Pflegesystem

Pflegesystem

Ein Pflegesystem beschreibt innerhalb der professionellen Gesundheits- und Kranken- sowie der Altenpflege die planmäßige, systematische und methodische Strukturierung der Arbeitsabläufe. Die Systeme werden pflegewissenschaftlich erforscht und sind ein Teilbereich des arbeitsorganisatorischen Pflegemanagements. Die Pflegesysteme können hinsichtlich ihrer grundlegenden Orientierung in patienten- oder aufgabenbezogene Pflegesysteme unterteilt werden. Die Wahl der Pflegeeinrichtung hinsichtlich der Form der Arbeitsorganisation wirkt sich direkt auf die Pflegequalität und die Zufriedenheit der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte aus. Häufig wird die Entscheidung einer Pflegeeinrichtung für ein bestimmtes System im Pflege- oder Unternehmensleitbild festgeschrieben.

Der Begriff Pflegesystem wird in einem anderen Verständnis auch in der Selbstpflegedefizittheorie nach Dorothea Orem verwendet, gelegentlich wird der Begriff benutzt, um den Einzelaspekt der Pflege innerhalb des Gesundheitssystems oder der Finanzierung des Gesundheitswesens zu beschreiben.

Inhaltsverzeichnis

Unterscheidungsmerkmale

Die verschiedenen Pflegesysteme unterscheiden sich sowohl durch die Art der Arbeitsaufteilung, den hierarchischen Aufbau, die Beziehungen zwischen den Pflegekräften sowie die Verantwortungsbereiche, die Handlungsspielräume und die Entscheidungskompetenz der einzelnen Pflegekraft. Je nach Pflegesystem kann auch das Menschenbild und das Verständnis für die Interaktion mit dem Pflegebedürftigen ein Unterscheidungsmerkmal bilden. Die Arbeitsorganisation selbst folgt dabei nicht pflegephilosophischen Grundsätzen, sondern wird an die strukturellen und personellen Voraussetzungen angepasst.

Grundtypen

Aufgabenbezogene Systeme

Das als Funktionspflege bezeichnete System der aufgaben- beziehungsweise tätigkeitsorientierten Pflege zeichnet sich durch eine starke Defragmentierung des Pflegeprozesses und eine klare hierarchische Struktur aus. Die Pflegemaßnahmen werden hierbei einzelnen Pflegekräften nach ihrer Kompetenz zugeordnet und routinemäßig an allen Pflegebedürftigen durchgeführt. Beispiele hierfür sind beispielsweise das durchgängige Bettenmachen in allen Zimmern oder die Insulingabe bei allen Diabetikern einer Station zu einer bestimmten Uhrzeit durch eine Pflegekraft.

Patientenzentrierte Systeme

Bezugspflege

Im Bereich der sogenannten Bezugspflege wird einer Gruppe von Pflegebedürftigen eine Pflegeperson konstant zugeordnet. Die Zuordnung kann sich an räumlichen oder pflegerelevanten Kriterien orientieren. Allen patientenorientierten Systemen liegt ein ganzheitliches Menschenbild zugrunde.

  • Bereichspflege: Zuordnung zu einer Pflegeperson anhand räumlicher Gegebenheiten
  • Zimmerpflege: Zuordnung erfolgt anhand des Zimmers oder Apartments, kann auch eine Form der Einzelpflege bezeichnen
  • Gruppenpflege: Zuordnung erfolgt anhand pflegerelevanter Kriterien, beispielsweise der Pflegestufe oder einer Erkrankung

Primary Nursing

Das in den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelte Pflegesystem des Primary Nursing (engl. für Primärpflege) geht pflegetheoretisch über das europäische Verständnis der Bezugspflege hinaus, auch wenn diese Begriffe in Übersetzungen oft gleichgesetzt werden. Hierbei ist eine Pflegekraft, die Primary Nurse, rund um die Uhr für alle Pflegeprozesse voll verantwortlich und plant die gesamte Pflege. Unterstützt wird die verantwortliche Pflegeperson durch eine Assistenzpflegekraft, die Associate Nurse ,die jedoch über keine eigenen Handlungsspielräume und Entscheidungskompetenzen verfügt.

Einzelpflege

Das Pflegesystem ordnet einem Pflegebedürftigen rund um die Uhr eine Pflegekraft zu, die ursprünglich auch bei dem Gepflegten wohnte. Neben den Einschränkungen in der Privatsphäre des Betroffenen, haben die hohen Kosten dazu geführt, dass diese Pflegesystem nur in Einzelfällen noch Anwendung findet, beispielsweise in der ambulanten Intensivpflege. Gelegentlich wird auch die stationäre Zimmerpflege als Einzelpflege bezeichnet, sofern die Pflegekraft innerhalb ihrer Arbeitszeit das Zimmer des Pflegebedürftigen nicht verlässt.

Eine Sonderform der Einzelpflege ist die Sitzwache, die bei Schwerstkranken, Sterbenden oder psychiatrischen Patienten eingesetzt wird.

Mischsysteme

In vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen werden gemischtformige Systeme eingesetzt. Hierbei liegt meist ein patientenorientiertes Leitbild zugrunde. Vielfach werden patientenferne Tätigkeiten funktionalisiert, beispielsweise Bestellung von Pflegemitteln einer bestimmten Pflegekraft zugeordnet, während patientennahe grund- und behandlungspflegerische Maßnahmen nach den Prinzipien eines Bezugssystem durchgeführt werden.

Literatur

  • Liliane Juchli, Ursula Geißner, et al: Thiemes Pflege, Georg Thieme Verlag, Seite 77-81, ISBN 3135000109
  • Ilka Köther: Thiemes Altenpflege, Georg Thieme Verlag, 2007, Seite 764-765, ISBN 3131391324
  • Eva Eißing: Pflegerische Interventionen, Georg Thieme Verlag, 2007, Seite 8-9, ISBN 3131272627

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