Sozialinformatik

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Begründung: So kein vernünftiger Enzyklopädieartikel. --YMS 15:12, 7. Mai 2011 (CEST)

Sozialinformatik ist ein Fachbereich der Sozialen Arbeit, der sich etwa seit Mitte der 1990er Jahre herausgebildet hat. Eine erste Definition des Aufgabengebietes lieferte Wendt (2000). Danach befasst sich die Sozialinformatik „mit der systematischen Verarbeitung von Information im Sozialwesen in ihrer technischen Konzipierung, Ausführung und Evaluation, und sie geht damit verbunden den Bedingungen, Wirkungen und Begleiterscheinungen des Technologieeinsatzes nach“.[1] Einige Akteure der Sozialinformatik wollen diese zudem im Sozialmanagement verorten, andere streben eine völlig andere Ausrichtung an. Eine einheitliche Besetzung des Begriffs liegt damit nicht vor. Mit dem Begriff der Sozialinformatik sind inzwischen mehrere unterschiedliche Orientierungen verbunden:

  • Mit dem Begriff Sozialinformatik können die Informatisierungsbestrebungen der Sozialen Arbeit gefasst werden. Es stellen sich bei dieser Definition von Sozialinformatik Fragen nach den optimalen Informatik-Lösungen für die Soziale Arbeit (Sozialarbeit, Sozialpädagogik und soziokulturelle Animation) sowie für die Verwaltung und das Management sozialer Organisationen. Insbesondere geht es darum, Prozesse der Sozialen Arbeit und der Administration sozialer Organisationen in Software-Systemen abzubilden.
  • Sozialinformatik kann auch als Fachbereich verstanden werden, bei dem es darum geht, Informations- und Kommunikationstechnologien im Sinne einer verbesserten gesellschaftlichen Partizipation von Betroffenen nutzbar zu machen. Damit sollen ein Fortschreiten der „digitalen Armut“ oder der gesellschaftlichen „digitalen Spaltung“ verhindert werden. Denn gesellschaftliche Teilnahmechancen sind an die Möglichkeiten gekoppelt, Informationstechnologien nutzen zu können.
  • Und drittens kann Sozialinformatik das Ineinandergreifen von technologischen und sozialen Entwicklungen fokussieren. In diesem Zusammenhang wird teilweise auch von „Soziotechnik“ gesprochen. Zur Zeit spielen die sozialen Folgen von technologischen Innovationen und die technologischen Folgen von sozialen Entwicklungen in der sozialwissenschaftlichen Diskussion eine eher untergeordnete Rolle.
  • In jüngerer Zeit kommen zudem integrative Ansätze hinzu, welche die zuvor genannten Orientierungen auf sozialarbeitswissenschaftlicher Grundlage integrieren und eigene Kompetenzen hinsichtlich der fachspezifischen Anwendungserstellung, Forschung und Theoriebildung mit deutlichem Klientenbezug entwickeln wollen. Ein solcher Ansatz birgt zudem eine emanzipatorische Komponente (Loslösung aus der Abhängigkeit rein verkaufsorientierter und fachfremder Softwarehersteller) sowie professionsbildende Aspekte.

Inhaltsverzeichnis

Kritik

Betrachtet man die momentane (Stand: 3/2007) inhaltliche Besetzung des Begriffs „Sozialinformatik“, so hat diese im Grunde sehr wenig zu tun mit dem eingeführten Begriff der Informatik; es handelt sich keineswegs um eine echte angewandte Informatik, auch wenn einige Akteure aus diesem Feld diesen Eindruck vermitteln möchten. Eines der Merkmale einer angewandten Informatik besteht in ihrer jeweiligen Gestaltungsaufgabe, die die Sozialinformatik aber nicht erfüllen kann, da sie völlig andere Schwerpunkte setzt und insbesondere auf die Erstellung eigener fachspezifischer Anwendungen verzichtet. Aus diesem Grund wird der Sozialinformatik von einigen Autoren der Status einer angewandten Informatik abgesprochen, oder sie wird lediglich als Arbeitsteilung zwischen Softwareindustrie und sozialen Organisationen bezeichnet. Es geht hier auch vordergründig nicht um „Soziales“ im allgemein üblichen Sprachgebrauch, sondern vielmehr um den „Sozialmarkt“, auf dem es Hard- und Software zu kaufen und zu verkaufen gilt. Der bezeichnet einen von Steuergeldern und privaten sowie öffentlichen Subventionen unterschiedlicher Herkunft (Privatspender, Stiftungen, Kommunen, Länder, Bund, EU) finanzierten und nicht unerheblich großen und lukrativen, dabei altertümlich hierarchisch und monopolistisch strukturierten Zielsektor des allgemeinen Softwaremarktes. Es geht um Software, die man auf diesem Markt möglichst konkurrenzlos feilbieten kann und um einen schlichten Dialog zwischen monopolistisch orientierten Verkäufern sowie traditionell ebenso monopolistisch strukturierten Käufern.

Infolgedessen buhlen etliche – vor allem Großunternehmen – um eine Monopolstellung auf diesem Markt. „Sozialinformatik“ ist dabei eine von Sozialpädagogen kreierte Wortschöpfung, welche das Primat der Sozialpädagogik im Monopolisierungsprozeß hervorzuheben und profundes Fachwissen außen vor zu halten versucht. Da der Bereich des „Sozialmarktes“ (Caritas und Diakonie gelten als umsatzstärkste Konzerne noch vor allen Industrieunternehmen in Deutschland) sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass Anpassungsprozesse der sogenannten „freien Wirtschaft“ der letzten zwanzig Jahre nicht mitvollzogen wurden (z.B. keine Planstellen für Informatiker), gelten die Kunden des sogenannten „Sozialmarktes“ den teilnehmenden Unternehmen gewissermaßen als „leichte Beute“, wo es nur die lästige Konkurrenz auszuschalten gilt.

Infolgedessen machen fast ausschließlich „große Fische“ in Kodependenz mit den institutionalisierten Vertretern der „Sozialinformatik“ den Zukunftsmarkt präemptiv unter sich aus, ohne dass es bislang adäquate und dem vielschichtigen Anforderungsspektrum gerecht werdende Branchenlösungen oder auch nur Konzepte hierzu gäbe. Zufriedenstellende Ergebnisse gibt es bislang jedenfalls ebenso wenig wie einen ausreichend eindeutigen Anforderungskatalog, welcher hierfür Voraussetzung wäre.

Solange dies Faktum ist, ist „Sozialinformatik“ trotz aller überbordenden Publikationen zum Thema kaum mehr als eine Worthülse mit zudem irreführendem Charakter, was sich vorrangig auf die Ansätze der Hauptakteure der Sozialinformatik bezieht. Aus fachlicher Sicht der Sozialen Arbeit jedoch ist wichtiger (und relativ irritierend), dass der Klient – der ja immerhin „Gegenstand“ der Sozialen Arbeit in Prävention, aktueller Intervention und Rehabilitation ist – weder direkt noch indirekt vorkommt, will sich eine solche Sozialinformatik doch vorrangig auf die „Managementebene“ und eher betriebswirtschaftliche Aspekte beziehen (dies bezieht sich jedoch nicht auf die zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema „EDV / Computer in der Sozialen Arbeit“, sondern auf explizit sozialinformatische Beiträge). Es gibt jedoch darüber hinausgehende Ansätze (z.B. bei Jurgovsky, Peterander, Janatzek) bei denen es durchaus um konkrete Anwendungserstellung und informatische Theorie- und Modellentwicklung geht und die eher unter dem Begriff der Sozioinformatik (der jedoch teilweise als Synonym zur Sozialinformatik benutzt wird) subsumiert werden können. Insbesondere Janatzek versucht, die wissenschaftlichen Grundlagen der Informatik mit denen der sich noch im Bildungsprozeß befindlichen Sozialarbeitswissenschaft zu verschränken um hierdurch eine echte angewandte Informatik zu kreieren, die jedoch nicht als Synthese zweier Wissenschaften, sondern als eigenständige (Sub-)Disziplin der Sozialen Arbeit verstanden werden soll. Zudem liegt der Schwerpunkt dieses Ansatzes auf einer sozialarbeitswissenschaftlichen Grundlage und damit auf einer Klientenzentrierung. Hierzu ist weiter anzumerken, dass in früheren Zeiten die Anwendungserstellung oder Anpassung von Software für Zwecke der Sozialen Arbeit durch Sozialarbeiter / Sozialpädagogen (auch für den Einsatz direkt mit dem Klienten) keineswegs unüblich war (vgl. z.B. Verleysdonk / Vogel 1990). Erst seit dem massiven Aufkommen grafischer Benutzeroberflächen wurde diese Auffassung zunehmend zurückgedrängt. Anzumerken bleibt, dass der Begriff „Sozialinformatik“ nicht einfach gleichgesetzt werden kann mit den angelsächsischen „social informatics“. Letzteres bezeichnet eine Gesellschaftswissenschaft, die u.a. die Frage der gesellschaftlich-technischen Zusammenhänge verfolgt, was in Deutschland eher der (Technik-)Soziologie zuzuordnen wäre. Eine Sozialinformatik unter dem Primat einer Sozialarbeitswissenschaft wäre aber (obwohl darüber noch keineswegs Einigkeit herrscht) eher als Subdisziplin einer Handlungswissenschaft zu verstehen, die gesellschaftswissenschaftliche Bezüge aufweist.

Literatur

  • Karl-Heinz Boeßenecker: Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Juventa Verlag, Weinheim / München, 2005.
  • Klaus Bredl: Knowledge Sharing with Social Software – Wikis in Human Services. In: K. Tochtermann, H. Maurer (Hrsg.): Proceedings of I-KNOW ’08. 8th International Conference on Knowledge Management. Graz, Austria, September 3.-5. 2008, Journal of Universal Computer Science, S. 304-312.
  • Klaus Bredl: Sozialinformatik international: Lernchancen für Forschung, Lehre und Praxis. Beitrag präsentiert im Rahmen der 3. Fachtagung für Sozialinformatik an der Katholischen Universität Eichstätt, März 13.-14. 2008.
  • Rafael Capurro: Die Informatik und das hermeneutische Forschungsprogramm. Anmerkungen zu einem neuen Ansatz. In: Informatik-Spektrum #10, S. 363–375, 1987.
  • Aytekin Celik, Lars Baumann: Sozialinformatik. Vorlesungsfolien. Berufsakademie Stuttgart, 2007
  • Rainer Dringenberg: Internet im Alltag. EFH RWL Bochum, Bochum, 1997
  • Bernd Halfar: Sozialinformatik unerläßlich. In: Blätter der Wohlfahrtspflege, 144 Jg., 6, S. 113–114, 1997.
  • Uwe Janatzek: Sozialinformatik in der Sozialen Arbeit. Vdm Verlag Dr. Müller (Saarbrücken), 2007, ISBN 978-3836405843
  • Manfred Jurgovsky: Was ist Sozialinformatik?. In: Neue Praxis, H. 3, 32. Jg., S. 297-303, 2002.
  • Manfred Jurgovsky: Sozioinformatik. Ein Vorschlag zur Neupositionierung der Informatik in der Sozialen Arbeit. In: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, H. 1 / 2004, S. 40–48.
  • Heinz-Dieter Kantel: Technisierung kommunaler Sozialarbeit. Vom Ende eines Mythos. In: Widersprüche # 49, 13. Jg., S. 9–18, 1993
  • Helmut Kreidenweis: Sozialinformatik. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) Ersch. in der Lehrbuch-Reihe Studienkurs Management in der Sozialwirtschaft, 2004
  • Helmut Kreidenweis: Sozialinformatik in der Lehre – Ein Konzept zur systematischen Verankerung in der Ausbildung. In: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit. Nr. 4, S. 102-112, 2004.
  • Rüdiger Ostermann, Achim Trube: Sozialinformatik lehren – aber wie?. In: Sozialmagazin # 7 – 8, 27. Jg., 2002
  • Jürgen Reinert: Sozialinformatik. Gegenstand und Curriculum. In: Studium und Praxis # 1, 2002
  • Christiane Rudlof: Sozialinformatik- Soziale Organisationen gestalten. IN: EMISA Forum (Mitteilungen der GI- Fachgruppe Entwicklungsmethoden für Informationssysteme und deren Anwendungen) Jahrgang 25, Heft 1, Januar 2005, ISSN 1610-3351
  • Brigitte Scherer: Selbstwert und Computer. Wirklichkeitserfahrungen im Umgang mit Computern. In: Widersprüche # 49, 13. Jg., S. 47–58, 1993
  • Günther Stahlmann: Die Informationsgesellschaft und die Soziale Arbeit. In: Blätter der Wohlfahrtspflege # 9 / 10, S. 185–193, 1999
  • Harald Steffens: Soziale Arbeit im Kontext der IT-Technologien: Anforderungen an eine Profession in der digitalisierten Welt. Shaker Media Verlag, Aachenm, 2009, ISBN 978-3868582406
  • Wolf R. Wendt: Sozialinformatik – Stand und Perspektiven. Mit Beiträgen von Silke Axhausen, Josef Hilbert, Helmut Kreidenweis u. a. Edition SocialManagement Bd. 15. Nomos Verlangsgesellschaft (Baden-Baden), 2000
  • Terry Winograd, Fernando Flores: Erkenntnis Maschinen Verstehen. Rotbuch Verlag, Berlin, 1989
  • Albert Verleysdonk, H.-Christoph Vogel: EDV in der sozialen Arbeit. Wissenschaftlicher Verlag des Instituts für Beratung und Supervision, Aachen, 1990
  • Heinz Zemanek: Weltmacht Computer. Bechtle Verlag, Esslingen / München, 1991

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wendt, 2000, S. 20

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