Âventiure

Âventiure

Âventiure (mittelhochdeutsch; altfranzösisch aventure, avanture) ist eine zentrale Vorstellung der weltlichen, romanhaften Dichtung des Hochmittelalters.

Ausgehend von der Grundbedeutung „Zufall, Geschick“ (von lat. adventura „das, was geschehen soll“) bezeichnet âventiure vor allem im Artusroman seit Chrétien de Troyes die Bewährungsproben und Abenteuer, die der Held zu bestehen hat. Der Zufall wird in diesen Romanen zum Teil eines Sinnzusammenhangs umgewertet. Die âventiure [...] ist nicht mehr willkürliches Geschick, das dem Helden zustößt, sondern eine von ihm aus eigenem Antrieb gesuchte und durch wunderbare Fügung für ihn allein bestimmte gefahrvolle Bewährungsprobe [1]. Die Erzählepisoden der âventiure (Zweikämpfe mit ritterlichen Standesgenossen und gefahrvolle Begegnungen mit geheimnisumwitterten Fabelwesen wie Riesen, Feen, Zauberern) bilden in ihrer Abfolge und ihren motivlichen Bezügen untereinander die Struktur des Romans.

Âventiure gehört seit dem späten 12. Jahrhundert auch zum Wortschatz der Selbstbeschreibung der Erzählkunst (Poetologie). Die deutschen Dichter bezeichnen so zum einen die literarischen Vorlagen, die ihnen meist aus Frankreich zukommen. Aber auch die (eigene) Erzählung als Ganzes kann als âventiure bezeichnet werden. Wolfram von Eschenbach lässt eine personifizierte Frau Aventiure als Dialogpartnerin des Autors auftreten (Parzival 433,1); diesen selbstreflexiven Kunstgriff ahmten viele Dichter bis hin zu Hans Sachs nach.

Âventiure im Sinne von „Teil einer Erzählung“ erscheint bereits in den ältesten Handschriften des Nibelungenlieds als Überschrift für die einzelnen Handlungsabschnitte.

Im deutschen Spätmittelalter nimmt das Wort lautliche Formen wie affenteuer, ebenteuer, abenteuer an; das neuhochdeutsche Wort Abenteuer hat sich letztlich daraus entwickelt.

Anmerkungen

  1. I. Kasten, Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, Sp. 1289

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