Wilhelm Eduard Schmid

Wilhelm Eduard Schmid

Wilhelm Eduard Schmid (* 2. April 1893 in Weilheim in Oberbayern; † 30. Juni 1934 in München[1]) war ein deutscher Musikkritiker und Lyriker. Schmid wurde bekannt als Musikkritiker der Münchener Neuesten Nachrichten sowie als irrtümliches Opfer der als Röhm-Putsch bekannt gewordenen nationalsozialistischen Säuberungsaktion.

Wilhelm Eduard Schmid (um 1930).

Leben und Wirken

Nach dem Schulbesuch studierte Schmid an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als Teilnehmer am Ersten Weltkrieg erlitt er einen Bauchschuss. Nach der Rückkehr aus dem Krieg setzte er seine Studien fort, die er mit der Promotion zum Dr. phil abschloss. Seine Dissertation, die von Alois Fischer und Albert Rehm betreut wurde, befasst sich mit dem Thema Stellung und Quellen des Präventivgedankens bei Don Bosco im Zusammenhang mit der pädagogischen Lage seiner Zeit. Die mündliche Prüfung fand am 22. Juli 1922 statt. Zum Druck frei gegeben wurde die Arbeit am 6. Juli 1923.

In den 1920er Jahren begann er vielgelesene Musikkritiken für die Münchner Neuesten Nachrichten zu schreiben.

Am Abend des 30. Juni 1934 wurde Schmid gegen 19.20 Uh im Rahmen der unter der Propagandabezeichnung Röhm-Putsch bekannt gewordenen politischen Säuberungsaktion in seiner Münchener Wohnung von mehreren SS-Leuten verhaftet und ins KZ Dachau verschleppt, wo er noch am selben Tag – ohne vorher richtig verhört worden zu sein – erschossen wurde. Die Erschießung erfolgte wahrscheinlich zwischen 23.00 und 24.00 Uhr am Rande des Lagers zusammen mit der Erschießung der Gefangenen Otto Ballerstedt, Fritz Beck, Fritz Gerlich und Ernestine Zoref. Der Leichnam Schmids, der eine Frau und drei Kinder hinterließ, wurde am Abend des 3. Juli unter der Bahnüberführung bei Dachau an seine Angehörigen in einem versiegelten Sarg mit dem Verbot übergeben, diesen zu öffnen.[2]

Schmids Tötung erwies sich rasch als Irrtum: Die SS-Leute die ihn verhafteten, hatten ihn – Schmid, Doktor der Philosophie – mit dem Arzt Dr. Ludwig Schmitt verwechselt, mit dessen Arretierung sie eigentlich beauftragt waren. Schmitt war als Sympathisant des in Ungnade gefallenen ehemaligen NS-Führers Otto Strasser auf die Todesliste der SS geraten. Während Schmid infolge dieses Missverständnis erschossen wurde, gelang es Schmitt, dem Mordgeschehen zu entkommen.[3]

Vor allem in der älteren Literatur ist demgegenüber gelegentlich auch von einer Verwechslung von Wilhelm Eduard Schmid mit dem Münchener SA-Gruppenführer Wilhelm Schmid oder mit Hans Walter Schmidt, dem Adjutanten des schlesischen SA-Führers Edmund Heines, die Rede.[4] Die Mehrzahl der Quellen - und insbesondere die dem jüngeren Forschungsstand entsprechende neuere Literatur geht jedoch von einer Verwechslung von Schmid mit Schmitt aus. Neben Kershaw findet sich die Schmitt-These bei Höhne,[5] Deighton[6] und bei Bernt Engelmann, der als Tatmotiv angibt, dass es sich bei Schmitt um einen „intimen Kenner der braunen Prominenz“ gehandelt habe.[7] Bei einem Beileidsbesuch am 31. Juli 1934 entschuldigte Rudolf Heß sich bei Schmids Witwe für die versehentliche Erschießung und versicherte, dass auf ihren Mann „nicht der Schatten einer Schuld“ fallen würde.

Die Grabrede bei Schmids Begräbnis hielt der mit ihm befreundete Philosoph Oswald Spengler, der ihm später auch den Text „Gedicht und Brief. Dem Gedächtnis Willi Schmids“ (1935) widmete, der in der Werkausgabe der Reden und Aufsätze Spenglers enthalten ist.

Schriften

  • Stellung und Quellen des Präventivgedankens bei Don Bosco im Zusammenhang mit der pädagogischen Lage seiner Zeit, München 1923. (Dissertation)

Einzelnachweise

  1. Geburtsdatum und -ort nach Wilhelm Kosch/ Carl Ludwig Lang: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch, 1994, S. 298.
  2. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS, 1967, S. 110.
  3. Ian Kershaw: Hitler, 1889-1936. Hubris, 1999, S. 515.
  4. Etwa bei Joseph Alexander Leighton: Social Philosophies in Conflict. Fascism & Nazism, Communism, Liberal Democracy, 1937, S. 33. Martin Broszat/ Elke Fröhlich: Bayern in der NS-Zeit, 1977, S. 365. Douglas G. Morris: Justice Imperiled. The Anti-Nazi Lawyer Max Hirschberg in Weimar Germany, 2005, S. 317.
  5. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS, 1967, S. 110.
  6. Len Deighton: Winter. A Novel of a Berlin Family, 1987, S. 331.
  7. Bernt Engelmann: Auf Gut Deutsch. Ein Bernt Engelmann-lesebuch, 1981, S. 108.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eduard Schmid — (* 15. Oktober 1861 in Ostrach, Hohenzollern Sigmaringen; † 8. Juni 1933 in München) war von 1919 bis 1924 Erster Bürgermeister der SPD in München. Der gelernte Möbelschreiner ließ sich nach der Wanderschaft im Anschluss an seine Lehrzeit in… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Schmid — ist der Name folgender Personen: Wilhelm Schmid (Divisionär) (1858–1939), Schweizer Oberstdivisionär Wilhelm Schmid (Philologe) (1859–1951), deutscher klassischer Philologe Wilhelm Schmid (SA Mitglied) (1889–1934), deutscher Politiker (NSDAP) und …   Deutsch Wikipedia

  • Schmid — Verteilung des Namens Schmid in Deutschland Schmid ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Der Name ist eine Variante des Familiennamens Schmidt. Zu Etymologie des Namens etc. siehe dort. Varianten …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm von Borscht — Wilhelm Georg von Borscht Wilhelm Georg Ritter von Borscht (* 3. April 1857 in Speyer; † 30. Juli 1943 in München) war ein bayerischer Politiker. Er studierte Jura in Würzburg und legte 1881 die Beamtenprüfung ab. Er trat in den Staatsdienst ein… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Ritter von Borscht — Wilhelm von Borscht um 1885 Wilhelm von Borscht ca. 1915 …   Deutsch Wikipedia

  • Willi Schmid — Wilhelm Eduard Schmid (died 1934), better known as Willi Shmid, was a German music critic, and an accidental victim of the Night of the Long Knives in a case of mistaken identity.Schmid studied music under Christian Döbereiner, and founded the… …   Wikipedia

  • Eduard Friedrich Mörike — Eduard Mörike Eduard Friedrich Mörike (* 8. September 1804 in Ludwigsburg; † 4. Juni 1875 in Stuttgart) war ein deutscher Lyriker der Schwäbischen Schule, Erzähler und Übersetzer sowie evangelischer …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard Moerike — Eduard Mörike Eduard Friedrich Mörike (* 8. September 1804 in Ludwigsburg; † 4. Juni 1875 in Stuttgart) war ein deutscher Lyriker der Schwäbischen Schule, Erzähler und Übersetzer sowie evangelischer …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm I. (Bayern) — Wilhelm I.[1] Wilhelm I. von Bayern (* 12. Mai 1330 in Frankfurt am Main; † 15. April 1389 in Le Quesnoy) war Herzog von Bayern Straubing, als Wilhelm V. Graf von Holland und …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard Mörike — Eduard Friedrich Phillip Mörike (* 8. September 1804 in Ludwigsburg; † 4. Juni 1875 in Stuttgart) war ein deutscher Lyriker der Schwäbischen Schule, Erzähler und Übersetzer. Er war auch evangelischer …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”