Wilhelm Beiglböck

Wilhelm Beiglböck
Wilhelm Beiglböck als Angeklagter im Nürnberger Ärzteprozess

Wilhelm Franz Josef Beiglböck (* 10. Oktober 1905 in Hochneukirchen; † 22. November 1963 in Buxtehude) war ein österreichischer Internist. Als Verantwortlicher für die Durchführung der Meerwasserversuche im Konzentrationslager Dachau in der Zeit des Nationalsozialismus wurde er im Nürnberger Ärzteprozess verurteilt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Beiglböck besuchte das Stiftsgymnasium Melk[1] und studierte Medizin an der Universität Wien. Dort wurde er bei der Wiener akademischen Burschenschaft Moldavia aktiv. Er arbeitete zunächst als Assistent an der III. Medizinischen Universitätsklinik in Wien bei Prof. Chwostek und anschließend in der I. Medizinischen Universitätsklinik bei Prof. Hans Eppinger junior.

1939 habilitierte er und wurde 1940 Oberarzt unter Prof. Eppinger. Ab Mai 1941 arbeitete Beiglböck als Stabsarzt der Luftwaffe. 1944 wurde er außerplanmäßiger Professor an der Universität Wien.

Seit 1933 war er Mitglied der NSDAP und seit 1934 der SA, zuletzt im Rang eines Obersturmbannführers.

Nürnberger Ärzteprozess: Wilhelm Beiglböck bekennt sich „Nicht schuldig“

1944 leitete Beiglböck die Versuche zur Trinkbarmachung von Meerwasser an „Zigeunern“ im Konzentrationslager Dachau.

Nach Kriegsende wurde er im Nürnberger Ärzteprozess zu 15 Jahren Haft verurteilt. Sein Verteidiger war Gustav Steinbauer. Nachdem das Urteil auf 10 Jahre herabgesetzt worden war, wurde Beiglböck am 15. Dezember 1951 aus dem Landsberger Gefängnis entlassen.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin hatte sich massiv für eine Rehabilitierung Beiglböcks eingesetzt. Eine von ihr eingesetzte Gutachter-Kommission war zu dem Schluss gekommen, dass „in der Art der Auswahl und der Gewinnung von Versuchspersonen Fehler begangen worden seien und in der Wahl eines Konzentrationslagers als Versuchsort, dass diese Fehler aber keine Verbrechen gewesen seien.“

Nach der Haftentlassung 1951 arbeitete Beiglböck zunächst bei Prof. Ludwig Heilmeyer in Freiburg, der auch der Gutachterkommission der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin angehört hatte. Auf dessen Vermittlung hin wurde er 1952 Leitender Arzt der Inneren Abteilung des Krankenhauses in Buxtehude.

Beiglböck wurde wegen Menschenversuchen mit der Trinkbarkeit von Meerwasser im Konzentrationslager Dachau erneut angeklagt.[2] Das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Verfahren wurde eingestellt, da ihm Mord im Zusammenhang mit den Menschenversuchen nicht bewiesen werden konnte und alle weiteren Straftaten zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens bereits verjährt waren (vgl. Bestrafung nationalsozialistischer Verbrechen).

Er versuchte zeitlebens, sich für die in Dachau begangenen Taten zu rechtfertigen und erhielt – angeblich von ehemaligen Opfern seiner Versuche sowie Organisationen, die sich deren Vertretung auf die Fahnen geschrieben hatten – mehrere Morddrohungen.

Schriften

  • W. Beiglböck/H. Hoff/R. Clotten: Zur Frage der Cortisolwirkung - die Cortikogene Kettenreaktion. Augsburg, Selbstverlag 1950. (Ein Exemplar befindet sich in den Beständen der Augsburger Stadtbibliothek.)
  • Beiglböck publizierte von 1932 bis 1964 (Erscheinungsdatum) über 100 Originalarbeiten in deutschsprachigen medizinischen Fachzeitschriften.

Literatur

  • Alexander Mitscherlich / Fred Mielke: Medizin ohne Menschlichkeit - Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses.. Lamberg und Schneider, Heidelberg 1949, ISBN 3-5962-2003-3.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich - Wer war was vor und nach 1945. Fischer, Frankfurt a.M. 2003, ISBN 3-1003-9309-0.
  • François Bayle: Croix gammée contre caducée. Les expériences humaines en Allemagne pendant la deuxième guerre mondiale. Neustadt 1950.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Beiglböck auf encyclopedie.bseditions.fr
  2. DÖW

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