Adolf Neumann-Hofer

Adolf Neumann-Hofer
Dr. Adolf Neumann-Hofer

Adolf Neumann-Hofer (* 18. Februar 1867 in Lappienen, Kreis Niederung; † 20. Mai 1925 in Detmold) war ein deutscher Zeitungsverleger und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Biographisches

Er wurde am 18. Februar 1867 im ostpreußischen Lappienen als Nachfahre Salzburger Emigranten geboren. Während seiner Schulzeit in Tilsit siedelte er nach Berlin zu einem Bruder über. Dort legte er die Reifeprüfung ab und begann ein Studium, welches er später in Tübingen mit einer staatswissenschaftlichen Promotion abschloss. Anschließend arbeitete er zunächst bei der Deutschen Bank in Berlin, bevor er sich als Journalist und Fachschriftsteller selbständig machte.

Ein Zufall brachte ihn nach Lippe. Bei der Durchreise besuchte er den ehemaligen Kommilitonen Alfons Stengele, der kurz zuvor die Leitung der Lippischen Landes-Zeitung übernommen hatte. Da dieser sie wieder abgeben wollte, übernahm Neumann-Hofer 1899 kurzerhand die Zeitung sowie die Meyerschen Hofbuchdruckerei und ließ sich im Oktober 1899 in Detmold nieder. Neumann-Hofer engagierte sich schnell politisch und trat während des reichsweit auf Interesse stoßenden lippischen Thronfolgestreites in Artikeln der Landeszeitung für die Biesterfelder Linie ein. Die Lippische Landes-Zeitung, gegründet 1776, war nicht nur die älteste, sondern auch auflagenstärkste Tageszeitung in Lippe. Vom Fürsten Leopold IV. wurde Neumann-Hofer wegen seiner Verdienste und Veröffentlichungen im Bereich der Volkswirtschaftslehre 1913 ehrenhalber der Professoren-Titel verliehen.

Adolf Neumann-Hofer verstarb an den Folgen eines Verkehrsunfalls in Detmold am 20. Mai 1925.

Brüder waren der Schriftsteller und Theaterdirektor Otto Neumann-Hofer und der Verleger Robert Neumann-Hofer. Beide waren ebenfalls linksliberal eingestellt.

Verheiratet war Neumann-Hofer in erster Ehe mit der Schriftstellerin Annie Bock, in zweiter Ehe mit Netty Janetzki.

Politischer Werdegang

Adolf Neumann-Hofer war Linksliberaler und mischte sofort in der lippischen Parteienlandschaft mit. Im lippischen Thronfolgestreit 1895-1905 vertrat er massiv die Linie der Freisinnigen und machte sich für die Biesterfelder stark. Mit Neumann-Hofer zog verspätet der reichsweit bereits bewältigte Konflikt innerhalb des lippischen Freisinns ein. Der Verleger gehörte der Freisinnigen Vereinigung an.

Neumann-Hofer verstand sich als "Sozial-Liberaler" und gründete 1901 in Detmold die Lippische Liberale Volkspartei. Zu diesem Zeitpunkt zog der gebürtige Ostpreuße aufgrund einer Wahlanfechtung in den Lippischen Landtag ein. Dieses Mandat behauptete er auch in den folgenden Wahlen und blieb Landtagsabgeordneter bis zum Januar 1925. Die Partei nannte sich 1910 nach der Fusion der liberalen Parteien in Lippe in Lippische Fortschrittliche Volkspartei um.

In den Jahren 1907 und 1912 wurde er als Abgeordneter in den Reichstag gewählt. Hier gehörte er der Freisinnigen Vereinigung an.[1] 1919 war er Mitglied der Weimarer Nationalversammlung.

Auseinandersetzung mit rechten Nationalisten und Antisemiten

Adolf Neumann-Hofer nutzte geschickt den Einfluss seiner Lippischen Landes-Zeitung. Unter seiner Führung entwickelten sich die Liberalen in Lippe zu einer modernen und schlagkräftigen Partei. Mit großem Engagement bemühte er sich, sowohl den Einfluss der Konservativen Partei und ihrer Umfeldorganisationen wie den Bund der Landwirte oder der seit 1911 in Lippe agierenden antisemitischen Christlich-Soziale Partei zurückzudrängen. Er war einer umfassenden Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie nicht abgeneigt, vertrat moderne Positionen wie die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts und befürwortete eine parlamentarische Monarchie mit größeren Befugnissen des Reichstags.

Wesentliches Engagement galt auch der politischen wie gesellschaftlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung in Lippe. Antisemitischen Tendenzen, die in der Konservativen Partei und der "höheren" Gesellschaft durchaus verbreitet waren, trat er in Wahlversammlungen und Artikeln in seiner Zeitung entgegen. Vor allem mit der Gründung der Christlich-Sozialen Partei in Lippe 1911, dem Reichstagswahlkampf 1912 und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges nahmen die Anfeindungen gegen die Juden zu.

Neumann-Hofer wirkte auch gegen die expansionistische und extrem nationalistische Kriegszielpolitik der Alldeutschen und von Organisationen wie den Unabhängigen Ausschuss für einen deutschen Frieden oder die Deutsche Vaterlandspartei.

Revolution und Weimarer Republik

Adolf Neumann-Hofer war ein führendes Mitglied des sich im November 1918 in Lippe bildenden Volks- und Soldatenrates. Als solcher sollte er Verhandlungen mit dem lippischen Fürsten Leopold IV. führen. Dieser dankte am 12. November 1918 ab. Neumann-Hofer war auch in der Zeit der Weimarer Republik der führende Kopf und das Aushängeschild der lippischen Liberalen, die nun als Landesverband der Deutschen Demokratischen Partei, der DDP, firmierten. Er war von 1919 bis 1925 eines von drei Mitgliedern des Lippischen Landespräsidiums (Landesregierung).

Sein Kampf gegen die antidemokratische Gefahr von rechts, vornehmlich der DNVP und der Deutschvölkischen, setzte sich fort. Neumann-Hofer war Ehrenmitglied des Reichsbanner und begriff schon früh die auf die junge Republik zukommenden Bedrohungen. Massiven Anfeindungen war der Landtagsabgeordnete und das Mitglied des dreiköpfigen lippischen Landespräsidiums 1919 ausgesetzt, als der jüdische Prediger und Lehrer Moritz Rülf als Lehrer an der Detmolder Knabenbürgerschule eingesetzt wurde. Deutschvölkische Kampagnen bestimmten für mehrere Monate den politischen Alltag in der Stadt. Mitglieder des neu gegründeten Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes und die deutschnationale Lippische Tageszeitung machten Front und Stimmung gegen die Republik und vor allem gegen die Juden.

Neumann-Hofer kämpfte über die Landeszeitung und über die Gerichte gegen diese Anfeindungen. In den Landtagswahlkämpfen 1921 und 1925 attackierten seine Gegner ihn in Broschüren und Wahlreden scharf. 1921 konnte er - trotz zunehmenden Bedeutungsverlustes seiner Partei, der DDP - sein Mandat behaupten; 1925 hatte er nicht kandidiert.

Werke

  • Die Entwicklung der Sozialdemokratie bei den Wahlen zum Deutschen Reichstage. Berlin 1894
  • Depositengeschäfte und Depositenbanken. Theorie des Depositenbankwesens. Leipzig 1894
  • Die sozial-liberale Bewegung in Lippe. Artikel in der Lippischen Landeszeitung vom 18. August 1903
  • Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Leipzig o.J. (ca. 1906)
  • Ein zeitgemäßes Wort zur Landtagswahlreform im Jahre 1907. Detmold 1907
  • Die volkswirtschaftliche Produktion. Leipzig o.J. (ca. 1908)
  • Konservative im Wahlkampf! Ein Nachwort zur Landtagswahl im 6. Wahlkreise. Detmold 1913

Einzelnachweise

  1. Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Statistik der Reichstagswahlen von 1907. Berlin: Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, 1907, S. 96 (Sonderveröffentlichung zu den Vierteljahresheften zur Statistik des Deutschen Reiches) – Fritz Specht / Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1907. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. durch einen Anhang ergänzte Auflage. Nachtrag. Die Reichstagswahl von 1907 (12. Legislaturperiode). Berlin: Verlag Carl Heymann, 1908, S. 89

Literatur

  • Jürgen Hartmann: "Diesem Gesindel ganz gehörig entgegentreten". Der Linksliberale Adolf Neumann-Hofer und der Antisemitismus in Lippe. In: Ingo Kolboom/Andreas Ruppert (Hrsg.): Zeit-Geschichten aus Deutschland, Frankreich, Europa und der Welt. Lothar Albertin zu Ehren. Lage 2007, S. 235-246
  • Erich Kittel: Heimatchronik des Kreises Lippe. Köln 1978
  • Andreas Ruppert: Publizist und Politiker - Max Staercke (1880-1959), in: Heimatland Lippe, Zeitschrift des Lippischen Heimatbundes und des Landesverbandes Lippe, 102. Jahr, Nr. 2, Februar 2009, online

Weblinks


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