Szentendre

Szentendre
Szentendre
Wappen von Szentendre
Szentendre (Ungarn)
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Basisdaten
Staat: Ungarn
Region: Közép-Magyarország
(Mittel-Ungarn)
Komitat: Pest
Koordinaten: 47° 40′ N, 19° 5′ O47.66527777777819.0775110Koordinaten: 47° 39′ 55″ N, 19° 4′ 39″ O
Höhe: 110 m
Fläche: 43,83 km²
Einwohner: 25.401 (1. Jän. 2010)
Bevölkerungsdichte: 580 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+36) 26
Postleitzahl: 2000, 2001
KSH kódja: 15440
Struktur und Verwaltung
Bürgermeister: Ferenc Dietz
Postanschrift: Polgármesteri Hivatal
Városház tér 1–3
2000 Szentendre
Webpräsenz:

Szentendre [ˈsɛntɛndrɛ] (deutsch: Sankt Andrä) ist eine ungarische Stadt im Komitat Pest. Aufgrund seiner Nähe zu Budapest, des reizvollen barocken Stadtbildes und der Lage an der Donau gehört es zu den beliebtesten Touristenzielen Ungarns.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Geografische Lage

Szentendre liegt 20 km nordwestlich von Budapest am rechten (westlichen) Ufer eines Seitenarms der Donau, der Szentendrei Duna.

Geologie

Szentendre liegt am östlichen Abhang des ungarischen Mittelgebirges, das die Pannonische Tiefebene in zwei Teile teilt. Die gegenüberliegende Szentendre-Insel (Szentendrei Sziget; deutsch Sankt-Andrä-Insel) und das östlich des Donau-Hauptarms gelegene Land gehören bereits zur Großen Ungarischen Tiefebene.

Geschichte

Das Gebiet um Szentendre war schon in der Steinzeit bewohnt. Ausgrabungen im Stadtgebiet belegen 20.000 Jahre alte Siedlungen. Später siedelten dort Illyrer, nach ihnen die Eravisker, ein keltischer Volksstamm. Unter Kaiser Augustus eroberten die Römer im 1. Jahrhundert n. Chr. die Region. Im Stadtgebiet des heutigen Szentendre gründeten sie mit Ulcisia Castra (Wolfslager) ein Kastell, um das sich rasch ein Lagerdorf (Vicus) mit Gräberfeld entwickelte. Im 4. Jahrhundert wurde die von Hilfstruppen (Auxilia)[1] belegte römische Garnison in Castra Constantia umbenannt und sollte in valentinianischer Zeit mit dem Kastell Göd-Bócsaújtelep eine auf dem anderen Ufer der Donau gelegene Gegenfestung erhalten, die jedoch nie fertiggestellt wurde.[2][3] Am heutigen ethnographischen Freilichtmuseum entstand zu Beginn des 3. Jahrhunderts in mehreren Bauphasen ein 5200 Quadratmetern großes römisches Landgut, Villa Rustica), eines der größten in Pannonien, das bis um 380–390 n. Chr. bestand und anschließend verlassen wurde.[4] Die baulichen Reste der Anlage können besichtigt werden (Villa Rustica Szentendre-Skanzen).

Im 5. Jahrhundert wurde mit der Völkerwanderung das aus Lagern und Wachtürmen bestehende Grenzschutzsystem in der Umgebung der Siedlung zerstört. Unter den Langobarden und besonders den ihnen nachfolgenden Awaren war die Siedlung ein bedeutender Ort.

Zur Zeit der ungarischen Landnahme wurde Szentendre 895 im Rahmen der Landnahme vom ungarischen Kurszán besetzt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Stadt 1009. Auf einem Hügel befand sich die Kirche des heiligen Andreas, die dem Ort ihren Namen gab: aus lateinisch Sankt Andrae wurde ungarisch Szentendre, deutsch St. Andreas, serbisch Сентандреја (Sentandreja), slowakisch Senondrej und kroatisch Sentandrija. Um den Kirchhügel gruppierten sich die Häuser der Stadt. Im 14. Jahrhundert wurde die kleine Stadt, die auf Grund ihrer verkehrsgünstigen Lage zwischen den Zentren Buda und Visegrád an Größe und Bedeutung gewonnen hatte, befestigt.

1541 eroberten die Türken die nahe gelegene Festung Buda; das Land geriet unter türkische Herrschaft. Während der Türkenkriege und der türkischen Herrschaft im 16. und 17. Jahrhundert ging die Einwohnerzahl stark zurück. Als 1690 die Stadt Belgrad von den Türken zurückerobert wurde, mussten die dort lebenden Serben fliehen. Rund 6.000 von ihnen siedelten sich, von Kaiser Leopold I mit Privilegien ausgestattet, in Szentendre an. In der Folgezeit füllte sich die Stadt mit anderen Emigranten, unter anderem aus Dalmatien, Griechenland und Bosnien. Mit dem Frieden von Karlowitz zerschlug sich 1699 die Hoffnung dieser Neusiedler auf Rückkehr in ihre Heimatländer. Im 18. Jahrhundert entstanden die festen Kirchen und festen Häuser der verschiedenen Volks- und Religionsgemeinschaften, denen die Stadt ihre bis heute bestehende barocke Prägung verdankt.

Im 19. Jahrhundert kehrte ein großer Teil der serbischen Bevölkerung in ihr Heimatland zurück, ihr Bevölkerungsanteil sank von 45 % auf unter 20 %. Ihren Platz nahmen Ungarn, Donauschwaben, die meist aus dem Frankenland stammten, und Slowaken ein. Einige ihrer serbisch-orthodoxen Kirchen wurden in katholische und reformierte Kirchen umgewandelt. Während der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert behielt Szentendre seinen Charakter als beschauliche Kleinstadt. 1888 wurde Szentendre mit einer Vorortbahn an Budapest angeschlossen.

1926 wurde Szentendre zur Wirkungsstätte einer Künstlerkolonie. Deren Mitglieder arbeiten seitdem dort und bieten ihre Werke in den örtlichen Galerien und Ausstellungen dem Publikum an. In den 1990er Jahren öffnete sich die Stadt dem Tourismus. In den letzten Jahren bestimmt dieser Faktor mit einem internationalen Publikum und den üblichen Begleiterscheinungen wie Hotels, Gaststätten, Cafés und kleinen Läden das Stadtbild.

Religionen

Von sieben Kirchen Szentendres sind noch heute drei im Besitz der serbisch-orthodoxen Kirche, nämlich die Kirchen Pozsarevacska und Preobrazsenszka und die Hauptkirche Maria Himmelfahrt, auch Saborna und Belgrad-Kathedrale genannt.

Die Rokoko-Kirche Mariä Verkündigung, ursprünglich Blagovesztenszka, ist heute griechisch-orthodox. Die Kirche St. Peter und Paul hat die katholische Kirche übernommen, die reformierte Kirche übernahm die Opovacska-Kirche.

Städtepartnerschaften

Szentendre unterhält eine Partnerschaft mit Kalisz (Polen) und seit 1989 mit Wertheim (Baden-Württemberg, Deutschland).

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

Skanzen, Szentendre
Das Károly-Ferenczy-Museum mit seinen vielfältigen Ausstellungen zur Geschichte von Szentendre.
  • Das 1967 errichtete ethnographische Freilichtmuseum Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 1 km nordwestlich von Szentendre, veranschaulicht die bäuerliche Architektur und Wohnkultur Ungarns. Ausgestellt sind 80 Häuser, drei Kirchen, 200 Wirtschaftsgebäude, mehrere Brücken und eine Vielzahl von traditionellen Gebrauchs- und Kunstgegenständen.
  • Die Margit-Kovács-Sammlung, in einem barocken Haus von 1750, zeigt Werke der Keramikkünstlerin Margit Kovács (1902–1977), die zu der Künstlerkolonie von Szentendre gehörte.
  • Die Szentendre-Galerie zeigt Ausstellungen zeitgenössischer Kunst.
  • Das Lajos-Vajda-Museum zeigt Werke von Lajos Vajda (1908–1941), der die Hoffnungslosigkeit der ungarischen Zwischenkriegszeit in Bilder fasste
  • Czóbel-Museum. Béla Czóbel (1883–1976) war ein expressionistischer und fauvistischer Künstler.
  • Das 1951 entstandene Károly-Ferenczy-Museum zeigt im römischen Lapidarium viele Steindenkmäler aus dem antiken Ulcisia Castra bzw. Castra Constantia.[5] Außerdem wird hier ungarisches Kunsthandwerk sowie Werke des impressionistischen Malers Károly Ferenczy und dessen Kinder, des Bildhauers Béni Ferenczy und der Gobelinkünstlerin Noémi Ferenczy gezeigt. Einer der bekanntesten Söhne der Stadt, der Archäologe Sándor Soproni, war von 1951–1961 Museumsdirektor.
  • Das Konditoreimuseum beschäftigt sich unter anderem mit der weltberühmten ungarischen Dobostorte.

Bauwerke

  • Der Hauptplatz Fő tér ist von mehreren Barock- und Rokoko-Häusern umgeben. In seiner Mitte befindet sich eine 1763 als Danksagung für das Ende einer Pestepidemie errichtete Säule.
  • Ebenfalls am Hauptplatz befindet sind die Mariä Verkündigungs-Kirche, die 1752-1755 nach Plänen von Andreas Mayerhoffer, dem aus Salzburg stammenden Führer der Pester Baumeistergilde errichtet. Steinmetzarbeiten führte der ebenfalls aus Salzburg stammende, in Kaisersteinbruch (Császárkőbánya) tätige Meister Johann Gehmacher durch. Die prächtige Einrichtung verbindet byzantinischen Bildinhalt mit Rokoko- und Zopfstil-Ornament. Die Ikonostase im Inneren malte Michael Zivkovic, ein serbischer Ikonenmaler aus Buda, im Jahre 1790.
  • Kirchenhügel (Templom tér) mit der im 13. und 14. Jahrhundert erbauten römisch-katholischen, Johannes dem Täufer geweihten Pfarrkirche und der noch heute funktionierenden ältesten Sonnenuhr Ungarns.
  • Kirche Maria Himmelfahrt oder Belgradkathedrale, erbaut 1756 und 1764, mit einer Ikonenwand von 1780.

Kulinarische Spezialitäten

  • Szabó-Marzipanmuseum in der Ortsmitte, bietet Marzipan in allen erdenklichen Formen dar
  • Nationales Weinmuseum

Verkehr

Die Straße Nr. 11 verbindet Szentendre nach Norden mit dem 20 km entfernt liegenden Vác und mit Esztergom. In südlicher Richtung erreicht man über die gleiche Richtung das nahe Budapest. Über die häufig verkehrende Vorortbahn (HÉV) erreicht man Budapest ebenfalls sehr rasch. Morgens und abends herrscht ein starker Pendlerverkehr von und nach Budapest.

Zur gegenüberliegenden Szentendre-Insel verkehrt etwas nördlich vom Ortskern eine kleine Autofähre.


Söhne und Töchter der Stadt

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888. S. 78.
  2. Ádám Szabó, Endre Tóth: Bölcske. Römische Inschriften und Funde – In memoriam Sándor Soproni (1926-1995). Ungarisches Nationalmuseum, Budapest 2003, (Libelli archaeologici Ser. Nov. No. II), ISBN 963-9046-83-9 (formal falsche ISBN), S. 40.
  3. Zsolt Mráv: Castellum contra Tautantum. Zur Identifizierung einer spätrömischen Festung. In: Ádám Szabó, Endre Tóth: Bölcske. Römische Inschriften und Funde – In memoriam Sándor Soproni (1926-1995). Ungarisches Nationalmuseum, Budapest 2003, (Libelli archaeologici Ser. Nov. No. II), ISBN 963-9046-83-9 (formal falsche ISBN). S. 331.
  4. Judit Topál: Der Import der sogenannten Moselweinkeramik in Pannonien. In: Rei Cretariae Romanae Fautorum Acta 27/28. Rei Cretariae Romanae Fautores. 1990. S. 177.
  5. Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888. S. 79.

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