Frachtbrief

Frachtbrief
Eisenbahn-Frachtbrief (Deutschland, 1892)

Ein Frachtbrief (engl. waybill) ist ein Beförderungsdokument für den Frachtvertrag nach dem Handelsgesetzbuch (§ 407 HGB), das der die Güter begleitende Frachtführer mit sich führt. Der Frachtbrief weist den Frachtführer als Besitzer des Gutes, die Inhaber der Kopien des Frachtbriefes als Eigentümer und Verfrachter beziehungsweise Empfänger aus.

Im Europäischen Güterverkehr gibt es darüber hinaus den CMR Frachtbrief.

Inhaltsverzeichnis

Frachtbrief in Deutschland

Im nationalen Güterverkehr ist der Frachtbrief seit 1998 mit der Einführung des Transportrechtsreformgesetzes nicht mehr Pflicht, es können auch andere Warenbegleitpapiere, z. B. Lieferscheine, Ladelisten oder Bordero verwendet werden.

Der Frachtführer kann vom Absender die Ausstellung eines Frachtbriefes verlangen (§ 408 Abs. 1 HGB).[1]

In Deutschland kann (muss aber nicht!) das Warenbegleitpapier gem. § 408 HGB folgende Angaben enthalten:[2]

alter KVO Frachtbrief (Güterfernverkehr)
  • Ort und Tag der Ausstellung
  • Name und Anschrift des Absenders
  • Name und Anschrift des Frachtführers
  • Stelle und Tag der Übernahme des Gutes sowie die für die Ablieferung vorgesehene Stelle
  • Name und Anschrift des Empfängers und eine etwaige Meldeadresse
  • die übliche Bezeichnung der Art des Gutes und die Art der Verpackung, bei gefährlichen Gütern ihre nach den Gefahrgutvorschriften vorgesehene, sonst ihre allgemein anerkannte Bezeichnung
  • Anzahl, Zeichen und Nummern der Frachtstücke (Kolli).
  • das Rohgewicht oder die anders angegebene Menge des Gutes
  • die vereinbarte Fracht und die bis zur Ablieferung anfallenden Kosten sowie einen Vermerk über die Frachtzahlung
  • den Betrag einer bei der Ablieferung des Gutes einzuziehenden Nachnahme
  • Weisungen für die Zoll- und sonstige amtliche Behandlung des Gutes
  • eine Vereinbarung über die Beförderung in offenem, nicht mit Planen gedecktem Fahrzeug oder auf Deck.

Darüber hinaus können Frachtführer und Absender weitere ihnen zweckmäßig erscheinende Angaben aufnehmen.

Ausfertigung des Frachtbriefes

Der Frachtbrief ist in drei Ausfertigungen auszustellen: Ein Exemplar verbleibt beim Absender, eines begleitet das Frachtgut, ein Exemplar ist für den Empfänger bestimmt.

Der Absender hat alle drei Ausfertigungen zu unterzeichnen. erst alle drei Ausfertigungen im Original zusammen ergeben einen einheitlichen Frachtbrief.

Stellt der Absender den Frachtbrief trotz Verlangens des Frachtführers nicht aus, hat der Frachtführer in Bezug auf das zu transportierende Gut ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB.[3]

Funktionen des Frachtbriefs im Frachtrecht

Informationsträgerfunktion

Der Frachtbrief ist seiner Natur nach ein warenbegleitendes Instruktionspapier.[4] D.h., mit dem Frachtbrief informiert der Absender den ersten, bzw. nachfolgende Beförderer, aber auch Spediteure, Lagerhalter sowie den Empfänger über Beschaffenheit und Menge des Frachtgutes, über die Beförderungsstrecke und über Maßnahmen, die der Frachtführer im Fall von Beförderungs- und Ablieferungshindernissen zu ergreifen hat.[5] Deshalb begleitet auch eine Ausfertigung des Frachtbriefs das Gut.

Eine Unterzeichnung durch den Frachtführer ist nicht erforderlich (im Gegensatz zu den Bestimmungen nach Art.5 Abs.1 CMR oder Art.6 Abs.2 des Warschauer Abkommens (WA))! Auf Verlangen des Absenders hat der Frachtführer jedoch den Frachtbrief zu unterzeichnen. Die Beweisfunktion des § 409 HGB kommt jedoch nur dem von beiden Seiten unterzeichneten Frachtbrief zu!

Beweisfunktion

Der ordnungsgemäß ausgestellte und von beiden Seiten unterzeichnete Frachtbrief beweist gem. § 409 HGB den Abschluss und Inhalt des Frachtvertrages sowie die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer und begründet die Vermutung, dass das Gut und seine Verpackung bei der Übernahme durch den Frachtführer in äußerlich gutem Zustand waren und dass die Anzahl der Frachtstücke und ihre Zeichen und Nummern mit den Angaben im Frachtbrief übereinstimmen (sogenannte widerlegbare Beweisvermutung, mit der -ähnlich wie bei Art.9 CMR- über die Vermutung eine Umkehr der Beweislast verbunden ist. Nach § 292 ZPO ist dann bis zum Beweis des Gegenteils von dem Vorhandensein der angeführten Tatsache auszugehen.

Kann der Frachtführer die Angaben auf dem Frachtbrief nicht überprüfen, kann er einen entsprechenden Vorbehalt in den Frachtbrief eintragen.

Fehlt es an einem Frachtbrief oder ist der Frachtbrief nicht ordnungsgemäß unterzeichnet, greift die widerlegbare Beweisvermutung des § 409 HGB nicht ein! Es gelten dann die allgemeinen Beweisregeln. Dem nur von einer Seite unterzeichneten Frachtbrief kann aber im Einzelfall die allgemeine Beweiswirkung einer Urkunde nach § 416 ZPO zukommen, nach der zwar nicht der Inhalt der Erklärung, jedoch ihre Abgabe bewiesen werden kann.[6]

Quittungsfunktion

Zudem kommt dem Frachtbrief in Bezug auf zwei unterschiedliche Gegenstände eine Quittungsfunktion (§ 368 BGB) zu:

  • für den Übernahmevorgang (§ 409 Abs. 1 Variante 2 HGB),
  • für bestimmte Angaben über das Frachtgut (äußerer Zustand, Menge und Zeichen nach § 409 Abs. 2 HGB; Rohgewicht nach § 409 Abs. 3 HGB)

Diese widerleglichen Beweis-Vermutungen können durch Vorbehalte des Frachtführers, die dieser auf dem Frachtbrief eingetragen hat, ausgeschlossen werden. Diese Vorbehalte müssen zu ihrer Wirksamkeit nicht vom Absender anerkannt werden.[7]

Funktionen des Frachtbriefs im Zahlungsverkehr

Bei der Abwicklung der Kaufpreiszahlung für das gelieferte Gut kommt dem Frachtbrief in unterschiedlicher Weise Bedeutung zu:[8]

Zahlung gegen Rechnung

Hier spielt der Frachtbrief im Regelfall keine Rolle.

Dokumenteninkasso

Beim Dokumenteninkasso liegt im Kaufvertrag meist die Klausel Kasse gegen Dokumente zugrunde. Dadurch wird die Fälligkeit der Kaufpreissschuld unter Umständen auf den Zeitpunkt der Versendung der Güter vorverlegt, ohne dass der Käufer vor der Zahlung die Ware untersuchen kann.

Das Dokumenteninkasso beruht auf der Sperrwirkung des Frachtbriefs nach § 418 Abs. 6 HGB (sofern in dieser Weise konkret ausgestaltet!); ist der Frachtbrief entsprechend ausgestaltet, kann der Weisungsberechtigte sein Verfügungsrecht nur gegen Vorlage der Absenderausfertigung des Frachtbriefs ausüben!

Nach Übergabe des Gutes an den Frachtführer übergibt der Verkäufer seine Frachtbrief-Ausfertigung einer von ihm beauftragten Bank, damit diese das Inkasso vornimmt. Diese beauftragt wiederum im Regelfall eine vom Importeur eingeschaltete Bank, die dem Importeur die Dokumente zur Prüfung vorlegt. Akzeptiert der Käufer und Empfänger des Gutes die Dokumente als vertragsgemäß, wird er seine Bank zur Zahlung des Kaufpreises anweisen; diese wird den Kaufpreis an die Bank des Verkäufers überweisen. Die Bank der Verkäufers erteilt dem Verkäufer dann auf seinem Konto die Gutschrift.

Der Frachtbrief wandelt sich dann in eine Art Kreditsicherheit um, sobald die Bank des Verkäufers die Inkassoforderung vorfinanziert oder als Factor abkauft und dem Verkäufer Verkäufer auf die Übergabe seiner Frachtbriefausfertigung hin Zahlung leistet.[9]

Dokumentenakkreditiv

Das Dokumentenakkreditiv ist das klassische Zahlungsmittel des grenzüberschreitenden Handels.

Nach deutschem Recht (sofern im konkreten Fall anwendbar) wird darunter ein abstraktes Zahlungsversprechen im Sinne des § 780 BGB verstanden.

Der Käufer der Ware beauftragt eine Bank in seinem Importland und eröffnet bei dieser eine Akkreditiv zugunsten des Verkäufers. Das Akkreditiv hat dabei im Wesentlichen Zahlungsfunktion. Die Akkreditivbank sichert dem Auftraggeber dabei zu, dem begünstigten Verkäufer den Kaufpreis auszuzahlen, sobald dieser ihr bestimmte Dokumente vorlegt. Anders als beim Dokumenteninkasso braucht sich der Verkäufer bezüglich der Zahlungswilligkeit und -fähigkeit des Käufers keine Sorgen machen, wenn das Akkreditiv unwiderruflich ist. Durch das Akkreditiv erhält der Verkäufer somit einen unabhängigen Zahlungsanspruch direkt gegen die Bank.

Zulässige/ Übliche Dokumente beim Dokumentenakkreditiv: Absenderausfertigung des Frachtbriefs. Art.24 ERA 600 regelt die Annahmefähigkeit von Transportpapieren des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports durch die Banken. Hierzu zählen das Frachtbriefdoppel mit Sperrfunktion des internationalen Eisenbahnverkehrs sowie die Erstausfertigung des internationalen Straßengüterverkehrs sowie die Frachtbriefe des nationalen Gütertransports. Art 23 ERA 600 regelt dies für Transportpapiere des Lufttransports.[10]

siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, D: Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, I: Pflichten des Absenders, Rn.131 ff., 135/136
  2. Die Aufzählung in § 408 HGB ist nur beispielhaft und nicht abschließend (Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, Rn.94, sowie Rn. 137 ff.).
  3. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, D: Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, I: Pflichten des Absenders, Rn.131 ff., 140
  4. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.94
  5. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.94
  6. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.96 ff., 97
  7. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.100 ff., 107
  8. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.112 ff.
  9. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.114/115
  10. Hartenstein/ Reuschle, aaO, Kap.1: Allgemeines Frachtrecht, C: Transportdokumente, I: Der Frachtbrief, Rn.116/117

Literatur

  • Wieske, Transportrecht schnell erfasst, 2. Aufl., Berlin Heidelberg 2008 [Verlag: Springer], ISBN 978-3-540-73788-9
  • Koller, Transportrecht. Kommentar, 7.Aufl., München 2010, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-60041-8
  • Hartenstein/ Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 1. Aufl., Köln 2010, Verlag Luchterhand, ISBN 978-3-472-06196-0

Weblinks


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