Patria (1938)

Patria (1938)
Patria
Patria1.jpg
p1
Schiffsdaten
andere Schiffsnamen
  • Empire Welland
  • Rossia
  • Aniva
Schiffstyp Fracht- und Passagierschiff
Heimathafen Hamburg
Eigner HAPAG
Bauwerft Deutsche Werft, Hamburg
Bau-Nr.: 174
Stapellauf 15. Januar 1938
Verbleib 1985 in Pakistan abgewrackt.
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
282,15 m (Lüa)
Breite 22,57 m
Tiefgang max. 7,77 m
Verdrängung 20.076 t
Vermessung 16595 BRT
 
Besatzung 241
Maschine
Maschine Ein 6-Zyl.- und fünf 8-Zyl.-Dieselmotoren, zwei Elektromotoren
Maschinen-
leistung
18.000 PS (13.239 kW)
Geschwindigkeit max. 17 kn (31 km/h)
Propeller 2
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl 349

Die Patria (lat. Vaterland) gehörte zu den letzten großen Passagierdampfern der HAPAG. Direkte Schwesternschiffe gab es nicht, ähnliche Schiffe waren die turboelektrisch angetriebene Potsdam, und die von zwei Dieselmotoren angetriebenen Caribia und Cordillera. Die Patria besaß zwei Lademasten und einen Schornstein. Auf ihr wurde die Verhaftung der Regierung Dönitz durchgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Neuerungen in der Ausstattung

Die Patria war mit vielen Neuerungen in der Schiffstecknik bestückt worden. Für den diesel-elektrischen Antrieb der Patria wurden auf dem Schiff zunächst sechs einfachwirkende Zweitakt-Dieselmotoren von je 3.000 PSe Leistung des Herstellers MAN installiert. Den Dampf aus sechs Abgaskesseln nutzte man zum einen zur Erzeugung von Frischwasser in einem Verdampfer (max. 50 bis 60t/24h). Die durch die Verdampferanlage erzeugte Trinkwassermenge entsprach in etwa der Hälfte des Tagesbedarfs. Die Dieselmotoren waren direkt mit AEG-Drehstrom-Synchron-Generatoren für eine Spannung von 3.500 Volt und eine Leistung von 2.140 kW gekoppelt, von denen im Regelbetrieb je drei auf die zusammen 15.000 PSW leistenden beiden Hauptpropellermotoren der Steuerbord- und der Backbordwelle wirkten. Die Patria war das erste große Fahrgastschiff, dessen Bordnetz mit Wechselstrom betrieben wurde. Trotz des Vorteils einer im Falle von Störungen deutlich geringeren Feuergefahr, hatte man im Schiffsbetrieb bis zu diesem Zeitpunkt Gleichstromanlagen bevorzugt. Neben der für den damaligen Stand der Technik üblichen Ausrüstung – wie Funkpeiler, Kreiselkompass und Echolot –, besaß die Patria auch ein sogenanntes Staulog der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt, das der Schiffsleitung und dem Maschinenfahrstand die aktuelle Geschwindigkeit anzeigte und in einem Zählwerk zugleich die zurückgelegte Gesamtdistanz festhielt.

Nutzung bis 1945

Die Verhaftung der Reichsregierung am 23.Mai 1945

Der Stapellauf erfolgte am 15. Januar 1938 in Finkenwerder. Am 12. Juli trat die Patria ihre Probefahrten von Hamburg aus in Richtung Norwegen an. Die eigentliche Jungfernfahrt begann am 27. August und führte von Hamburg zur südamerikanischen Westküste.

1940 diente die Patria als Wohnschiff der Kriegsmarine in Stettin. 1942 wurde sie als Wohnschiff nach Mürwik verlegt, wo sie getarnt an der Blücherbrücke lag. Vom 3. bis 12. Mai 1945 hatten hier Großadmiral Dönitz und ein Teil der Geschäftsführenden Reichsregierung Quartier bezogen. Kurz nach der Kapitulation trifft in Flensburg eine "Alliierte Kontrollkommission beim Oberkommando der Wehrmacht" ein. Ihre Aufgabe ist es, die loyale Durchführung der Kapitulationsbedingungen zu überwachen. Zunächst besteht sie nur aus Engländern und Amerikanern unter der Leitung von Generalmajor Rooks (USA) und Brigadegeneral Foord (Großbritannien). Hauptquartier der Kommission ist die Patria. Der Umgangston zwischen Siegern und Besiegten ist höflich. Es entwickelt sich ein lebhafter Austausch zwischen "Patria" und Reichsregierung. Am 13.Mai 1945 hat Generalmajor Rooks den Großadmiral zu einer Unterredung an Bord der "Patria" gebeten. Bei der Ankunft am Fallreep wird der Großadmiral mit dem üblichen Zeremoniell empfangen. Dann unterrichtet Rooks ihn mit dem Ausdruck des Bedauerns, dass er den Befehl vorliegen habe, Generalfeldmarschall Keitel zu verhaften. Beim zweiten Gespräch mit Dönitz auf der Patria verlangt Robert Murphy, Eisenhowers politischer Berater, die Legitimation von Dönitz als Staatsoberhaupt. Dies kann Dönitz nicht vorweisen, da er vom politischen Testaments Hitlers nur durch einen Funkspruch Martin Bormanns unterrichtet wurde. Am 20. Mai läuft ein russisches Kriegsschiff in den Flensburger Hafen ein und ankert neben der Patria. Am Mittwoch, 23. Mai 1945 werden um 9.45 Uhr Dönitz, Jodl und von Friedeburg auf die "Patria" bestellt. Diesmal ohne Empfang am Fallreep, keinen Offizier, kein Pfeifsignal, keinen präsentierenden Posten. Statt dessen umlagern Dutzende von Fotoreportern das Schiff. Es folgt die Verhaftung der Regierung Dönitz auf der Patria. An einem Tisch der zum Konferenzraum umgebauten Schiffsbar nehmen die deutschen Offiziere Platz. Nach fünf Minuten erscheinen Generalmajor Rooks, Brigadier Foord, Generalmajor Truskow, setzen sich an die gegenüberliegenden Seite. Rooks erhebt sich und verliest ein Schreiben, das die Geschäftsführende Reichsregierung, das Oberkommando der Wehrmacht und seine verschiedenen Angehörigen sowie das Staatsoberhaupt zu Kriegsgefangenen erklärt. Das Schreiben stammt von Dwight D. Eisenhower. Dönitz schildert die Verhaftung wie folgt:

„Kein englischer Oberstleutnant, der mich unten empfing, kein präsentierender Posten. Dagegen waren eine Fülle von Pressephotographen erschienen. Oben auf der Patria nahmen Jodl, Friedeburg und ich an der einen Seite eines Tisches Platz; auf der anderen saßen Chefs der Kontrollkommission, in der Mitte der amerikanische Generalmajor Rooks, neben ihm der englische General Foord und der russische General Truskow. Im Gefühl der Unausweichlichkeit unseres Schicksals waren meine beiden Kameraden und ich völlig ruhig. General Rooks gab uns eine Erklärung bekannt, wonach er auf Befehl Eisenhowers mich, die deutsche Regierung und das Oberkommando der Wehrmacht zu verhaften habe. Wir hätten uns von jetzt ab als Kriegsgefangene zu betrachten. Er fragte mich, etwas unsicher, ob ich irgend etwas erwidern wollte. Ich entgegnete: ‚Es erübrigt sich jedes Wort’.“ [1]

Hans-Georg von Friedeburg nahm sich an diesem Tag das Leben. Dönitz und Jodl begaben sich in die Kriegsgefangenschaft.

Nutzung nach 1945

Am 1. Juli 1945 wurde das Schiff von den Briten übernommen und in Belfast zum Truppentransporter umgebaut. Als Empire Welland führte sie zwei Fahrten durch.

Im Februar 1946 kam das Schiff als Rossia für die sowjetische Staatsreederei in Fahrt. Bis 1985 lief sie unter diesem Namen. In ihrem letzten Jahr nannte man das Schiff Aniva und wrackte es 1985 in Pakistan ab.

Einzelnachweise

  1. Karl Dönitz: „Zehn Jahre und zwanzig Tage“, Frankfurt 1967

Literatur

  • Ernst Gödecken und Berthold Bleicken: M.S. „Patria“. In: Schiffbau, 39. Jg., Heft 14, 15. Juli 1938, S. 241-242.
  • Arnold Kludas: Die Geschichte der deutschen Passagierschiffahrt. Band V: Eine Ära geht zu Ende - 1930 bis 1990. Hamburg 1990 (= Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums Band 22)

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