Schiffswerft Christof Ruthof

Schiffswerft Christof Ruthof
50.0228.268

Die Firma Christof Ruthof, Schiffswerft und Maschinenfabrik, war ein deutsches Unternehmen mit Standorten in Mainz-Kastel und Regensburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1871 vom Holzschiffbaumeister Christof Ruthof in Kastel gegründet. Ruthof fertigte zunächst Schiffe aus Holz, ab 1884 auch aus Stahl. Das erste stählerne Schiff war die Fähre Loreley II für die Fährverbindung zwischen Sankt Goar und Sankt Goarshausen [1].

1878 bezog die Werft ein neues Gelände gegenüber der Petersaue, das im Lauf der Jahre mit vier Querhellinge und einer Längshelling ausgestattet wurde. 1892 wurde für Serbische Aufträge eine Werft in Regensburg gegründet, kurze Zeit später folgte die Gründung einer zweiten Werft. Zur Unterscheidung erhielt die Werft in Mainz-Kastel die Bezeichnung „Rhein-Werft“, die Werften in Regensburg wurden „Donau-Werften“ genannt.

Nachdem die Deutsche Bank im Jahr 1903 die Mehrheit der rumänischen Ölfirma Steaua Romana übernommen hatte, wurde 1913 die eigene Schifffahrtsgesellschaft Bayerischer Lloyd mit der Beschaffung von fünf Rohöl-Transportschiffen. Mit dem Öltransport unter eigener Regie strebte die Deutsche Bank eine größere Unabhängigkeit von den rumänischen Behörden an.
Der Bayerische Lloyd gab bei der Ruthof-Werft in Regensburg zwei Tankschiffe in Auftrag, die König Ludwig III und die BL II. Es handelte sich dabei um die ersten motorisierten Tankschiffe der europäischen Binnenschifffahrt, und gehörten zu den ersten dieselbetriebenen Motorschiffen. Jedes der Tankschiffe war mit zwei 320 PS starken Dieselmotoren ausgestattet und hatte eine Kapazität von 628 Tonnen Rohöl.[2]

1920 stieg der Firmengründer Christof Ruthof aus dem Unternehmen aus, das an den vier Standorten in Mainz-Kastel und Regensburg inzwischen rund 800 Personen beschäftigte. Die Firma wurde in eine familieneigene Kommanditgesellschaft umgewandelt, die Sohn Josef Ruthof als persönlich haftende Gesellschafter leitete.[3]

Der Export der Werften und der Maschinenfabrik nahmen einen wichtigen Teil des Unternehmens ein. In den Jahren 1930 bis 1937 erfolgten mehrere Großaufträge aus Rumänien, für die das Reichsfinanzministerium Exportkredite im Rahmen von über 5 mio Reichsmark pro Einzelantrag gewährte.[4]

Während des Zweiten Weltkriegs wurden in dem Unternehmen Zwangsarbeiter aus den westeuropäischen Besatzungsgebieten, sogenannte „Westarbeiter“, eingesetzt. Die Deutsche Arbeitsfront listet in einer Aufstellung für den Kreis Mainz im April 1943 zwei Holländer, einen Flamen und 29 Franzosen, die der Ruthof-Werft zugeteilt sind.[5]

Das Unternehmen war vom allgemeinen Rückgang der Schiffbauindustrie in der Bundesrepublik betroffen und musste 1976 den Betrieb einstellen. Das ehemalige Werftgelände in Mainz-Kastel wurde für den Wohnungsbau verwendet, an die ehemalige wirtschaftliche Bedeutung erinnert heute der Straßenname „An der Helling“.[6]

Bekannte Schiffe

Die Ruthof / Érsekcsanád an der Regensburger Donaulände

Zu den bekannten bzw. noch aktiven Schiffen, die mit der Schiffswerft Christof Ruthof in Verbindung stehen, zählen unter anderem:

  • Stadt Köln, 1938 gebautes Repräsentationsschiff der Stadt Köln
  • Schaufelraddampfer Goethe, 1945 durch einen Bombentreffer versenkt, 1949 wieder gehoben und 1951/1952 bei der Ruthof-Werft repariert und umgebaut [7]
  • Schlepper Ruthof, gebaut 1922, Regensburg
  • Mainz (Bj 1929, a.D. 1981) liegt als Museumsschiff DS Mannheim[8] in Mannheim (Seitenraddampfer)
  • Stadt Überlingen, gebaut 1928
  • Bereisungsschiff Mainz, ex Hungaria (ehemalige ungarische Staatsyacht), gebaut 1943
  • Frachtschiff Tina ex Günther Herbert mit Heimathafen Niederfinow, gebaut 1954 [9]
  • Fahrgastschiff Wappen von Köln, gebaut 1967
  • Fluss-Kreuzfahrtschiff Britannia, gebaut 1969
  • Fluss-Kreuzfahrtschiff Alemannia, gebaut 1971
  • Fahrgastschiff Kelheim, gebaut 1958, seit 1979 als Bodman auf dem Bodensee aktiv

Einzelnachweise

  1. Regionalgeschichte Mittelrhein
  2. Petroleum Tanker Shipping on German Inland Waterways, 1887 - 1994 (engl., PDF)
  3. Ruthof Schiffswerft bei der Gesellschaft für Heimatgeschichte Kastel e.V.
  4. Firmenliste Exportkredite des Reichsfinanzministeriums
  5. Hedwig Brüchert: Zwangsarbeit 1939-1945
  6. Hessische Wirtschaft, S. 23
  7. Rheinkiesel
  8. Museumsschiff DS Mannheim
  9. Schiffsdatenblatt Tina

Weblinks

Ausführliche Bauliste der Ruthoff-Werft, Rheinkilometer 500,3


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