Haldanes Regel

Haldanes Regel

Haldanes Regel ist eine von J. B. S. Haldane 1922 publizierte Beobachtung[1], dass wenn bei Arthybriden ein Geschlecht nicht vorkommt, seltener ist oder häufiger steril ist, dann ist es das heterogametische Geschlecht (das mit zwei verschiedenen Geschlechtschromosomen). Diese Beobachtung lässt sich in verschiedenen Tiergruppen, wie Säugetieren, Vögeln, Schmetterlingen und Drosophila nachweisen. Da bei Säugern und Drosophila-Fliegen das heterogametische Geschlecht das männliche ist (XY-Chomosomen), bei Vögeln und Schmetterlingen jedoch das weibliche (WZ-Chromosomen) und Haldanes Regel jeweils passt, muss die Ursache bei den Gonosomen liegen.

Ursachen

Die Ursache für diese Beobachtung ist noch nicht vollkommen geklärt, möglicherweise gibt es auch mehrere. Es gibt verschiedene Theorien, die als Erklärung herangezogen werden.

  • Die Dominanztheorie von Hermann Joseph Muller[2][3] besagt, dass das heterogametische Geschlecht von negativen Mutationen auf dem X-Chromosom immer betroffen ist, während das homogametische Geschlecht nur betroffen ist, wenn das mutierte Allel dominant ist. Ist das mutierte Allel rezessiv, so kann beim homogamtischen Geschlecht das andere X-Chromosom die Funktion übernehmen, beim Heterogametischen ist das nicht möglich.
  • Die Faster-male-Theorie von C.-I. Wu[4][5] geht davon aus, dass Allele, die zu Sterilität von Hybrid-Männchen führen schneller evolvieren als Allele für Hybridweibchensterilität. Bei Insekten evolvieren durch geschlechtliche Selektion Merkmale von männlichen Genitalien in der Tat schneller. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Inkompatibilitäten mit artfremden Merkmalen kommt höher, da die X-chromosomalen/weiblichen Merkmale langsamer und vollkommen separat evolvieren. Bei Schmetterlingen evolvieren die Merkmale männlicher Genitalien ebenfalls schneller, jedoch sind dort vor allem Hybridweibchen entsprechend Haldanes Regel betroffen, sodass die Faster-male-Theorie in diesem Fall nicht greift.
  • Die Faster-X-Theorie von Brian Charlesworth und Kollegen[6] besagt, dass das X-Chromosom durch Selektion schnell evolviert und da es häufig sehr groß ist, ist es wahrscheinlicher, dass sich dort negative Allele akkumulieren, die bei heterozygoten Hybriden wirksam werden. Das würde jedoch bedeuten, dass weibliche Geschlechtsmerkmale schneller evolvieren würden als ungeschlechtliche (autosomale) Merkmale, was jedoch nicht gezeigt werden konnte.

Literatur

H. A. Orr: Haldane's rule In: Annu. Rev. Ecol. Syst. 28(1997) S. 195–218

Quellen

  1. J. B. S. Haldane: Sex ratio and unisexual sterility in hybrid animals In: J. Genet. 12(1922) S. 101-109
  2. H. J. Muller: Isolating mechanisms, evolution, and temperature In: Biol. Symp. 6(1942) S. 71–125
  3. H. J. Muller & G. Pontecorvo: Recessive genes causing interspecific sterility and other disharmonies between Drosophila melanogaster and simulans in: Genetics 27(1942) S. 157
  4. C.-I. Wu & A. W. Davis: Evolution of postmating reproductive isolation: the composite nature of Haldane’s rule and its genetic bases In: Am. Nat. 142(1993) S. 187–212
  5. C.-I. Wu, N. A. Johnson & M. F. Palopoli: Haldane’s rule and its legacy: Why are there so many sterile males? In: Trends Ecol. Evol. 11(1996) S. 411–413
  6. B. Charlesworth, J. A. Coyne & N. Barton: The relative rates of evolution of sex chromosomes and autosomes In: Am. Nat. 130(1987) S. 113–146

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • John Burdon Sanderson Haldane — John Burdon Sanderson Haldane. Familienstammbaum John Burdon Sanderson Haldane (* 5. November 1892 in Edinburgh; † 1. Dezember …   Deutsch Wikipedia

  • Artbildung — Die Artbildung (Speziation; engl. speciation) – das Entstehen neuer biologischer Arten – ist eine der wichtigsten Folgen der Evolution und eine der zentralen Fragen der Evolutionstheorie. Das Gegenstück zur Artenbildung stellt das Aussterben dar …   Deutsch Wikipedia

  • Haldane — ist der Name folgender Personen F. Duncan M. Haldane (* 1951), britischer Physiker J. B. S. Haldane (1892–1964), indischer Genetiker britischer Herkunft John Scott Haldane (1860–1936), schottischer Physiologe Richard Burdon Haldane, 1. Viscount… …   Deutsch Wikipedia

  • Großbritannien und Nordirland — Großbritạnni|en und Nordịrland,     Kurzinformation:   Fläche: 242 900 km2   Einwohner: (1999) 58,74 Mio.   Hauptstadt: London   Amtssprache: Englisch   Nationalfeiertag: Offizieller …   Universal-Lexikon

  • Altern — Die Zeit befiehlt dem Alter, die Schönheit zu zerstören, Ölgemälde von Pompeo Batoni aus dem Jahr 1746 …   Deutsch Wikipedia

  • J. B. S. Haldane — J. B. S. Haldane. John Burdon Sanderson Haldane (* 5. November 1892 in Edinburgh; † 1. Dezember 1964 in Bhubaneswar im Bundesstaat Orissa, Indien) war ein Theoretischer Biologe und Genetiker. Neben Ronald Fisher und Sewall Wright war er in den… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”