Heinrich Kühn

Heinrich Kühn

Carl Christian Heinrich Kühn (* 25. Februar 1866 in Dresden; † 14. September 1944 in Birgitz) war ein deutsch-österreichischer Fotograf und Fotopionier. Er war mit Hans Watzek und Hugo Henneberg in der Künstlergruppe Wiener Kleeblatt zusammengeschlossen.

Frank Eugene, Alfred Stieglitz, Heinich Kühn und Edward Steichen (von links nach rechts) betrachten ein Werk von Frank Eugene

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Heinrich Kühns Großvater war der Bildhauer Christian Gottlieb Kühn. Er studierte ab 1885 in Leipzig, Berlin und Freiburg im Breisgau Medizin und Naturwissenschaften und promovierte als Mediziner. Seine anschließende Tätigkeit als Arzt mußte er jedoch aus Gesundheitsgründen aufgeben.[1] Wegen dieser war er zwecks eines Klimawechsels nach Innsbruck gezogen, wo er sich zunächst noch medizinisch betätigte, später dann aber, da sein Lebensunterhalt aufgrund des Familienvermögens gesichert war,[2] nur noch der Fotografie in Theorie und Praxis widmete.[3]

Mit seinen dem Impressionismus nahe stehenden piktorialistischen Bildern gilt er als ein wichtiger Vertreter der Kunstfotografie – der ersten fotografischen Stilrichtung, die sich als eigenständige Kunstform etablieren konnte.

Kühn lehnte manuelle Eingriffe am Bild, wie sie etwa Robert Demachy vornahm, ab. Sein Streben war es, den gewünschten malerischen Effekt rein mit fotografischen Mitteln, z. B. dem verwendeten Edeldruckverfahren, zu erzielen. Kühn fertigte, im Gegensatz etwa zum mit ihm verbundenen Hans Watzek, zum Teil bis zu hundert Aufnahmen eines Motivs an, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten.[4]

Technische Aspekte seines fotografischen Schaffens

Technisch setzte er seine Absichten vor allem mit den Mitteln des Gummidrucks um, den er zum kombinierten oder mehrschichtigen Gummidruck entwickelte. Dadurch ergaben sich bisher nicht gekannte Möglichkeiten gestalterischer Beeinflussung des Bildes und farbiger Manipulationsmöglichkeiten.

1911 erfand Kühn die Gummigravüre, die eine Kombination von Heliogravüre und Gummidruck darstellt. 1915 entwickelte er den Leimdruck, ein Chromatverfahren, bei dem Fischleim als Kolloid verwendet wird und das eine gummidruckartige Bildwirkung erzielt. Auch die Syngraphie wurde von ihm erfunden. Es ist ein – heute vergessenes – Verfahren, das mit zwei Negativen in unterschiedlicher Empfindlichkeit arbeitet und so im Positiv eine höhere Tonwertskala erreicht. Auf Kühns Entwicklung basiert der Zwei-Schichten-Film, der zwei Schichten von unterschiedlicher Empfindlichkeit kombiniert und besonders in der Reproduktionsfotografie verwendet wurde.

Durch die um die Jahrhundertwende erzielten Verbesserungen der Fotoobjektive hinsichtlich Lichtstärke und Abbildungsqualität ergab sich eine Bildschärfe, die Kühns stilistischen Vorstellungen widersprach. Nach Versuchen mit Brillengläsern als Objektiven sowie verschiedenen weichzeichnenden Filtern oder Rastern gelang es ihm Franz Staeble, Gründer des Staeble-Werkes zu überzeugen, in gemeinsamer Arbeit (Staeble übernahm die mathematisch-technischen Arbeiten und Kühn die Erprobung unter künstlerischen Gesichtspunkten) ein Objektiv zu entwickeln, bei dem über auswechselbare Siebblenden dem scharfen Bildkern ein regulierbarer Zerstreuungskreis überlagert werden konnte, und sich so die von ihm gewünschte „Weichheit, ohne Süßlichkeit“ der Abbildung ergab. Dieses Objektiv wurde unter der Bezeichnung Anachromat Kühn an den Markt gebracht. 1928 schließlich entstand hieraus das bis in die 1990er Jahre angebotene Rodenstock Imagon.[5]

Literatur

  • Ulrich Knapp (Text): Heinrich Kühn Photographien. Residenz Verlag, Salzburg 1988, ISBN 3-7017-0528-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ute Eskildse: Kühn, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie 13 (1982)(Onlinefassung) [1]
  2. Ute Eskildse: Kühn, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie 13 (1982)(Onlinefassung) [2]
  3. Wolfgang Baier: Quellendarstellungen zur Geschichte der Fotografie. 2. Auflage, Schirmer/Mosel, München 1980, ISBN 3-921375-60-6, S. 537
  4. Wolfgang Baier: Quellendarstellungen zur Geschichte der Fotografie. 2. Auflage, Schirmer/Mosel, München 1980, ISBN 3-921375-60-6, S. 537, 541
  5. Wolfgang Baier: Quellendarstellungen zur Geschichte der Fotografie. 2. Auflage, Schirmer/Mosel, München 1980, ISBN 3-921375-60-6, S. 536

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