BLEVE

BLEVE
Eine BLEVE eines Tankers

Die BLEVE (Englische Abkürzung für Boiling Liquid Expanding Vapour Explosion) ist eine Gasexplosion einer expandierenden siedenden Flüssigkeit. BLEVEs können bei geschlossenen Tankbehältern entstehen, welche brennbare flüssige bzw. verflüssigte Substanzen / Substanzgemische enthalten.[1]

Die Reaktion ist in der ersten Phase physikalisch mit einem Kesselzerknall vergleichbar, nur dass bei einer BLEVE anstatt Wasser die brennbare flüssige Substanz im Tank ist, die beim Austritt explodiert.

Inhaltsverzeichnis

Vorgang

Bleve Gastank.png

Wird ein Tankbehälter mit einer brennbaren Flüssigkeit von außen zum Beispiel durch ein Feuer (Brandunfall) umschlossen, so erhitzen die Flammen die Behälterwandung. Die Wärme wird durch die Metallwandung auf die Tankflüssigkeit übertragen, die allmählich zu sieden beginnt. Dadurch steigt der Druck im Tank immer weiter an. Solange die Wandung durch die siedende Tankflüssigkeit gekühlt wird, wird das Metall davon abgehalten zu erweichen bzw. zu schmelzen. Alles bleibt bis dahin zunächst stabil.

Erreicht der Dampfdruck der siedenden Flüssigkeit im Tank die Auslöseschwelle des Überdruckventils, das sich an der Tankoberseite befindet, schießt das Gas durch das Ventil nach oben in die Luft. Wenn es sich nicht schon beim Ausströmen von selber entzündet hat, dann besorgt dies das umgebende Feuer rasch und zuverlässig. Dadurch wird während des Ausströmungsvorganges aus dem Überdruckventil eine riesige Stichflamme bzw. Fackel brennenden Flüssigkeitsdampfes erzeugt, während im Inneren der Flüssigkeitsspiegel rapide sinkt.

Wenn aber weniger Flüssigkeit im Tank verbleibt, kann durch den tiefer liegenden Flüssigkeitsspiegel auch weniger Behälterwandung gekühlt werden. Die Folge davon ist, dass sich durch den Umgebungsbrand die Tankwand mehr und mehr aufheizt, wodurch noch mehr Flüssigkeitsdampfdruck aufgebaut wird, der durch das Ventil gar nicht mehr abgelassen werden kann. Die bereits durch das Feuer überhitzten und geschwächten Wände des Tanks beginnen sich durch den enormen Druck aufzublähen, zu erweichen und schließlich zu bersten. Die nun austretenden riesigen Mengen an Gas und die siedende Flüssigkeit entzünden sich sofort, und es kommt zu einer gewaltigen Explosion mit einem riesigen Feuerball, aus dem noch flüssige, brennende Tröpfchen herunter regnen, die in der Umgebung zu Sekundärbränden führen können. Zudem ist mit herumfliegenden Trümmern des Tanks, die als tödliche Geschosse in die Umgebung fliegen, zu rechnen.

Typische Bleve-Ereignisse bei Stahlbehältern treten bei Temperaturen oberhalb von 538°C (sinkende Festigkeit des Stahlbehälters bei zunehmender Temperatur), bei Rest-Füllmengen von 50% und weniger und innerhalb von 8 - 30 Minuten nach Brandausbruch auf.

Die Auswirkungen eines solchen BLEVE-Ereignisses sind außerordentlich: Beim Bersten eines mit 1.300 kg flüssigen Propan gefüllten Tanks wurde ein ca. 80 m hoher und ca. 50 m breiter Feuerball beobachtet. Die Trümmer des Tanks flogen bis zu 500 m weit.[2]

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die wirkungsvollste Methode zur Verhinderung einer BLEVE darin besteht, den betroffenen Tank von außen her mit Wasser zu kühlen, um einerseits den Temperatur-Anstieg im Inneren zu minimieren und ein Erweichen der Tankwandung zu unterbinden. Dazu sind vor allem bei größeren Tanks sehr große Flüssigkeitsmengen notwendig.

So liegen nach Angaben der Hessischen Landesfeuerwehrschule[3] die benötigten Wassermengen allein zur Kühlung von brennenden LPG beinhaltenden Druckgasflaschen und Autogasfahrzeugen je 15 Liter/min, privaten Flüssiggasbehältern 180 Liter/min, LKW-Sattelzügen je 1.200 Liter/min, Bahnkesselwagen 2.500 Liter/min sowie großen Speicher bzw. LPG-Tankern schließlich bis zu 150.000 Liter/min.

Wenn diese Wassermengen nicht verfügbar sind, und dies ist bei Bränden großer Speichermengen oft der Fall, sind BLEVE-Ereignisse nicht beherrschbar.

Bleve explosion.svg

Unfälle

Größere Schadensereignisse mit BLEVEs ereigneten sich:

  • 1948: Kesselwagenexplosion in der BASF in Ludwigshafen am Rhein, Deutschland
  • 1954: Tanklagerexplosion bei Niederstedem
  • 1966 in Feyzin, Frankreich
  • 1978: Tanklastzugunglück von Los Alfaques bei Sant Carles de la Ràpita in der Provinz Tarragona, Katalonien, Spanien.
  • 1982 in Tacoa, Venezuela. Dieser Großunfall am 19. Dezember 1982[4] war eine Mischform zwischen BLEVE und Kesselzerknall. Ausgangspunkt war ein Schweröl-Tank, in dem sich oben offenbar eine Gasphase ausgebildet hatte. Arbeiter öffneten den Stutzen einer Messleitung, wo das Gas ausströmte und vorerst ruhig verbrannte. Das erhöhte den Innendruck, bis der obere Teil des Tanks barst, wobei die Trümmer förmlich in die Luft flogen. Danach wütete ein Großfeuer, das auch den benachbarten Tank erfasste. Im unteren Teil eines der Tanks musste sich eine große Menge Wasser befunden haben. Dieses erhitzte sich, konnte aber aufgrund des darüber liegenden Öls nicht sofort verdampfen. Die Verdampfung setzte erst verzögert ein, dafür aber explosionsartig: Ein noch gewaltigeres Inferno als bei der ersten Explosion war die Folge. 150 Menschen fanden den Tod bei diesem bisher schlimmsten Öl-Lagerbrand der Geschichte.
  • 1984 in San Juan Ixhuatepec, Mexiko. Hier brach in einem Lager mit Propan- und Butan-Tanks eine Leitung von 20 cm Durchmesser, die in der Folge nicht wie vorgesehen durch Ventile abgesperrt wurde. Die entstehende Gaswolke explodierte nach 10 Minuten. Diese externe Energiequelle (siehe oben) führte zu einer BLEVE bei einem nahestehenden Tank, was wiederum weitere BLEVEs in Folge bei weiteren Tanks auslöste. Es starben dabei hunderte von Menschen.
  • Am 28. September 2011 brach in einer Erdöl-Raffinerie von Shell in Singapur ein Brand aus. Die daraufhin beobachteten Explosionen und ein Feuerball deuten darauf hin, dass auch Lagertanks tangiert waren, bei denen mindestens ein BLEVE stattfand. Die Feuerwehr kühlte daraufhin benachbarte Lagertanks, offensichtlich um bei ihnen BLEVES zu verhindern.[5]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hans-Joachim Gressmann, „Auch »kleine« BLEVEs können Probleme bereiten!“, BRANDschutz 6/2001
  2. Gefährliche Stoffe und Güter - Gefahren und Gefahrenabwehr bei Flüssiggas, Aus und Fortbildung der Branddirektion Frankfurt am Main, 2003
  3. "Gefahren und Gefahrenabwehr bei Lagerung und Transport von Flüssiggas", Hessische Landesfeuerwehrschule, 2006
  4. NZZ zur Tankkatastrophe in Tacoa, abgefragt am 18. Dezember 2008
  5. NZZ vom 30. September 2011

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