Soleleitung

Soleleitung
Reiffenstuelsche Kolbendruckpumpe im Holzknechtmuseum Ruhpolding

Eine Soleleitung dient dem Transport von salzhaltigem Wasser, der Sole.

Der industrielle Salzabbau und -transport erfolgt überwiegend durch Lösung des Salzes in Wasser. Diese „Sole“ kann gepumpt und zur weiteren Verarbeitung, nämlich zum Sieden, in eine Saline geleitet werden. Die Anfang des 17. Jahrhunderts entstandenen Soleleitungen werden gerne als „älteste Pipelines der Welt“ beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Soleleitungen

Hallstatt - Bad Ischl - Ebensee

1595 bis 1607 wurde im Auftrage Kaiser Rudolfs II. eine Soleleitung vom Hallstätter Salzberg über die alte Saline in Bad Ischl zur neuen Saline Ebensee (Bau ab 1604) verlegt. Sie bestand aus ineinander gesteckten ausgehöhlten Baumstämmen und nutzte weitgehend das natürliche Gefälle. Die heute noch in vollem Umfang funktionierende und genutzte Soleleitung besteht inzwischen aus Kunststoffrohren.

Baugeschichte

Die beschränkten Holzressourcen im inneren Salzkammergut erlaubten es zu Ende des 16. Jahrhunderts nicht mehr, die gesamte Sole im Hallstätter Pfannhaus zu versieden. Die überschüssige Sole gelangte seit 1596 über den „Sulzstrenn“[1] von Hallstatt in das Sudhaus nach Ischl , ab 1607 in die neue Sudhütte in Ebensee. Unter der Leitung des Ischler Bergmeisters Kalß wurde die 34 Kilometer lange Soleleitung in den Jahren 1595 bis 1607 realisiert. Dabei wurde der „Sulzstrenn“ aus insgesamt rund 13.000 bis zu viereinhalb Meter langen Holzröhren zusammengesetzt. Die technische Überwindung der tiefen Schlucht, die der Gosaubach in die Trasse der Soleleitung einschneidet, war bis zur Mitte des 18. Jhs. nicht befriedigend gelöst. Im Gosauzwang, einer Leitung aus Holzröhren die mit schmiedeeisernen Ringen umwehrt waren, strömte die Sole unter stetig steigendem Druck vom rechten Talhang herab, und stieg dann unter Druck - im Zwange - die jenseitige Steilböschung wieder hinauf. Die Höhendifferenz betrug 23,4m. Diesem hohen Druck hielten die umwehrten Holzröhren und deren Verbindungen nur bedingt stand, so dass es häufig zu Rohrbrüchen kam. Die absolute Verbesserung wurde 1757 durch Salinenmeister Josef Spielbichler und seinen Fachleuten erreicht: Der Bau einer 30 Meter hohen Brücke über diesen Taleinschnitt, auf der die Holzröhren nun aufliegen, ermöglichte ab diesem Zeitpunkt, dass die Sole ungehindert und dem natürlichen Gefälle entsprechend bis zur Saline in Ebensee fließen kann. Bereits in den Jahren 1751 und 1752 wurde auf der ganzen Soleleitungsstrecke ein zweiter Rohrstrang verlegt.[2][3] Weiters wurde 1756 vom Hallstätter Salzberg über Ischl bis Ebensee eine dritte Rohrleitung in Betrieb genommen. Die gesamte Soleleitung als erste ortsübergreifende Rohstoff-Pipeline der modernen Industriegeschichte und die exemplarische Überquerung des Gosaubachtales gelten als technische Denkmäler von so herausragender Bedeutung, dass sie in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen sind.

Reichenhall - Traunstein

Am Wegrand oberhalb des Thumsees ein Teil der alten Soleleitung

Wenig später erbaute Hans Reiffenstuel zusammen mit seinem Sohn Simon Reiffenstuel im Auftrag des bayerischen Herzogs Maximilian I. 1617 bis 1619 eine Soleleitung zwischen der Alten Saline Reichenhall und Traunstein. Die 250 m Höhendifferenz wurde als technische Neuerung mit Kolbendruckpumpen in sieben Brunnhäusern (Pumpstationen) überwunden, die von bis zu sieben Meter hohen Wasserrädern betrieben wurden. Diese Soleleitung bestand ebenfalls aus ausgehöhlten Baumstämmen (den so genannten Deicheln). Die 31 Kilometer lange Leitung wurde mit 9000 Deicheln und Steigleitungen aus Blei gebaut. Im Jahr 1810 verlängerte Georg von Reichenbach die Soleleitung bis nach Rosenheim. Die Leitung war 339 Jahre - freilich in konstruktiv veränderter Form - bis 1958 in Betrieb.[4]

Im Gebiet des Thumsees bei Bad Reichenhall besteht ein Themenwanderweg auf der Trasse dieser Soleleitung, entlang alter „Deicheln“ und vorbei an den ehemaligen Pumpstationen („Brunnhäusern“).

Reichenhall - Traunstein - Rosenheim

Reichenbachsche Wassersäulenmaschine im Museum Klaushäusl
Originalröhren der ehemaligen Soleleitung

1808 bis 1810 wurde von Georg Friedrich von Reichenbach die Soleleitung von Traunstein nach Rosenheim mit Eisenrohren gebaut. Sie zweigte bei Siegsdorf von der Traunsteiner Leitung ab und war 79 km lang. Dabei setzte er eine von ihm entwickelte Wassersäulenmaschine als Solehebemaschine ein, um das Wasser für die Soleleitungen zu heben. Bis 1958 wurde in diesen Leitungen Sole von den Salinen in Reichenhall und Berchtesgaden zur Salzherstellung nach Rosenheim befördert. In der Gemeinde Grassau wurde eine der letzten vollständig erhaltenen Pumpstationen zum Museum Klaushäusl umgebaut. Nach 148 Jahren Betrieb wurde sie am 1. Juli 1958 stillgelegt.

Berchtesgaden - Reichenhall

Berchtesgaden - Wachterl - Reichenhall

Nachdem die ehemals eigenständige Fürstpropstei Berchtesgaden 1810 bayerisch geworden war, reiften Pläne für eine Soleleitung von Berchtesgaden ins seit jeher bayerische Reichenhall. Der niedrige Übergang am Hallthurm lag damals auf Salzburger Gebiet und schied daher für eine Trassenführung aus. Reichenbach baute deshalb 1816 bis 1817 die 29 km lange Soleleitung vom Salzbergwerk Berchtesgaden über Ramsau und das Wachterl nach Bad Reichenhall. Dabei musste er mit den von ihm entwickelten Solhebemaschinen Pfisterleiten und Illsang, einer Kombination aus einer Wassersäulenmaschine und einer Kolbenpumpe, Höhenunterschiede von 90 m bzw. 356 m überwinden. Für Steig- und Fallstrecken wurden Gussrohre und für flache Strecken zum Teil Holzrohre („Deicheln“) verwendet. Mit der Leitung wurden die Salinen Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Traunstein und Rosenheim versorgt. Die Leitung war insgesamt 143 Jahre in Betrieb. Die Leistung betrug ca. 320 m³ pro Tag. Der Fußweg im Bereich des fast ebenen Leitungsabschnitts Söldenköpfl - Gerstreit - Zipfhäusl - Kaltbach in Ramsau trägt noch heute den Namen Soleleitungsweg und ist ein beliebter Wanderweg.

Berchtesgaden - Hallthurm - Reichenhall

1960 bis 1961 wurde eine neue Soleleitung mit 18 km Länge über Hallthurm gebaut und ersetzt damit die alte über Ramsau. Die Rohre bestehen aus Stahl und Gusseisen. Pro Tag fließen ca. 2000 m³ durch die Leitung. Sie ist bis heute in Betrieb.

Literatur und Einzelnachweise

  1. „Rohrleitung“; Vgl. dazu Franz Patocka: Das österreichische Salzwesen, Eine Untersuchung zur historischen Terminologie Wien 1987, S. 187.
  2. Carl Schraml: Das oberösterreichische Salinenwesen vom Beginne des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Wien 1932, S.: X
  3. Wilhelm Rausch: Die Salzorte an der Traun. Bearbeitet von Willibald Katzinger, Helmut Lackner, Hermann Rafetseder, Maximilian Schimböck, Linz 1986, S. 44.
  4. Heinrich Kurtz: Die Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein 1617-1619. Deutsches Museum, 1978, ISBN 3-486-21801-8.
  • Erich R.: Die Baudenkmäler des Salinenwesens in Österreich, Diss. TH Wien, 1972
  • Fellner, Alois: Bergmännisches Handwörterbuch für Fachausdrücke im Salzbergbau- und Sudhüttenwesen, Wien 1999.
  • Hocquet, J.-C.: Weißes Gold. Das Salz und die Macht in Europa von 800 bis 1800, Stuttgart 1993, S.154f, ISBN 3-608-91365-3
  • Idam, Friedrich: Gelenkte Entwicklung, Industriearchäologie in Hallstatt, Industrielle Muster unter der alpinen Idylle, Dissertation, Hallstatt-Wien 2003.
  • Schraml C.: Der Weg des Salzes von Hallstatt nach Linz, in: Blätter für Geschichte der Technik, 1. Heft (1932).
  • Ders.: Das oberösterreichische Salinenwesen vom Beginne des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, Wien 1932.
  • Ders.: Das oberösterreichische Salinenwesen von 1818 bis zum Ende des Salzamtes im Jahre 1850, Wien 1936.
  • Schultes J. A.: Reisen durch Oberösterreich in den Jahren 1794, 1795, 1802, 1803, 1804 und 1808, Tübingen 1809.
  • http://www.idam.at
  • Commissions Relation dieses hochen Mittels Hoff Raths Hr. v. Quiex die zu Haalstatt abgebrunnenen Sallz Pfannen betr. sambt Beÿlagen, Hofkammerarchiv Wien, Altes Bancale, rote Nummer 286, alte Aufstellungsnummer 9693, Januar 1751.
  • Kefer, Karl: Salzbergs Manipulations Beschreibung, 1. Band, Handschrift 1807, Zentralbibliothek der österreichischen Salinen, Signatur XII H 3.

Baupläne:

  • Anonym, Gosauzwangbrücke ohne Pfeilerhüttchen Gosauzwangbrücke nach Fertigstellung, der alte fünffache Sulzstrenn, die neue Soleleitung, Vogelperspektive, 47,8 x 73 cm, Finanz und Hofkammerarchiv Wien, Signatur N - 22/15, Gleichstück unter N - 22/16, entnommen aus: Kamerale, Fasz. 8, 120 ex 1762.
  • Anonym, Gosauzwang, Tragwerkserneuerung und Provisorische Leitungsführung, Aufriss, Maßstab: 1 : 288, Format: 26,3 x 70,8 cm, Finanz und Hofkammerarchiv Wien, Signatur H – 112, entnommen aus: Handschrift Nr. 627, Relation ü. d. 1781 Skgt. Visitation d. Hofschreiberamt u. Marktgericht Hallstatt betr., fol. 242.

Weblinks


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