Selbstbehalt (Unterhalt)

Selbstbehalt (Unterhalt)

Im Unterhaltsrecht wird dem Unterhaltspflichtigen ein Selbstbehalt zugebilligt, um selbst genug Geld für das eigene Leben zur Verfügung zu haben.

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Deutschland

Übersichtsartikel: Unterhalt (Deutschland)

Die Höhe des Unterhalts und des Selbstbehalts ist von Gerichten festzulegen, wenn sich die Beteiligten nicht selbst einigen. Um eine einheitliche Rechtsprechung zu ermöglichen, erlässt in jedem Bundesland ein Oberlandesgericht Leitlinien zum Unterhaltsrecht. Führend voran geht hierbei das Düsseldorfer Oberlandesgericht. Es bringt regelmäßig die aktualisierte Düsseldorfer Tabelle heraus, an der sich viele Oberlandesgerichte orientieren. Die hierin festgelegten Selbstbehalte variieren in ihrer Höhe nur leicht zwischen den Oberlandesgerichten.

Allgemeine Höhe

Selbstbehalte nach Düsseldorfer Tabelle
(nicht erwerbstätiger / erwerbstätiger Unterhaltspflichtiger)
Zeitraum ggü. privilegiertem
Kind
ggü. getrenntem
oder geschiedenem
Ehegatten
ggü. Elternteil
nichteheliches Kind
ggü. nicht-
privilegiertem
Kind
ggü. Eltern Quelle
01.07.1998 – 30.06.2001 1.300 DEM / 1.500 DEM 1.300 DEM / 1.500 DEM 1.800 DEM 1.800 DEM 2.250 DEM [1][2]
01.07.2001 – 31.12.2001 1.425 DEM / 1.640 DEM 1.425 DEM / 1.640 DEM 1.960 DEM 1.960 DEM 2.450 DEM [3]
01.01.2002 – 30.06.2005 730 EUR / 0.840 EUR 730 EUR / 0.840 EUR 1.000 EUR 1.000 EUR 1.250 EUR [4]
01.07.2005 – 30.06.2007 770 EUR / 0.890 EUR 770 EUR / 0.890 EUR 935 EUR / 0.995 EUR 1.100 EUR 1.400 EUR [5]
01.07.2007 – 31.12.2010 770 EUR / 0.900 EUR 1.000 EUR 1.000 EUR 1.100 EUR 1.400 EUR [6][7]
01.01.2011 – 770 EUR / 0.950 EUR 1.050 EUR 1.050 EUR 1.150 EUR 1.500 EUR [8]

Bei minderjährigen Kindern wird ein kleiner oder auch notwendiger Selbstbehalt gewährt, da diesen keinerlei Fähigkeit zur Eigenversorgung zugesprochen wird. Hat ein volljähriges Kind noch keine eigene Lebensstellung (bei den Eltern wohnhaft, in der Ausbildung) erworben, wird ebenfalls nur der kleine Selbsterhalt zugebilligt. Im Geltungsbereich der meisten Oberlandesgerichte wird noch unterschieden, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht.

Der große Selbstbehalt (auch angemessener Selbstbehalt) kann gegenüber privilegierten volljährigen Kindern gewährt werden. Die Höhe hat zwar über dem kleinem Selbstbehalt zu liegen, wird aber nicht weiter konkretisiert, da sie auf richterlichen Beschluss, den Umständen entsprechend, festgelegt wird.

Gegenüber den Ehegatten (getrennt lebende oder geschieden) ist nach den jüngsten Urteilen des BGH ein eheangemessener Selbstbehalt oder auch eheangemessener billiger Selbstbehalt zugrunde zu legen. Dieser wird von den Oberlandesgerichten uneinheitlich auf Werte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt festgesetzt. Als Ausnahme kann hier nur eine besondere, einem minderjährigen Kind ähnliche, Bedürftigkeit des Expartners zur Absenkung funktionieren. Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs in dieser Sache ist von 2006.[9]

Individuelle Höhe

Wenngleich die Unterhaltsrichtlinien bestimmte Sätze des Selbstbehalts festlegen, kann es durch richterlichen Beschluss zur Änderung dieser Summe kommen.

Als Gründe für eine Erhöhung werden z.B. eine nicht vermeidbare hohe Mietbelastung angesehen. Eine Kürzung des Selbstbehaltes wird erwogen, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammenlebt oder anderweitig Aufwendungen sparen kann. Der Bundesgerichtshof verwies darauf, dass durch der Unterhaltspflichtige bei gemeinsamer Haushaltsführung „dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen – im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft – geringeren Bedarf verweisen lassen muss“.[10] Dabei ist entscheidend, „ob der Unterhaltsschuldner wegen des Synergieeffekts ohne Einbußen günstiger lebt und seinen Lebensstandard mit geringeren Mitteln aufrechterhalten kann als ein allein lebender Unterhaltsschuldner“.[10]

Tatsächliche Höhe

Kann ein Unterhaltspflichtiger nicht den Mindestunterhalt für seine minderjährigen Kinder aufbringen, so kann der kleine Selbstbehalt unterschritten werden. Der tatsächliche Selbstbehalt wird in diesem Fall individuell von den Gerichten festgelegt. Er liegt meist knapp über den Kosten für angemessen Wohnraum plus der Regelleistung entsprechend der Regelsatzverordnung.[11]

Erhält ein Unterhaltspflichtiger, der Arbeitslosengeld II bezieht, mehr als die Regelleistung, so ist er auch verpflichtet, gerichtlich festgestellten Kindesunterhalt zu zahlen.[12][13]

Einzelnachweise

  1. FamRZ Düsseldorfer Tabelle 1. Juli 1999
  2. FamRZ Düsseldorfer Tabelle 1. Juli 1998
  3. FamRZ Düsseldorfer Tabelle 1. Juli 2001
  4. FamRZ Düsseldorfer Tabelle 1. Januar 2002
  5. OLG Düsseldorf: Düsseldorfer Tabelle 1. Juli 2005
  6. OLG Düsseldorf: Düsseldorfer Tabelle 1. Januar 2010
  7. OLG Düsseldorf: Düsseldorfer Tabelle 1. Januar 2009
  8. OLG Düsseldorf: Düsseldorfer Tabelle 1. Januar 2011
  9. BGH Urteil vom 15. März 2006. Aktenzeichen XII ZR 30/04. dejure.org
  10. a b Bundesgerichtshof, Az XII ZR 170/05, Urteil vom 9. Januar 2008
  11. Hartz IV-Empfänger müssen Kindesunterhalt zahlen. t-online.de, 18. März 2009, abgerufen am 14. Dezember 2010.
  12. Bundessozialgericht Kassel Urteil vom 30. 7. 2008 Az. B 14 AS 43/07 R
  13. Unterhalt: Auch Hartz IV Empfänger müssen zahlen! bafoeg-aktuell.de, 19. März 2009, abgerufen am 14. Dezember 2010.
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