Boeing P-8

Boeing P-8
Boeing P-8 Poseidon
P 8A touches down at Pax River.jpg
Prototyp T-1 der P-8A „Poseidon“
Typ: Seeaufklärungs- und U-Boot-Jagdflugzeug
Entwurfsland: Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Hersteller: Boeing IDS
Erstflug: 25. April 2009
Indienststellung: IOC für 2013 geplant[1][2]
Produktionszeit: Ab 2011 geplant
Stückzahl: 6 (Stand: Juni 2011)

Die Boeing P-8 Poseidon ist ein in der Entwicklung befindliches Seefernaufklärungsflugzeug der US Navy, das die alternde P-3 Orion ersetzen soll. Es ist das Ergebnis des „Multimission-Maritime-Aircraft“-Programms.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Entwicklung der P-8 lässt sich bis Mitte der 1980er-Jahre zurückverfolgen. Damals suchte die US-Marine nach einem möglichen Nachfolger für die P-3 und begann, die Anforderungen an solch eine Maschine zu definieren. Die primäre Forderung war dabei die Senkung der Betriebskosten im Vergleich zur P-3. Diese litt unter einer vergleichsweise starken Materialermüdung, weshalb die neue Maschine über eine Flugzelle mit einer langen Lebenserwartung verfügen sollte. Des Weiteren wurden eine erhöhte Reichweite bzw. eine verlängerte Patrouillendauer sowie ein geringeres Gesamtgewicht gefordert. 1989 vergab dann die Marine einen Entwicklungsauftrag an Lockheed, welche zwei Prototypen bauen sollte. Diese als P-7 bezeichneten Maschinen wurden allerdings nie gebaut, da 1990 Lockheed der Auftrag wieder entzogen wurde, nachdem eine Kostenüberschreitung von 300 Millionen US-Dollar eingeräumt werden musste.

Nach dem Ende des Kalten Krieges und den daraus resultierenden Kürzungen im Verteidigungsbudget wurde die Suche nach einem Nachfolger für die P-3 zunächst aufgegeben. Die Lebensdauer der Flugzelle wurde zunächst mit verschiedenen Modernisierungsprogrammen verlängert. Als sich andeutete, dass dies auf die Dauer ebenfalls sehr teuer würde, wurde im Jahre 2000 ein neues Entwicklungsprogramm begonnen – das Multimission Maritime Aircraft Program. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Anforderungen wurde dabei auf die Gewichtsreduzierung verzichtet, da man bereit war, dies für höhere Reichweiten und Einsatzzeiten in Kauf zu nehmen. Des Weiteren wurden die Anforderungen im Bereich Avionik und Kommunikationssystem erhöht. Neu im Lastenheft war zudem die Forderung, dass die neuen Maschinen UAVs ohne zusätzliche bodengestützte Anlagen steuern können sollten.

Zunächst nahmen nur Boeing und Lockheed Martin an dem neuen Wettbewerb teil. Lockheed schlug dabei eine sogenannte Orion 21 vor, wobei es sich um eine komplett überarbeitete Version der alten Turboprop-P-3 handelt. Derweil ging Boeing einen anderen Weg und legte einen Vorschlag vor, der den Umbau ihrer 737-800ERX-Verkehrsflugzeuge vorsah. 2001 stieg BAE Systems mit der Nimrod MRA.4 in den laufenden Wettbewerb ein. Dabei handelt es sich um eine modernisierte Variante der alten Nimrod MR.Mk.2 von 1969, die bereits für die britische Marine neu entwickelt wurde. Allerdings zog sich BAe im Oktober 2002 aus dem Wettbewerb zurück, da man erkannt hatte, dass es politisch nicht möglich gewesen wäre, sich gegen die US-amerikanischen Konkurrenten durchzusetzen. Schließlich gewann am 14. Juni 2004 Boeing den Wettbewerb.

Rollout der P-8A „Poseidon“

Nachdem Boeing das MMA-Programm für sich entscheiden konnte, gab die US Navy am 8. Juli 2004 die ersten fünf Maschinen in Auftrag. Anfang August 2008 wurde die Montage des ersten Prototypen P-8A-T1 im Werk Renton abgeschlossen. Daraufhin wurde in Seattle mit der Instrumentierung sowie verschiedene Bodentests begonnen.[3] Am 25. April 2009 absolvierte die erste P-8A ihren Erstflug,[4] so dass sie spätestens ab 2013 die Lockheed P-3 ablösen kann. Abwurftests von Sonarbojen begannen im Oktober 2010 auf der NAS Patuxent River. Am 19. Juli 2011 startete die erste Vorserienmaschine aus dem sechs Flugzeuge umfassenden LRIP1-Vorserienvertrag in Renton zu ihrem Erstflug.[5] Insgesamt plant die US Navy, 108 Flugzeuge zu beschaffen,[6] wodurch sich die Kosten auf etwa 15 Milliarden US-Dollar belaufen. Neben Boeing sind als Zulieferer auch Raytheon, Northrop Grumman, Spirit AeroSystems, GE Aviation Systems, Marshall Aerospace, CFMI, BAE Systems und Marotta beteiligt. Aufgrund der Absage von Lockheed Martin, das „Aerial Common Sensor“-Projekt weiterzuentwickeln, benutzt Boeing nun ein Linux-System von Wind River Systems für die Aufklärungs- und Missionssysteme.[7]

Konstruktion

Die P-8 Poseidon basiert auf der Zivilmaschine Boeing 737-800ERX. Allerdings musste der Rumpf verstärkt werden, um der erhöhten Beanspruchung standzuhalten und den Waffenschacht einbauen zu können. Auch die umfangreichen Sensoranlagen, deren Antennenanlagen entlang der Rumpfunterseite sichtbar sind sowie die Avionikausrüstung machten die Rumpfverstärkung notwendig. Um es der P-8 zu ermöglichen, auch extern Waffen mitzuführen, mussten die von der größeren 737-900 stammenden Tragflächen ebenfalls modifiziert werden.

Als wichtigstes Element der Überwachungsausrüstung gilt dabei das synthetische Breitbandradar Raytheon AN/APY-10 (JETDS-Bezeichnung), eine Weiterentwicklung des AN/APS-137-Radars mit verringertem Energie- und Raumbedarf.

Nutzer

Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten

Die US-Navy plante zunächst die Anschaffung von insgesamt 114 P-8As, die in das neue Maritime Surveillance UAV-System integriert werden. Dieses soll ab 2010 die kontinuierliche Seeüberwachung ermöglichen. Dafür werden zusätzlich 68 UAVs vom Typ RQ-4N nötig, die dann von fünf Standorten aus operieren sollen – Hawaii, Diego Garcia; NAS Jacksonville, Florida; Kadena AB, Japan und Sigonella, Italien. Die RQ-4N konnte sich nach einem dreijährigen Auswahlverfahren im August 2008 gegen die Konkurrenzmuster MQ-1C und MQ-9N durchsetzten. Die P-8A werden einen Großteil der operativen Einsatzleitung für die RQ-4N übernehmen. Am 17. Juni 2009 gab die US-Navy bekannt, dass sie für 1,8 Mrd. US-Dollar neun weitere Maschinen anschaffen wolle, wodurch sich die gesamte Flottenstärke auf 123 Maschinen erhöht.[8] Die Initial Operating Capability der Poseidon soll 2013 auf der NAS Jacksonville, Florida, erreicht werden.

AustralienAustralien Australien KanadaKanada Kanada

In einer relativ frühen Phase der Entwicklung bekundeten sowohl Australien als auch Kanada Interesse an der P-8. In Australien soll die Poseidon die AP-3C Orion ersetzten, während in Kanada die CP-140 Aurora abgelöst werden muss. Beide Länder erwerben die P-8 für einen Stückpreis von ungefähr 300 Mil. US-Dollar. Des Weiteren plant Australien, sechs RQ-4N zu leasen, um wie auch die US-Marine die P-8 im Netzwerk mit UAV einzusetzen.[9]

ItalienItalien Italien

2004 bekundete Italien ebenfalls Interesse an der P-8. Die Pläne zur Anschaffung wurden allerdings 2008 aufgegeben.

IndienIndien Indien

Am 2. Januar 2009 entschied sich die indische Marine zur Beschaffung von damals acht P-8I-Maschinen, die bis 2012 die Tu-142 ersetzen sollten. Das Auftragsvolumen des P-8I-Exports betrug etwa 2,1 Mrd. US-Dollar, wobei der Stückpreis bei etwa 200 Mil. US-Dollar liegt. Boeing plant eine Minderheitsbeteiligung indischer Firmen mit einem Anteil von rund 30 %.[10] Der Umfang wurde später auf zwölf Maschinen erhöht und eine Option für vier weitere P-8I im Vertrag eingebaut. Der Erstflug fand am 28. September 2011 statt.

Produktion

(Stand Juni 2011)[11]

BureauNo. Werksnummer Erstflug
167951 T1 34394/2599 25. April 2009
167953 T2 34396/2814 5. Juni 2009
167954 T3 34397/2931 23. September 2009
167952 T4 40594/3324 18. Oktober 2010
167955 T5 40595/3426 22. Januar 2011
167956 T6 40596/3522 23. April 2011
167957 T7 40808/3612
S1 34395/2722 Zelle für statische Versuche
S2 34398/3069 Zelle für Materialermüdungsversuche

Varianten

P-8A
Basisversion für die US-Navy, dient auch für den Export nach Australien und Kanada.
P-8I
Exportversion der P-8A für die indische Marine, die einen Bedarf von 12 bis 16 Maschinen hat. Teile der Elektronik stammen dabei aus indischer Produktion. Ein weiterer Hauptunterschied zwischen der P-8A und P-8I ist, dass letztere ein zweites APY-10-Radar im Rumpfheck besitzt, das somit eine 360°-Rundumsicht bietet.
EP-8
Nicht realisierte SIGINT-Variante der P-8 als Ersatz für die veraltete Lockheed EP-3E Aries. Die US-Navy prüfte die Anschaffung von 19 bis 26 Maschinen im Rahmen des EP-X-Programms, brach dieses aber zu gunsten einer unbemannten Plattform ab.[12]

Technische Daten

Kenngröße Daten
Länge: 39,47 m
Flügelspannweite: 37,64 m
Höhe: 12,83 m
Leergewicht: 62.730 kg
Maximales Startgewicht: 85.130 kg
Höchstgeschwindigkeit: 906 km/h
Marschgeschwindigkeit: 789 km/h
Dienstgipfelhöhe: 12.500 m
Einsatzradius: 2.200 km (bei 4 Std. Aufenthaltsdauer im Zielgebiet)
Antrieb: zwei CFM International CFM56-7B mit je 120 kN Schub
Bewaffnung: Torpedos, Wasserbomben und Anti-Schiffsraketen
Besatzung: 2 Cockpitbesatzung, 7 Operatoren

Weblinks

 Commons: P-8 Poseidon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. US Navy: P-8A Multi-mission Maritime Aircraft (MMA) Fact File. Abgerufen am 7. Juli 2011.
  2. Boeing: P-8A Poseidon. Abgerufen am 7. Juli 2011.
  3. FlugRevue Oktober 2008, S. 18, P-8A fertig zur Ausrüstung
  4. Flight Global: First Boeing P-8A gets airborne, 25. April 2009, abgerufen am 3. März 2010
  5. FlugRevue September 2011, S. 14, Erste Serienmaschine fliegt
  6. Boeing Integrated Defense Systems: P-8A Poseidon, Produktseite, abgerufen am 9. März 2010
  7. Heise: Der Pinguin geht auf U-Boot-Jagd, 31. Juli 2006, abgerufen am 9. März 2010
  8. Global: PARIS AIR SHOW: US Navy adds aircraft to P-8A order, 17. Juni 2009, abgerufen am 9. März 2010
  9. Flight Global: Australia nears decisions on Boeing P-8A, BAMS participation, 9. Februar 2009, abgerufen am 9. März 2010
  10. Flight Global: Boeing starts search for P-8I offset partners in India, 7. Januar 2009, abgerufen am 9. März 2010
  11. Jon Lake: God of the Sea – P-8 Poseidon. In: AIR International Juli 2011, S. 90.
  12. US Navy to replace EP-3s with unmanned aircraft. Flight International, 11. August 2011, abgerufen am 11. August 2011 (englisch).

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