Fliehkraftkupplung

Fliehkraftkupplung
Tangentiale Fliehkraftkupplung (ohne Glocke) aus einem Mofa
Radiale Fliehkraftkupplung in einer Motorsäge
Tangentiale Fliehkraftkupplung (ohne Glocke) mit indirekter Wirkung in einem Mofa

Eine Fliehkraftkupplung ist eine Kupplung, bei der Kraftschluss hergestellt wird, indem sich mit Kupplungsbelägen versehene, bewegliche Klappen oder Schieber durch die Fliehkraft bei steigender Drehzahl nach außen gezogen werden, wodurch Kontakt zur Innenwandung des Kupplungsgehäuses (Kupplungsglocke) hergestellt wird, welches gleichzeitig als Abtrieb dient.

Als Alternative hat die fliehkraftgesteuerte Kupplung, meist auch einfach Fliehkraftkupplung genannt, weite Verbreitung gefunden. Im Gegensatz zur hier beschriebenen Anordnung handelt es sich dabei um eine Scheiben- oder Lamellenkupplung, die über ein baulich getrenntes, belagloses Fliehkraftpendel gesteuert wird.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Fliehkraftkupplungen arbeiten selbstständig. Das übertragbare Drehmoment ist drehzahlabhängig. Bei Drehzahlabfall trennen sie selbsttätig durch eine einzelne umlaufende Rückholfeder oder eine Rückholfeder je Klappe oder Schieber.

Über die Federkraft kann z. B. eingestellt werden, dass der Motor im Leerlauf ausgekuppelt ist. Erhöht man die Drehzahl, so greift die Kupplung und der Motor liefert ein Drehmoment an die Abtriebswelle. Dadurch ist ohne zusätzlichen Steuereingriff des Bedieners z. B. ein Anlauf eines Verbrennungsmotors möglich.

Da nur eine Seite der Kupplung die Auslenkung der Klappen bzw. Schieber beeinflussen kann, wirkt eine Fliehkraftkupplung im nicht eingekuppelten Zustand richtungsabhängig. Diese Richtungsabhängigkeit bezieht sich auf die Richtung des Momentflusses, nicht auf die Drehrichtung. Ist der Kraftschluss jedoch erst einmal hergestellt, kann das Drehmoment zum Halten der Drehzahl und damit des Eingriffs von beiden Seiten aufgebracht werden.

Bauformen

Es gibt zwei grundsätzliche Bauformen der Fliehkraftkupplung.

Zum einen die tangentiale Ausführung, bei der Klappen an Drehpunkten in der Nähe des Umfanges gelagert sind. Diese Ausführung hat den Vorteil, einfach und robust zu sein. Nachteilig ist, dass nur ein geringer Teil des Glockenumfangs (meist weniger als 50 %) für die Kraftübertragung genutzt werden kann. Da die Beläge gleichmäßig abgenutzt werden sollen, dürfen sie nicht zu nahe an den Drehachsen der Klappen angebracht sein.

Die radiale Ausführung hat diesen Nachteil nicht, da sich keine Klappen, sondern Schieber entlang zweier oder mehr Radien der Glocke bewegen. Dadurch kann die gesamte Schieberoberfläche zur Glocke hin mit einem Belag versehen und genutzt werden. Hier ergeben sich also Nutzungsgrade der Glockenoberfläche von fast 100%. Nachteilig ist an dieser Ausführung die Schiebermechanik, diese ist empfindlich gegen Verkanten und muss daher exakter gefertigt werden als eine Drehachse.

Weiterhin ist bei der tangentialen Ausführung eine zusätzliche indirekte Wirkung zur Erhöhung des Anpressdruckes möglich. Dazu werden die Klappen längs des Radius ebenfalls mit einem Belag versehen. Schwingt die Klappe nach außen, wird dieser Belag gekippt und presst dadurch das lose Ende der benachbarten Klappe zusätzlich gegen die Glocke. Diese Ausführung kann schon bei geringen Drehzahlen einen hohen Anpressdruck erzielen.

Anwendungsbereiche

Kickstarter

Das im unteren rechten Bild gezeigte Mofa besitzt zwei antiparallele Fliehkraftkupplungen auf einer Achse. Die Kupplungsklappen im unteren Bild sind fest auf der äußeren Glocke montiert (diese Glocke gehört damit nicht zu dieser Kupplung, sondern zur antiparallelen). Über diesen Klappen ist die Glocke aus dem Bild rechts oben angebracht, die außerdem als Träger für die antiparallelen Klappen dient. Die Achse dieser Glocke ist mit dem Motor verbunden.

Die innere Kupplung dreht sich, wenn man die Pedale tritt. Ist eine ausreichende Drehzahl erreicht (ein Tritt reicht dafür), wird der Motor angekuppelt und auf diese Weise gestartet.

Leerlaufkupplung

Wiederum am gezeigten Mofa dreht sich nun die innere Achse der Kupplung durch das Drehmoment des Motors. Da der Abtrieb (äußere Glocke) inzwischen wieder stillsteht, wurde die Kickstarterkupplung soweit gebremst, dass sie sich aus dem Eingriff löste. Der Antrieb befindet sich nun im Leerlauf. Wird die Drehzahl erhöht, bewegen sich die Klappen der äußeren Kupplung und drehen nun die äußere Glocke durch das Drehmoment des Motors, der Motor ist mit dem Rad verbunden.

Auch bei Elektromotoren die eine große Schwungmasse zu bewegen haben (zum Beispiel ein schweres Rührwerk, ein sogenannter Schweranlauf), kam die Fliehkraftkupplung früher vermehrt zum Einsatz. Sie diente dazu, den Motor im unteren Drehzahlbereich zu entlasten, da Asynchronmotoren ohne Stromverdrängungsläufer ihren stabilen Arbeitspunkt jenseits eines Drehmomentenberges bei hoher Drehzahl besitzen und dieser Arbeitspunkt im Schweranlauf daher nicht erreicht werden kann. Durch die Entwicklung von speziellen Läufertypen, Anlaufschaltungen und Frequenzumrichtern ist dies jedoch heutzutage keine übliche Verwendung mehr.

Rutschkupplung

Bei Karts wird gerne eine robuste Fliehkraftkupplung verbaut, weil dadurch gleichzeitiges Bremsen und Gasgeben möglich ist. Kart-Motoren haben ihr höchstes Drehmoment bei hohen Drehzahlen. Daher wird diese Fahrtechnik in Kurven angewandt, um am Kurvenausgang sofort wieder das volle Motordrehmoment zur Verfügung zu haben.

Auch als Sicherheitselement wird die Fliehkraftkupplung in dieser Form eingesetzt. Blockiert z. B. die Antriebsmaschine, öffnet sich die Kupplung durch die verringerte Drehzahl und der Abtrieb läuft frei. Dies kann die Antriebsmaschine vor schwereren Schäden bewahren.

Fliehkraftbremse

Fixiert man die Abtriebsseite, so erhält man eine Fliehkraftbremse. Sie bewahrt Maschinen oder Konstruktionen mit rotierenden Elementen vor Überdrehzahl. Fliehkraftbremsen kommen häufig in Sommerrodelbahnen zum Einsatz.

Weblinks

 Commons: Fliehkraftkupplung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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