Adelheid Langmann

Adelheid Langmann

Adelheid Langmann (* 1306 in Nürnberg; † 22. November 1375 in Engelthal) war eine Nonne und Mystikerin im Dominikanerinnenkloster Engelthal bei Nürnberg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Adelheid Langmann war die Tochter des Nürnberger Ratsherren Otto Langmann († 1327) und seiner Frau Mechthild (die später, 1350, selbst Nonne wurde). Im Alter von 13 Jahren wurde Adelheid mit Gottfried Teufel verlobt, der aber bald darauf, kurz nach ihrer Hochzeit, verstarb. Vor 1330 trat Adelheid, gegen den Willen ihrer Familie und gegen anfängliche eigene Widerstände, in das Kloster Engelthal ein.[1]

Bereits vor ihrem Klostereintritt strebte Adelheid, auch mittels harter asketischer Übungen, nach einer intensiven religiösen Lebensführung; dies setzte sie im Kloster fort. Schon bald wurden ihr besondere Gnadenerlebnisse zuteil. Auf Anregung eines hohen dominikanischen Theologen (eines "Lesemeisters") begann sie mit deren Niederschrift, die über den durch Datierungshinweise fixierbaren Zeitraum zwischen 1330 und 1344 hinaus zumindest bis nach 1350 fortgeführt wurde.

Werk

Adelheids in deutscher Sprache abgefasstes und mehrfach redaktionell überarbeitetes Werk, im 19. Jahrhundert editiert unter dem irreführenden Titel „Offenbarungen“, ist nur scheinbar in Art chronologisch geordneter Aufzeichnungen angelegt. Vielmehr ist es in all seinen Fassungen als ein „Gnaden-Leben“ zu deuten, in dem mystisches Gedankengut in der Art einer Vita dargestellt wird.[2] Geprägt von Motiven der Brautmystik, zeigt diese „Gnadenvita“, wie das neue geistliche Leben mit dem Minneversprechen Gottes und des Menschen beginnt und über die Einkleidung der Geliebten, Brautschaft und geistliche Ehe hinführt zur innigsten Gottbegegnung im Erleben der „Unio“ und zum Einschreiben ihrer Namen ins Herz der beiden Minnenden. Höhepunkt des Geschehens ist schließlich die Vereinigung auf dem Minnebett, unter Assistenz der beiden allegorischen Jungfrauen Spes und Karitas. Im Folgenden wird dargestellt, wie dieses Gnadenerleben dann auch Frucht bringt für alle Menschen, denen Gott nun auf Bitten der Begnadeten, Marias und aller Heiligen gnadenreich in allen Nöten und Leiden zu Hilfe kommt. Ein umfangreiches Gebet Adelheids, in dem Christi Erlösungswerk meditiert wird, ist kein Anhang, sondern integrierender Bestandteil dieser Gnadenvita, ebenso wie der abschließende Briefwechsel, in dem mit einem „Prior“ des Zisterzienserklosters Kaisheim, (dem Abt Ulrich III. Niblung), Gedanken mystischer Spiritualität reflektiert werden.

Literarisch steht diese Gnadenvita in der Tradition der Engelthaler Literatur und ist in Form und Inhalt nicht denkbar ohne den Einfluss von Adelheids älterer Mitschwester Christine Ebner. Einzelne Stellen könnten auch auf Einflüsse Mechthilds von Magdeburg und der Literatur des Klosters Helfta deuten. Adelheid selbst hat jedoch nicht den großen geistigen Horizont dieser ihrer Vorgängerinnen. Es gelingt ihr aber, nachhaltig das neue, „mystischer“ Spiritualität entsprechende Gottesbild nahezubringen, in dem Gott nicht als der ferne strenge Richter erscheint, sondern als der Liebende, der von Barmherzigkeit und Milde überfließt. Ihre eigene Aufgabe sieht Adelheid besonders im Gnadenwirken für andere, ausgedrückt durch den für die Engelthaler Literatur kennzeichnenden Topos der „Gnadenfrucht“, in dem Gnaden für Sünder, Seelen im Fegfeuer und gute Menschen erbeten werden[3]; die oft unvorstellbar großen Zahlenangaben hinsichtlich der Begnadigten sind symbolisch zu verstehen, als Ausdruck des unermesslichen Gnadenwillens Gottes.

In der Wissenschaft fanden die „Offenbarungen“ Adelheids bisher relativ starke Beachtung, da sie in einer vorzüglichen Edition vorliegen und wichtigere Werke der Gnadenviten-Literatur bisher unediert sind. Von speziellem Interesse ist die Tatsache, dass die Überlieferung des Werks in drei mittelalterlichen Handschriften[4] drei unterschiedliche redaktionelle Überarbeitungen erkennen lässt. Diese drei Fassungen bieten Einblick in eine Textentwicklung, die bestimmt ist von zunehmender Ausrichtung auf ein Lesepublikum sowie auf hagiographische Stilisierung.

Einzelnachweise

  1. Zu den biographischen Angaben siehe: Gustav Voit: Engelthal. Geschichte eines Dominikanerinnenklosters im Nürnberger Raum. 2 Bde. Korn & Berg, Nürnberg 1977/78 (Schriftenreihe der Altnürnberger Landschaft XXVI), hier: Bd. 2, S. 192f.
  2. Zum Terminus "Gnaden-Leben / Gnadenvita" siehe: Siegfried Ringler, 1980 (s. u.: Literatur), S. 352-358
  3. Siehe Ringler 1980 (s. u.: Literatur), S. 195-198
  4. http://www.handschriftencensus.de/werke/4245 Handschriftliche Überlieferung

Literatur

Quellen

  • Philipp Strauch: Die Offenbarungen der Adelheid Langmann, Klosterfrau zu Engelthal. Straßburg 1878 (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 26) Internet Archive
  • Die Offenbarungen der Margaretha Ebner und der Adelheid Langmann. In das Neuhochdeutsche übertragen von Josef Prestel. H. Böhlaus Nachfolger, Weimar 1939 (Mystiker des Abendlandes 3)

Sekundärliteratur

  • Philipp Strauch: Adelheid Langmann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 688.
  • Manfred Weitlauff: Adelheid Langmann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 608 f.
  • Siegfried Ringler: Langmann, Adelheid. In: Verfasserlexikon – Die deutsche Literatur des Mittelalters, 2. Aufl., Bd. 5 (1985), Sp. 600–603
  • Walther Killy (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 6, 1997
  • Leonard Patrick Hindsley: The Mystics of Engelthal: Writings from a Medieval Monastery. Palgrave MacMillan, New York 1998. ISBN 0-312-16251-0
  • Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des Mittelalters. Quellen und Studien. Artemis, München 1980 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 72), S. 65-82 u. ö. (s. Register: Langmann, Adelheid)

Weblinks



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