Leo Brandt

Leo Brandt

Leo (Wolfgang) Brandt (* 17. November 1908 in Bernburg (Saale); † 26. April 1971 in Mainz) war ein deutscher Hochfrequenztechniker, Ingenieurwissenschaftler und politischer Beamter.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Vater war Postrat, befreundet mit Leo Löwenstein und wurde 1933 von den Nazis entlassen.

Leo Brandt besuchte die Oberrealschule in Düsseldorf und studierte Elektrotechnik an den Technischen Hochschulen in Aachen und TU Berlin-Charlottenburg, die er als Diplomingenieur verließ. Ab 1927 war er im Republikanischen Studentenbund. Die Zeit als dessen Vorsitzender war seine rhetorische Schule. Für die angestrebte Postkarriere bestand jedoch wegen Einstellungsstop keine Chance.

1932 trat er in Berlin in den Dienst der Telefunken GmbH ein. 1935 übertrug man ihm die Leitung des Empfängerlaboratoriums für Funkgeräte. Mit Wilhelm Runge entwickelte er eine Reihe funkmesstechnischer Gerätesysteme. Anfang 1939 war er mit der Leitung der Geräteentwicklung betraut und entwarf die Telefonie-Richtfunkgeräte Michael und Rudolf sowie das Funkmessgerät FuMG 39 Würzburg, das ab Mai 1940 in Serienfertigung ging. Die Weiterentwicklung war 1941 das ortsfeste Funkmessgerät FuMG 65 Würzburg-Riese mit einer Parabolantenne von 7,5 Metern Durchmesser und Reichweite von 80 Kilometern.

Diese wurden jedoch durch Düppel (abgeworfene, auf die Wellenlänge der Funkmessgeräte abgestimmte kurze Aluminiumstreifen) gestört. Im Februar 1942 war den Engländern auch die Ausweichfrequenzen des FuMG 62 in die Hände gefallen. Um nicht irrtümlicherweise die mit den Würzburg-Geräten erfassten deutschen Flugzeuge abzuschießen, entwickelte er 1941 in Ergänzung für den Kennungsgeber FuG-25a den Empfänger Steinziege.

Das deutsche Funkmessgerät arbeitete mit Wellenlängen um 50 cm und das der Alliierten mit 9 cm, das wesentlich genauere Anzeigebilder lieferte. Anfang der 1940er war das alliierte Radar noch völlig unentdeckt, weil es in der Wehrmacht überhaupt keine Geräte gab, die so hohe Frequenzen empfangen konnten. Im Februar 1943 kam durch einen Abschuss eines britischen Nachtbomber bei Rotterdam ein Bordradargerät H2S in die Hände der Deutschen; dies allerdings schon zu einem Zeitpunkt, als die Luftüberlegenheit der Alliierten schon gewaltig war. Es verging aber doch noch fast ein Jahr, bis die Bedeutung des Gerätes erkannt wurde. Um den technologischen Vorsprung der Briten aufzuholen, wurde 1943 die „Arbeitsgemeinschaft Rotterdam“ gegründet, der Leo Brandt bis zum Ende vorsaß. Brandt und Runge hatten zwar das Gerät in kürzester Zeit als Rotterdam-Gerät nachgebaut, aber durch einen Fehler eines Technikers wurde in dem Antennenspiegel der verkehrte Dipol verwendet, wodurch die Leistungfähigkeit erheblich sank. Außerdem meinte man fälschlicherweise, dieses Gerät sei nur für die Navigation brauchbar, aber nicht als Radar.[1]

Für Nachtjäger soll er auch er ein Panoramabildgerät Barb zur Darstellung einer auch bei Nacht und Nebel erkennbaren elektronischen Landkarte, mit einer Wellenlänge von neun Zentimetern bei einer Reichweite von zwei Kilometern entwickelt haben.[2] Bis Ende 1943 entwickelten sie das im Zentimeter-Wellenbereich arbeitende ortsfeste Funkmessgerät Marbach mit einer Reichweite von über 200 Kilometer. Die Luftüberlegenheit der alliierten Bomberverbände konnte jedoch auch das nicht verhindern.

Bei Kriegsende tauchte er zunächst unter. Der Alliierte Kontrollrat untersagte alle Arbeiten zur Weiterentwicklung der Funkmesstechnik (von nun an als "Radar" bezeichnet). Die Würzburg-Antennen wurden im Weiteren in der Radioastronomie das meistbenutzte Radioteleskop. Das British Intelligence Objectives Sub-Committee (BIOS) war ihm ein Dorn im Auge. Er setzte sich für Abraham Esau ein.

Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Walter Kolb, Genosse aus den Tagen des Republikanischen Studentenbundes, verschaffte ihm eine leitende Stelle beim Fuhrpark der Düsseldorfer Stadtwerke. Nun machte er als Verkehrsmanager Karriere und wurde schon im nächsten Jahr Generaldirektor der den Stadtwerken zugehörigen Verkehrsgesellschaft Rheinbahn.

Er war ein eifriger Verfechter der Bundesbahn-Elektrifizierung.

Er war Ministerpräsident Karl Arnold aufgefallen, der ihn in das Ministrium für Wirtschaft und Verkehr von Nordrhein-Westfalen holte. Diesem oblag bis zum "5.5.55" die Überwachung der Forschung. Am 15. Februar 1949 wurde er zum Ministerialdirektor ernannt und war ab 1954 bis zu seinem Tod Staatssekretär. Mit Erwin Simon versuchte er ein geheimes deutsch-niederländisch-norwegisches Reaktorprojekt einzufädeln.[3]

Sein „Rotterdam“-Trauma stachelte ihn immer wieder an, „Rückstände“ zu überwinden. Auf seinen Vorschlag wurde 1950 die Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen gegründet. Die Stadtwerke Düsseldorf gaben den Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich in Auftrag. 1957 setzte er die Geschwindigkeitsbegrenzung in den Städten durch. Als der Jurist Franz Meyers 1958 als Ministerpräsident an die Macht kam, wurde Brandt entmachtet. 1961 wurde er Leiter des neugegründten Landesamtes für Forschung. Er hatte knapp 170 Schriften herausgegeben.[4][5]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Aufgaben deutscher Forschung; ab 1952
  • Fachvorträge über Schiffsfunkortung beim Oberkommando der Kriegsmarine vom 9.-10.3.1944; 1944
  • Der Verkehr als wesentlicher Faktor des deutschen Wiederaufbaues : Vortrag, gehalten am 15 Juli 1949 anlässlich d. Tagung "Schienenfahrzeuge" an d. Techn. Hochschule, Aachen; 1949
  • Verkehrs-Koordinierung : Vorträge / Enno Müller; Leo Brandt
  • Verkehr an Rhein und Ruhr in graphischen Darstellungen; 1950
  • Verkehrstechnik und Verkehrspolitik : ausgewählte Kapitel aus einer Vorlesung an der Technischen Hochschule in Aachen im Wintersemester 1949/50
  • Von der Rundfunkwelle zur Zentimeterwelle des Radar : [aus 20 Jahren Hochfrequenzentwicklung] ; Vortrag; Essen : Wissenschaftl. Verein f. Verkehrswesen e.V., 1951
  • Moderne Nahverkehrsprobleme; 1951, in Wissenschaftliche Veröffentlichungen und Tagungsberichte / Ministerium für Wissenschaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen ; H. 14; mit Enno Müller und Gustav Dilli (1892–1971; 1953 Vizepräsident der Bundesbahndirektion Essen, danach auf seine alten Rang als Leiter der Betreibsabteilung)
  • Schiene und Strasse : Leistungen des Verkehrs beim Wiederaufbau deutscher Wirtschaft an Rhein und Ruhr; Dortmund : Verkehrs- und Wirtschafts-Verl., 1951
  • Wege und Ziele der Forschung in Nordrhein-Westfalen : 3 Vorträge; mit Karl Arnold und Hermann Schenck
  • Über den Anteil jüdischer Persönlichkeiten an der Entwicklung der deutschen Elektroindustrie; in der Allgemeinen Wochenzeitung der Juden in Deutschland
  • Probleme der Verkehrs-Unfallverhütung; 1951
  • Navigation und Luftsicherung; 1952
  • Aufgaben deutscher Forschung auf dem Gebiet der Natur-, Ingenieur-und Gesellschaftswissenschaften : Versuch eines vorläufigen Überblicks mit zusätzlichen Angaben über Forschungsstätten und Förderer deutscher Forschung; 1952
  • Diskussionsbeiträge und Berichterstattung über die Ausschußsitzungen auf der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung; Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen; mit Arnold, Karl ; Frenz, G.
  • Aussprachen, Vorträge und Diskussionsbeiträge auf der Gründungssitzung der Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung am 23. Januar 1952 in Düsseldorf
  • Forschung und Rationalisierung als Grundlagen zur Steigerung der Produktivität : Vortrag gehalten auf der NE-Metall-Tagung am 2. Juli 1952 in Düsseldorf
  • Probleme des modernen Strassenverkehrs : Zsstellung d. Referate d. verkehrswissenschaftl. Vortragsreihe vom 8. bis 12. Dez. 1952
  • Beiträge zur Schallortung ; 1 ; Vorträge des Arbeitskreises für Schallortung auf der Arbeitstagung in Bremen am 19.10.1953
  • Sitzungsprotokolle der Arbeitsgemeinschaft Rotterdam : Ausschuß für Funkortung. (1943-1944); 1953
  • Industrielle Rationalisierung
  • Forschung und wirtschaftliche Zukunft; 1953
  • mit Karl Arnold: Mensch und Technik : der Mensch und seine Arbeit im Betrieb; 1953
  • Die Wettbewerbssituation der Deutschen Bundesbahn gegenüber anderen Verkehrsträgern; In: Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Bd. 33 (1953), 9, S.580-584
  • Messungen des Leistungsbedarfs von Doppelstegkettenförderern : Forschunsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
  • Große Rationalisierungs-Ausstellung Düsseldorf 1953
  • Funk- und Schallortung in der internationalen Seeschiffahrt : Stand 1954 ; Bremer Fachtagung 1954
  • 18 neue Forschungsstellen im Land Nordrhein-Westfalen : Berichte; 1954
  • Beiträge zum internationalen Luftrecht
  • Probleme eines Schutzschirmes über Deutschland aus der Sicht und den Erfahrungen eines Hochfrequenzingenieurs : Vortr. gehalten vor d. Bundestags-Ausschüssen f. Sicherheit u. Inneres; Düsseldorf : Ausschuss f. Funkortung, 1955
  • Beiträge zur Schiffsfunkortung : Vorträge und Diskussionen des Arbeitskreises für Schiffsfunkortung auf der Arbeitstagung in Hamburg am 3. und 4. März 1955
  • Zum Werdegang der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen; In: Festschrift der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen zu Ehren des Herrn Ministerpräsidenten Karl Arnold anläßlich des fünfjährigen Bestehens der Arbeitsgemeinschaft für Forschung (1955), S.311-319
  • Forschen und Gestalten. Reden und Aufsätze 1930 - 1962

Literatur

Weblinks

Belege

  1. http://www.hts-homepage.de/Wehrmacht/WMWehrmacht.html
  2. http://konmedia4.webmaintainer.de/DE/Biografien/2008_biografien/Leo_Brandt.php
  3. http://juwel.fz-juelich.de:8080/dspace/bitstream/2128/3692/1/Allgemeines_06.pdf S. 14
  4. Bibliografie bei fz-juelich.de
  5. http://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=1/TTL=181/MAT=/NOMAT=T/CLK?IKT=1004&TRM=Brandt,Leo

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