Schneckenplan

Schneckenplan

Der Schneckenplan war ein angeblicher Verteidigungsplan von Saddam Hussein für Bagdad.

Affäre um die mögliche Beteiligung des BND am Irakkrieg

Nach Aussage der New York Times soll der Schneckenplan von einem Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) an die Amerikaner übergeben worden sein.

Presseberichten vom 12. Januar 2006 zufolge sollen BND-Mitarbeiter während des Irakkriegs in Bagdad Aufklärungsaufgaben für die alliierten Streitkräfte übernommen haben. Insbesondere sollen sie an der Zielmarkierung für einen Bombenangriff auf ein Restaurant am 7. April 2003 beteiligt gewesen sein, in dem sich Saddam Hussein befunden haben soll. Die Deutsche Bundesregierung unter Gerhard Schröder hatte sich offiziell gegen eine Beteiligung am Krieg ausgesprochen, was zeitweise zu Missstimmungen zwischen Washington und Berlin geführt hatte.

Die Presseberichte wurden wenige Tage später als „falsch“ dementiert und es wurde nochmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Deutschland keine Aufgabe im Irakkrieg wahrgenommen hat. Der US-amerikanische Präsident George W. Bush hatte dies ebenfalls verlauten lassen.

Weiterführenden Medienrecherchen, unter anderem des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, zufolge, befanden sich die zwei BND-Agenten Reiner M. und Volker H. während des Dritten Golfkrieges in Bagdad. Dort unterstützten sie demnach zunächst die Evakuierung der deutschen Botschaft und nahmen im Anschluss von der französischen Botschaft aus Erkundungsaufgaben während der Bombardierung der irakischen Hauptstadt wahr. Die Ergebnisse, unter anderem Informationen über Truppenbewegungen und Verteidigungsmaßnahmen, sollen sie an übergeordnete Dienststellen weitergegeben haben. Nach Angaben des BND erstellten die Agenten für das US-amerikanische Militär lediglich eine Liste mit Zielen, die aus humanitären, politischen und ökologischen Gründen nicht angegriffen werden sollten. Darüber hinaus hätten die Amerikaner auch Einsicht in einen Teil der Lageberichte erhalten, die nach Einschätzung des BND jedoch keine relevanten Daten für die Planung von Angriffen enthalten hätten. Den Medienberichten zufolge besuchten die Agenten nach dem Bombenangriff auf das Restaurant vom 7. April 2003 den Einschlagsort, um Schäden an einem nahe gelegenen ehemaligen Stützpunkt des BND zu begutachten. In der Endphase der Kämpfe in Bagdad sollen sie die deutsche Botschaft gesichert haben. Insgesamt gab der BND angeblich 25 Meldungen an den US-amerikanischen Geheimdienst weiter.

Der Einsatz von BND-Mitarbeitern im Irakkrieg wurde im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) untersucht. Nach Abschluss der Untersuchung wurde der geheime Untersuchungsbericht in einer um geheimzuhaltende und datenschutzrelevante Informationen (insgesamt rund zwei Drittel des Textes) gekürzten „offenen Fassung“ veröffentlicht.

Die Linkspartei.PDS und später auch die Bündnisgrünen verlangten daraufhin einen Untersuchungsausschuss, die FDP verlegte die Entscheidung darüber auf den 7. März 2006. Am 28. Februar veröffentlichte die New York Times einen Artikel, in dem unter Berufung auf interne US-Militärdokumente behauptet wurde, BND-Agenten hätten die Skizze eines Verteidigungsplans – der Schneckenplan für Bagdad, der in ihrem Besitz war, im März 2003 an den US-Militärgeheimdienst weitergeleitet. Die Bundesregierung und der BND dementierten am selben Tag und bezeichnete die Darstellung der N.Y. Times als „falsch“, sie habe keinerlei Kenntnis über solche Vorgänge. Auch die US-Armee dementierte. Daraufhin bekräftigte die N.Y. Times jedoch ihre Darstellung noch einmal und zitierte noch weitere Details aus dem geheimen Militärbericht, unter anderem wörtlich:[1]

„Die USA bekamen die Skizze am 3. Februar. Die Folie wurde im Februar dem deutschen Verbindungsoffizier in Katar zur Verfügung gestellt, der diese der DIA übergab […] DIA hat sie dann an CENTCOM J2 weitergeleitet.“

„Die Deutschen hatten zwei Agenten in Bagdad vor dem Beginn des Kriegs. Die Skizze wurde den Deutschen von einer ihrer Quellen in Bagdad (Identität der deutschen Quelle unbekannt) ausgehändigt. Als die Bomben zu fallen begannen, stoppten die Agenten ihre Observationen und gingen in die Französische Botschaft.“

Die Authentizität des Planes wie die Übergabe sind umstritten. Die Tagesspiegel-Journalistin Tissy Bruns bezeichnete den Plan als „Schatzkarte von kleinen Jungen“ und zog damit seine Authentizität in Zweifel. Gegner der rot-grünen Bundesregierung sahen in dem Vorgang einen Beweis für die faktische Kriegsunterstützung Deutschlands.

Einzelnachweise

  1. Michael R. Gordon: German Intelligence Gave U.S. Saddams Defense Plan, Report Says. In: Spiegel Online. 27. Februar 2006, abgerufen am 8. September 2008 (engl.).

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