Eleonora (Poe)

Eleonora (Poe)
Eleonora, Illustration von Byam Shaw für eine Londoner Ausgabe, 1909

Eleonora ist eine Erzählung von Edgar Allan Poe. Sie wurde 1842 erstveröffentlicht. In ihr geht es um das Paradox der Treue in der Treulosigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der namenlose Ich-Erzähler bezeichnet sich selbst als wahnsinnig und glaubt, zuverlässig nur vom ersten Teil seines Daseins berichten zu können, nämlich von der Zeit, in der er in einem abgeschiedenen Bergtal lebte zusammen mit seiner Cousine Eleonora, die von überirdischer Schönheit und Anmut war. Als Eleonora 15 wurde und der Ich-Erzähler 20, erwachte Liebe zwischen ihnen – und das bis dahin nur von vielfarbigem Gras geschmückte Tal entwickelte tropische Buntheit, sogar Flamingos fanden sich ein... Doch Eleonora erkrankte, und ihre Krankheit wurde begleitet von vorwegnehmender Eifersucht: Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass der Ich-Erzähler nach ihrem Tod eine andere Frau lieben würde. Deshalb schwor der Ich-Erzähler, niemals eine andere als Eleonora zu lieben:

’’Ich rief den allmächtigen Herrscher der Welt zum Zeugen der frommen Feierlichkeit meines Gelübdes an. Und der Fluch, den ich von ihm und von ihr – der Heiligen im Paradiese – auf mich herabrief, sollte ich mein Gelöbnis brechen, schloß eine so schauerliche Strafe in sich, dass ich ihn nicht niederzuschreiben vermag.’’

Eleonora belohnte ihn dafür mit dem Versprechen, vom Jenseits aus über ihn zu wachen und ihn zu besuchen. Daraufhin starb sie.

Damit jedoch beginnt der zweite Teil vom Leben des Ich-Erzählers, und für dessen korrekte Wiedergabe übernimmt er keine Gewähr. Eine Zeit lang habe er im Tal des vielfarbigen Grases ausgehalten, eine Zeit lang sei ihm Eleonora dort auch noch erschienen, doch der Ort habe nach und nach all seinen Zauber verloren, und in ihm sei die Sehnsucht nach neuer Liebe erwacht, er habe das Tal verlassen, sei in den Dienst eines Königs getreten – und dort habe er die herrliche Lady Ermengard kennen- und lieben gelernt mit einer noch leidenschaftlicheren Liebe als der, die er für Eleonora empfunden hatte, und habe sie, sein Gelübde weniger vergessend als bewusst ignorierend, geehelicht. Da habe er eines Nachts wieder Eleonores Seufzer und ihre Stimme gehört, die zu ihm sprach:

“Schlafe in Frieden! Der Geist der Liebe herrscht! Und wenn du Ermengard an dein wildes Herz drückst, bist du aus Gründen, die dir im Himmel offenbar werden sollen, von deinem Gelübde an Eleonora entbunden...“

– Worte, die sich nur so deuten lassen, dass sich Eleonora in Ermengard reinkarniert hat.

Deutung

Schon Baudelaire hat vermutet, dass sich Poe in dieser Geschichte mit der Frage der Treue zu seiner schwer kranken Ehefrau und Cousine Virginia auseinandersetzt, denn noch während sie lebte, pflegte er schwärmerische Beziehungen zu Verehrerinnen wie z. B. zu der Dichterin Frances Sargent Osgood, für die er sich auf Grund anonymer Briefe an Virginia rechtfertigen musste.

’’Gar mancher Schriftsteller hat viele Liebschaften hindurch stets nur das Bild einer einzigen Frau verfolgt. Die Annahme einer in verschiedenen Körpern hausenden immer gleichen Seele kann man für das Plädoyer eines Gewissens halten, das fürchtet, einer geliebten Erinnerung untreu zu werden.“ (Baudelaire, zitiert nach Marie Bonaparte: Edgar Poe)

Motto

Das lateinische Motto Sub conservatione formae specificae salva anima lautet übersetzt: Unter Beibehaltung der (äußeren) Form erhaltene Seele. Raymond Lully ist die französische Namensform von Ramon Llull.

Siehe auch

Weblinks

Edgar Allen Poe

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