Katharina Staritz

Katharina Staritz

Katharina Helene Charlotte Staritz (* 25. Juli 1903 in Breslau; † 3. April 1953 in Frankfurt am Main) war eine deutsche evangelische Theologin und zählte zu den ersten Frauen, der die Ausübung der Tätigkeit als Pfarrerin gestattet wurde. Sie wurde 1938 in Breslau eingesegnet und setzte sich im Dritten Reich als Breslauer Stadtvikarin dafür ein, jüdische Christen in den Gemeinden zu integrieren und nicht auszugrenzen, weswegen sie 1941 bis 1943 Schutzhaft, Arbeitslager und Inhaftierung im Frauen-KZ Ravensbrück erdulden musste.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Katharina Helene Charlotte Staritz wurde als älteste Tochter des Gymnasialprofessors Carl Staritz und seiner Ehefrau Margarete, geborene Ismer, in Breslau am Matthiasplatz 3 geboren. Sie hatte eine sieben Jahre jüngere Schwester, Charlotte.

1922 legte sie ihr Abitur an der Viktoriaschule in Breslau ab und studierte ab 1922 an der Universität Breslau Philologie mit den Fächern Deutsch, Geschichte und Religion und ab 1926 Evangelische Theologie an der Philipps-Universität in Marburg. 1928 bestand sie das Fakultätsexamen und schloss wenige Tage später ihre Promotion mit einer Arbeit über „Augustins Schöpfungsglauben nach seinen Genesisauslegungen“ ab - als erste Frau an der theologischen Fakultät Marburg.

Von 1930 bis 1932 absolvierte sie verschiedene Lehrvikariate und arbeitete in der Krankenhausseelsorge mit Kindern, hielt Ergänzungsunterricht für Konfirmanden aus weltlichen Schulen und Übertrittsunterricht für Jugendliche und Frauen. In diesem Zusammenhang kam sie in Kontakt zu Juden, die sich evangelisch taufen lassen wollten. Aufgrund dieser Tätigkeit übernahm sie schließlich die Leitung der Kirchlichen Hilfsstelle für evangelische Nichtarier.

1932 wurde sie Stadtvikarin in Breslau, wo am 6. November 1938 ihre Einsegnung stattfand.[1]

Widerstand

In der „Kirchlichen Hilfsstelle für evangelische Nichtarier“ war Katharina Staritz offiziell für die kirchliche Betreuung von Juden und ihren Angehörigen tätig, trug tatsächlich aber zusammen mit Pfarrer Grüber dafür Sorge, dass vielen eine Auswanderung möglich wurde. 1937 wurde Pfarrer Grüber zum ersten Mal verhaftet, von 1940 bis 1943 war er Häftling im Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau. Katharina Staritz, ihre Schwester Charlotte und andere arbeiteten fortan im Untergrund und setzten weiter alles daran, jüdische Bürger zu retten. Bis 1939 war es, zwar unter schwierigen Umständen, aber doch grundsätzlich noch möglich, Ausreisen zu organisieren.

In ihrer Widerstandstätigkeit gegen das nationalsozialistische Regime des Dritten Reichs wurde Katharina Staritz aber insbesondere durch ein denkwürdiges Rundschreiben bekannt, das sie an ihre „Breslauer Amtsbrüder“ richtete. Sie verfasste es nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 5. September 1941, die eine Verpflichtung zum Trages des Davidsterns für alle Juden in Deutschland befahl. Unter anderem schrieb sie:

Es ist Christenpflicht der Gemeinden, sie [Anmerkung: jüdische Christen] nicht etwa wegen der Kennzeichnung vom Gottesdienst auszuschließen. Sie haben das gleiche Heimatrecht in der Kirche, wie die anderen Gemeindemitglieder und bedürfen des Trostes aus Gottes Wort besonders. Für die Gemeinden besteht die Gefahr, daß sie sich durch nicht wirklich christliche Elemente irreführen lassen, daß sie die christliche Ehre der Kirche durch unchristliches Verhalten gefährden. Es muß ihnen hier seelsorgerlich, etwa durch Hinweis auf Luk. 10, 25-37, Matth. 25, 40 und Sach. 7, 9-10 geholfen werden.[2]

Daraufhin wurde sie von der Breslauer Kirchenleitung fristlos vom Dienst entbunden und beurlaubt. Zwei Monate später erschien im „Schwarzen Korps“, einem SS-Organ, ein Artikel unter dem Titel „Frau Knöterich als Stadtvikarin“, durch den die Bevölkerung gegen Katharina Staritz aufgehetzt werden sollte. Sie wurde nun von der Kirchenleitung gedrängt, Breslau zu verlassen. Sie ging nach Marburg, wo sie Anfang 1942 in „Schutzhaft“ genommen und im März 1942 in das Polizeigefängnis nach Kassel überführt wurde.[3]

Katharina Staritz war vom 7. April 1942 bis zum 5. Juni 1942 im Lager Breitenau. Anschließend kam sie in das KZ Ravensbrück, wo sie zu den politischen Gefangenen gezählt, ihr aber nie der Prozess gemacht wurde.

Ihre „probeweise“ Entlassung aus dem Konzentrationslager am 18. Mai 1943 verdankte sie ihrer Schwester Charlotte, die zahlreiche Eingaben bei den Kirchenbehörden und den Nationalsozialisten gemacht hatte und der es sogar gelang, einen Gesprächstermin mit Eichmann zu erhalten. Für ihre Freilassung setzte sich schließlich auch Paul Graf Yorck von Wartenburg ein, der auf Gauleiter Hanke einwirkte, auf dessen Befehl Staritz verhaftet worden war.

Ihre während der Haft verfassten Gedichte und Briefe wurden postum unter dem Titel „Des großen Lichtes Widerschein“ veröffentlicht.[4]

Nachkriegstätigkeit

Da sie nur „probeweise“ aus dem Konzentrationslager entlassen wurde, musste sie sich zweimal wöchentlich bei der Staatspolizei in Breslau melden und konnte offiziell nicht kirchlich tätig werden. Im Januar 1945 flüchtete sie allerdings nach Marburg, wo sie für die Kurhessische Kirche in Trusen im Kreis Schmalkalden, in Sebbeterode, Kreis Ziegenhain, und in Albertshausen vertretungsweise eingesetzt wurde. Ihre Ordination wurde von der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck nicht anerkannt. Sie blieb bis Oktober 1949 in Albertshausen.

Von Bischof Wüstemann erhielt sie den Auftrag, eine Vikarinnen-Ordnung für die evangelische Kirche in Kurhessen zu entwerfen und wurde als Lehrkraft für Religion und Deutsch an das Fröbelseminar in Bad Wildungen berufen. Weiterhin war sie für die Gefangenenseelsorge in der Frauenstrafanstalt Ziegenhain tätig.

Am 10. September 1950 wurde sie in der Alten Nikolaikirche in Frankfurt am Main als Vikarin für die Frauenarbeit eingeführt und erhielt einen Predigt- und Seelsorgeauftrag an der St. Katharinengemeinde. Sie war somit die erste Pfarrerin in Hessen, die eine Pfarrstelle erhielt, obwohl sie immer noch den Titel Vikarin tragen musste. Da die Katharinenkirche zu dieser Zeit noch nicht wiederaufgebaut war, predigte sie – im Wechsel mit den beiden anderen Gemeindepfarrern – im damaligen Gemeindehaus in der Fichardstraße im Nordend.

Katharina Helene Charlotte Staritz starb am 3. April 1953 im Alter von nur 50 Jahren und wurde auf dem Bockenheimer Friedhof in Frankfurt beerdigt. Ihre Tätigkeit und ihre Verdienste „wurden von der Amtskirche, den deutschen Christen, wie auch von der Bekennenden Kirche nur sehr zögerlich anerkannt“.[5] In der Maria-Magdalenen-Kirche in Breslau erinnert seit 2003 eine Gedenktafel in deutscher und polnischer Sprache an ihr Wirken.

Werke

  • Katharina Staritz: Des großen Lichtes Widerschein. Evangelische Frauenhilfe e.V. Münster in Westfalen. In memoriam Katharina Staritz, Berlin 1952

Literatur

  • Hannelore Erhart, Ilse Meseberg-Haubold, Dietgard Meyer: Von der Gestapo verfolgt, von der Kirchenbehörde fallengelassen: Katharina Staritz (1903-1953). Neukirchener Verlag 2002. ISBN 3788716827 - ausgezeichnet mit dem Hanna-Jursch-Preis 2001
  • Gerlind Schwöbel: Ich aber vertraue. Katharina Staritz - eine Theologin im Widerstand. Evangelischer Regionalverband 1990. ISBN 3922179223

Weitere Quellen

(recherchierbar unter Evangelische und katholische Geistliche im Lager Breitenau (1941-1944))

  1. Nach einem 1927 von der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union, zu der auch die schlesische Kirche gehörte, verabschiedeten Theologinnengesetz, war es Frauen zwar erlaubt, theologische Examina abzulegen, als Pfarrerinnen durften sie jedoch nicht tätig werden. Sie wurden als „Vikarinnen“ eingestellt, statt der bei Männern üblichen Ordination erfolgte eine „Einsegnung“, ihre Dienstbezüge betrugen nur 75% des Pfarrergehaltes, sie durften nicht predigen, waren in ihrer Arbeit auf die Tätigkeit mit Kindern und Frauen beschränkt, von der Sakramentsverwaltung ausgeschlossen und dem Zölibat verpflichtet.
  2. Eberhard Röhm/ Jörg Thierfelder: Evangelische Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Bilder und Texte einer Ausstellung. Stuttgart 1981, S. 135.
  3. Jutta Brendow:Des großen Lichtes Widerschein. In Memoriam Katharina Staritz, Pfarrerin zu Albertshausen. In: Lukasbote. Gemeindebrief für die evangelischen Kirchengemeinden Albertshausen, Hüddingen und Reinharshausen. Weihnachten 1984, S. 8.
  4. Hannelore Erhart: Theologinnen in Kirche und Gemeinde im Zweiten Weltkrieg - das Beispiel Katharina Staritz. In: Evangelische Kirche im Zweiten Weltkrieg. Hrsg. von Günther van Norden und Volkmar Wittmütz. Köln 1991, S. 185.
  5. Herta Däubler-Gmelin anlässlich der Präsentation der Staritz-Biographie von 1999, [1]

Weblinks


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