Berliner Winterbahnrennen

Berliner Winterbahnrennen
Premiere der Winterbahn-Saison im Jahre 1957
Rennen auf der Winterbahn 1987
Das Fahrerlager (1989)

Die Berliner Winterbahnrennen fanden von 1950 bis 1989 in der Werner-Seelenbinder-Halle in Ost-Berlin statt. Sie galten als DDR-Pendant zum West-Berliner Sechstagerennen.

Im Frühjahr 1950 wurde die einstige Großmarkthalle des Zentralvieh- und Schlachthofes im Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg zur „Werner-Seelenbinder-Halle“ für verschiedene Veranstaltungen umgebaut und auch eine Radrennbahn installiert; im selben Jahr fand ein einziger Renntag statt. Ab 1952 wurde jährlich zwischen vier bis sechs Wochen dauernde Winterbahnmeisterschaften ausgetragen, bei denen verschiedene Wettkämpfe auf dem Programm standen wie „Die Stunde der Matadoren“ oder „1001 Runden“. Renntage waren immer mittwochs, freitags und sonnabends, der Eintritt kostete zwischen 2,05 und 6,05 DDR-Mark.

Erster Sieger eines Wettbewerbs war Detlef Zabel, der Vater von Erik Zabel. Im Laufe der Jahre wurden Rennen eingeführt, die mit den Westberliner Sechstagerennen Gemeinsamkeiten aufwiesen, wie z.B. „6 Tage um den Preis der Jungen Welt“. Diese Rennen gingen über sechs hintereinander liegende Rennabende, die am frühen Abend begannen und gegen 1 Uhr morgens endeten. Die Renntage wurde durch Jugendrenntage an Nach- oder Vormittagen ergänzt und waren nahezu durchgängig ausverkauft. Der Schwerpunkt der ausgetragenen Disziplinen lag allerdings im Interesse des DDR-Sports auf den olympischen Disziplinen, wozu das Zweier-Mannschaftsfahren nicht gehörte.

Die Berliner Winterbahnrennen waren ohne kommerziellen Aspekt: Es gab keinen Showteil, Alkohol und Rauchen waren in den meisten Jahren verboten, und erst ab den 1980er Jahren gab es Autogrammkarten der Fahrer. Trotzdem waren die Rennen wegen der familiären Atmosphäre im kleinen „Nudeltopf“, wie die Radrennbahn genannt wurde, äußerst populär. Neben namhaften ausländischen Fahrern wie Giuseppe Saronni (Italien), Stan Tourné (Belgien) oder John Nicholson (Australien) starteten alle DDR-Nationalfahrer. Besondere Lieblinge des Publikums waren Fahrer wie Volker Winkler (Cottbus), Detlef Macha (Erfurt) und Norbert Dürpisch (Frankfurt/Oder) oder der Berliner Dieter Stein (heutiger Sportlicher Leiter des Berliner Sechstagerennens), die vor allem auf der Winterbahn brillierten. Sie waren die

„[...] Akteure, die es fertig bringen, an 18 dieser Winterabende jedes Mal 3500 Berliner zur Winterbahn zu bringen. Und viel mehr bewegen würden, wenn die Werner-Seelenbinder-Halle mehr fassen könnte. Das erste Steherrennen beginnt erfahrungsgemäß Wochen vorher beim Kartenverkauf. Wenn das kein Gütezeichen ist.“

Berliner Zeitung v. 20./21. Januar 1979

Während der letzten Saison 1989 waren die Grenzen zwischen beiden deutschen Staaten offen, und es strömten Fahrer wie Zuschauer aus West-Berlin und der Bundesrepublik Deutschland zu den Winterbahnrennen. 1993 wurde die Werner-Seelenbinder-Halle abgerissen; an ihrer Stelle steht heute das Velodrom, in dem seit 1997 das Berliner Sechstagerennen stattfindet. Der heutige große Zuspruch des Berliner Publikums für das Sechstagerennen wird u.a. auf die damalige Popularität der Winterbahnrennen an selber Stelle zurückgeführt.[1]

Einzelnachweise

  1. Die runde Sache auf tagesspiegel.de

Literatur

  • Katja Broxtermann: Einige Aspekte der gesellschaftlichen Rolle und der Stellung des Bahnradsports im Vergleich der Winterbahnrennen in Berlin, Hauptstadt der DDR, und den Sechstagerennen in Berlin (West) ab dem Jahr 1950, Bachelorarbeit 2009, Universität Potsdam

Weblinks


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