Franz Xaver Kießling

Franz Xaver Kießling

Franz Xaver Kießling (* 4. April 1859 in Wien; † 20. Oktober 1940 in Krems) war ein österreichischer Pionier der Wissenschaft, ein Heimatforscher, Geologe und Prähistoriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er absolvierte ein Studium an der Technischen Hochschule in Wien, das er als Ingenieur abschloss. Daneben studierte er an der Universität Wien lateinische und mittelhochdeutsche Sprachen, Mineralogie, Geologie, Völkerkunde und Urgeschichte. Seit 1884 lebte er großteils im Waldviertel und widmete sich hier vielfältigen Forschungen. Er beschäftigte sich mit Hausbergen, Erdställen und Schalensteinen. Sein Hauptbetätigungsfeld war aber die Erforschung der Mineralvorkommen des Waldviertels und die Aufarbeitung der ältesten Geschichte des Thayagebietes um Drosendorf und Raabs an der Thaya. Nebenbei sammelte er Sagen und auch volkskundliche Realien. Seine Forschungsergebnisse waren im Drosendorfer „Roland-Museum“ präsentiert, welches aber im Jahre 1912 aufgelöst wurde. Die riesigen Sammlungen gelangten in der Folge an verschiedene andere Museen in Wien, Krems und Baden bei Wien, wo heute noch ein Großteil lagert. Das heutige Museum der Stadt Drosendorf-Zissersdorf enthält nur einen kleinen Teil der Kießlingsammlung, hauptsächlich aus späteren Aufsammlungen.

Die Bedeutung Kießlings begründen heute vor allem die zahlreichen Publikationen, die ab 1891 bis 1939 erschienen sind. Sein Hauptwerk zur Archäologie die Beiträge zur Ur-, Vor- und Frühgeschichte von Niederösterreich und Südmähren bringen nicht nur eine Zusammenfassung seiner über Jahrzehnte angereicherten und veröffentlichten Forschungsergebnisse sondern versuchen diese im Sinne des aktuellen Forschungsstandes auch neu zu bewerten. Auf dem Gebiet der Volkskunde liegt von ihm das Standardwerk Frau Saga im niederösterreichischen Waldviertel vor und als Frucht seiner Forschungen zur Mineralogie Das Steinreich des niederösterreichischen Waldviertels. Kießling war der vielfältigste und erfolgreichste Waldviertler Forscher seiner Zeit. Mit vielen seiner Zeitgenossen stand er im regen Schriftverkehr und Meinungsaustausch, so mit Johann Krahuletz, Josef Höbarth, Angela Stifft-Gottlieb, Anton Hrodegh, Josef Bayer und Matthäus Much. Kießling pflegte aber auch internationale Kontakte, beispielsweise zu Hugo Obermaier vom Institut de Paleontologie Humaine in Paris, mit dem er auch gemeinsam publizierte. Viele seiner Forschungsergebnisse wirken heute noch nach oder sind Grundlage weiterer Diskussionen. Kießlings Arbeiten sind auch hinsichtlich ihrer sachlichen Dokumentationen gut verwertbar. Seine zeitgeistigen Auslassungen im deutschvölkischen Sinn, die seine Veröffentlichungen durchziehen, beeinträchtigen allerdings das Lebenswerk von Franz Xaver Kießling und machen es nicht leicht benutzbar.

Schriften

  • Denkstätten deutscher Vorzeit im niederösterreichischen Waldviertel. Wien 1891.
  • Die Heiligtümer des Stephansdomes zu Wien. Horn 1897.
  • Die Brünnlein und alten Denksäulen von Drosendorf und Umgebung. Ein Beitrag zur Volkskunde. Horn 1899 (2. Auflage: Horn 1922)
  • Das Plateaulehm-Paläolithikum des nordöstlichen Waldviertels von Niederösterreich. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 41, 1911, S. 1ff. (mit Hugo Obermaier).
  • Neue Beiträge zum Plateaulehm-Paläolithikum des nordöstlichen Waldviertels in Niederösterreich. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 42, 1912, S.209ff.
  • Altertümische Kreuz- und Querzüge. Orts-, landes- und erdkundliche Mitteilungen insbesondere aus dem niederösterreichischen Waldviertel, nebst einer Anzahl Mitteilungen, Wien betreffend. Wien 1914.
  • Die Aurignacstation im Gruebgraben bei Kammern in Niederösterreich. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 48/49, 1918/19, S. 229ff.
  • Über das Rätsel der Erdställe. Wien 1923.
  • Frau Saga im niederösterreichischen Waldviertel. Eine Sammlung von Märchen, Sagen und Erzählungen. 9 Bände, Wien 1924–1932.
  • Die schwarze Küche. Ein Beitrag zur volkskundlichen und museumsmäßigen Bedeutung der Alt-Küche. Wien 1927.
  • Das Aurignacien im Plateaulehme. Ein Beitrag zur Beurteilung der Alters- und Kulturstufe des Urmenschen im nördlichen Waldviertel, Niederösterreich. Wien 1928.
  • Das Steinreich des niederösterreichischen Waldviertels. Wien 1931.
  • Beiträge zur Ur-, Vor- und Frühgeschichte von Niederösterreich und Südmähren.Nebst Mitteilungen über mittelalterliche Burgen und Keramik etc. Mit besonderer Berücksichtigung des Waldviertels. Wien 1934 (enthält auch ein umfassendes Schriftenverzeichnis Kießlings).
  • Zur Geschichte der Erforschung des Drosendorfer Plateaulehmpaläolithikums. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 66, 1936, S. 261ff.
  • Zu den „diluvialzeitlichen“ Kohlen- und Knochenresten im Plateaulehme des nordöstlichen Waldviertels. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 67, 1937, S. 351ff.
  • Zum Kohlen- und Knochenvorkommen im Plateaulehm in der Umgebung von Japons in Niederösterreich. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 68, 1938, S. 6ff.
  • Stadt Drosendorf und Umgebung von der Urzeit bis in die Gegenwart. Drosendorf 1938.
  • Vom Steinreich im Gebiete der Hauptmannschaft Horn. Horner Kalender 1939.

Literatur

  • Eduard Beninger: Franz Kießling (1859–1940). In: Wiener Prähistorische Zeitschrift. 27, 1940, S. 202ff.
  • Friedrich Berg: Franz Kießling und das städtische Museum in Drosendorf. In: Das Waldviertel. 8, 1959, S. 65ff.
  • Hermann Maurer: Die bedeutendsten Waldviertler Urzeitforscher und deren Begräbnisstätten. In: Das Waldviertel. 24, 1975, 17ff.
  • Hermann Steininger: Franz Xaver Kießling und die Volks- und Heimatkunde in Niederösterreich. In: Das Waldviertel. 43, 1994, S. 49ff.

Weblinks


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