Euglenoida

Euglenoida
Euglenoida
Euglena viridis

Euglena viridis

Systematik
Klassifikation: Lebewesen
Domäne: Eukaryoten (Eucaryota)
Reich: Protisten (Protista)
Stamm: Euglenozoa
Klasse: Euglenoida
Wissenschaftlicher Name
Euglenoida

Die Euglenoida bilden eine Klasse eukaryotischer Einzeller, mit etwa 1000 bekannten Arten, die weltweit verbreitet und nahezu in jedem Habitat zu finden ist. Die bekannteste Gattung stellen die Augentierchen (Euglena) dar. Sie vereinen tierische und pflanzliche Eigenschaften.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung und Lebensweise

Ein Großteil der Euglenoiden lebt im flachen Süßwasser, das reich an organischem Material wie abgestorbenen Tieren und Pflanzen ist. Einige Arten leben im Meer oder Brackwasser und wenige haben eine parasitische Lebensweise. Sie besiedeln auch Extremstandorte wie Schnee und Salzseen.

Unter bestimmten Bedingungen kommen einige Vertreter, zum Beispiel Euglena sanguinea, in so großen Massen vor, dass sie eine Wasserlache rot oder grün anfärben.

Die grüne Farbe bei vielen Arten wird durch Chlorophylle (Chlorophyll a und b) der Chloroplasten verursacht, mit deren Hilfe sie Photosynthese betreiben (photoautotrophe Ernährung). Fotosyntheseprodukte werden als Paramylonkörner gespeichert.

Es gibt aber auch Formen, die von im Wasser gelösten organischen Stoffen leben (heterotrophe Ernährung). Eine dritte Gruppe wiederum umfasst Arten, die sogenannte Ingestionsapparate besitzen, mit deren Hilfe sie in der Lage sind, kleine Partikel, wie beispielsweise andere Einzeller, aufzunehmen und zu verdauen (Phagotrophie).

Die Vermehrung erfolgt durch Längsteilung. Der gesamte Vorgang dauert etwa 2 bis 4 Stunden. Eine sexuelle Vermehrung ist bei Euglenophyten nicht bekannt, es ist möglich, dass sie sich vom Hauptstamm der Protisten getrennt haben, bevor sexuelle Vermehrung entwickelt wurde [1].

Aufbau

Euglenoida haben längliche Zellen mit Wendelstruktur. Sie besitzen meist ein oder zwei Flagellen, mit denen sie schwimmen können. Sie können aber auch auf Oberflächen kriechen.

Die Euglenoida besitzen keine Zellwand, sondern eine sogenannte Pellicula (lat. Fellchen), die aus einer Zellmembran und einer darunter liegenden eiweißhaltigen Schicht besteht, die je nach Art unterschiedlich dick sein kann. Darunter befinden sich Mikrotubuli als Zytoskelettelemente. Dadurch ist ihre Oberfläche nicht eben, bei höherer Auflösung sind unter dem Lichtmikroskop spiralige Streifen zu sehen.

Am vorderen Zellende stülpt sich die Pellicula zu einem Kanal-Komplex ein, der auch als Ampulle bezeichnet wird und der Aufnahme von Nährstoffen dient (Zellmund). In ihrer Nähe befindet sich ein pulsierendes Bläschen (kontraktile Vakuole), das überschüssiges Wasser, das durch Osmose aufgenommen wurde, wieder abpumpt.

Die Flagellen entspringen an der Vorderseite der Zelle und verlaufen durch den Reservoir/Kanal-Komplex. Es gibt drei Flagellenwurzeln, sogenannte Basalkörper, jedoch ragen nur ein bis zwei der Geißeln aus der Zelle heraus. Bei den Arten mit nur einem herausragenden Flagellum befindet sich das zweite Flagellum verkürzt innerhalb des Kanal-Komplexes. An den Geißeln sind haarartige Eiweißstrukturen, die auch Mastigonemata genannt werden.

Sekundäre Endosymbiose

Aus cytologischen und molekularbiologischen Befunden wird Folgendes geschlossen: Zunächst setzte sich das Taxon ausschließlich aus phagotrophen Arten zusammen. Ein Vertreter dieser Gruppe „fraß“ eines Tages eine Grünalge, die jedoch nicht verdaut wurde, sondern in ihm erhalten blieb. Auch im weiteren Verlauf der Entwicklung, während der Vermehrung des Euglenoida durch Zellteilung, blieb diese Grünalge erhalten, indem sie sich ebenfalls vermehrte und ihre Nachkommen in den Tochterindividuen fortlebten. Schließlich verloren die Grünalgen einen Teil ihrer Selbständigkeit und wurden als zelleigene Chloroplasten etabliert. Dieser Vorgang wird als sekundäre Endocytobiose bezeichnet, weil nach der Endosymbiontentheorie die Grünalgen selbst schon durch Endosymbiose entstanden sein sollen: Endosymbiontische Cyanobakterien haben sich demnach in Wirtszellen unter Aufgabe eines Teils ihrer Autonomie zu Chloroplasten entwickelt. Die Endosymbiose der Grünalgen in Euglenoida ist danach also eine zweite Stufe der Endosymbiose. Für diese Annahme lassen sich viele Hinweise finden: Die Chloroplasten der phototrophen Augentierchen sind von drei Hüllmembranen umgeben und nicht von zwei Membranen wie bei Grünalgen und Pflanzen. Molekularbiologische Untersuchungen zeigen zudem eine nahe Verwandtschaft der Chloroplasten-Gene zu entsprechenden Genen der Grünalgen. Die Euglenoida selbst, repräsentiert durch ihre Zellkerne, sind aber eindeutig mit den übrigen, nicht phototrophen Vertretern der Euglenozoa verwandt. Nachdem die Photosynthese innerhalb der Gruppe etabliert war, haben einige dieser phototrophen Arten ihre Chloroplasten wieder reduziert oder komplett verloren. Nur durch molekular-systematische Untersuchungen lassen sich diese Verwandtschaftsverhältnisse rekonstruieren.

Systematik

Zusammen mit den Diplonemida und den Kinetoplastida werden sie in der modernen Systematik im Stamm der Euglenozoa zusammengefasst, sind also mit den Kinetoplastida nahe verwandt.

Innerhalb der Euglenida fand im Verlauf der Evolution eine Aufspaltung statt: Eine Gruppe umfasst die phototrophen und diejenigen heterotrophen Taxa, die ihre Chloroplasten sekundär wieder verloren haben. Zusammen mit Peranema trichophorum, einer Art, die eukaryotische Zellen durch Phagozytose aufnehmen kann, bilden die Taxa dieser Gruppe ein Monophylum.

Die Evolution der zweiten Gruppe verlief unabhängig hiervon. Sie wird aus primär heterotrophen Vertretern gebildet. Die Arten innerhalb dieses Monophylums zeigen keine Hinweise auf einen sekundären Verlust von Plastiden.

Gattungen

Einige phototrophe Gattungen der Euglenoida sind Euglena, Phacus, Trachelomonas, Lepocinclis, Eutreptia und Eutreptiella.

Einige heterotrophe Gattungen der Euglenoida sind Distigma, Menoidium, Parmidium, Astasia und Rhabdomonas.

Einige phagotrophe Gattungen der Euglenoida sind Anisonema, Notosolenus, Peranema, Petalomonas, Entosiphon und Ploeotia.

Osmotroph sind unter anderem die Khawkinea.

Weblinks

Quellen

  • William Marande, Julius Lukeš und Gertraud Burger; 2005; Unique Mitochondrial Genome Structure in Diplonemids, the Sister Group of Kinetoplastids; American Society for Microbiology
  • Doz. U. Struck; WS 01/02; Vorlesung: Einführung in die Mikropaläontologie; Pal. München; http://141.84.51.10/geobio-center/pdfs/struck_altenbach/EinfuehrungundProkaryoten.pdf
  • Susanne Talke; 2000; Morphologische und molekularbiologische Untersuchungen zur Evolution der Euglenida; Dissertation zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld

Einzelnachweise

  1. Peter H. Raven, Ray F. Evert, Susan E. Eichhorn: Biologie der Pflanzen, 3.Auflage, 2000, ISBN 3-11-015462-5, S.376

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