Ehrenhalle (Heilbronn)

Ehrenhalle (Heilbronn)
Die Ehrenhalle im Rathausinnenhof von Heilbronn (2006)

Die Ehrenhalle in Heilbronn aus Heilbronner Sandstein befindet sich im Innenhof des Heilbronner Rathauses. Die in der Ruine des im Stil des Rokoko 1765 erbauten Archivgebäudes des Heilbronner Stadtarchivs errichtete Gedenkstätte erinnert an die Toten des Zweiten Weltkrieges und die Opfer des Dritten Reiches und ist eines von zahlreichen bedeutenden Bauwerken in Heilbronn.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Städtisches Archivgebäude von Heilbronn (um 1900)
Eingangsbereich, um 1900
Innenaufnahme, Treppenhaus (1905)
Innenraum der Ehrenhalle (Juni 2006)
Zerstörtes Stadtwappen über dem Portal

Das viergeschossige städtische Archivgebäude nördlich des Rathauses wurde 1765 von dem Baumeister Johann Christoph Keller (* 1732 in Winnenden, † 1801) erbaut. Die zweckmäßige Inneneinrichtung besorgte der Heilbronner Archivar und spätere Bürgermeister Eberhard Ludwig Becht. Es bildete ursprünglich die Nordostecke des im späten 16. Jahrhunderts zu einer vierflügeligen, einen Innenhof umschließenden Anlage erweiterten Rathauskomplexes.

Hauptfassade

Das Stadtarchiv wurde aus regionaltypischem hellgelbem Sandstein errichtet. Mit seinen geschweiften steinernen Gewänden, reich ornamentierten Fenstern und Kapitellen sowie den breiten Sohlgesimsen ist das Gebäude stilistisch dem Rokoko zuzuordnen. Vorbilder hierfür finden sich in Bamberg, Würzburg oder Dinkelsbühl. Den Mittelpunkt der Fassade bildete das Portal des Gebäudes mit dem Stadtadler, der von über ein weiteres Stockwerk reichender Ornamentik flankiert wurde.

Treppenhaus

Das nicht mehr erhaltene Treppenhaus des Stadtarchivs muss von atemberaubender Schönheit gewesen sein:

Zum Treppenhaus gelangte man damals im Erdgeschoß vom Haupteingang aus durch einen Gang, der etwas tiefer lag als der Fußboden. Neben dem Treppenhaus befand sich in allen Stockwerken eine Vorhalle. Treppenhaus und Vorhallen durch Rundbogenöffnung zu den Treppenpodesten hin verbunden, reichten bis in den nördlichen Rathausflügel hinein. Ein Foto zeigt das Treppenhaus im ersten Obergeschoß aufgenommen aus der Vorhalle: Die Türe führt in den großen überwolbten Saal dieses Geschosses. Links der Türe ist, als Pendant zu dem Halbpfeiler rechts ein Pilaster angeordnet, auf dessen Kapitell als Sinnbild der Vergänglichkeit des Menschen der Tod in der Gestalt des Sensenmannes sitzt.[1]

Gedenkstätte

Das Gebäude brannte beim Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 bis auf die Grundmauern nieder und wurde nach Wiederaufbau des Rathauses, das die Ruine künftig mit seinen bis 1963 entstandenen Erweiterungsbauten umschloss, nach Plänen von Architekt Dr. Ing. Rudolf Gabel aus Heilbronn zur Gedenkstätte umgebaut.

Ein Wettbewerb für die Gestaltung einer würdigen Gedenkstätte wurde ausgerufen, bei dem 54 Vorschläge vorgelegt wurden. Am 5. Dezember 1960 wurde der Entwurf von Martina Aurich-Klepsch von einer aus Heilbronner Architekten und Vertretern der Kommunalverwaltung bestehenden Jury mit dem ersten Preis ausgezeichnet.[2] Beschrieben wurde der Bronzeguss folgendermaßen: „[…] die abstrahierten Leiber […] sind sie kreuz und quer und übereinandergeschichtet in anscheinend wahlloser Anordnung […]“

Trotzdem erhielt Prof. Karl Knappe aus München den Auftrag, den Gedenkraum mit einem Mosaik auszugestalten. Oberbürgermeister Paul Meyle begründete dies folgendermaßen: „In der Ehrenhalle soll nicht nur die Trauer umgeben, sondern hier soll auch das Trotzdem zum Ausdruck kommen, der Mut zum Leben und die Dankbarkeit, mit dem Leben davongekommen zu sein.“[3]

In einer Gedenkstunde am Abend des 4. Dezember 1963 übergab die Stadt Heilbronn die dem Gedächtnis der Toten des Zweiten Weltkrieges und der Opfer des Dritten Reiches gewidmete Ehrenhalle ihrer Bestimmung.

Der Text der Gedenktafel, die in nüchternen Worten eine erschreckende Bilanz reicher Todesernte gibt, lautet: „Drei Reihen weißer Kreuze, auf einer in Nagelfluhstein abgesetzten Wand unregelmäßig gruppiert, symbolisieren den Tod der 3435 Gefallenen und Vermißten des Krieges, der 7137 Männer, Frauen und Kinder, die den Bombenangriffen auf die Stadt zum Opfer gefallen sind, und der 405 Verfolgten, die um ihrer Rasse, ihres Glaubens und ihrer Überzeugung willen ihr Leben verloren haben.[4]

Diesem wurde ein Gedicht von Oberstudienrat Dr. Köhler hinzugefügt:

In Brand und Sturz,
im Schwinden und Werden,
über Särge und Wiegen
wölbt hoch die Gnade ihr Zelt
aus der Toten Gedächtnis
erwachse der Wille
das Gute zu wirken
dem Frieden der Erde zu dienen.

Bewahrte das Gebäude bis 1944 durch die Archivalien die Erinnerung an vergangene Generationen, so dient es heute als stiller Mahner vor Krieg und Gewalt.

Einzelnachweise

  1. Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn: Die alte Stadt in Wort und Bild, Band 2, Veröffentlichung des Archivs der Stadt Heilbronn, Anton H. Konrad Verlag 1967 Seite 12 und 13
  2. Andreas Pfeiffer (Hrsg.): Heilbronn und die Kunst der 50er Jahre. Das Kunstgeschehen der 50er Jahre in Heilbronn. Situationen aus Alltag, Verkehr und Architektur im Heilbronn der 50er Jahre. Harwalik, Reutlingen 1993, ISBN 3-921638-43-7 (Heilbronner Museumskatalog, 43. Reihe Städtische Galerie). S. 95, Abb. 130, Abb. 130 a; S. 96ff.
  3. Andreas Pfeiffer (Hrsg.): Heilbronn und die Kunst der 50er Jahre. Das Kunstgeschehen der 50er Jahre in Heilbronn. Situationen aus Alltag, Verkehr und Architektur im Heilbronn der 50er Jahre. Harwalik, Reutlingen 1993, ISBN 3-921638-43-7 (Heilbronner Museumskatalog, 43. Reihe Städtische Galerie). S. 98
  4. Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn: Geschichte und Leben einer Stadt Anton H. Konrad-Verlag 1973

Weblinks

 Commons: Ehrenhalle (Heilbronn) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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