Franz Liebhard

Franz Liebhard

Franz Liebhard (* 6. Juni 1899 in Timișoara, Rumänien; † 17. Dezember 1989 ebenda), auch Franz Liebhardt, war der Künstlername von Robert Reiter, einem rumäniendeutschen Dichter des Expressionismus und Dramaturgen. Er verfasste Gedichte und Essays in deutscher und ungarischer Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz Liebhard wurde im damaligen Temesvár als Sohn einer Handwerkerfamilie geboren. Seinen Schulabschluss erhielt er am dortigen Nikolaus Lenau Lyzeum. Seine ersten schriftstellerischen Versuche machte Liebhardt in Ungarisch, beeinflusst durch die ungarischen Unterrichtssprache, und benutzte dabei die magyarisierte Form seines Namens, Reiter Róbert. 1916 wurde die von ihm mitredigierte Schülerzeitung Holnap (deutsch Der Morgen) wegen eines Friedensappells vom Direktor suspendiert. Das Gedicht Erdő (deutsch '"Wald) in Lajos Kassáks avantgardistischer Zeitschrift Ma (deutsch Heute) war 1917 seine erste Veröffentlichung.

Im gleichen Jahr begann er ein Philologiestudium in Budapest. Politisch wurde Reiter auf der Seite der Sozialdemokraten aktiv. Er hielt Reden, schrieb linksorientierte Artikel, was ihm bei einem Generalstreik in Temesvár die Verhaftung und den Beinamen Der Rote Reiter einbrachte. Nach der Zerschlagung der ungarischen Räterepublik ging Liebhardt nach Wien, mehr aus Solidarität zu der vor dem Weißen Terror flüchtenden politischen und künstlerischen Elite der ungarischen Kommunisten als aus Notwendigkeit. Hier setzte er sein Studium fort und nahm an der Seite von Kassák am literarischen Leben der ungarischen Emigranten aktiv teil, indem er weiterhin auf Ungarisch dichtete.

Nach dem Studium kehrte er 1925 in das nun offiziell rumänischsprachige Timișoara zurück. Liebhardt arbeitete dort gleichzeitig in den Redaktionen der Banater Deutschen Zeitung und der Munkáslap (deutsch Arbeiterzeitung). Er heiratete und wurde Vater von zwei Kindern. Seine Kontakte zur ungarischen Literatur brachen langsam ab und er begann vorwiegend in Deutsch zu schreiben. In den 1930er Jahren war er als Publizist tätig und schrieb nur noch gelegentlich Gedichte. Trotzdem fanden seine Essays über Literatur und Kunst des Banats ihre Anerkennung.[1]

Während des Zweiten Weltkriegs war er weiterhin als Redakteur tätig. Danach wurde er für drei Jahre zur „Aufbauarbeit“ in die Sowjetunion deportiert. Nach der Heimkehr nahm sein dichterisches Schaffen eine Wende: Es entstanden zehn Lyrik- und Essaybände in den nächsten 25 Jahren. Da seine schöpferische Kraft und poetische Energie die Literaten seiner engeren Heimat faszinierte, übersetzten Freunde seine Arbeiten ins Rumänische und ins Ungarische. Die sozialistische Aufbaulyrik der 1950er Jahren erschien allerdings sehr plakativ und einfach. Liebhard wurde aber kein dogmatischer „Berufsdichter“ des Sozialismus, sondern nahm in der relativ kleinen rumäniendeutschen Literatur eher eine Vermittlerposition zwischen den „überzeugten“ Marxisten und der „Opposition“ ein.[2]

Liebhardt wurde zum Dramaturgen am Deutschen Staatstheater in Temeswar berufen und behielt diese Position bis zur Pensionierung im Jahre 1968. Vom rumänischen Staat erhielt er im Laufe seines Schriftstellerlebens zahlreiche Auszeichnungen. Er wurde aber auch von Literaten anerkannt, denn er wurde in seinen späteren Jahren als Doyen der Banatdeutschen Dichtung geehrt.[3]

Schriften

  • Reiter Róbert: Abends ankern die Augen. Dichtungen. Nachwort von Max Blaeulich, Wieser Verlag, 1989
  • Franz Liebhard: Temeswarer Abendgespräch: Historien, Bilder und andere Prosa, Facla-Verlag, Timișoara, 1977
  • Franz Liebhard: Banater Mosaik. Beiträge zur Kulturgeschichte Erster Band, Bukarest, 1976
  • Franz Liebhard: Gedichte, Jugendverlag, Bukarest, 1964
  • Franz Liebhard: Der Türkenschatz, Espla Staatsverlag für Kunst und Literatur, Bukarest, 1958

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Als Beispiel sei genannt: Robert Reiter: Deutsche Kunst im Banat, in: Klingsor 16, 1939, H. 10, Seiten 288-291
  2. Siehe dazu die Einordnung Liebhardts in das literarische Leben Rumäniens der 1950er Jahre von Motzan und Sienerth in: Worte als Gefahr und Gefährdung - Fünf deutsche Schriftsteller vor Gericht, Hg. von Peter Motzan und Stefan Sienerth in Verbund mit Andreas Heuberger, München 1993, Seite 56
  3. Nikolaus Berwanger (Hg.): Franz Liebhard. Ein Schriftstellerleben. O viata de scriitor. Illustrierter Jubiläumsband, zusammengestellt von N. B. Timișoara 1979. Für die Wertung des dichterischen Schaffens siehe Horst Fassel: Robert Reiter - Franz Liebhard: ein Dichter in Temeswar. In: Banatica. Beiträge zur deutschen Kultur 7, 1990, Nr. 1, Seite 19-22

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