Stefanie Golisch

Stefanie Golisch

Stefanie Golisch (* 29. Juli 1961 in Detmold) ist eine in Italien lebende deutsche Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Stefanie Golisch studierte von 1981 bis 1986 Germanistik in Bonn und Hannover und promovierte über Uwe Johnsons Jahrestage. 1987 zog sie nach Italien und war dort als Deutschlehrerin, literarische Gutachterin und Übersetzerin tätig. Seit 1991 arbeitet sie freiberuflich als Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin und Autorin; in der Zeit von 1995 bis 2003 hatte sie einen Lehrauftrag für „Neue Deutsche Literatur“ an der Universität Bergamo. Golisch lebt in Monza, ist verheiratet und hat eine Tochter.

Literarische Tätigkeit

Golisch veröffentlichte Essays und Rezensionen in zahlreichen Literaturzeitschriften, zum Beispiel in Macando, Muschelhaufen, Die Brücke, Ostragehege und Neue Rundschau;[1] sie ist seit 2007 Redakteurin in dem Literatur-Blog „La poesia e lo spirito“. Durch Biografien und Übersetzungen machte sie im Themenschwerpunkt „Neue Texte aus Italien“ neben anderen Autoren zum Beispiel Salvatore Satta, Guido Oldani, Gezim Hajdari und Antonia Pozzi im deutschsprachigen Raum bekannt.[2]

Schwerpunkt ihrer literaturwissenschaftlichen Arbeit sind die beiden Autoren Uwe Johnson und Ingeborg Bachmann. In ihren Bachmann-Interpretationen stellt sie vor allem die gesellschaftskritischen, kulturgeschichtlichen und literaturtheoretischen Aspekte in den Vordergrund. In Büchern und zahlreichen Fachabhandlungen[3] versucht sie, das Bild der Schriftstellerin als zeitkritische Autorin bzw. engagierte Feministin zu klären. Weitaus zahlreicher sind ihre Veröffentlichungen über Uwe Johnson, in denen sie die verschiedensten Aspekte seiner Romane (zum Beispiel seine Erinnerungsthematik betreffend der beiden geteilten deutschen Staaten, die ihm beide nicht Heimat waren) sichtbar macht.[4][5]

Wurde Golischs Prosadebut Vermeers Blau, in dem es um Lebenslügen, Illusionen und enttäuschte Erwartungen geht, noch sehr kritisch gesehen und dennoch „nach manchem Kopfschütteln während der Lektüre, insgesamt doch ein anerkennendes Nicken“[6] verdiente, fand die 2006 erschienene Erzählung Pyrmont, in der es um das Problem der Akzeptanz des Alterns geht, allgemein Anerkennung. Gerd Willée[7] fand die „tief reflektierende Schilderung dessen, was in einer Frau zu Beginn ihrer Wechseljahre vorgeht“ spannend geschrieben und Vera Hesse fand in der Jahresschrift für Literatur,[8] „Golischs Formulierungen treffen alle den Punkt, auch den wunden; sie sind oft dermaßen komisch, dass mir schon die Pension Hyazinth, in der die Heldin wohnt, unvergesslich bleiben wird.“ Die Deister- und Weserzeitung schließlich urteilte, es sein „ein Buch nicht nur für Betroffene, die sich vermutlich mühelos wiederfinden“, sondern auch andere Leser würden „sowohl Lesevergnügen finden als auch Erfahrungen sammeln und [sich] bestätigt finden“.[9]

Auszeichnungen

Werke

  • Ingeborg Bachmann. Eine Einführung. Panorama, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-926642-70-7.
  • Pyrmont. Erzählung. Edition Thaleia, St. Ingbert 2006, ISBN 3-924944-79-2.
  • Vermeers Blau. Erzählung. edition sisyphos, Köln 1997, ISBN 3-928637-19-3.
  • Ingeborg Bachmann zur Einführung. Junius., Hamburg 1997, ISBN 3-88506-941-5.
  • Uwe Johnson zur Einführung. Junius, Hamburg 1994, ISBN 3-88506-898-2.
  • Geschichte, Utopie, Ästhetik. Untersuchungen zu Uwe Johnsons „Jahrestagen“. Hannover 1991

Übersetzungen

  • Charles Wright: Worte sind die Verringerung aller Dinge. Edition Erata, Leipzig 2007, ISBN 978-3-86660-033-1.
  • Antonia Pozzi. Deutsch und Italienisch. Herausgegeben und übersetzt von Stefanie Golisch. Tartin-Edition, Salzburg / Paris 2005, ISBN 3-902163-23-2.
  • Gëzim Hajdari: Mondkrank. Aus dem Italienischen und mit einem Nachwort von Stefanie Golisch: Ich suche ein unschuldiges Land. Pop Verlag, Ludwigsburg 2008, ISBN 978-3-937139-55-5

Zitat

  • „Diese Schäbigkeit.
    Dieses Unsägliche, das sich, ohne daß du dich erinnerst, wann es begonnen hat, in deinem Herzen festgefressen hat, dieser dumpfe Schmerz, und wenn du anfaßt, wo es dir gerade weh tut, ist er schon wieder weitergewandert, du kriegst ihn einfach nicht zu fassen, du kriegst ihn nicht dazu, sich dir endlich zu stellen. Er nimmt dich auf den Arm, er hält dich zum Narren, er macht dich zum Narren, zum Narren deines Schmerzes, zum Narren deiner selbst.“
    [10]

Literatur

  • Vera Hesse: Ideal für allein stehende Damen wie Sie. In: Muschelhaufen. Jahresschrift für Literatur und Grafik. Bd. 37/48. 2007. ISSN 0085-3593
  • Rolf Löchel: Sphärenklänge. In: Die Saite des Schweigens. Ingeborg Bachmann und die Musik. Edition Steinbauer, Wien 2006, ISBN 3-902494-12-3.
  • Richard Peter Schlicht: Pyrmont. In: Deister- und Weserzeitung vom 28. Oktober 2006
  • Ursula Töller: Stefanie Golisch. Ingeborg Bachmann zur Einführung. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. 117 (1998). H. 2 und 3. Berlin, S. 311–314. ISSN 0044-2496

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ferner in: Matrix, Krautgarten, Lichtungen, Miromente und weiteren
  2. z. B. in: Torso. Nr. 13. München und Berlin 2004. ISSN 0944-520X
  3. z. B. in: Susanne Kogler, Andreas Dorschel (Hrsg.): Die Saite des Schweigens. Ingeborg Bachmann und die Musik. Edition Steinbauer, Wien 2006, ISBN 3-902494-12-3.
  4. Weiblichkeit als Metapher. Anmerkungen zum Frauenbild in Romanen Uwe Jahnsons. In: Uwe Johnson zwischen Vormoderne und Postmoderne. Internationales Uwe-Johnson-Symposium, Walter de Gruyter, Berlin / New York 1995, ISBN 3-11-014671-1, S. 81–93.
  5. Stefanie Golisch: Fremdheit als Herausforderung. Uwe Johnson und Ingeborg Bachmann. In: Internationales Uwe-Johnson Forum. Band 6. Frankfurt/M 1998, ISBN 978-3-631-33814-8.
  6. Martin Krauss: Ein mißlungener Don Quichotte. 1997, kraussmartin.de
  7. Gerd Willée: Stefanie Golisch, Pyrmont. In: dichtungsring. Nr. 34. 2006. ISSN 0724-6412
  8. Muschelhaufen. Jahresschrift für Literatur und Grafik. Bd. 37/48. 2007. S. 161. ISSN 0044-2496
  9. In: Deister- und Weserzeitung, 28. Oktober 2006
  10. Pyrmont. Seite 148

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