Hans-Jochen Vogel (Pfarrer)

Hans-Jochen Vogel (Pfarrer)

Hans-Jochen Vogel (* 27. Februar 1943 in Chemnitz; † 27. Dezember 2005 ebenda) war ein Studentenpfarrer in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz).[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Vogel war 25 Jahre als Pfarrer der Evangelischen Studentengemeinde Karl-Marx-Stadt tätig. Nach der Selbstverbrennung des Falkensteiner Pfarrers Rolf Günther am 17. September 1978 verstärkte die Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ihre Bemühungen, im Bereich der Kirche vertrauliche Kontakte zu „progressiven“ Pfarrern zu knüpfen. Im Rahmen dieses Maßnahmenplans sollte Vogel als Inoffizieller Mitarbeiter gewonnen werden. Vogel traf sich auch mehrere Jahre lang mit Offizieren des Ministeriums. Nachdem er aber die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte, wurde die Zusammenarbeit eingestellt. Später ermittelte das MfS gegen Vogel, weil er Friedensgruppen in der DDR aktiv unterstützte.[2]

Vogel engagierte sich in der Friedensarbeit seiner Gemeinde,[3] er arbeitete aber auch in der als systemnah angesehenen Christlichen Friedenskonferenz der DDR (CFK) mit. Für die „Arbeitsgemeinschaft Offene Kirche“ gab er staatlich nicht-genehmigte und vom MfS als „anti-sozialistisch“ bewertete Informationsblätter heraus[4]

Nach der Wiedervereinigung setzte er sein Engagement in der Friedenspolitik fort und wurde Mitglied bei Attac Chemnitz. Im Jahr 2000 wurde er wegen eines Aufrufs an die Soldaten der Bundeswehr, die Teilnahme am Kosovokrieg zu verweigern, angeklagt, jedoch freigesprochen.[5] Vogel nahm an Ostermärschen in Chemnitz teil und hielt dort Ansprachen.[6] 2005 war er Mitinitiator des Chemnitzer Friedenstages.[7]

Hans-Jochen Vogel war langjähriger Autor der Zeitschrift telegraph und Redakteur der Zeitung gegen den Krieg.

2004 wurde Vogel mit dem Chemnitzer Friedenspreis ausgezeichnet.

Veröffentlichungen

  • Sprachlose Intellektuelle. In: Ossietzky Heft 20/2004.
  • Wir haben (die DDR) verloren; wir haben eine Welt zu gewinnen. In: Bernd Gehrke, Wolfgang Rüddenklau: War doch nicht unsere Alternative. Westfälisches Dampfboot, Münster 1999. ISBN 3-89691-466-9. S. 399 ff.
  • Globalisierung, ostdeutsch. In: Christine Buchholz: Unsere Welt ist keine Ware: Handbuch für Globalisierungskritiker. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002. ISBN 3-462-03164-3. S. 167 ff.
  • Strukturelle Gewalt im Krieg (1978-2). In: Martin-Luther-King-Zentrum für Gewaltfreiheit und Zivilcourage – Archiv der Bürgerbewegung Südwestsachsens: Raum für Güte und Gewissen: das Christliche Friedensseminar Königswalde im damaligen Bezirk Karl-Marx-Stadt/DDR 1973-1990. Kraussreinhardt, 2004. ISBN 3-9810040-0-0. S. 55 ff.
  • lebendig werden – die Stimme Hans-Jochen Vogels. Scheunen-Verlag, Kückenshagen 2008. ISBN 978-3-938398-58-6 (herausgeben von Elke Vogel)
  • Nachwort zu Unfrieden in Deutschland GNN-Verlag, Schkeuditz, ISBN 3-928556-06-1

Sekundärliteratur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nachruf in: Stadtgespräche Rostock.
  2. Peter Grimm: Die verdrängte Selbstverbrennung. In: Horch und Guck Heft 3/2008, S. 78.
  3. Havemann-Gesellschaft: Findbuch DDR-Opposition bis 1989, S. 80; Paul Kaiser, Claudia Petzold: Boheme und Diktatur in der DDR: Gruppen, Konflikte, Quartiere 1970-1989. Fannei und Walz, Berlin 1997. ISBN 3-927574-39-2. S. 334.
  4. Ministerium für Staatssicherheit: Übersicht über beachtenswerte nichtgenehmigte Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse antisozialistischen Inhalts und Charakters, sogenannte Informationsblätter (veröffentlicht auf www.ddr89.de).
  5. Wolfgang Richter, Gabriele Senft: Die deutsche Verantwortung für den NATO-Krieg gegen Jugoslawien – Schrift des Internationalen Vorbereitungskomitees für ein Europäisches Tribunal über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien. Schkeuditzer Buchverlag, Schkeuditz 2000. ISBN 3-9806705-6-2. S. 278, 286 f.
  6. Hans-Jochen Vogel: Ansprache zum Beginn des Ostermarsches – Chemnitz, 9. April 2004.
  7. Der Chemnitzer Friedenstag; Chemnitzer Friedenstag 2010.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hans-Jochen Vogel (Friedenspolitiker) — Hans Jochen Vogel (* 27. Februar 1943 in Chemnitz; † 27. Dezember 2005 ebenda) war ein Studentenpfarrer. Er spielte eine wichtige Rolle in der DDR Opposition in Karl Marx Stadt, dem heutigen Chemnitz. Vogel arbeitete in der Christlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vogel (Familienname) — Vogel ist ein deutscher Familienname. Herkunft des Namens Vogel war der mittelhochdeutsche Übername für einen Vogelfänger oder händler; übertragen auch für einen sangesfrohen, beschwingten Menschen. Häufigkeit Der Familienname Vogel liegt in… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Vogel (Begriffsklärung) — Hans Vogel ist der Name folgender Personen: Hans Vogel (1881–1945), deutscher Politiker (SPD) Hans Vogel (NSDAP) (1887–1955), deutscher Politiker (NSDAP), Polizeipräsident und SA Führer Hans Christoph Vogel (* 1942), deutscher Wirtschfts und… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Vo — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Bürgerrechtler der DDR — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Bürgerrechtsbewegung der DDR — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Bürgerrechtler — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Opposition — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Opposition und Widerstand — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav W. Heinemann — Gustav Heinemann (1969) Gustav Walter Heinemann (* 23. Juli 1899 in Schwelm; † 7. Juli 1976 in Essen) war ein deutscher Politiker. Von 1949 bis 1950 war er Bundesminister des Innern. Wegen der von …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”