Nichiren-shū

Nichiren-shū
Nichiren Hakii Portrait, 15. Jahrhundert, ausgestellt in Minobu-san Kuon-ji

Die Nichiren-shū (jap. 日蓮宗) ist die älteste und größte der traditionellen Schulen des Nichiren-Buddhismus, ihre Lehren beziehen sich auf den Mönch Nichiren (1222-1282), der im Japan des 13. Jahrhunderts lebte. Es handelt sich bei dieser Schule um eine Konföderation buddhistischer Tempel, sowohl innerhalb als auch außerhalb Japans, die sich der Nichiren-shū zugehörig fühlen.

Dem Lotos-Sutra wird in dieser buddhistischen Schule höchster Stellenwert eingeräumt. Die sogenannten Goibun (御遺文) oder Gosho (御書) sind Briefe und Abhandlungen des Glaubensstifters Nichiren und werden zum Studium des Buddhismus herangezogen. Welche dieser Schriften als authentisch, also von Nichiren stammend, anzusehen sind und welche nicht wird in den verschieden Nichiren-Schulen unterschiedlich interpretiert. Kritisch steht man vor allem den so genannten Ongi Kuden, den mündlich überlieferten Lehren Nichirens gegenüber, deren Authentizität wird in weiten Teilen der Nichiren-shū bezweifelt, das Studium solcher Schriften jedoch nicht kategorisch abgelehnt. Durchaus ermutigt wird auch das Studium anderer buddhistischer Schriften. Somit ist der interreligiöse Dialog (auch mit anderen buddhistischen Traditionen) ein Anliegen dem sich einige Tempel der Nichiren-shū besonders verpflichtet fühlen. Mit zu den heiligsten Orten des Buddhismus der Nichiren-shū gehört der Tempel Kuon-ji am Berg Minobu, welcher von Nichiren begründet wurde und auf dessen Gelände sich auch sein Grab befindet.

Inhaltsverzeichnis

Religiöse Ausübung

Im Mittelpunkt der religiösen Verehrung steht ein Mandala, genannt Gohonzon. Der Gohonzon wird entweder von einem Priester/Priesterin gefertigt oder man verleiht dem Gläubigen die Kopie eines von Nichiren selbst gefertigten Gohonzons den sog. Shutei Gohonzon.[1] bzw. Shutei Mandala. Neben der Verehrung dieses Mandalas, sind vor allem das Rezitieren des Odaimoku (御題目)) „Namu Myōhō Renge Kyō“ und das Rezitieren von Teilen des Lotos-Sutra Kernpunkte der Ausübung. Das Rezitieren des Odaimoku wird als Zeremonie auch als Shodaigyo bezeichnet. Das Rezitieren von Teilen des Lotos-Sutra wird Gongyō (勤行) oder auch Shōjin (精進) genannt und erfolgt meist am Morgen und am Abend. In der Art des Ablaufs gibt es keine generellen Vorschriften. Üblicherweise wird jedoch folgender Verlauf eingehalten[2]:

  • Kurze stille Meditation
  • Verneigung vor den drei Schätzen (Drei Juwelen), gemäß Interpretation der Nichiren-Shū sind dies:
  • Anrufung (Kanjo: Einladung an den Buddha, das Dharma und den Sangha der Zeremonie beizuwohnen)
  • Eröffnungsvers zum Lotos-Sutra (Kaikyoge)
  • Shindoku:
    • Rezitieren des zweiten Kapitels des Lotos-Sutra (Hoben-pon)
    • Rezitieren des 16. Kapitels des Lostos-Sutra (Juryo-hon/Jiga-ge)
  • Nichirens Unterweisung (Shoho Jisso Sho)
  • Das Chanten (mehrmalige Rezitieren) des Odaimoku (Namu-Myoho-Renge-Kyo)
  • Rezitieren des 11. Kapitels des Lotos-Sutra (Hoto-ge)
  • Gebet (Eko)
  • Shiguseigan:

Nicht unüblich ist es auch, über mehrere Tage verteilt, das gesamte Lotos Sutra zu rezitieren. Das Rezitieren des Sutras erfolgt meist gemäß Japanischer Aussprache oder auch in der jeweils üblichen Landessprache. Auch das kalligraphische Kopieren des Odaimoku (写経, ) findet eine Anwendung. Diese Ausübungen sind in der Nichiren-shū Teil der Ausübungen, die ein Lehrer des Dharma praktizieren sollte. Zusammen sind dies:

  • Das Lotos-Sutra mit Körper und Geist zu empfangen und beizubehalten
  • Das Lotos-Sutra mit den Augen zu lesen
  • Das Lotos-Sutra zu rezitieren
  • Das Lotos-Sutra anderen zu erklären
  • Das Lotos-Sutra zu kopieren (shakyō)

Buddhistische Konzepte wie das Zuflucht suchen und die vier edlen Wahrheiten werden im Gegensatz zu anderen Schulen des Nichiren Buddhismus somit als unterstützend erachtet und angewendet.

Besondere Feiertage

Eine Auflistung der wichtigsten Feiertage:[3]

  • 15. Februar: Nirvana-Tag: Todestag Shakyamuni Buddhas
  • 16. Februar: Geburt Nichirens.
  • 21. März: Higan, Gedenken an die Verstorbenen
  • 8. April: Geburt Shakyamunis
  • 28. April: Nichiren rezitiert zum ersten Mal das Odaimoku
  • 13.-15. Juli (oder 13-15 August): Urabon, Gedenken an Maudgalyayana der dem Mythos nach seine Mutter vor den "hungrigen Geistern" rettete. Zu dieser Gelegenheit gedenkt man besonders verstorbenen Familienmitgliedern. Dieser Tag wird zusammen mit dem sog. Segaki zelebriert, zur Erinnerung daran, dass alle Wesen miteinander verbunden sind.
  • 13. Oktober: Oeshiki, Todestag Nichirens
  • 8. Dezember: Bodhi-Tag, Gedenken an die Erleuchtung Shakyamunis. Wird in der Nichiren-shū mit einer Zeremonie bei Kerzenlicht zelebriert.

Die Nichiren-shū außerhalb Japans

Außerhalb Japans zeigt sich, dass die Nichiren-shu eines langsamen aber dennoch stetigen Wachstums unterliegt. Ein Grund hierfür ist, dass im Vergleich zu anderen Nichiren-Schulen keine verstärkte Missionierung betrieben wurde, die mitunter anderen Nichiren-Schulen in der Vergangenheit vorgeworfen wurde und von denen sich die Nichiren-shū bewusst abzugrenzen versucht.

Zum anderen war die Verbreitung außerhalb Japans eng an Auswanderungswellen wie zum Beispiel nach den USA geknüpft. So verwundert es nicht zu erfahren, dass der erste Tempel der Nichiren-shū in Nordamerika bereits 1914 in Los Angeles gegründet wurde.[4]

In den letzten Jahren werden somit auch zunehmend Nicht-Japaner zu Priestern ordiniert zu denen auch, gerade im Westen, eine wachsende Zahl von Frauen gehört. Eine wichtige Funktion in der Ausbildung zum Priester der Nichiren-shū hat hier auch die in Tokyo ansässige Risshō-Universität. An dieser Stelle sei bemerkt, dass Priester der Nichiren-shū heiraten dürfen.

Neben dem Renkoji in Italien ist der Daiseion-ji in Wipperfürth einer von drei Tempeln der Nichiren-shū in Europa.

Unterschiede zu anderen Nichiren-Schulen

Abgesehen von Fragen der religiösen Ausübung, bestehen in den verschiedenen Nichiren-Schulen vor allem auch Unterschiede welche Rolle Nichiren als Person zuerkannt werden soll. Sowohl die Nichiren-Shōshū als auch die aus ihr hervorgegangene Sōka Gakkai sehen Nichiren als einen Buddha an. Die Nichiren-Shū hingegen, verehrt Nichiren als eine Verkörperung des Bodhisattva Jōgyō (Sanskrit: Viśistacāritra). Daher spricht man in der Literatur der Nichiren-shū auch von Nichiren Shonin, wobei Shonin eine Art Titel darstellt und mit Heiliger oder Weiser übersetzt werden könnte. Nichiren wird zudem als Reformator des Buddhismus angesehen, darum bemüht den Kern der Lehren Shakyamuni Buddhas wieder in den Vordergrund zu rücken. Der einzige Buddha unseres Zeitalters ist nach dem Glauben der Nichiren-Shū Shakyamuni selbst.

Ein weiterer Unterschied ist, dass die Nichiren-shū zwar das Priesteramt kennt, dies jedoch weniger hierarchisch auslegt wird als beispielsweise in der Nichiren-Shōshū. Einen Hohen Priester, ausgestattet mit einem Status der Unfehlbarkeit, wie in der Nichiren-Shōshū gibt es somit in der Nichiren-shū nicht. Dieses Amt führt die Nichiren-Shōshū auf den Priester Nikkō zurück, den Nichiren als Nachfolger bestimmt haben soll. Dass solch eine Regelung der Nachfolge durch Nichiren je veranlasst wurde wird jedoch von der Nichiren-shū bestritten. [5]

Literatur

  • Nichiren: Leader of Buddhist Reformation in Japan, Jain Pub (April 2001), ISBN 0-87573-086-8
  • Original Enlightenment and the Transformation of Medieval Japanese Buddhism, Jacqueline I. Stone, University of Hawai'i Press (30 Jun 2003), ISBN 0-8248-2771-6
  • Fire in the Lotus, The Dynamic Buddhism of Nichiren, Daniel B. Montgomery, Mandala 1991, ISBN 1-85274-091-4
  • Writings of Nichiren Shonin, Doctrines I-IV, University of Hawai'i Press
  • Lotus Seeds, The Essence of Nichiren Shu Buddhism, Nichiren Buddhist Temple of San Jose, 2000, ISBN 0-9705920-0-0

Einzelnachweise

  1. ShuteiMandala
  2. Dharma, Nichiren-Shu Service Book, Nichiren Buddhist International Center, ISBN 0-9719645-3-X
  3. Lotus Seeds, The Essence of Nichiren Shu Buddhism, Nichiren Buddhist Temple of San Jose, 2000, S. 92, ISBN 0-9705920-0-0
  4. Geschichte der Nichiren-shū Los Angeles
  5. Fire in The Lotus, Daniel B. Montgomery, Mandala 1991, 1991, S. 147-151, S. 169

Weblinks


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