Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität

Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität

Das Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität ist ein Abkommen zwischen Deutschland und den USA, das 2008 paraphiert wurde.

Die Verhandlungen zu dem Abkommen begannen im Januar 2007 unter Führung des Bundesinnenministeriums und des Bundesjustizministeriums. Unterzeichnet wurde das Abkommen am 11. März 2008 von Wolfgang Schäuble und Brigitte Zypries auf deutscher Seite und Michael Chertoff und Michael Bernard Mukasey auf amerikanischer Seite.[1] Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte das Abkommen. Unter anderem unterlägen die an die USA übermittelten Daten keinerlei Datenschutz, wie dies etwa beim Vertrag von Prüm vereinbart wurde, da die Datenschutzgesetze der USA nur für US-Bürger gälten.[2] Eine Definition des Begriffes schwerwiegende Kriminalität wurde nicht getroffen.[3][4]

Übermittelt werden sollen Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, daktyloskopische Daten und „Informationen zu Umständen, die den Terrorismusverdacht begründen“[5]. Weiterhin wurde ein automatisierter Austausch von Fingerabdruck- und DNA-Daten im Hit/no hit-Verfahren vereinbart, für das die USA aber bei Unterzeichnung noch nicht die notwendigen rechtlichen und technischen Voraussetzungen geschaffen hatten. Der Öffentlichkeit in der Erstveröffentlichung vorenthalten wurden die Informationen, dass auch ein Austausch von Informationen zum Sexualleben und zur Gesundheit eines Verdächtigen erfolgen kann.[6] Auch die Information, dass Rasse oder ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften enthalten sind, wurde erst später bekannt.[7] Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte: „Wozu gerade diese Daten bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität wie Terrorismus benötigt werden, ist mir schleierhaft.“[8] In den Datenbanken des Bundeskriminalamts liegen dabei Daten von 3,2 Millionen Fingerabdrücken[9] sowie 400.000 DNA-Daten[10]

Am 4. Juni 2008 stimmte die Bundesregierung der Unterzeichnung zu.[11] Am 4. Juli 2009 wurden ein Zustimmungs- und ein Umsetzungsgesetz vom Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition aus CDU und SPD verabschiedet. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar beklagte zahlreiche Unklarheiten in dem Abkommen.[12] Der Bundesrat hat mehrheitlich darauf verzichtet, den Vermittlungsausschuss anzurufen, gleichzeitig aber die Bundesregierung gebeten, mit der US-Regierung Nachverhandlungen über das Abkommen aufzunehmen.[13]

Das Abkommen ist bislang nicht in Kraft getreten.[14] Dem Wirksamwerden des Abkommens steht der Widerspruch Hamburgs entgegen, das in der Ständigen Vertragskommission der Länder seine Zustimmung zum Abkommen versagt hat.[15] Gemäß Ziffer 3 des Lindauer Abkommens soll das Einverständnis der Länder vorliegen, bevor eine Verpflichtung völkerrechtlich verbindlich wird. Hamburg will dem Abkommen nur zustimmen, wenn die an die USA weitergegebenen Daten von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen ausreichend gesichert werden. Vor dem Hintergrund dieses Vetos ist die nach Artikel 24 des Abkommens mit den USA erforderliche Notifizierung als Voraussetzung eines Inkrafttretens bislang nicht erfolgt. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat angekündigt, sich dafür einzusetzen, dass die Ausführungsbestimmungen des Abkommens geändert werden.[16] Im Internet ist eine Verfassungsbeschwerde gegen das Zustimmungsgesetz angekündigt.[17]

Weblinks

Fußnoten

  1. Datenschuetzer kritisiert Datenweitergabe an die USA
  2. Deutschlandfunk, „Interview - Schaar warnt vor Datenzugriff aus den USA“, 11. März 2008
  3. Deutscher Bundestag, „Drucksache 16/8862“, 22. April 2008, S. 4
  4. Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Unzureichender Datenschutz beim deutsch-amerikanischen Abkommen über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden, abgerufen am 9. Mai 2008
  5. BMI, „Deutschland und USA intensivieren Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität“, 11. März 2008
  6. heise.de, „Terrorismusbekämpfung: Intime Daten an US-Behörden“, 16. April 2008
  7. Spiegel Online, „TERRORISMUSBEKÄMPFUNG - Deutsche und Amerikaner wollen intime Personendaten austauschen“, 26. April 2008
  8. Gewerkschaft der Polizei, Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft kann kein Tätermerkmal für Terroristen sein, 8. Mai 2008
  9. Bundeskriminalamt, Hintergrundinformationen - Fakten und Zahlen zu AFIS, abgerufen am 9. Mai 2008
  10. zeit.de, „Kein Datenschutz im Antiterrorkampf“, 11. April 2008
  11. Bundesministerium des Innern, „Bundeskabinett beschließt Abkommen zur intensiveren Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität zwischen Deutschland und den USA“, 4. Juni 2008
  12. heise.de, Bundestag bestätigt Abkommen zum Datentransfer an die USA, 4. Juli 2009
  13. Beschluss des Bundesrates vom 10. Juli 2009.
  14. Verfahrensstand auf dipbt.bundestag.de.
  15. Pressemitteilung der Justizbehörde Hamburgs vom 10. Juli 2009.
  16. Pressemitteilung der Justizbehörde Hamburgs vom 6. November 2009.
  17. daten-speicherung.de vom 7. Juli 2009.

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