Numa Droz

Numa Droz
Numa Droz

Numa Droz (* 27. Januar 1844 in La Chaux-de-Fonds; † 15. Dezember 1899 in Bern) war ein Schweizer Politiker. Zunächst arbeitete er als Graveur, Lehrer und Journalist, Ende der 1860er-Jahre begann seine politische Karriere als Grossrat und Staatsrat im Kanton Neuenburg. Als einer der wenigen Nichtakademiker wurde der Vertreter der liberal-radikalen Fraktion (der heutigen FDP) im Dezember 1875 in den Bundesrat gewählt. Droz ist bis heute der jüngste Bundesrat überhaupt. Er gehörte der Landesregierung bis 1892 an.

Inhaltsverzeichnis

Beruf und Politik

Als Droz sechs Jahre alt war, starb sein Vater, ein Uhrmacher. Seine Mutter musste ihn und vier Geschwister alleine durchbringen und war gelegentlich von der Fürsorge abhängig. Im Alter von 14 Jahren absolvierte Droz eine einjährige Lehre als Graveur in der Uhrenfabrik Grandjean & Perrenoud. Ab 1859 war Droz im protestantischen Schulheim Grandchamp in Boudry als Aufseher und Repetitor angestellt. Im Selbststudium erwarb er das Patent als Primarlehrer und unterrichtete ab 1862 zwei Jahre lang in Chaumont und Neuchâtel.

In Neuchâtel kam Droz bald mit den Radikalliberalen in Kontakt und fiel mit seinem Redner- und Schreibtalent auf. Die Position als Redaktor der Parteizeitung Le National suisse (1864–1871) nutzte er als Sprungbrett in die Politik. Im November 1869 wurde er zum Abgeordneten im Grossen Rat (grand conseil) gewählt. Bereits im Juli 1871, er war damals erst 27 Jahre alt, folgte die Wahl in den Staatsrat (conseil d’état).

Als Vorsteher des Erziehungs- und Kultusdepartements setzte er 1872 ein neues liberales Schulgesetz gegen starke Opposition aus konservativen Kreisen durch. Im darauf folgenden Jahr wurde das Kirchenorganisationsgesetz. Es gewährleistete die Gewissensfreiheit der Pastoren, führte aber zur Spaltung der reformierten Kirche und zur Gründung der unabhängigen Église indépendante.

Ab Dezember 1872 vertrat Droz den Kanton Neuenburg im Ständerat. Er beteiligte sich aktiv an der Debatte um die neue Bundesverfassung und war einer der Autoren des Kompromissvorschlags, der 1874 in der Volksabstimmung eine Mehrheit fand. Im Dezember 1875 wurde Droz zum Ständeratspräsidenten gewählt, übte dieses Amt aber nur wenige Tage aus.

Bundesrat

Am 10. Dezember 1875 erhielt Droz bei der Wahl des siebten Bundesrates 65 Stimmen, unterlag aber Bernhard Hammer. Am selben Tag wurde Louis Ruchonnet zum vierten Bundesrat gewählt. Da er aber die Wahl nicht annahm, fand acht Tage später eine Nachwahl statt. Charles Estoppey erhielt im ersten Wahlgang das absolute Mehr, weigerte sich aber ebenfalls, das Amt anzunehmen. Schliesslich fiel die Wahl auf den 31-jährigen Droz, der im zweiten Wahlgang 85 von 168 gültigen Stimmen erhielt.

Zunächst stand Droz ab 1876 dem Departement des Innern vor. Er setzte das Fabrikgesetz von 1877 um, wobei er seine Erfahrungen als Uhrenarbeiter einfliessen liess. Massgeblich beteiligt war er an der Schaffung des Handels- und Landwirtschaftsdepartements, welches er 1879/80 sowie von 1882 bis 1886 leitete. In dieser Funktion setzte er zahlreiche Gesetze zum Schutz der Schweizer Industrie durch, wobei vor allem die Uhrenindustrie profitierte.

1881 war Droz erstmals Bundespräsident und somit wie damals üblich gleichzeitig Vorsteher des Politischen Departements. Nach der zweiten Wahl zum Bundespräsidenten brach er 1888 als erster Bundesrat mit diesem Rotationsprinzip und blieb bis zu seinem Rücktritt Vorsteher des neu als Departement des Äusseren bezeichneten Aussenministeriums. 1889 kam es zu einer aussenpolitischen Krise, als der deutsche Polizeiinspektor August Wohlgemuth wegen Spitzeltätigkeiten gegen deutsche Emigranten in der Schweiz ausgewiesen wurde. Der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck drohte daraufhin mit Repressalien, doch hielt die Regierung dem Druck stand.

Weitere Tätigkeiten

Am 31. Dezember 1892 trat er als Bundesrat zurück. Das «System Droz» wurde in Frage gestellt und bis 1920 übernahm wieder automatisch der Bundespräsident das Amt des Aussenministers. Ab 1893 leitete Droz das Internationale Transportbüro. 1897 wandte er sich gegen die Schaffung einer Staatsbank. Obwohl er noch 1878 die Nachfinanzierung der Gotthardbahn mit Steuergeldern unterstützt hatte, lehnte er zwanzig Jahre später die Verstaatlichung der Eisenbahnen entschieden ab und überwarf sich dabei mit vielen politischen Freunden. Droz wies Angebote zurück, als Gouverneur von Kreta und als Berater des Königs von Siam zu wirken. In seiner Freizeit betrieb er politische Studien und historische Forschungsarbeiten. Im Alter von 55 Jahren starb er an einer Hirnhautentzündung.

Literatur

  • Jean-Marc Barrelet: Numa Droz. In: Urs Altermatt (Hrsg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. 2. Auflage. Artemis Verlag, Zürich/München 1991, ISBN 3-7608-0702-X, S. 218–223.

Weblinks


Vorgänger Amt Nachfolger
Paul Cérésole Mitglied im Schweizer Bundesrat
1876–1892
Adrien Lachenal

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