebieten (Innere Medizin, Chirurgie, Neurologie, Psychiatrie, Pädiatrie etc.), weiter Themen zur Struktur des Rettungsdienstes sowie rechtliche und technische Inhalte. Praktische Übungen der Notfalltechniken sind ebenfalls ein integraler Bestandteil der Ausbildung.
  • Weitere 160 Stunden entfallen auf ein klinisches Praktikum in den Bereichen Notfallambulanz, Intensivstation und Anästhesie, in denen weitere medizinische Maßnahmen wie Vorbereiten einer Infusion, Assistenz bei der Intubation, Umgang mit Medikamenten, Patientenüberwachung, (klinische) Patientendokumentation etc. vermittelt werden.
  • Ebenso erfolgt ein 160-stündiges Praktikum auf einer Lehrrettungswache mit vorgeschriebenen Praktikantenschichten und der dazugehörigen Dokumentation auf Krankentransportwagen (KTW), Rettungswagen (RTW) oder Notarzteinsatzfahrzeug (NEF).
  • Als letzter Teil der Ausbildung folgt ein Abschlusslehrgang mit anschließender Prüfung mit schriftlichen, mündlichen und praktischen Teilen.

Rettungssanitäter werden von Hilfsorganisationen und an privaten Rettungsdienstschulen ausgebildet. In Nordrhein-Westfalen besteht die Möglichkeit, einen verkürzten RS-Lehrgang zu besuchen, der auf dem „Rettungshelfer NRW“ aufbaut. Eine auf dem Rettungssanitäter aufbauende Weiterbildung zum Rettungsassistenten ist nach §8 (2) RettAssG möglich.

Tätigkeitsbereiche

Rettungssanitäter kommen in Deutschland im Rettungsdienst zum Einsatz. Beim qualifizierten Krankentransport als Transportführer auf einem Krankentransportwagen und in der Notfallrettung sind sie häufig Teil der Besatzung eines Rettungswagens, Notarztwagens oder Notarzteinsatzfahrzeuges, hier ist ihre Aufgabe, die Versorgung des Patienten einzuleiten, Notarzt und Rettungsassistenten zu unterstützen und dabei die lebenswichtigen Körperfunktionen wiederherzustellen bzw. aufrechtzuerhalten, sowie die Transportfähigkeit des Patienten herzustellen.

Bei Notfällen können Rettungsassistenten die Notkompetenz ergreifen und Maßnahmen durchführen, die eigentlich der ärztlichen Heilkunst obliegen[3], wie das Legen einer Venenverweilkanüle zur Sicherung des medikamentösen Zugangs bei Patienten oder zur Gabe von isotoner Kochsalzlösung zur Kreislaufstabilisierung. Auch eine Gabe von Notfallmedikamenten ist in Situationen möglich, bei denen die Gabe des Medikaments nicht durch das erst nötige Eintreffen des Notarztes verzögert werden kann, um Schaden vom Patienten abzuwenden. Eine rechtliche Regelung für diesen Bereich ist allerdings nicht genau definiert, deshalb sind mögliche Verfahren gegen das Personal nicht auszuschließen. Bisher wurden auch keine Präzedenzfälle verhandelt, die den Rettungsdienstmitarbeitern rechtliche Sicherheit in diesen Situationen gewähren könnten.

Fortbildung

Je nach Regelung der einzelnen Bundesländer, des Unternehmens oder der Hilfsorganisation muss ein Rettungssanitäter jährlich bis zu 30 Zeitstunden Fortbildung im Rettungsdienst nachweisen, damit er weiterhin im Rettungsdienst bzw. Krankentransport eingesetzt werden darf.

Abgrenzung zum Rettungsassistenten

Manchmal ist es unbekannt, dass der Rettungsassistent in Deutschland eine umfangreichere Ausbildung als der Rettungssanitäter hat. Während es sich bei einem Rettungssanitäter um ein Tätigkeitsfeld handelt, das im Rahmen eines 520-stündigen Lehrgangs (vgl. 13 Wochen bei 40-Std.-Woche) zu erlernen ist und keinen anerkannten Ausbildungsberuf darstellt, ist für den Berufsabschluss als Rettungsassistent eine Ausbildungsdauer von 2 Jahren (Insellösung: 3 Jahre) erforderlich.

Ausbildungsliteratur

Auszug aus der Standardausbildungsliteratur:

  • Luxem/Kühn/Runggaldier (Hrsg.): Rettungsdienst RS/RH. Elsevier, Urban und Fischer, München 2006, ISBN 3-437-48040-5
  • Markus Böbel/Hans-Peter Hündorf/Roland Lipp (Hrsg.): LPN-San. Lehrbuch für Rettungssanitäter, Betriebssanitäter und Rettungshelfer. Stumpf & Kossendey, Auflage 2. (April 2006), ISBN 978-3938179574

Rettungssanitäter in Österreich

Ausbildung

Die Ausbildung zum Rettungssanitäter (nicht zu verwechseln mit dem Notfallsanitäter) ist in Österreich erst seit 2002 gesetzlich geregelt und staatlich anerkannt.

Die Ausbildung umfasst 260 Stunden und gliedert sich in zwei Teile, die theoretische Ausbildung im Ausmaß von 100 Stunden sowie ein 160-stündiges Rettungsdienstpraktikum. Ein Klinikpraktikum ist nicht vorgesehen. Die Ausbildung endet mit einer theoretischen und praktischen Prüfung vor einer Prüfungskommission. Hauptamtliche Rettungssanitäter müssen aus arbeitsrechtlichen Gründen zusätzlich ein Berufsmodul im Ausmaß von 40 Stunden absolvieren, das sich mit vertiefender Rechtslehre und der Organisation des österreichischen Gesundheitswesens befasst.

Rettungssanitäter werden üblicherweise von den Hilfsorganisationen (Rotes Kreuz, Samariterbund, Johanniter, Malteser, etc.) bzw. vom Bundesheer im Rahmen des Grundwehrdienstes ausgebildet. Private Rettungsdienstschulen wie in Deutschland gibt es nicht.

Wie auch in Deutschland werden in Österreich zahlreiche Zivildiener und ehrenamtliche Mitarbeiter als Rettungssanitäter ausgebildet und eingesetzt.

Ohne Rettungssanitäter (vor allem freiwillige Mitarbeiter, im Jahr 2004 waren es 45.000) könnten viele öffentlich-soziale Dienste nicht mehr angeboten werden.

Tätigkeitsbereiche

Rettungssanitäter kommen in Österreich im qualifizierten Krankentransport und im Rettungsdienst zum Einsatz. Ihre Aufgabe ist die Betreuung des Patienten während des Transportes, die Hilfestellung bei auftretenden Akutsituationen und die Durchführung lebensrettender Sofortmaßnahmen. Zusätzlich erhält jeder österreichische Rettungssanitäter eine fundierte Großunfall- und Katastrophenausbildung.

Die besser ausgebildeten Notfallsanitäter kommen oft in Zusammenarbeit mit einem Notarzt am Notarzteinsatzfahrzeug, Notarztwagen oder Notarzthubschrauber zum Einsatz.

Fortbildung

Die Tätigkeitsberechtigung des Rettungssanitäters ist auf zwei Jahre befristet und ruht, falls in diesem Zeitraum nicht Fortbildungen im Ausmaß von mindestens 16 Stunden besucht wurden (§ 50. (1) SanG) und die Kenntnisse der Herz-Lungen-Wiederbelebung einschließlich der Defibrillation durch einen qualifizierten Arzt überprüft wurden (§ 51. (1) SanG). (§26 SanG)

Die Berechtigung lebt wieder auf, wenn der Verpflichtung zur Fortbildung (§ 50) im fehlenden Ausmaß nachträglich nachweislich nachgekommen wird und die Kenntnisse der Herz-Lungen-Wiederbelebung einschließlich der Defibrillation (§ 51 Abs. 1) durch einen qualifizierten Arzt überprüft wurden. (§26 SanG)

Die Berechtigung zur Ausübung des Berufs bzw. von Tätigkeiten des Sanitäters erlischt, wenn das Gesamtausmaß der nachzuholenden Fortbildungsstunden (§50 SanG) die Dauer von 100 Stunden übersteigt. (§26 SanG)

Rettungssanitäter in der Schweiz

Ausbildung

Ein noch relativ junges Berufsbild ist der/die diplomierte Rettungssanitäter/in. Diese vom SRK anerkannte Berufslehre dauert drei Jahre und kann bei bestehender medizinischer Ausbildung entsprechend verkürzt werden. Der diplomierte Rettungssanitäter gewährleistet selbständig oder in Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten (z. B. Notarzt) die präklinische Patientenversorgung. Die Ausbildung ist nicht direkt mit dem Deutschen Berufsbild des Rettungsassistenten vergleichbar, da in Deutschland wesentlich niedrigere Kompetenzen, eine andere Anzahl an Ausbildungsstunden und andere gesetzliche Grundlagen herrschen.

Seit 2005 schließen die neuen Diplomanden mit Dipl. Rettungssanitäter HF ab. HF steht für „höhere Fachschule“. Seit der Berufsbildungsreform durch das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie ist der Beruf Rettungssanitäter eine tertiäre Ausbildung, d.h entweder Matura (Abitur), eine abgeschlossene Fachmittelschule (FMS) oder eine abgeschlossene dreijährige Berufsausbildung sind Voraussetzungen für die Zulassung zur Schule.

Kompetenzen

Die Kompetenzen werden vom ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes festgelegt und sind mit denen im restlichen deutschsprachigem Raum nicht zu vergleichen. In den meisten Rettungsdiensten darf der dipl. Rettungssanitäter reflexlose Patienten intubieren und Analgesie mit Ketamin oder Opiaten wie z. B. Fentanyl, Morphin und Pethidin selbständig durchführen. Diese Kompetenzen können z. B. durch interne Prüfungen überwacht werden. Jeder Rettungsdienst hat für seinen Betrieb Regelungen getroffen, für ein Mitausrücken oder Nachfordern eines Notarztes oder weiteren Fachpersonen (z. B. einer Hebamme).

Übergreifende rechtliche Regelungen

Nach einer Entscheidung[4] des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom 4. Oktober 2004 dürfen auch Rettungssanitäter, die bei einem Rettungsdienst tätig sind, grundsätzlich nicht länger als 48 Stunden wöchentlich arbeiten. Diese Obergrenze gilt einschließlich des Bereitschaftsdienstes.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. vgl. Kühn/Luxem/Runggaldier: Rettungsdienst. 3. Auflage 2004, S. 803f.
  3. Kern/Hahn/Peters: Medizinrechtliche Aspekte, in: Wölfl/Matthes (Hrsg.), Unfallrettung - Einsatztaktik, Technik und Rettungsmittel, Stuttgart 2010, S. 5-21.
  4. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004, Verbundene Rs. C-397/01 bis C-403/01

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