Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben (KBS) ist ein gesetzlich nicht normierter Handelsbrauch, wonach der Inhalt eines von einem Kaufmann versandten Vertragsangebots vom Vertragspartner als angenommen gilt, wenn dieser nicht unverzüglich widerspricht. Es ist inzwischen gewohnheitsrechtlich anerkannt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Im allgemeinen Rechtsverkehr gilt der Grundsatz, dass bloßes Schweigen keine Willenserklärung darstellt. Auch im Zivilrecht des Bürglichen Gesetzbuchs (BGB) gilt Schweigen nur ausnahmsweise als Willenserklärung im Rahmen des „normierten“ und „beredten“ Schweigens. Der Grundsatz „wer schweigt, scheint zuzustimmen“ (qui tacet consentire videtur) gilt im Rechtsverkehr deshalb nur ausnahmsweise. Einige dieser Ausnahmen sieht das Handelsrecht vor. Im Rahmen von Handelsgeschäften zwischen Kaufleuten kommt dem Schweigen indes eine stärkere Bedeutung zu. Dem im Handelsgesetzbuch (HGB) nicht ausdrücklich geregelten kaufmännischen Bestätigungsschreiben muss ein Kaufmann unter bestimmten Voraussetzungen unverzüglich widersprechen, wenn er den Inhalt dieses Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Reagiert er nicht auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben und schweigt, so darf dies als Annahme gewertet werden.[1]

Das Wort „Bestätigungsschreiben“ bringt zum Ausdruck, dass es sich um eine Bestätigung in schriftlicher Form handelt, worin der Absender mitteilt, dass er mit dem Empfänger mündlich/telefonisch einen Vertrag geschlossen habe.[2] Der Zusatz „kaufmännisch“ weist darauf hin, dass derartige Bestätigungsschreiben nur im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten die zugeschriebenen Rechtsfolgen entfalten können. Im Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmen und Verbrauchern treten seine Rechtsfolgen nicht ein. Damit ist das KBS eine als Handelsbrauch (§ 346 HGB) anerkannte Sonderform des rechtsgeschäftlichen Schweigens.

Schweigen des Kaufmanns auf ein Angebot

Die Regelung des § 362 HGB gilt nur zwischen Kaufleuten. Hiernach gilt Schweigen auf das Angebot als Annahme, auch im Rahmen von Handelsbräuchen ist Schweigen als Annahme zu deuten. Innerhalb einer kaufmännischen Geschäftsbeziehung oder bei einer Aufforderung des Kaufmanns zur Abgabe eines Angebots werden dem Kaufmann besondere Pflichten auferlegt. Er muss auf das Angebot reagieren, sonst gilt sein Schweigen als Annahme. Die Vorschrift kennt zwei Varianten:

  • § 362 Absatz 1 Satz 1 HGB (Angebot innerhalb ständiger Geschäftsbeziehung):

Das vom Kaufmann betriebene Handelsgewerbe muss die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringen. Erfasst hiervon werden die Handelsgeschäfte Kommissionsgeschäft, Speditionsgeschäft, Lager- und Frachtgeschäft, Makler- und Treuhandverträge sowie insbesondere Bank- und Börsengeschäfte.[3] Zudem muss der dem Kaufmann gemachte Antrag eine solche Geschäftsbesorgung zum Inhalt haben. Ferner ist eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen dem Kaufmann und dem Antragenden erforderlich. Diese liegt vor, wenn unter Kaufleuten eine Reihe von rechtsgeschäftlichen Kontakten erfolgt ist und eine Übereinstimmung besteht, fortgesetzt Geschäfte miteinander abzuschließen.[4]

Der erforderliche Antrag auf Besorgung eines Geschäftes entspricht dem des § 362 Absatz 1 Satz 1 HGB. Statt dem besonderen Gegenstand es Handelsgewerbes und der ständigen Geschäftsbeziehung ist ein Anbieten der Geschäftsbesorgung gegenüber dem Antragenden erforderlich. Darunter ist eine invitatio ad offerendum zu verstehen, die allerdings individuell und nicht an einen unbestimmten Personenkreis („ad incertas personas“) gerichtet sein muss. Ansonsten wäre nämlich jedes Angebot auf eine Werbung ein Fall des § 362 HGB. Ein derart weiter Anwendungsbereich ist indes gesetzlich nicht gewollt, weil dies eine zu weitgehende Einschränkung der Privatautonomie darstellen würde; jede Werbung hätte demnach zur Folge, dass Angebote unverzüglich abgelehnt werden müssten.

Voraussetzungen

Die Wirkungen des KBS treten nur unter den folgenden Bedingungen ein:[5]

  1. Beide Parteien müssen Kaufleute sein oder jedenfalls in größerem Umfang am Geschäftsleben teilnehmen.
  2. Dem Schreiben müssen Vertragsverhandlungen vorausgehen, und es muss zum Ausdruck bringen, dass der Bestätigende von einem bereits erfolgten Vertragsschluss ausgeht. Lässt der Absender dagegen zum Ausdruck kommen, dass er das Angebot des Empfängers annehme und damit der Vertrag erst jetzt zustande kommen soll, handelt es sich bei dem Schreiben um eine Auftragsbestätigung. Nicht anwendbar sind die Grundsätze des KBS demnach von vornherein, wenn ein Vertrag schriftlich abgeschlossen wird.
  3. Das Schreiben muss unmittelbar nach den Vertragsverhandlungen versandt worden sein und muss dem Empfänger zugegangen sein.
  4. Die Wirkung des KBS tritt nicht ein, wenn sich der Inhalt des KBS so weit vom Gegenstand der Vertragsverhandlungen entfernt, dass der Bestätigende verständigerweise nicht mehr mit dem Einverständnis des anderen rechnen konnte (Einzelfallbewertung).
  5. Der Absender muss redlich sein, da er sonst nicht schutzwürdig ist. Wenn er bewusst abweichende Angaben macht, fehlt es daran.
  6. Schließlich darf der Empfänger nicht unverzüglich widersprochen haben.

Ein KBS setzt also regelmäßig voraus, dass Vertragsverhandlungen vorangegangen waren,[6] und deshalb jedenfalls ein geschäftliches Gespräch über den schriftlich „bestätigten“ Vorgang stattgefunden haben muss. Der Empfänger eines KBS braucht allerdings dann nicht zu widersprechen, wenn sich der Inhalt des Schreibens so erheblich von dem Verhandlungsergebnis entfernt, dass der Absender mit dem Einverständnis des Empfängers redlicherweise nicht rechnen konnte.[7]

Wirkungen

Gibt das kaufmännische Bestätigungsschreiben den Inhalt eines tatsächlich bei den vorangegangenen Verhandlungen geschlossenen Vertrages wieder, hat es lediglich deklaratorische Wirkung. Lag entgegen der Sicht des Verfassers des KBS noch kein Vertrag vor, wirkt das Bestätigungsschreiben konstitutiv, d. h. der Vertrag entsteht erst durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben.

Abzugrenzen ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben von der Auftragsbestätigung, bei der durch den Zugang erst ein Vertrag zustande kommt, währenddessen bei dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben der Absender bereits von einem Vertragsschluss ausgeht.

Schweiz

Auch in der Schweiz kann das kaufmännische Bestätigungsschreiben konstitutive Rechtskraft entfalten, wenn ihm nicht rechtzeitig widersprochen wird.[8]

Einzelnachweise

  1. Julius von Staudinger/Roland Michael Beckmann/Michael Martinek, Kommentar zum BGB, Band 8, 2005, S. 191 mit weiteren Nachweisen
  2. Peter Gauch, Von der konstitutiven Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1991, S.177 ff.
  3. Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 19 II 2 d)
  4. Karsten Schmidt, a.a.O., § 20 I 3 d)
  5. Hans Brox/Wolf-Dietrich Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 33. Auflage 2009, Randnr. 197
  6. BGHZ 54, 236, 239 f.
  7. BGH NJW-RR 2001, 680, 681
  8. BGE 114 II 251
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