Tests der speziellen Relativitätstheorie

Tests der speziellen Relativitätstheorie

Tests der speziellen Relativitätstheorie werden bis heute durchgeführt. Sie waren für die Entwicklung und Akzeptanz der Theorie von entscheidender Bedeutung, wobei moderne Experimente weiterhin in Übereinstimmung mit der Theorie sind. Entgegen populären Darstellungen ist die spezielle Relativitätstheorie nicht bloß das Ergebnis von Gedankenexperimenten, und auch nicht das Produkt eines einzelnen Experiments, nämlich des berühmten Michelson-Morley-Experiments. Die Stärke der Theorie liegt vielmehr darin, dass sie die einzige ist, die mehrere grundverschiedene Experimente widerspruchsfrei erklären kann. Mögliche Abweichungen, die im Gültigkeitsbereich der speziellen Relativitätstheorie liegen, können nur noch im experimentell schwer zugänglichen Bereich der Planck-Skala liegen. Zusammenstellungen diverser Tests der speziellen Relativitätstheorie wurden von Jakob Laub,[1] Zhang,[2] Mattingly,[3] Clifford Will,[4] und Roberts/Schleif[5] gegeben.

Der Gültigkeitsbereich der speziellen Relativitätstheorie ist eingeschränkt auf alle Phänomene in der „flachen Raumzeit“, d.h. alle gleichförmigen und beschleunigten Bewegungen mit Ausnahme der Gravitation. Letzteres behandelt die allgemeine Relativitätstheorie; für die entsprechenden experimentellen Tests siehe Tests der allgemeinen Relativitätstheorie.

Inhaltsverzeichnis

Widerlegungen des Äthers

Die im 19. Jahrhundert vorherrschende Theorie war diejenige des ruhenden Äthers, eines Mediums, in dem sich Licht ausbreitet wie sich der Schall in Luft ausbreitet. Daraus folgt, dass sich Licht in diesem Äther konstant und unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle ausbreitet. Ein Beobachter, der sich relativ zu diesem Äther bewegt, müsste folglich eine Art „Ätherwind“ messen können, genauso wie ein relativ zur Luft bewegter Beobachter einen Fahrtwind bemerken muss.

Experimente erster Ordnung

Es wurden nun eine Reihe optischer Experimente durchgeführt, die trotz ihrer relativen Ungenauigkeit eigentlich ein positives Resultat hätten erbringen müssen, wenn der Äther vollständig in Ruhe wäre. Doch konnte dieses Problem von Augustin Jean Fresnel (1818) durch Einführung einer Hilfshypothese gelöst werden. Er führte den sogenannte fresnelschen Mitführungskoeffizienten ein, der besagt, dass ein Bruchteil des Äthers abhängig vom Brechungsindex der Materie, mitgeführt wird. Die Notwendigkeit dieses Mitführungskoeffizienten in der Äthertheorie wurde direkt durch das Fizeau-Experiment (1851) nachgewiesen. Später konnte durch Wilhelm Veltmann tatsächlich gezeigt werden, dass alle optischen Ätherdriftexperimente erster Ordnung aus diesem Grund ein negatives Resultat erbringen müssen.

Daneben wurden auch elektrodynamische Experimente durchgeführt. Deren negatives Ergebnis konnte mit der Theorie von Fresnel nicht erklärt werden, und so musste Hendrik Antoon Lorentz (1892, 1895) eine Reihe von Hilfsvariablen für bewegte Beobachter einführen, welche auch hier die negativen Resultate erklärten. Dazu gehört eine Ortsvariable, gemäß der sich elektrostatische Felder in Bewegungsrichtung kontrahieren, und eine Zeitvariable, gemäß der die Zeitkoordinaten vom jeweiligen Ort abhängen, die sogenannte „Ortszeit“. Dadurch war sichergestellt, dass alle optischen und elektrodynamischen Experimente erster Ordnung ein negatives Resultat erbringen mussten.

Experimente zweiter Ordnung

Originalgetreuer Nachbau des Michelson-Experiments, 1881

Die fresnel-lorentzsche Theorie des ruhenden Äthers musste allerdings positive Resultate erbringen, wenn die Experimente genau genug waren, um Größen zweiter Ordnung in v / c messen zu können. Das erste Experiment dieser Art war das Michelson-Morley-Experiment (1881, 1887), mit dem mittels eines Interferometers, wo zwei Strahlen senkrecht zueinander gespiegelt und wieder zusammengeführt wurden, die Veränderung der Strecke bzw. der relativen Lichtgeschwindigkeiten im Ätherwind gemessen werden sollte. Das Ergebnis war jedoch negativ. Der einzige Ausweg, um dieses Ergebnis mit einem ruhenden Äther verträglich zu machen, war die von George Francis FitzGerald (1889) und Lorentz (1892) aufgestellte Kontraktionshypothese. Diese besagt, dass (wie vorher schon bekannt war) nicht nur elektrostatischen Felder kontrahieren, sondern auch die Bindungskräfte in der Materie davon betroffen sind, und somit die Materie selbst dieser Kontraktion unterworfen ist. Dies wurde plausibel gemacht durch die Annahme, dass die Bindungskräfte selbst elektrischer Natur sind. Da jedoch kein zwingender theoretischer Grund für diese Annahme gebracht werden konnte, wurde die Längenkontraktion als Ad-hoc-Hypothese angesehen.

Neben dem optischen Michelson-Morley-Experiment, wurde 1903 auch dessen elektrodynamisches Äquivalent durchgeführt – das Trouton-Noble-Experiment. Hier sollte gezeigt werden, dass ein im Äther bewegter Kondensator ein Drehmoment aufweisen müsste. Doch auch hier war das Ergebnis negativ. Auch die Längenkontraktion wurde durch die Experimente von Rayleigh und Brace (1902, 1904) einer direkten Prüfung unterworfen, denn es wurde angenommen, dass diese zur Doppelbrechung führt – abermals war das Ergebnis negativ. (Das später durchgeführte Trouton-Rankine-Experiment (1908), welches nachweisen sollte, ob die Längenkontraktion einen Einfluss auf den Widerstand einer Spule hat, verlief ebenfalls negativ.)

Um nun alle vor 1904 durchgeführten Experimente zu erklären, musste Lorentz seine Theorie abermals erweitern, und führte deswegen im Rahmen der lorentzschen Äthertheorie die vollständige Lorentz-Transformation ein, und Henri Poincaré erklärte (1905), dass die Unauffindbarkeiten einer absoluten Bewegung (Relativitätsprinzip) offenbar ein Naturgesetz ist.

Widerlegungen des bewegten Äthers

Die Idee, dass der Äther vollständig innerhalb bzw. in der Nähe der Erde mitgeführt wird, wodurch die negativen Ätherdriftexperimente erklärt werden könnten, wurde widerlegt durch das Fizeau-Experiment, die Experimente von Oliver Lodge (1893) der anhand von rotierenden Scheiben herausfinden wollte, ob der Äther mitgeführt wird; Hammar (1935), der ein Michelson-Interferometer benutzte, wobei ein Arm mit Blei umhüllt, und der andere frei lag; dem Sagnac-Effekt; und durch die Existenz der Aberration des Lichtes. Auch die Annahme, dass die Mitführung proportional der Masse sei und somit nur für die Erde als Ganzes zutrifft, wurde durch das Michelson-Gale-Experiment (Messung des Sagnac-Effekts durch die Erdrotation) widerlegt.

Spezielle Relativitätstheorie

Ausgangssituation

Schließlich zeigte Albert Einstein (1905), dass die Modelle und Experimente

  • die maxwell-lorentzsche Elektrodynamik (Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Quellengeschwindigkeit)
  • die elektromagnetische Induktion ist nur von der Relativbewegung abhängig
  • die negativen Ätherdriftexperimente (kein bevorzugtes Bezugssystem)
  • die Aberration des Lichtes und das Fizeau-Experiment (keine vollständige Äthermitführung)

nur dann ein logisch stimmiges Ganzes ergeben, wenn die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen und das Relativitätsprinzip angenommen wird. Das Ergebnis ist die spezielle Relativitätstheorie, wo die Konzepte von Raum und Zeit einer grundlegenden Revision unterworfen werden, und die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation ersetzt wird. Die Lorentz-Transformation ist nun keine Ansammlung von Hilfsvariablen (wie noch bei Lorentz) mehr, sondern betrifft das Wesen von Raum und Zeit und spiegelt eine grundlegende (Lorentz-)Symmetrie wider, wobei sie zusätzlich die Grundlage für erfolgreiche Theorien wie das Standardmodell ist. Für den materiellen Äther als eines mit einem Bewegungszustand ausgestatteten, bevorzugten Bezugssystem, war von nun an kein Platz mehr. Mit dieser Lorentz-Symmetrie bzw. -Invarianz sind eine Reihe experimentell überprüfbarer Voraussagen verbunden:[6]

Relativitätsprinzip Konstanz der Lichtgeschwindigkeit Zeitdilatation
Jeder gleichförmig bewegte Bewegter (der also in einem Inertialsystem ruht), ist mit Hilfe einer mitbewegten Experimentalanordnung nicht in der Lage, seinen „absoluten“ Bewegungszustand zu messen. In allen Inertialsystemen ist die gemessene Lichtgeschwindigkeit gleich in alle Richtungen (Isotropie), unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle, und kann auch von massebehafteten Körpern nicht überschritten werden. Ein Uhr C (also jeder periodische Prozess), welche zwischen zwei in einem Inertialsystem ruhenden und synchronisierten Uhren A und B, hin- und herbewegt wird, geht gegenüber den Uhren A und B nach.
Daneben existieren noch weitere relativistische Effekte wie Längenkontraktion, Dopplereffekt, Aberration etc. Ebenso sind damit die experimentellen Vorhersagen relativistischer Theorien wie das Standardmodell verbunden.

Grundlegende Experimente

Alle Aussagen der SRT können phänomenologisch aus den folgenden drei Experimenten abgeleitet werden (wobei eine Reihe weiterer Experimente existiert und diese bis heute durchgeführt werden):[7]

Die Kombination dieser Experimente ist wichtig, da für sich alleine genommen die meisten Experimente mehrdeutig interpretierbar sind. Beispielsweise können Isotropieexperimente wie das Michelson-Morley-Experiment auch als einfache Konsequenz des Relativitätsprinzips angesehen werden, wonach jeder Beobachter sich als ruhend ansehen kann. Damit sind diese Experimente auch mit Galilei-invarianten Theorien wie die Emissionstheorie oder die vollständige Äthermitführung verträglich, in denen die Lichtgeschwindigkeit nicht konstant ist. Erst durch die Hinzunahme anderer Experimente, welche die konkurrierenden Galilei-invarianten Theorien ausschließen (wie das Ives-Stillwell-Experiment, oder die Widerlegungen der Äthermiführung oder der Emissionstheorie) verbleibt die Lorentzinvarianz und somit die SRT die einzige Theorie, welche alle Experimente erklären kann.

Isotropie der Lichtgeschwindigkeit

Interferometrie, Resonatoren

Interferenzmuster eines roten Laserstrahls durch ein Michelson-Interferometer

Zur Messung der Isotropie der Lichtgeschwindigkeit werden Variationen des Michelson-Morley-Experiments (MM) und des Kennedy-Thorndike-Experiments (KT) durchgeführt. Im Unterschied zu MM, werden bei KT-Experimenten unterschiedlich lange Arme benutzt, wobei die Auswertung über Monate erfolgt. Dadurch könnten etwaige Auswirkungen der Geschwindigkeitsänderungen des Apparats während der Rotation um die Sonne festgestellt werden. In modernen Resonator-Experimenten wurde unter Benutzung von optischen Resonatoren eine mögliche Anisotropie der Lichtgeschwindigkeit auf \leq10^{-17} (für MM), und \leq10^{-13} (für KT) verringert. Dabei werden nicht nur terrestrische Tests durchgeführt, sondern auch bei Benutzung von Lunar Laser Ranging, d. h. bei optischen Messungen zwischen Erde und Mond, konnte eine Variante des Kennedy-Thorndike-Experiments durchgeführt werden.

In den 1960ern wurden diverse Spielarten der Mößbauer-Rotor-Experimente durchgeführt, wo Sender und Empfänger auf einer rotierenden Scheibe angebracht wurden. Durch Ausnutzung des Mößbauer-Effekts konnte anhand der gemessenen Dopplerverschiebung eine Anisotropie der Lichtgeschwindigkeit mit großer Genauigkeit ausgeschlossen werden. (Ähnliche Experimente wurden auch zur Messung der Zeitdilatation verwendet, s. unten.)

Isotropie von Raum, Masse, und Energie

Hauptartikel: Hughes-Drever-Experiment

Ebenso wurden Messungen einer möglichen Anisotropie von Raum, Masse, Energie und damit zusammenhängend einer Verletzung der Lorentzinvarianz durch das Hughes-Drever-Experiment und diverser Spielarten davon vorgenommen. Im Gegensatz zu den Resonatorexperimenten an Photonen, werden hier die Eigenschaften von Protonen, Neutronen und Elektronen untersucht. Beispielsweise wenn die Lichtgeschwindigkeit nicht mit der Grenzgeschwindigkeit der Materie bzw. der atomaren Wechselwirkungen übereinstimmt, dann sollte dies zu Abweichungen in den Energieniveaus von Atomkernen führen. Die erreichte Genauigkeit, mit der eine Anisotropie ausgeschlossen werden kann, liegt aktuell bei ca. 10 − 33 GeV, wodurch diese Experimente zu den genauesten Tests der SRT überhaupt zählen. Diese Experimente können auch als „Uhrenanisotropie-Experimente“ aufgefasst werden, da die verglichenen Frequenzen und periodischen Vorgänge als Uhr aufgefasst werden können.[4][3]

Abhängigkeit von Quellengeschwindigkeit und Energie

de Sitters Doppelstern-Argument
Hauptartikel: Emissionstheorie

Mit einer Emissionstheorie, die annimmt, dass die Lichtgeschwindigkeit abhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle ist, könnte der negative Ausgang der Ätherdriftexperimente ebenfalls erklärt werden. Eine Reihe von Tests hat jedoch gezeigt, dass die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der Quellgeschwindigkeit ist. Beispielsweise bei Mesonenbeobachtungen, wo die Photonen nicht die Geschwindigkeit der zerfallenden Mesonen übernahmen; dem Sagnac-Effekt; und die Beobachtung von Doppelsternen, deren Umlaufbahnen bei unterschiedlich schneller Ausbreitung des Lichtes verzerrt erscheinen müssten.

Durch Beobachtung verschiedener Lichtstrahlen von entfernten astronomischen Quellen konnte auch gezeigt werden, dass die Lichtausbreitung nicht von der Frequenz und Energie des Lichtes abhängt.[3]

Einweg-Messungen

Hauptartikel: Einweg-Lichtgeschwindigkeit

Zusätzlich wurden eine Reihe von präzisen Einweg-Messungen mit Licht[5] durchgeführt, die allesamt die Vorhersagen der speziellen Relativitätstheorie, bzw. die Isotropie der Lichtgeschwindigkeit bestätigten. Hier ist allerdings zu beachten, dass immer nur die Zweiweg-Lichtgeschwindigkeit, d. h. von A nach B wieder zurück nach A, direkt gemessen werden kann, denn die Einweg-Lichtgeschwindigkeit (von A nach B) hängt von der Definition der Gleichzeitigkeit und somit von dem gewählten Synchronisationsschema ab. Die Poincaré-Einstein-Synchronisation macht die Einweg- gleich der Zweiweg-Lichtgeschwindigkeit, doch sind auch andere Synchronisationen denkbar, die eine anisotrope Einweg-Lichtgeschwindigkeit ergeben und trotzdem experimentell mit der speziellen Relativitätstheorie äquivalent sind, da auch hier die Zweiweg-Lichtgeschwindigkeit konstant ist. Es konnte weiterhin sowohl theoretisch als auch experimentell gezeigt werden, dass eine Synchronisation mit langsamem Uhrentransport bei Annahme der Zeitdilatation äquivalent mit diesen Methoden ist. Da also nur die Zweiweg-Lichtgeschwindigkeit direkt messbar, und die Einweg-Lichtgeschwindigkeit von der Gleichzeitigkeitsdefinition abhängt, gibt es eine Reihe experimentell äquivalenter Theorie zur SRT. Jedoch kann von dieser Klasse nur die spezielle Relativitätstheorie ernsthaft in Betracht gezogen werden, da nur in ihr die Lorentz-Symmetrie klar zum Ausdruck kommt, während alle anderen Theorien (wie die lorentzsche Äthertheorie) nur durch eine Reihe von Hilfshypothesen und extremen Annahmen zur Uhrensychronisation die selben Ergebnisse erzielen können.

Zeitdilatation und Längenkontraktion

Die Zeitdilatation (und damit zusammenhängend der transversale relativistische Dopplereffekt) konnte erstmals direkt durch das Ives-Stilwell-Experiment (1938) nachgewiesen werden, wo die Verschiebung des Schwerpunkts zwischen sich überlagernden Lichtwellen ausgewertet wurde. Moderne Ives-Stillwell-Messungen werden in Schwerionenspeicherringen mit Sättigungsspektroskopie durchgeführt, wobei eine maximalen Abweichung von der Zeitdilatation von \leq10^{-8} erreicht worden ist. Eine andere Variante sind die Mößbauer-Rotor-Experimente, wo auf einer Scheibe Licht von einer Quelle in der Mitte, zu einem Empfänger am Rand geschickt wird, wobei die Auswertung des Dopplereffekts unter Ausnutzung des Mößbauer-Effekts durchgeführt wird. Hingegen die Zeitdilatation bewegter Teilchen konnte durch Messungen in der Atmosphäre und Teilchenbeschleunigern ebenfalls mit großer Genauigkeit festgestellt werden. Das Hafele-Keating-Experiment überprüft hingegen direkt das sogenannte Zwillingsparadoxon. In diesem Experiment spielt allerdings die gravitative Zeitdilatation der allgemeinen Relativitätstheorie eine wesentliche Rolle.

Während die Bestätigung der Zeitdilatation in Teilchenbeschleunigern bereits Routine ist, ist es praktisch kaum möglich, die Lorentzkontraktion direkt zu beobachten, da die Dimensionen der zu beobachtenden Teilchen zu klein sind. Jedoch gibt es indirekte Bestätigungen, wie das Verhalten bei Kollisionen von Schwerionen, welche nur erklärt werden können, wenn die erhöhte Dichte aufgrund der Lorentzkontraktion berücksichtigt wird. Ebenso führt die Kontraktion zu einer Verstärkung des Coulomb-Feldes senkrecht zur Bewegungsrichtung, deren Auswirkungen ebenfalls bereits beobachtet wurden. Dies alles führt dazu, dass relativistische Effekte wie Zeitdilatation und Längenkontraktion bei der Konstruktion von Teilchenbeschleunigern berücksichtigt werden müssen.

Relativistische Masse und Energie

Experiment von Bucherer, 1908

Seit 1901 wurden mit den Kaufmann-Bucherer-Neumann-Experimenten eine Reihe von Messungen durchgeführt, die überprüfen sollten, ob die Masse von Kathodenstrahlen abhängig ist von deren Geschwindigkeit. Die Ergebnisse zeigten tatsächlich eine solche Abhängigkeit, jedoch war die Genauigkeit, und damit die Brauchbarkeit bei der Unterscheidung verschiedener Konkurrenztheorien, lange umstritten. Schließlich konnte jedoch eindeutig festgestellt werden, dass die Ergebnisse mit den Voraussagen der speziellen Relativitätstheorie übereinstimmen.

Heute werden diese Voraussagen betreffend der Zunahme der relativistischen Energie bereits routinemäßig in Teilchenbeschleunigern bestätigt, wie beispielsweise im Relativistic Heavy Ion Collider. Die relativistischen Formeln werden dabei nicht nur aufs genaueste bestätigt, sondern sind auch für die Konstruktion von Zyklotronen, Synchrotronen etc. notwendig, durch welche die Partikel annähernd auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden.

Sacnac und Fizeau

Sagnac-Interferometer

Eine weitere experimentelle Vorhersage der SRT besagt, dass zwei Strahlen, die in entgegengesetzte Richtungen einen geschlossenen Pfad durchlaufen, wobei Sender/Empfänger sich relativ zu diesem Pfad bewegen, unterschiedliche Zeitspannen benötigen, um zum Empfänger zurückzukehren (eine Folge der Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Quelle, siehe oben). Dieser Effekt konnte tatsächlich mit Hilfe eines Sagnac-Interferometers nachgewiesen werden, und muss heute beispielsweise auch für die Funktion des GPS berücksichtigt werden.

Finden solche Versuche innerhalb dichter und bewegter Medien statt, muss dabei auch der durch das Fizeau-Experiment nachgewiesene fresnelsche Mitführungskoeffizient berücksichtigt werden. Dieser wurde oben zwar als Bestätigung eines annähernd ruhenden Äthers bezeichnet, jedoch ergibt sich dieser in der SRT als simple Konsequenz des relativistische Geschwindigkeitsadditionstheorems für geringe Geschwindigkeiten.

Weitere moderne Tests

Der technische Fortschritt machte es möglich, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Hochpräzisionsmessungen durchgeführt werden konnten. Dies steht im Zusammenhang mit modernen Theorien der Quantengravitation, die möglicherweise minimale Verletzungen der Lorentzinvarianz zulassen. Dazu zählen auch Abweichungen vom schwachen Äquivalenzprinzip, da gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie in frei fallenden Bezugssystemen eine „lokale Lorentzinvarianz“ (LLI) gilt.[3]

  • Neben den oben bereits erwähnten modernen Variationen von Michelson-Morley und Kennedy-Thorndike, werden auch Uhrenanisotropie-Experimente im Sinne des Hughes-Drever-Experiments weiterhin ausgeführt, wobei diese im Gegensatz zu dem Michelson-Morley-Experiment (das auf den Photonensektor beschränkt ist), auch den Protonen- und Neutronen-Sektor abdecken. Für mögliche Abweichungen von der Lorentzinvarianz im Elektronen-Sektor werden spinpolarisierte Torsionswaagen untersucht.
  • Die Zeitdilatation wird in modernen Experimenten durch Beobachtung des Dopplereffekts von Lithium nachgewiesen, wobei diese Experimente für den Elektronen-, Protonen-, und Photonen-Sektor gültig sind.
  • Andere Experimente benutzen Penning-Fallen, wo in elektrostatischen- und Magnetfeldern Abweichungen von der Zyklotronbewegung im Magnetfeld und der Larmorpräzession beobachtet werden könnte.
  • Abweichungen von der CPT-Symmetrie (deren Bruch ebenfalls eine Verletzung der Lorentzinvarianz darstellt) werden durch Experimente an neutralen Mesonen, Penning-Fallen und Myonen bestimmt.
  • Zusätzlich werden Beobachtungen im Higgs-Sektor angestellt.
  • Astronomische Tests werden im Zusammenhang mit der Flugzeit von Photonen durchgeführt, wo mögliche, zur Lorentz-Verletzung führende Einflüsse von Dispersion und Doppelbrechung gemessen werden können. Dies könnte dazu führen, dass Photonen von unterschiedlicher Energie, Frequenz, oder Polarisation sich unterschiedlich schnell ausbreiten. Als weitere Kandidaten zu Untersuchungen bieten sich vor allem Synchrotronstrahlen und Neutrinooszillationen an. Ebenso werden Beugungsringe nach möglichen Abweichungen von der Lorentzinvarianz untersucht, deren Photonen dadurch außer Phase geraten können.
  • Eine andere astronomischer Testmöglichkeit ist die Schwellenergie von Licht, das von entfernten astronomischen Objekten kommt. Eine Lorentz-Brechung könnte dazu führen, dass die daraus folgenden Reaktionen nicht mehr den Standardwerten entspricht.

Testtheorien

Aufgrund der mannigfaltigen Möglichkeiten einer Verletzung der Lorentzinvarianz aufgrund von Quantenphänomenen in modernen Experimenten, wurden verschiedene Testtheorien entwickelt, welche durch Beifügung verschiedene Parameter in ihren experimentellen Konsequenzen von der speziellen Relativitätstheorie abweichen, und dadurch die Möglichkeit geben, eventuelle Abweichungen vorauszusagen bzw. theoretisch zu interpretieren. Dazu gehören die bereits ältere Testtheorie von Robertson-Mansouri-Sexl (1977), und die immer mehr an Bedeutung gewinnende Standardmodellerweiterung mit einer noch weit größeren Anzahl von Parametern, welche andere Testtheorien in sich einschließt.

Status

Die spezielle Relativitätstheorie ist durch viele Experimente bestätigt worden. Trotz großer Anstrengungen ist es bislang nicht gelungen, Verletzungen der Lorentzinvarianz experimentell zu bestimmen. Sollten diese in Zukunft gefunden werden, so können diese nur im bisher experimentell nicht zugänglichen Bereich der Planck-Skala angesiedelt sein.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Laub, Jakob: Über die experimentellen Grundlagen des Relativitätsprinzips. In: Jahrbuch der Radioaktivität und Elektronik. 7, 1910, S. 405–463.
  2. Zhang, Yuan Zhong: Special Relativity and Its Experimental Foundations. World Scientific 1997, ISBN 9789810227494
  3. a b c d Mattingly, David: Modern Tests of Lorentz Invariance. In: Living Rev. Relativity. 8, Nr. 5, 2005.
  4. a b Will, C.M: Special Relativity: A Centenary Perspective. In: T. Damour, O. Darrigol, B. Duplantier und V. Rivasseau (Hrsg.): Poincare Seminar 2005, S. 33–58, Basel: Birkhauser 2006, arXiv:gr-qc/0504085
  5. a b T Roberts/S Schleif (2007): What is the experimental basis of Special Relativity?. Usenet Physics FAQ. University of California, Riverside. Abgerufen am 31. Oktober 2010.
  6. Lämmerzahl, C.: Special Relativity and Lorentz Invariance. In: Annalen der Physik. 517, Nr. 1, 2005, S. 71-102. doi:10.1002/andp.200410127.
  7. Robertson, H. P.: Postulate versus Observation in the Special Theory of Relativity. In: Reviews of Modern Physics. 21, Nr. 3, 1949, S. 378–382. doi:10.1103/RevModPhys.21.378.

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