Tablighi Jamaat

Tablighi Jamaat

Tablighi Jamaat, auch Jamaat-i Tabligh, (Gemeinschaft der Verkündigung und Mission, TJ, abweichende Schreibweisen: "Jama at Tablik", "Jama'at Tablighi", "Jama'at Tabligh-i", "Jamaat Tabligh-i", "Jama at Tablighi", "Jama at Tabligh-i"; Urdu ‏تبلیغی جماعت‎) wurde um 1926 als islamische Erweckungs- und Missionierungsbewegung durch den Religiongsgelehrten Maulana Muhammad Ilyas (1885-1944) in Britisch-Indien gegründet. Seit den 1960er Jahren ist die ‘Tabligh-i Jamaat’ auch in Deutschland aktiv. Sie ist eine sunnitisch-orthodoxe Bewegung, deren Mitglieder großen Wert auf die Ausübung orthodoxer Vorschriften und die Befolgung der islamischen Riten legen. Das Zentrum der ‘Tabligh-i Jamaat’ befindet sich in Lahore, der Hauptstadt der pakistanischen Provinz Punjab, allerdings wird das 30 km südlicher liegende Raiwind als geistiges Zentrum bezeichnet. Die ‘Tabligh-i Jamaat’ soll in der Umgebung von Raiwind noch weitere Ländereien besitzen. Die europäische Zentrale befindet sich in Großbritannien (Dewsbury, Leeds). Als deutsches Zentrum gilt Friedrichsdorf (bei Frankfurt/M.).

Inhaltsverzeichnis

Missionierung

Ihre Anhänger üben regelmäßig missionarische Tätigkeiten aus, deren Zweck die Islamisierung der Gesellschaft und der Wandel der durch westliche Werte geprägten Gesellschaft zu einer islamischen Gesellschaftsform ist.

Ilyas war Anhänger der indischen „Dar al-Ulum“ oder Deobandi-Schule, einer orthodoxen Richtung des sunnitischen, indischen Islam, die auf die Verteidigung und Abgrenzung des Islam gegenüber anderen Religionen, insbesondere dem Hinduismus, abzielt. Ziel der inzwischen nahezu weltweit aktiven Bewegung ist es, Muslime zu einem streng an Koran und Sunna ausgerichteten Leben hinzuführen.

Zu den obligatorischen Pflichten der TJ-Anhänger gehört es, regelmäßig, freiwillig und unbezahlt missionarisch tätig zu sein, um einerseits den Glauben zu verbreiten und andererseits als Prediger selbst zu einer besonderen Frömmigkeit zu gelangen. Im Rahmen ihrer Pilgerreisen, die sie auch nach Deutschland führen, besuchen sie insbesondere Moscheen. Dort predigen die TJ-Anhänger und betreiben ihre Missionsarbeit. Darüber hinaus werden aber auch im privaten Bereich Einzelgespräche mit Muslimen geführt.

Erfolgreich Missionierten werden häufig mehrmonatige Schulungsveranstaltungen in pakistanischen Koranschulen vermittelt. Solche intensive Schulungen sind geeignet, die Teilnehmer zu indoktrinieren und für islamistisches Gedankengut empfänglich zu machen. In Einzelfällen haben Schulungsteilnehmer anschließend den Weg in „Mujahedin“-Ausbildungslager in Afghanistan gefunden.

Deutschland

TJ-Einrichtungen existieren in Hannover, Hamburg, Köln, Friedrichsdorf, Erfurt, Bochum und München. Der Verfassungsschutz geht dabei (Stand: 2006) von rund 600 Mitgliedern aus. Die TJ verfügt über keine flächendeckende, feste Organisationsstruktur in Deutschland; ihre Aktivitäten werden gesteuert und koordiniert über informelle Kontakte der Anhängerschaft untereinander. Die vorrangige Zielgruppe der TJ in Deutschland sind insbesondere wirtschaftlich und sozial benachteiligte junge Muslime. Diese werden seitens der TJ als sehr empfänglich für ihre Botschaften eingeschätzt. Daneben gehören aber auch junge Islam-Konvertiten zur Zielgruppe der TJ, die in intensiven persönlichen Gesprächen geworben werden.

Im April 2005 wurde in Hamburg ein einwöchiges Treffen der TJ mit ca. 1000 Teilnehmern aus dem In- und Ausland ausgerichtet. Als Gäste waren für diese Veranstaltung u. a. hochrangige Prediger aus Indien und Pakistan eingeladen. Am Ende der Veranstaltung wurden Gruppen zusammengestellt und auf Missionsreisen geschickt, die freiwillig, regelmäßig und unentgeltlich sein sollen. Die Anhänger der "Gemeinschaft der Verkündigung und Mission" werden ohnehin grundsätzlich dazu angehalten, jeden Monat eine mindestens dreitätige Missionsreise durchzuführen, insbesondere im Umkreis der Heimatmoschee oder den benachbarten Städten. Darüber hinaus soll jährlich eine 40 Tage andauernde Missionsreise im In- oder Ausland durchgeführt werden. Schließlich ist eine viermonatige Missionierungsreise zwecks eigener Fortbildung zu den Quellen der Bewegung, also Bangladesch, Indien und Pakistan, für alle Mitglieder einmal im Leben verpflichtend.

Die Missionsbewegung lehnt Gewalt zwar grundsätzlich ab und begreift sich selbst als unpolitisch, jedoch ist laut Verfassungsschutzbericht 2006 die Gefahr gegeben, dass sie aufgrund ihres strengen Islamverständnisses und der weltweiten Missionstätigkeit islamistische Radikalisierungsprozesse fördert. Demnach existieren belegte Einzelfälle, bei denen die Infrastruktur der Missionsbewegung von Mitgliedern terroristischer Vereinigungen zu Reisezwecken genutzt wurde.[1]

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bezeichnete die TJ als „Durchlauferhitzer“ für islamistische Attentäter in London.[2]

Prominente Anhänger

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Verfassungsschutzbericht 2006, Berlin 2007, ISSN 0177-0357, S. 256.
  2. In verdächtiger Nähe zum Terror, Tagesspiegel vom 25. August 2006

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