Schottland

Schottland

Schottland, früher eigenes Königreich, die kleinere Nordhälfte der brit. Insel, südl. von England, sonst überall von dem Meere begränzt, hat mit Einschluß der Hebriden, Orkneys und den Shetlandinseln eine Oberfläche von 1518 QM. Süd-S. ist ein bis 2000' hohes Plateau mit vielen Thälern, meist fruchtbar und trefflich angebaut, Mittel-S., zwischen den Friths of Fort und Clyde, of Murray, of Lorn und dem caledon. Kanal, ist von dem Grampiangebirge durchzogen, Nord-S. von meistens nackten Felsenbergen erfüllt. Die alte Eintheilung ist die in die Niederlande (Lowlands) mit angelsächs. und in die Hochlande (Highlands) mit celtischer Bevölkerung. Wie alle Gebirgsländer ist S. reich an Landseen, seine Küsten sind von Meerbusen (Friths) tief eingeschnitten; die wichtigsten Flüsse sind der Tweed, mit den Cheviotmountains die Gränzscheide gegen England, der Tay, Forth und Clyde. Das Klima ist rauher als in England, die Moore Mittel-S.s, die kahlen Berge u. Haiden Nord-S.s beschränken den Anbau sehr, der nur in den Niederlanden mit dem in England wetteifert; übrigens zwingt der menschliche Fleiß vielleicht dem Boden verhältnißmäßig nirgends soviel ab als in S. Die Viehzucht wird mit gleicher Umsicht betrieben, am bedeutendsten ist die Schafzucht; ferner hat S. eine eigene kleine aber flinke Pferderace (Ponneys). Von sehr großer Bedeutung ist die Fischerei. Von Mineralien finden sich Steinkohlen, Eisen und Blei sehr reichlich, auch einiges Silber. Industrie u. Handel werden lebhaft betrieben, doch nicht in dem Grade wie in England. Wichtigster Handelsplatz ist Glasgow; Hafenplätze sind ferner: Leith, Greenock, Dunder, Perth, Aberdeen, Grangemouth, Montrose, Dumfries. – Die Zahl der E. beträgt ungefähr 2870000, denen ein reicher Fond von Ernst, Fleiß, Sparsamkeit u. Kühnheit nicht abzusprechen ist. Die Hochländer haben die Sprache ihrer celtischen Vorfahren, das Ersische, bis jetzt beibehalten, legen aber ihre eigenthümlichen Sitten sowie ihre Neigung zum Kriegsdienste immer mehr ab. Fast die ganze Bevölkerung bekennt sich zur calvinisch-reformirten Kirche mit der Presbyterialverfassung (s. Presbyterianer). Dem Adel hat die Toryregierung unter Königin Anna (1709) das Patronatsrecht verliehen, die Whigregierung von 1832 gab den Gemeinden ein Weigerungsrecht gegen die Annahme mißliebiger Geistlichen, das folgende Torykabinet stellte das volle Patronatsrecht wieder her, worauf sich die meisten Gemeinden, denen Pfarrer aufgedrungen wurden, von der kirchlichen Genossenschaft als Nonintrusionisten vorläufig trennten. – Daß die Schulbildung in S. im Gegensatze zu England eine allgemein verbreitete ist, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Politisch ist S. in 33 Grafschaften eingetheilt. In das großbritannische Parlament senden die eigentlichen schott. Pairs 16 aus ihrer Mitte gewählte Repräsentanten, die Grafschaften in das Unterhaus 33 Deputirte, die von den Freigutsbesitzern mit 10 Pfd. jährlichen Einkommens, u. die Städte 23, die von den Bürgern mit 10 Pfd. jährlichen Reineinkommens gewählt werden. Das geltende Recht ist das röm. Civilrecht, außerdem gibt es eine ziemliche Anzahl eigenthümlicher, vor der Union mit England erlassener Gesetze. Der oberste Gerichtshof ist in Edinburgh; die Geschwornengerichte sind wie in England. Die Römer nannten S. Caledonia; die Bewohner waren celtischen Stamms und sehr kriegerisch, wurden von den Römern selbst in dem südl. S. nicht dauernd unterworfen und durch einen von Meer zu Meer reichenden Wall von Einfällen in das röm.-brit. Gebiet abgehalten. Seit dem 5. Jahrh. n. Chr. werden als caledon. Stämme Picten und Scoten genannt, die gräuliche Verheerungszüge in das von den Römern aufgegebene Britannien machten, gegen welche die Sachsen zu Hilfe gerufen wurden. Das Christenthum wurde im 6. Jahrh. aus Irland nach S. gebracht und mit ihm die Anfänge der Cultur; 838 erfolgte auch die Vereinigung der Königreiche der Picten und Scoten zu dem Königreiche S. Die Krone blieb aber von Anfang bis in die späteste Zeit ohne Macht, indem der Adel höchst selten und nur für sehr kurze Zeit zu gehorchen für gut fand. Eigenthümlich d.h. altceltisch, waren die Verhältnisse des Hochlands; das Volk theilte sich in Stämme (Clans); das erbliche Stammhaupt eines Clan war auch der Grundherr, der das Grundeigenthum unter die Stammgenossen vertheilte und dafür Abgaben und Heeresfolge empfing. Leibeigenschaft fand aber nicht statt, überhaupt hatte sich das Verhältniß so ausgebildet, daß der Grundherr seinen Lehensleuten gegenüber nicht als Herr, sondern als der Erste unter Gleichen erschien. Die Clanhäupter gehorchten dem König u. dem Parlamente nur, wenn es ihnen gefiel, und verkauften ihre Dienste den kriegführenden Parteien; das Volk war kriegerisch u. raublustig wie die Wilden und bis 1745 durch Einfälle unter den Häuptlingen oder durch einzelne Räubereien die Geißel der Niederlande. Damals hatten die Clans den letzten unglücklichen Versuch zu Gunsten der Stuarts gemacht; dafür strafte sie das Haus Hannover nicht nur mit derselben blutigen Strenge wie früher Wilhelm von Oranien, sondern hob auch die Clansverhältnisse auf u. stellte dafür die engl. zwischen Gutsherrn und Pächtern her. Der Verlauf der schott. Geschichte ist einförmig: Fehden des Adels unter sich, Empörungen und Königsmorde, endlich hartnäckiger Kampf gegen die engl. Könige, welche das Ziel, S. zu unterwerfen, beharrlich verfolgen. Der heldenmüthige Widerstand der Nation errang unter Robert Bruce 1314 den Sieg bei Bannockburn und damit die Unabhängigkeit S.s, das sonst in dieselbe Lage versetzt worden wäre, zu der Irland verurtheilt ist. Bruce, aus dem alten Königsgeschlechte der Kenneth, erlangte die Krone und diese blieb seinem Sohne David II., der unbeerbt starb, worauf sie in weiblicher Linie auf die Stuarts überging (1370). Die Stuartischen Jakobe (I. – V., von denen 1 ermordet, 2 im Treffen getödtet wurden) wandten sich in ihrer Bedrängniß durch den Adel an Spanien und Frankreich u. es gelang zuletzt eine Familienverbindung mit dem in Frankreich allmächtigen Hause Guise durch Maria Stuart mit dem königl. Hause selbst herzustellen, allein die Reformationsbewegung wurde von dem Parlament u. dem größeren Theile des Adels gegen die Regentin, die Königin Mutter, zu Hilfe gerufen; die Einmischung Englands vollendete die Niederlage der Krone und die Einrichtung der republikanischen Presbyterien. (Vergl. Elisabeth, Maria Stuart, Knox.) Durch Maria Stuarts Sohn Jakob VI. wurde die engl. und schott. Krone auf einem Haupte vereinigt (1603 als engl. König Jakob I.); der König führte statt der presbyterialen die episkopale engl. Kirchenverfassung ein, woraus neue blutige Religionskriege entsprangen, die mit dem Siege des calvinistischen Princips endigten. Die Schotten schlugen Karls I. Heer, unterlagen aber gegen Cromwell u. wurden durch eine militärische Occupation im Zaume gehalten. Karl II. führte 1660 die Episkopalkirche abermals mit Gewalt ein, unterdrückte 2 Aufstände und die schott. Presbyterianer wurden von den siegreichen Episkopalen kaum weniger verfolgt als die irischen Katholiken, daher sie auch 1688 sogleich für Wilhelm III. (von Oranien) sich erhoben, der mit dem schott. Parlament einen ähnlichen Vertrag wie mit dem engl. zur Sicherung der Krone u. des reformirten Glaubens vereinbarte. 1707 setzte die Krone gegen hartnäckiges Widerstreben die vollständige politische und legislative Union durch, wodurch S. England gleichgestellt u. aller Vortheile hinsichtlich des Handels u. der Colonien theilhaftig wurde. Dennoch hatten die Wirren noch kein Ende, weil die Häuptlinge der Hochländer die Bestrebungen der Stuarts beharrlich unterstützten, bis die Niederlage bei Culloden 1745 die Vernichtung der Clanverfassung möglich machte. (Außer Hume, Guthrie, W. Scott etc. vergl. die Geschichte S.s von Mackintosh, London 1822.)


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