Bayessche Statistik

Bayessche Statistik
Racine carrée bleue.svg
Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen.

Bitte hilf mit, die Mängel dieses Artikels zu beseitigen, und beteilige dich bitte an der Diskussion!

Unter Bayesscher Statistik versteht man einen besonderen Zweig der modernen Statistik. Sie unterscheidet sich jedoch von dieser in drei Punkten:

1. Die Wahrscheinlichkeit wird in der traditionellen Statistik als Sicherheit bzw. Unsicherheit über das Eintreten eines Ereignis eines Zufallsexperimentes definiert. In der Bayesschen Statistik ist die Wahrscheinlichkeit eine Aussage über die Plausibilität des Eintretens eines Ereignisses. Ein Zufallsexperiment als Grundlage ist jedoch nicht notwendig.

2. In der Bayesschen Statistik werden immer bedingte Wahrscheinlichkeiten P(A | B) betrachtet, d.h. wie wahrscheinlich (plausibel) ist es, dass Aussage A eintritt, wenn B eingetreten ist (Vorwissen vorliegt). Die Berechnung erfolgt mit Hilfe des Bayestheorem für drei Aussagen

  • A: Aussage über ein unbekanntes Phänomen,
  • B: Aussage mit Informationen über das unbekannte Phänomen und
  • C: Aussage über zusätzliches Wissen.
P(A|B\cap C) =\frac{P(B|A\cap C)P(A|C)}{P (B|C)}
dabei wird
In der Praxis wird die A-Posteriori-Wahrscheinlichkeit oft mittels Monte-Carlo-Simulationen berechnet.

3. Unbekannte Parameter sind nicht fix, sondern selbst Zufallsvariablen. Das schließt nicht aus, dass sie konstant sind.

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

Beispiel von Laplace

Laplace hat das Theorem von Thomas Bayes erneut abgeleitet und eingesetzt um die Masse des Saturn und anderer Planeten einzugrenzen:

  • A: Masse von Saturn liegt in bestimmtem Intervall,
  • B: Daten von Observatorien über gegenseitige Störungen von Jupiter und Saturn und
  • C: die Masse des Saturns darf nicht so klein sein, dass er seine Ringe verliert, noch so gross, dass er das Sonnensystem zerstört.
Schätzung der Saturnmasse als Anteil der Gesamtmasse der Sonne
Laplace (1814) 3512,0
NASA (2004) 3499,1
\frac{3512,0-3499,1}{3499,1}=0,0037<0,01

„In order to give some interesting applications of it I have profited by the immense work which M. Bouvard has just finished on the movements of Jupiter and Saturn, of which he has formed very precise tables. He has discussed with the greatest care the oppositions and quadratures of these two planets observed by Bradley and by the astronomers who have followed him down to the last years; he has concluded the corrections of the elements of their movement and their masses compared to that of the sun taken as unity. His calculations give him the mass of Saturn equal to the 3512th part of that of the sun. Applying to them my formulas of probability, I find that it is a bet of 11,000 against one that the error of this result is not 1/100 of its value, or that which amounts to almost the same that after a century of new observations added to the preceding ones, and examined in the same manner, the new result will not differ by 1/100 from that of M. Bouvard. “

Pierre-Simon Laplace[1]

Die Daten aus dem 18. Jahrhundert liessen eine Schätzung der Saturnmasse auf ca. 1% Genauigkeit zu (Laplace 1814); der heutige Genauigkeit liegt bei 0,63% (NASA 2004).

Anwendung in der Testtheorie

Die Attraktivität der Bayesschen Statistik kann man z.B. bei Hypothesentests sehen. Wenn E die beobachtete Aussage ist und H0 die Nullhypothese, dann wird mit der traditionellen Statistik die Wahrscheinlichkeit P(E | H0) berechnet; also wie wahrscheinlich ist es E zu beobachten, wenn die Nullhypothese wahr ist. Ist diese zu klein (kleiner als das vorgegebene Signifikanzniveau), dann wird die Nullhypothese verworfen.

Eigentlich will man jedoch eher wissen, wie wahrscheinlich ist es, dass die Nullhypothese gilt, wenn man das Ereignis E beobachtet hat. Mit Hilfe der Formel von Bayes kann dies berechnet werden

P(H_0|E) = \frac{P(E|H_0)\;P(H_0)}{P(E)}

mit

Ableitung

Im Artikel von Cox (1946) werden drei Postulate genannt aus denen die Bayessche Statistik abgeleitet wird:[2]

  1. Die Plausibilität einer Aussage ist eine reele Zahl und abhängig von den Informationen, die man hat im Zusammenhang mit der Aussage (divisibility and comparability).
  2. Bei der Beurteilung der Plausibilitäten eines Modells sollte diese sich in ein sinnvollen Rahmen bewegen (common sense).
  3. Wenn die Plausibilität einer Aussage in verschiedener Weise abgeleitet werden, dann sollte die Ergebnisse alle gleich sein (consistency).

Daraus lassen sich die mathematischen Grundlagen der Bayessche Statistik ableiten:

  1. P(A\cap B|C) = P (A|C)P (B|A\cap C) = P (B|C)P (A|B\cap C)
  2. P(S|C) = 1\,
  3. P (A|C) + P (\bar{A}|C) = 1

mit A, B, C beliebige Aussagen, S die sichere Aussage und \bar{A} die Negation der Aussage A.

Einzelnachweise

  1. Pierre-Simon De Laplace: A Philosophical Essay on Probabilities. Dover, 1995 (Originaltitel: Essai philosophique sur les probabilities, übersetzt von F. W. Truscott,F. L. Emory), S. 79 (http://www.archive.org/stream/philosophicaless00lapliala/philosophicaless00lapliala_djvu.txt, abgerufen am 11 Sep. 2011, Version von 1902).
  2. R. T. Cox: Probability, Frequency, and Reasonable Expectation. In: Am. Jour. Phys.. Nr. 14, 1946, S. 1-13.

Literatur

  • Rudolf Koch: Einführung in die Bayes-Statistik. Springer Berlin Heidelberg, 21. Januar 2000, ISBN 978-3540666707.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Statistik-Software — versetzt die Statistik mit Hilfe leistungsfähiger Computer in die Lage, mit teilweise rechenintensiven Methoden sehr große Datenmengen zu analysieren. Ganze Teilbereiche der Statistik haben ihren Einzug in die Datenanalyse neuer Software zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Statistik — ist die Lehre von Methoden zum Umgang mit quantitativen Informationen (Daten). Sie ist eine Möglichkeit, eine systematische Verbindung zwischen Erfahrung (Empirie) und Theorie herzustellen.[1] Sie ist damit unter anderem die Zusammenfassung… …   Deutsch Wikipedia

  • Bayessche Ökonometrie — ist ein Teilgebiet der Ökonometrie, die sich auf den Mathematiker und Theologen Thomas Bayes beruft, insbesondere das Bayestheorem. Im Gegensatz zur klassischen Ökonometrie nehmen Bayesianer an, dass die Koeffizienten in einem Modell eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Bayessche Theorem — Das Bayestheorem (auch Satz von Bayes) ist ein Ergebnis der Wahrscheinlichkeitstheorie, benannt nach dem Mathematiker Thomas Bayes. Es gibt an, wie man mit bedingten Wahrscheinlichkeiten rechnet. Inhaltsverzeichnis 1 Formel 2 Interpretation 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Bayessche Wahrscheinlichkeitstheorie — Der nach dem englischen Mathematiker Thomas Bayes benannte bayessche Wahrscheinlichkeitsbegriff (engl. Bayesianism) interpretiert Wahrscheinlichkeit als Grad persönlicher Überzeugung (engl. degree of belief ). Er unterscheidet sich damit von den… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Statistik-Software — Statistik Software versetzt die Statistik mit Hilfe leistungsfähiger Computer in die Lage, mit teilweise rechenintensiven Methoden sehr große Datenmengen zu analysieren. Ganze Teilbereiche der Statistik haben ihren Einzug in die Datenanalyse… …   Deutsch Wikipedia

  • Bayessche Schätzung — Unter Bayesscher Statistik versteht man einen besonderen Zweig der modernen Statistik. Sie beruht auf dem Satz von Bayes. Eine mögliche Anwendung besteht z. B. im Testen einer Nullhypothese: H0 ist die Nullhypothese. E ist das beobachtete… …   Deutsch Wikipedia

  • Statistikpaket — Statistik Software versetzt die Statistik mit Hilfe leistungsfähiger Computer in die Lage, mit teilweise rechenintensiven Methoden sehr große Datenmengen zu analysieren. Ganze Teilbereiche der Statistik haben ihren Einzug in die Datenanalyse… …   Deutsch Wikipedia

  • Statistiksoftware — Statistik Software versetzt die Statistik mit Hilfe leistungsfähiger Computer in die Lage, mit teilweise rechenintensiven Methoden sehr große Datenmengen zu analysieren. Ganze Teilbereiche der Statistik haben ihren Einzug in die Datenanalyse… …   Deutsch Wikipedia

  • Statistische Software — Statistik Software versetzt die Statistik mit Hilfe leistungsfähiger Computer in die Lage, mit teilweise rechenintensiven Methoden sehr große Datenmengen zu analysieren. Ganze Teilbereiche der Statistik haben ihren Einzug in die Datenanalyse… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”