Cor Wals

Cor Wals
Cor Wals mit seiner ersten Frau Antonetta im Jahr 1934

Cornelis Dirk „Cor“ Wals (* 26. Februar 1911 in Den Haag; † 5. April 1994 in Veldhoven) war ein niederländischer Radrennfahrer.

Inhaltsverzeichnis

Sportliche Laufbahn

Cor Wals machte sich in den 1930er Jahren vor allem einen Namen als Sechstagefahrer; sein Spitzname war "Slingerplant" (niederl.: Schlingpflanze). Er fuhr bei 39 Rennen mit, von denen er sieben gewann, fünf davon mit Jan Pijnenburg. Zudem war er dreimal Niederländischer Meister der Steher. 1939 qualifizierte sich Wals für das Finale der UCI-Bahn-Weltmeisterschaften in dieser Disziplin, das aber wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs nicht durchgeführt wurde.

Rolle im Nationalsozialismus

Am 31. Dezember 1939 wurde der deutsche Radrennfahrer Albert Richter in einem Zug Richtung Schweiz an der Grenze wegen Devisenschmuggels verhaftet; wenige Tage später wurde er tot in seiner Zelle im Gefängnis von Lörrach aufgefunden. Die offiziellen Todesangaben reichten von Ski-Unfall bis „auf der Flucht erschossen“. Cor Wals und sein niederländischer Rennfahrer-Kollege Kees Pellenaars hatten zufällig im selben Zug gesessen, wurden Zeuge der Verhaftung und machten diese in einer niederländischen Zeitung öffentlich. Darauf reagierte die NS-Sportführung mit einer neuerlichen Version von einem Selbstmord in der Gefängniszelle. Ohne die Aussage der beiden Niederländer wäre Richters Verhaftung eventuell niemals publik geworden.

Ein Jahr später, 1941, verscherzte sich Cor Wals die Sympathien von vielen seiner Landsleute, weil er bei den Niederländischen Meisterschaften im Olympiastadion von Amsterdam in einem Trikot mit SS-Emblem und mit Hitler-Gruß auftrat. Nach dem Gewinn der Steher-Meisterschaft wurde er bei seiner Ehrenrunde ausgepfiffen und mit Sitzkissen beworfen. Danach wurde er in den Niederlanden nicht mehr für Rennen verpflichtet. Zu diesem Zeitpunkt war er schon ein Jahr Mitglied in der SS und wurde wenig später Mitglied der Waffen-SS. 1947 wurde Wals wegen seiner aktiven Rolle beim Einsatz holländischer Zwangsarbeiter in Russland zu 15 Jahren Haft verurteilt.[1]

Pellenaars, der auch Mitglied der SS gewesen war, konnte sich im Jahr 1947 erfolgreich als „Verführter“ von Wals darstellen und kam ohne Bestrafung davon. Darüber gerieten die beiden Freunde so in Streit, dass sie bis zum Ende ihres Lebens nie wieder miteinander sprachen. In späteren Jahren entschuldigte sich Wals öffentlich für seine „Dummheit“; er sei zu Recht bestraft worden.[2]

Spätere Jahre

1952 wurde Wals vorzeitig aus der Haft entlassen und lebte zurückgezogen in Tilburg, bis öffentlich bekannt wurde, dass er die Witwe des niederländischen Radrennfahrers Jan van Hout geheiratet hatte, der im KZ Neuengamme ums Leben gekommen war. Es gab sogar – fälschliche – Gerüchte, dass Wals zur Bewachung von Van Hout nach Neuengamme abkommandiert gewesen sein soll. Aufgrund der öffentlichen Empörung das Ehepaar Wals nach Lommel in Belgien, wo sie bis zu ihrer Rückkehr in die Niederlande 1981 lebten. Cor Wals war als Handelsvertreter für Textilien tätig. In einem Interview aus dem Jahre 1982 erklärte Anneke Wals-Louwers: „Hij was kapot, hij had zijn leed, ik had mijn leed.“ (niederl. = Er war kaputt, er hatte sein Leid, ich hatte mein Leid.) Sie ist die Schwester des populären niederländischen Fußballspielers Jan Louwers, nach dem in Eindhoven ein Fußballstadion benannt ist.[3]

1992 wurde Wals gebeten, zum 65. Jahrestag seines dortigen Sechstage-Sieges mit Pijnenburg den Startschuss für die Sixdays im Sportpaleis von Antwerpen zu geben. Der niederländische Historiker Frans Oudejans: „Het applaus bij die gelegenheid raakte hem diep, als een wrange herinnering aan de glorie die hij in bezettingstijd verspeelde.“ (niederl. = Der Applaus bei dieser Gelegenheit berührte ihn sehr, als eine bittere Erinnerung an den Ruhm, den er in der Besatzungszeit verspielte.“)[4]

Einzelnachweise

  1. Renate Franz: Der vergessene Weltmeister, Bielefeld 2007, S. 133.
  2. Vrij Nederland, Amsterdam 1979, S. 28 ff.
  3. Frits Barend/Henk van Dorp: Mijn Verhaal. Interview mit Anneke Wals-Louwers, Zeitungsartikel ca. 1982
  4. Instituut voor Nederlandse Geschiedenis: „Wals, Cornelis Dirk (1911-1994)” abgerufen am 12. Mai 2010 (niederl.)

Literatur

  • Peter Ouwerkerk: Op de Rotterdamse latten, Rotterdam 2006, S. 28f.

Weblinks


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